Fundstück: Stefanolix zu Narrativen und Statistiken

400% mehr Artikel über Statistik in diesem Blog! Absoluter Wahnsinn!

Dieser neueste Beitrag zum Thema „übergeigte Zahlen“ basiert auf einem Artikel von Stefanolix namens „Narrative und Statistik„. Da brauche ich gar nicht viel zu schreiben, den kann man einfach so lesen.

Hintergrund ist die Behauptung, Frauen würden 80-90% ihres Einkommens in die Familie investieren, Männer nur 30-40%. Und jetzt solle man sich überlegen, was das bei gleicher Bezahlung bedeuten würde…

Dazu seien zunächst die bisherigen Statistik-Artikel genannt. Gleich der erste nimmt die Behauptung von der „ungleichen Bezahlung“ (bei implizierter gleicher Arbeit) auseinander:

Die Motivation hinter diesen entweder falsch zitierten oder erfundenen Zahlen ist einfach zu erkennen: Es soll ein klares Bild gezeichnet werden. Frauen sind liebevoll und gemeinschaftsorientiert, Männer sind asoziale Ratten, die einen Großteil ihres Geldes für sich behalten.

Doch ist das so? Ich hatte bereits beim dämlichen Aufruf, sein Geld an Frauen zu geben (hier geht’s ja eigentlich um dasselbe Thema, nämlich mehr Geld an Frauen) auf die MANNDat-Analyse der Geldströme hingewiesen, nach denen Männer ganz klar netto mehr in die öffentlichen Kassen einzahlen und Frauen mehr bekommen. Das wäre ja schon das naheliegendste Argument gegen den implizit unterstellten Egoismus der Männer: Was ich in den Sozialstaat investiere, kann ich nicht mehr direkt der Familie geben.

Als zweites: Selbst wenn es stimmen würde, dass in westlichen Industrienationen Frauen einen Großteil ihres Gesamteinkommens an die Familie geben und Männer nicht (die Hinweise dagegen siehe bei stefanolix), wäre es ja noch wichtig zu wissen, wieviel es absolut ist. Wenn die Frau fast nichts oder deutlich weniger als der Mann verdient, ist es gut möglich, dass der Mann der Familie insgesamt mehr Geld gibt.

Ich hatte kürzlich bereits auf Lutz Bierend verwiesen, der ebenso wie ich auf einige glasklare Ergebnisse der Allensbach-Studie einging (und wie diese dennoch für eine Kampagne in eine ganz andere Richtung verwendet werden). Ein Punkt war, dass Männer schon vor dem ersten Kind mehr verdienen trotz ungefähr gleicher Ausbildung und dass sie ab dem Kind mehr Geld nach Hause bringen, weil die Mutter gerne beim Kind bleiben möchte und dieser Wunsch Priorität hat. Dieser Sachverhalt wird bemerkenswert deutlich in der Berichterstattung über die Studie anhand von Grafiken illustriert, die aus der Studie selbst stammen. Daran liegt es, wie Lutz Bierend erneut sehr treffend feststellt, warum Mütter weniger Vollzeit arbeiten als Frau Schwesig möchte.

(Grundlage der Sensationsmeldung am Anfang ist übrigens die Anzahl der Artikel mit dem Stichwort „Statistik“ in den letzten zwei Monaten im Vergleich zum Rest des bisherigen Jahres. Also ganz wichtig und überhaupt nicht willkürlich.)

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Bei all dem drögen Zahlenkram muss auch mal Zeit für eine schöne Popnummer sein…

Steely Dan: Rikki Don’t Lose That Number

Warum ich hinter „abschaffen“ Unsportlogik sehe

Dem Blog „Mama arbeitet“ bin ich zum ersten Mal bewusst beim Blogstöckchen #Was wäre wenn („…ich das andere Geschlecht hätte“) über den Weg gelaufen. Vor einigen Wochen machte wohl zuerst über Twitter, dann in den Blogs die Forderung der Autorin die Runde, die Bundesjugendspiele abzuschaffen. Sie hat auch Antworten auf häufige Fragen und Einwände formuliert. Natürlich beschränkt sich die Debatte nicht auf die jährliche Veranstaltung, sondern weitet sich schnell auf den Schulsport insgesamt aus. Schließlich sind die Bundesjugendspiele nur dessen (traurige) Krönung.

Zuerst war ich auf das Thema über Lucas Schoppe gestoßen, der sich wiederum auf einen Artikel von Robin Urban berief. Via Nassrasur bin ich auf einige weitere Beiträge aufmerksam geworden. Entgegen meiner üblichen Gewohnheit verlinke ich gleich hier auf die anderen Artikel (nicht jeder hat ja die Kondition, ganz bis zum Ende zu lesen, und darauf sollte man Rücksicht nehmen…):

Finsterste Vergangenheit

Ich bin immer noch erstaunt, wie häufig ich in Interviews den Satz „ich war beim Sport immer der, der als letzter gewählt wurde“ gehört habe. Da scheinen viele Leute wirklich sehr ungute Erinnerungen zu haben.

Schulsport – das ist der ideale Rahmen für Mobbing. Über körperliche Mittel läßt sich hier einigen Schülern klar demonstrieren, wo sie auf der Sozialskala stehen – nämlich ganz unten. Im Klassenzimmer lernt man, dass man auf Schwächere Rücksicht nehmen soll, was dann auch in vielen Fächern praktiziert wird – außer in der Turnhalle.

Es geht auch anders!

Mit der Schule an sich bin ich gut zurechtgekommen und außerhalb der Schule habe ich, wie ich mit Nachdenken aufgrund dieser Artikel erst festgestellt habe, viele positive Erfahrungen mit Sport gemacht. Was läuft also in der Kombination falsch? Bzw. was müsste sich ändern, damit es besser wird? Was waren es denn für Bedingungen, unter denen es bei mir geklappt hat?

  1. Variation. Ich erinnere mich an eine Gelegenheit, bei der eine Gruppe von außerhalb kam und Akrobatik anbot. Das ist die schönste Schulsporterinnerung meines Lebens!
  2. Bälle, die nicht wehtun, wenn man sie voll ins Gesicht kriegt. Bei Brillenträgern schmerzt die Brille extra und es droht, auf unbestimmte Zeit nicht mehr richtig sehen zu können, weil die Brille kaputtgeht. Warum habe ich wohl beim Tischtennis nie Angst vor dem Ball gehabt?
  3. Sportarten, bei denen es nicht nur um Kraft und Größe geht. Womit wir wieder beim Tischtennis sind. Natürlich ödet das auch wieder andere an, aber bitte nicht zu 90% Fußball und Basketball. Beim Fußball merkt man sofort, wer im Verein spielt, und Basketball ist einfach witzlos bei den Größenunterschieden.
  4. Regeln einhalten. Es nützt mir nichts, dass man sich bei vielen Sportarten eigentlich nichts berühren soll, wenn ich dann trotzdem über den Haufen gerannt werde. So wird mir nur vermittelt, dass Regeln reiner Anstrich sind und im Zweifelsfall der Rücksichtslosere gewinnt.
  5. Bei Wettbewerben: Bewusst auf ein Ziel trainieren! Ich finde diese Großveranstaltungen mit Pflichtteilnahme deswegen so schwachsinnig, weil – im Gegensatz zu Klassenarbeiten – nicht auf diese Prüfung hingearbeitet wird. Entweder man kann’s oder man wird’s nie lernen. Das ist das Gegenteil davon, jemandem einen Lernerfolg zu vermitteln. Ich nenne es Unsportlogik, in Anlehnung an Fettlogik.
  6. Nach Leistung trennen: Sollen doch die Guten ruhig mal unter sich spielen (es reichte immer für zwei Mannschaften), dann können sie auch alles geben.
  7. Erklären, üben, wiederholen, kontrollieren… alles das, was man im normalen Unterricht in einigen Abständen auch machen sollte, um sicherzugehen, dass wesentliches Wissen und Können vorhanden ist.
  8. Messen. Irgendetwas. Meinetwegen Gewicht, Puls und Blutdruck. Dann kann man auch Trainingserfolge aufzeigen und es geht nicht darum, gegen die anderen zu gewinnen, sondern für sich selbst.

Natürlich ist es schwierig, einerseits einen gesunden Wettbewerbsgeist zu fördern und die Schüler aufzufordern, an ihre Grenzen (und darüber hinaus) zu gehen, andererseits sicherzustellen, dass das unmittelbare körperliche Aufeinandertreffen nicht dafür genutzt wird, unterdrückte Konflikte aus dem Klassenraum auszutragen. Aber wer hat behauptet, Lehrer sein sei eine leichte Aufgabe?

Gute Gründe für Sport

Körper und Geist sind nicht einfach so zu trennen. Wenn ich mich nicht genug bewege, bin ich leichter gereizt, mir fällt das Denken oft schwer. Oft hilft schon auf und ab gehen oder spazieren, um auf neue Gedanken zu kommen oder ein Problem im Kopf zu knacken.

Die immer wieder angesprochene Benachteiligung von Jungen in der Schule könnte dadurch entschärft werden, dass wieder mehr Bewegung gefördert wird, anstatt braves Stillsitzen zu fordern. Viele Kinder, so meine Beobachtung, bewegen sich sogar ausgesprochen gerne, wenn man sie läßt. Um ein wenig Dampf abzulassen und danach wieder ruhiger zu sein, scheint mir das ein guter Weg zu sein.

Die meisten Menschen möchten etwas leisten. Das kann sich völlig unterschiedlich äußern und auf ganz verschiedenen Gebieten stattfinden. Schülern eine Chance zu nehmen, ein Erfolgserlebnis zu haben, halte ich daher für den falschen Weg. Ich kann mich außerdem nicht daran erinnern, anderen Leuten ihre Sieger- und Ehrenurkunden missgönnt zu haben. Nur auf eines hätte ich gerne verzichtet: Die demütigende, nicht ablehnbare Teilnehmerurkunde, die mir bescheinigte, dass ich einerseits nichts Besonderes geleistet hatte und man mich andererseits für psychisch so instabil hielt, dass man mir trotzdem etwas geben müsse, da ich es anscheinend nicht aushalten würde, mal einmal nichts zu bekommen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Vergib ihnen, selbst wenn es ihnen nicht leid tut“ singt Julian Casablancas – eine gute Einstellung, um auch eigene schlechte Erfahrungen aus der Schulzeit hinter sich und aus aktuellen Debatten zu lassen. Im Lied erwähnt er außerdem, wie Städte zusammenkommen, um sich im Namen des Sportes zu hassen – ist das denn besser?

Julian Casablancas: 11th Dimension

Fundstück: „Männer werten nicht immer stärker ab als Frauen.“

Quelle der Aussage: Prof. Andreas Zick sowohl in einer Veröffentlichung als auch in einem Vortrag über Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF).

Da klingeln natürlich sofort die Alarmglocken. Waren Frauen nicht das edlere, friedlichere, sozial intelligentere Geschlecht?

Das muss ja ein reaktionärer Knochen sein, dieser Professor! Wer hat es ihm überhaupt erlaubt, so etwas zu verbreiten?

Das PDF aus dem Jahr 2014 heißt Die Vorurteile der anderen – Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit statt Toleranz und Weltoffenheit. Die entsprechende Grafik findet sich auf Seite 28.

Hervorgehoben und bei Frauen stärker verbreitet sind Fremdenfeindlichkeit, Muslimfeindlichkeit, Etabliertenvorrechte, Abwertung von Langzeitarbeitslosen. Außerdem finden sich bei Frauen häufiger Rassismus und Abwertung von Obdachlosen.

Bei Männern stärker verbreitet sind hingegen Antisemitismus, Sexismus (beachtlich: auch Frauen können sexistisch sein), Abwertung von Behinderten, Abwertung von Sinti und Roma, Abwertung von Asylbewerbern. Der stärkste Unterschied ist jedoch Homophobie.

Insgesamt, so zu lesen auf S. 17, nehmen Sexismus und Abwertung von Homosexuellen ab. Das Dokument liegt auf nuernberg.de, also dem offiziellen Internetauftritt der Stadt Nürnberg. Als eine wichtige Quelle (neben aktuellen Ergänzungen) wird eine Studie aus dem Jahr 2011 genannt.

Sie stammt (jetzt kommt’s) von der Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und findet sich unter einer URL, die „gegen Rechtsextremismus“ im Namen trägt. Zur Erinnerung: Die SPD will die männliche Gesellschaft überwinden, um die menschliche zu errichten. Die SPD-nahe FES bescheinigt Männern in einigen Punkten eine bessere Einstellung als Frauen. Das ist, als ob es in der Hölle schneite.

Das PDF ist 222 Seiten stark und nennt sich Die Abwertung der Anderen. Eine europäische Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurteilen und Diskriminierung (2011).

Zugegeben, ich habe die Studie nur durchgeblättert und an einigen Stellen genauer nachgelesen. Auf S. 15 wird etwa als ein zentrales Ergebnis genannt: Männer und Frauen unterscheiden sich in ihren Einstellungen kaum. Das ist ja bereits ein großer Widerspruch zur These, Frauen seien die besseren Menschen oder irgendwie edler. Als Ursache für GMF spielt das Gefühl der Benachteilung (!) eine Rolle. Ist es daher schlau, genau das zu verbreiten?

zunächst: Weltbild wie gehabt

Auf S. 22 werden Frauen, nicht jedoch Männer als Ziel von GMF genannt, obwohl sich Männerfeindlichkeit natürlich auf der Welt finden läßt und diese kein sich ausschließendes Merkmal zu Frauenfeindlichkeit darstellt.

Zitat S. 25: Eine wesentliche Kategorie, auf der Vorurteile und Stereotypen im Alltag basieren, ist das Geschlecht. Die mangelnde Gleichstellung von Männer und Frauen in allen Bereichen des Lebens ist ein anhaltendes Thema, denn Frauen sind strukturell noch immer massiv benachteiligt.

mangelnde Gleichstellung (nicht Gleichberechtigung!), strukturelle Benachteiligung ( = „nicht überall, wo es etwas zu holen gibt, mindestens 50% Frauen“?)… da fallen die bekannten Stichwörter.

Zitat S. 36f: Moderne Vorurteile können sich auch in einer Überbetonung individueller Gleichheit ausdrücken. Häufig wird auf Gleichheit verwiesen, um Forderungen nach Maßnahmen zur Verbesserung von Chancen spezifischer Gruppen eine Absage zu erteilen. Strukturelle Chancenungleichheiten und Diskriminierungen werden dabei übersehen oder verleugnet, beispielsweise bei der Ablehnung von speziellen Frauenquoten mit dem Verweis darauf, dass sich individuelle Leistung durchsetze. Übersehen wird dabei, dass die entscheidenden Strukturen aber von Männern gemacht sind, an den Bedürfnissen von Männern orientiert sind und von Männern dominiert werden.

Man beachte, wie hier Gleichwertigkeit und Gleichheit durcheinandergewirbelt werden: Die grundsätzliche Gleichwertigkeit eines jeden Individuums sollte entscheidend sein. Ob wir an der Spitze eine Gleichheit bezüglich der Geschlechter haben müssen, darüber läßt sich hingegen herzhaft streiten.

Wenn eine Elite von Männern die Regeln aufstellt, warum sollte man sie durch eine neue Elite von Frauen ersetzen, anstatt etwa generell die Eliten zu zerschlagen und eine Meritokratie anzustreben?

Zitat (zur Sexismus-Definition) S. 47: Männer und Frauen werden mit Verweis auf vermeintlich biologische Fakten unterschiedliche Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Neigungen zugeschrieben, die in ihrer Konsequenz erklären und rechtfertigen, warum Frauen im Durchschnitt weniger Macht, Einfluss, Vermögen oder Zugangschancen als Männer haben. (…)
So erfreuen sich etwa evolutionäre Erklärungen für Geschlechterunterschiede großer Beliebtheit in öffentlichen Debatten. Im wissenschaftlichen Gewand werden traditionelle Vorurteile reproduziert, indem Beobachtungen geschlechtertypischen Verhaltens auf biologische Faktoren zurückgeführt werden. Kulturelle, das heißt erlernte und durch die äußeren Strukturen bedingte, Erklärungen werden dabei unterbelichtet. Stattdessen wird über die Natur von Frauen und Männern so spekuliert, dass die untergeordnete Statusposition von Frauen, wie sie sich in Spitzenpositionen oder Einkommensgefällen manifestiert, naturalisiert wird.

Also quasi der vulgäre Anti-Christian: Biologische Ursachen gibt es nicht, werden jedoch als Erklärung und Rechtfertigung für alles herangezogen.

S. 72: Zur Messung von Sexismus wurden folgende Aussagen verwendet:

  • Frauen sollten ihre Rolle als Ehefrau und Mutter ernster nehmen.
  • Wenn Arbeitsplätze knapp sind, sollten Männer mehr Recht auf eine Arbeit haben als Frauen.

Dabei kann man durchaus fragen, ob Frauen sich nicht stärker Richtung Ehe orientieren sollten, wenn man bei Männern dasselbe bemängelt. Und dass Frauen in Deutschland insgesamt mehr Wert auf die Rolle als Mutter legen können, ist bei der aktuellen Geburtenrate doch keine absurde Meinung – dazu kommt, dass Männern zu wenig Einsatz als Vater vorgeworfen wird, obwohl es ganz andere Gründe dafür geben kann als fehlende Motivation.

Zur zweiten Aussage gibt es inzwischen etwa eine Forderung nach einer Männerquote bei Zahnärzten, weil zu wenige Zahnmedizinerinnen nach der Babypause in den Beruf zurückkehren, ganztags arbeiten oder das Risiko einer eigenen Praxis auf sich nehmen wollen. Klingt ganz so, als gäbe es einen Grund, vereinzelt auf Männer zu achten, um die Grundversorgung sicherzustellen.

Zitat zum Zusammenhang zwischen Sexismus und Homophobie, S. 81: Recht wenige Befragte befürworten die Gleichstellung einer der beiden Gruppen und verweigern die Gleichstellung der jeweils anderen.

Da haben wir wieder das Verwischen von rechtlicher Gleichheit und Ergebnisgleichheit. Bei klarem Verstand hat es keinen Sinn, die Lage von Frauen mit denen von Homosexuellen gleichzusetzen. Dürfen (heterosexuelle) Frauen etwa bislang nicht heiraten, erben oder Kinder adoptieren? Und wo gibt es umgekehrt die Forderung nach einer Homosexuellenquote in den Aufsichtsräten?

der Knüller

Schließlich kommt jedoch der interessante Teil auf den Seiten 97 ff.:

Stimmen Frauen oder Männer häufiger abwertenden Aussagen gegenüber
schwachen Gruppen zu? Wir haben die Antworten aller europäischen Befragten differenziert nach Geschlecht ausgewertet. Die daraus resultierenden GMF-Mittelwerte in Abbildung 18 zeigen, dass Frauen sich durchschnittlich häufiger abwertend äußern als Männer.

Der differenzierte Blick auf die einzelnen Dimensionen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit offenbart im Wesentlichen ein ähnliches Muster (vgl. Abb. 19). Frauen sind im Durchschnitt signifikant fremdenfeindlicher, rassistischer, islamfeindlicher und sexistischer als Männer. Kein Unterschied zeigt sich im Antisemitismus. Männer antworten lediglich bezüglich der Homophobie signifikant abwertender als Frauen.

Beachtlich, welches Ergebnis hier unter anderem geliefert wird: Frauen sind sexistischer als Männer! Sie stimmen also häufiger den vorher genannten Aussagen zu, dass sich Frauen stärker auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter konzentrieren sollten oder in Zeiten knapper Arbeitsplätze bevorzugt Männer beschäftigt werden sollten. Dabei könnte man das weniger dramatisch ausgedrückt einfach in Einklang bringen mit den wahren Ergebnissen der Allensbach-Studie: Aufgabenteilung, Mütter möchten in den ersten Jahren lieber beim Kind sein, da müssen die Väter eben mehr arbeiten.

Am Ende wird auch hier auf S. 100 noch einmal ausdrücklich festgehalten:

Männer und Frauen unterscheiden sich nur geringfügig im Ausmaß der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.

Das ist kein Widerspruch zu den signifikanten Unterschieden. Sie könnten vorhanden sein, sind aber nicht besonders groß.

Dass beide Veröffentlichungen sich unter anderem darin unterscheiden, wer etwa jeweils sexistischer ist, tut der Sache keinen Abbruch: Das kann bei ungefährer Gleichheit passieren.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Warum hasst der eine den anderen?“ wird im folgenden Lied gefragt.

Depeche Mode: People are People

Fundstück: Paul Watzlawick über interkulturelles Flirten

Von Paul Watzlawick stammt das Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ und das ist der absolute Knaller. Wenn ich ein Buch über Psychologie empfehlen darf – das ist es. Kein langes Geschwafel oder Wischiwaschi, sondern ganz vernünftige Erklärungen, wie sich Leute durch eigenes Verhalten unglücklich machen. Dabei wird das so humorvoll präsentiert, dass ich herzlich darüber lachen musste. Also: pragmatisch, praktisch, gut.

Ein Anekdote aus einem anderen Buch war mir jedoch noch im Gedächtnis geblieben, die hervorragend zum Geschlechterallerlei passt. Es geht um Flirtverhalten und wie kulturelle Unterschiede die normale Kommunikation dabei stören:

Mißverständnisse zwischen Menschen verschiedener Herkunft am Beispiel Paarungsverhalten (alternative Quelle).

Kurz zusammengefasst: Amerikanische Soldaten waren während des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach in Großbritannien stationiert und trafen dabei auf britische Frauen. Befragt über ihre Erfahrungen, stellten beide (!) Gruppen fest, dass die jeweils andere doch ziemlich schnell vorgehe. Wie konnte das sein?

Das „Balzverhalten“ vom Kennenlernen bis zum Sex verläuft in einer Reihe von Schritten. Während Anfang und Ende wohl ziemlich klar sind, ist einiges bei der Reihenfolge dazwischen kulturell ausgeprägt. Küssen wird als Beispiel dafür aufgeführt, dass es in den USA sehr früh, bei den Briten jedoch sehr spät an der Reihe ist.

Eine aus amerikanischer Sicht vergleichsweise harmlose Sache war für die Britinnen schon ziemlich draufgängerisch. Ließ sich die Frau weiterhin darauf ein und machte an der für ihre Kultur normalen Stelle im Ablauf weiter, wirkte das wiederum auf den Amerikaner ganz schon forsch.

Mir gibt das Hoffnung. Mit etwas Toleranz und dem Bewusstsein um ihre Existenz lassen sich solche kulturellen Unterschiede nutzen, um aus einigen Sackgassen in der Geschlechterdebatte herauszukommen: Wenn inzwischen bloßes Ansprechen auf der Straße als Belästigung gilt (oder wahlweise „einfaches Flirten“ oder „zu nahe bei jemandem stehen“) und nachträglich alles eine Vergewaltigung sein kann, dann ist es dringend Zeit, dieses viel zu enge Regelkorsett aufzubrechen.

Plötzlich gibt es eine Pufferzone, in der man einfach mal etwas wagen und sich vertun kann, ohne gleich soziale Ächtung befürchten zu müssen; in der man Sachen, die ja eigentlich „intuitiv funktionieren müssten“ und bei denen es sonst ungeschickt wirkt, darüber zu reden, einfach direkt ansprechen kann. Niemand muss sich jederzeit zu 100% sicher fühlen – weil immer eine Restirrtumswahrscheinlichkeit bleibt, dass man einfach etwas falsch verstanden hat, das sich schon noch klären läßt. Anstatt wie einige Radikale zu versuchen, die genaue Bedeutung jeder kleinsten Sache genau auszudefinieren (ein Versuch, der ohnehin zum Scheitern verurteilt ist), gibt es wieder einen Korridor, innerhalb dessen man sich aufgrund von Unklarheit bewegen kann. Ich halte das für elementar fürs Kennenlernen; denn wer möchte schon beim ersten „Hallo“ gleich die verbindliche Zusatzinformation bekommen, ob das jetzt ein Flirt / eine Sache für eine Nacht / der Anfang einer Beziehung werden soll? Und wer kann und will das umgekehrt gleich von sich aus sagen?

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Wo schon amerikanische Jungs erwähnt wurden…

Estelle featuring Kanye West: American Boy

Fundstück: Stadtfuchsens Bau zum Lügen mit Statistik

Schindluder mit Statistik im Namen eines hehren Ziels – das war ja schon einige Male Thema hier im Blog:

Der Stadtfuchs hat sich kurz (!) eine Studie angeschaut, die als „Beleg“ für Diskriminierung rauf und runter zitiert wird: Feministische Methodik oder: mit Zahlen lügen.

Ergebnis, kurz zusammengefasst: Die Stichprobe war sehr klein und in keiner Weise repräsentativ. Dazu kam noch eine dramatisierende graphische Darstellung der Ergebnisse.

Damit kann ich natürlich aus nichts alles basteln. Man muss kein Zahlenfuchs sein, um den Schmu zu erkennen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Zugegeben, ein ganz billiger Verweis…

Absolute Beginner: Füchse

Nostalgie-Fundstück: Zwei Texte über „nette Kerle“

In meiner Quellensammlung spuken noch zwei ganz alte Texte herum. Es war eine meiner ersten Ideen fürs Geschlechterallerlei, sie ausführlich zu behandeln. Inzwischen sehe ich jedoch ein, dass alleine ein Text über das „Netter-Kerl-Syndrom“ einerseits ziemlich lang wird, andererseits bei mir der ganz große Druck vorbei ist, darüber zu schreiben. Also nenne ich lieber erst einmal die beiden Texte, die ja spielend alleine bereits für eine Diskussion sorgen können.

Den ersten kenne ich seit über fünfzehn Jahren. Als ich ihn das erste Mal in einem Uni-Magazin gelesen habe, habe ich mich sehr darüber geärgert – wohl auch deswegen, weil ich mich selbst, wie ich widerstrebend eingestehen musste, in dem netten Kerl wiederfand, wenn auch nicht in so extremem Maße.

Aus heutiger Sicht ist das alles vollkommen übertrieben, die Welt wird schön in Macho / Weichei geteilt, dazwischen gibt’s nichts (von den erwähnten Frauen, die alle einen Schaden haben, mal ganz zu schweigen). Aber früher habe ich das alles viel zu ernst genommen.

Das war übrigens Jahre, bevor ich auf den Begriff „Friendzone“ gestoßen bin. Es war also doch nicht alles schlecht damals. 🙂

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Da fällt mir sofort dieser Klassiker ein…

Alice Cooper: No More Mr Nice Guy

Fundstück: Was hat Gamergate erreicht?

Vor etwa einem Jahr machte ein Skandal namens GamerGate die Runde.

Eine 60-Sekunden-Kurzzusammenfassung liefert LeoPirate:

#GamerGate in 60 Seconds

Er hat kürzlich ein weiteres Video veröffentlicht, in dem er darauf eingeht, welche Erfolge sich ergeben haben. Denn das scheint ein wenig in den Hintergrund gerückt zu sein.

What Has #GamerGate Accomplished? (Guest video by @theLeoPirate)

Da wären zum Beispiel:

  • Computerspielmagazine haben ihre Richtlinien überarbeitet, etwa um finanzielle Verbandelungen zwischen Berichterstatter und Thema des Artikels offenzulegen
  • Anzeigenkunden zogen sich zurück, was bei dem Blog Gawker zu einem siebenstelligen Verlust an Werbeeinnahmen führte (u.a. hatte ein Mitarbeiter vorher zu Mobbing gegen Nerds aufgerufen)
  • Unterstützung von Kampagnen zur Suizid- und Mobbingprävention sowie The Fine Young Capitalists, die Frauen helfen wollen, Videospiele zu entwickeln

Keine schlechte Leistung! Und da sage noch jemand, über das Internet ließe sich nichts erreichen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Diesmal gibt’s das ganze Lied aus dem 60-Sekunden-Video.

Harvey Sid Fisher: Leo

Fundstück: Was erreicht Gleichmaß?

In der gestrigen Diskussion kam die Frage auf, was ein Gleichmaß e.V. überhaupt erreicht (hat). Zugegeben, ich verbinde Gleichmaß in erster Linie mit Tristan Rosenkranz.

Für eine finanziell und personell sehr schmal aufgestellte Initiative finde ich die Wirkung jedoch erwähnenswert. Zuletzt mal wieder als seriöser Gesprächspartner, scheint Gleichmaß im deutschsprachigen Raum überhaupt erst (mit) den Boden zu bereiten, um solche Themen wie „Gewalt gegen Männer“ oder „Trennungsväter“ in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken.

Das inzwischen verstärkende Nachrichten-Blog Familienschutz hat einen gut gewählten Titel. Denn „für Väter“ mögen sich offenbar weniger Menschen einsetzen als „für Kinder“ oder „für Familien“. Dass auch Väter Rechte haben und bekommen sollten, ist ein Gedanke, der sich nur langsam durchsetzt – wenn man dieses Bewusstsein aber „über die Bande“ durch den Verweis auf Kinder und Familien schaffen kann, soll’s mir recht sein. Nicht zuletzt bringt eine auf Einseitigkeit und Eskalation setzende Rechtspraxis ja „der Familie“ als ganzes gar nichts.

Natürlich ist all diese „normale Arbeit“ mühselig und der Erfolg kommt nicht über Nacht. In irgendwelche Talkshow-Runden wird man damit auch nicht eingeladen. Es ist einfach nicht polarisierend genug!

Man schaue sich einmal die Liste der Fachbeiräte an. Da finden sich unter anderem Prof. Dr. rer. soc. Anne-Maria Möller-Leimkühler, die sich mit Depressionen bei Männern beschäftigt, und Dr. phil. Matthias Stiehler, der den Männergesundheitsbericht verfasst hat. Um hier einmal bewusst Äpfel mit Birnen zu vergleichen: Die Dame war in der Sendung Nachtlinie des Bayerischen Rundfunks und hat ausführlich zu (psychischen) Gesundheitsproblemen von Männern gesprochen.

Das ist die Politik der kleinen Schritte. Nichts Spektakuläres, aber mir war das doch sehr wichtig, dass solche Dinge endlich einmal ohne großes Geschrei und mit der nötigen Geduld angesprochen werden konnte.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Das Lied von einem Straßenkämpfer mag auf den ersten Blick nicht passen, aber für das Aufbegehren gegen Ungerechtigkeit braucht es schon Kampfeswillen.

The Rolling Stones: Street Fighting Man

Warum sogar mir Detlef Bräunig einmal sympathisch ist

Laut Massenmedien erodiert das Vertrauen in den Journalismus. Ich glaube denen kein Wort davon!

Über Cuncti wurde ich auf ein Lehrstück in Sachen Medienkompetenz aufmerksam. Detlef Bräunig alias Leutnant Dino, Betreiber des Männermagazins, wurde vom SWR2 zum Thema Männerrechtler interviewt. Um sich den Aha-Effekt nicht zu versauen, sollte man zunächst das gesamte, von Bräunig selbst mitgeschnittene Interview ansehen.

SWR-Sommerinterview mit Leutnant Dino aka Detlef Bräunig vom Männermagazin

Und danach kurz lesen, was der SWR2 daraus machte. Bräunig schildert seine Sicht der Dinge im Männermagazin: Die kleinen Tricks der Journalisten.

Ich finde das Interview aus mehreren Gründen erstaunlich: Zum einen kommt Detlef Bräunig deutlich sympathischer rüber, als ich ihn bisher wahrgenommen hatte. Bei Lucas Schoppe kam er nicht gut weg. (Anlass für die Erwähnung war ein Fernsehauftritt, bei dem sich die Einladenden darauf verlassen hatten, dass er polarisierend wirken würde.)

Artikel wie „Rassistenehe / Die binationale Ehe oder der Rassist“ sind für mich schauerlich. Ich kann da keine – wie im Interview angegebene – humorvolle Übertreibung erkennen. Es klingt für mich so, als sei das absolut ernst gemeint. Kurios, aber wahr: Ein Journalist, der Detlef Bräunig als Beleg für Poltrigkeit von Männerrechtlern nehmen will, bräuchte kein langes Interview zu führen in der Hoffnung, der Interviewte würde sich irgendwann verplappern. Er könnte einfach Textpassagen aus solchen Artikeln übernehmen.

In dem Video ist Bräunig jedoch freundlich, wägt seine Worte gut ab und behauptet auch nicht, die einzige wahre Sicht auf die Welt zu haben. Er wirkt wie ein Mann, der durchaus Enttäuschungen im Leben hinter sich hat und einige jüngere, vielleicht etwas naive Männer vor einigen Klippen warnen möchte. Von vielleicht mal zwei Stellen, wo er einmal etwas über „die Frauen“ sagt oder etwas begeisterter einen gröberen Spruch abläßt, gibt es eigentlich nichts, bei dem man ihm das Wort im Mund herumdrehen könnte. Bei einem ungeschnittenen Video ist das eine beachtliche Leistung, zumal es sich nicht um ein „Sommerinterview“ im Sinne von nur harmlosen Fragen handelt, sondern sehr ernste und schwierige (weltanschauliche) Themen angesprochen werden. Insgesamt entstand bei mir der Eindruck, dass man mit so jemandem ein Bier trinken gehen würde und auch wenn man ihm nicht in seinen Einschätzungen zustimmt, zumindest ein paar interessante Gespräche führen könnte.

Nebenbei ist mir aufgefallen, dass er für einen 49-jährigen doch beneidenswert schlank zu sein scheint und auf ein gepflegtes Äußeres Wert legt. So holt er sich seine Brillen in New York. Dieser Aspekt mag oberflächlich sein, ich finde ihn für die Außenwirkung (wie etwa bei Evan Delshaw) sehr wichtig.

Auf der anderen Seite erinnerte ich mich an gruselige Artikel, in den ausländische Frauen als Zierfische bezeichnet wurden, die besonders teuer im Unterhalt sind. Dazu der immer wieder ordinäre Tonfall.

Beim Stöbern fand ich heraus, dass er inzwischen über dasselbe Thema auch zwei Videos gemacht hat. Die klingen trotz ähnlichen Inhalts ein ganzes Stück besser. Zudem veröffentlichte er nach Folge 4 („Ist eine Frau aus dem Ausland die bessere Wahl?“), in der er wie in den Artikeln eigentlich vor der Enttäuschung warnt, eine Folge 5 („Der Import einer ausländischen Frau“), in der er Tipps gibt, wie man die Angebetete doch nach Deutschland bekommt. Ich finde seine Einschätzung nach wie vor ziemlich hart, aber zumindest scheint er den Leuten nicht vorschreiben zu wollen, welchen Weg sie zum glücklich werden gehen zu haben.

Was auch immer Detlef Bräunig für ein Mensch ist – er hat es verdient, anständig behandelt zu werden. Mit der Demonstration, was das öffentlich-rechtliche Radio aus einem Interview mit ihm macht, hat er einen klaren moralischen Sieg errungen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Da im Artikel schon die Rede von Brillen war, hatte ich das folgende Lied im Kopf.

Corey Hart: Sunglasses At Night

Warum ich es normal finde, dass es soviel „Antifeminismus“ gibt

Das Thema / der Vorwurf / die Kritik kommt immer wieder hoch, zuletzt etwa als These zum Maskulismus: Männerrechtler, Maskulisten oder meinetwegen auch nur Feminismuskritiker hätten nichts drauf außer Antifeminismus.

Wie Leszek es schon gut auf den Punkt brachte:

Das Schwerpunktthema des Maskulismus sind Diskriminierungen, Benachteiligungen, soziale Problemlagen und Menschenrechtsverletzungen, von denen Jungen und Männer betroffen sind. Um diese bekannt zu machen und die falsche Auffassung, Männer seien eine privilegierte Klasse zurückzudrängen ist eine Kritik am heute in westlichen Gesellschaften vorherrschenden Feminismus (Radikal-/Gender-/Staatsfeminismus) unvermeidbar, da diese mit ihren medial, akademisch und politisch leider zur Zeit noch einflussreichen einseitigen und falschen Konzepten zu männlichen Diskriminierungen beitragen.

Ähnlich unaufgeregt äußerte sich vor einigen Tagen Karen Straughan in ihrem Video „Warum greifen Männerrechtler Feminismus an?“:

Why do MRAs attack feminism?

Ich hatte die Dame bereits erwähnt. Es gibt sicherlich noch interessantere Videos von mir, aber sie bringt einen ganz sachlichen Punkt: Das bei häuslicher Gewalt praktizierte Duluth-Modell funktioniere schlecht, weil es auf Eskalation und einseitige Schuldzuweisung (beim Mann) setze. Es basiere auf feministischen Ideen. Eine Abkehr von diesem schlechten Modell stelle zwangsweise in irgendeiner Form auch Feminismuskritik dar.

Es geht aber noch trivialer und viel grundlegender. Bei den MTV Music Video Awards trat Beyoncé knapp bekleidet auf, im Hintergrund reckten Frauen ihre Hintern in die Höhe und in dem Lied ging es um Sex. Eine Sternstunde der Moderne, denn im Hintergrund erschien der Schriftzug „feminism“. Mit kurzem zeitlichen Abstand ließ sich Sofía Vergara im Rahmen der Emmy-Verleihung im wahrsten Sinne des Wortes auf ein Podest stellen, um eine langweilige Rede optisch aufzulockern und mit einigen Gags anzureichern. Ein Rückfall ins finstere Mittelalter, denn die Frau wurde zum Objekt gemacht! Beide Meldungen erschienen bei Genderama im Abstand von nur einem Tag. Dass die Hintergrundtänzer lebende Kulisse sind, während die Schauspielerin die Lacher auf ihrer Seite hatte und den ersten Gag selbst brachte, spielte keine Rolle. Es ließ sich auf folgende einfache Parole herunterbrechen: Wenn „Feminismus“ draufsteht, ist es gut, ansonsten ist es böse!

Es ist ein Kennzeichen für die „Die heilige Kirche des Netzfeminismus„, wie es das Blog „Das Neue Rheingold“ treffend zusammenfasste. Eines der „Fünf Symptome für den Wandel des Netzfeminismus zur dogmatischen Religion“, so der Untertitel des Artikels, war „die Etablierung einer Priesterklasse“. Irgendeine Autorität muss inzwischen entscheiden, was richtig und falsch ist. Für Normalsterbliche ist das nicht mehr durchschaubar – zu widersprüchlich und beliebig ist das, was unter dem Etikett „Feminismus“ alles erscheint.

Damit sind wir bei meinem Lieblingsvergleich, der mir seit Monaten im Kopf herumgeht: Mit „Feminismus“ ist es wie mit „politisch links“: Das taugte mal als Bürgerschreck, wurde irgendwann modern und wegweisend, danach war man damit auf der Höhe der Zeit, dann waren es irgendwie alle, schließlich wurde es ein wenig angestaubt und heute ist das Wort so ausgehöhlt in seiner Bedeutung, dass einem niemand mehr ohne weiteren Kontext sagen kann, worum es geht.

Wie es Harald Martenstein sehr treffend ausdrückte:

Ich finde übrigens, dass man heute nicht mehr pauschal von „Feminismus“ sprechen kann. Es gibt viele Feminismen, das reicht von Positionen, die ich jederzeit unterschreiben könnte, bis zu radikalen Strömungen mit totalitären Allmachtsfantasien. Es ist wie mit dem Wort „links“. Sigmar Gabriel ist links, die maoistische MLPD ist auch links. Was haben sie miteinander zu tun? Nichts. Genauso breit ist das Spektrum beim Feminismus.

Und jetzt kommt der Unterschied: Nehmen wir an, jemand sagt mir ohne weitere Erklärung, er sei links und ich antworte in etwa so: Naja, links, das kann ja alles mögliche von „linksliberal“ bis „stalinistisch“ sein. Wobei Linksliberale und Stalinisten entschiedene Gegner sind und ich die Ideologie der letztgenannten Gruppe ablehne, mit den Linksliberalen aber sicher so manche Überzeugung teile. Wenn mein Gegenüber dann im Empörung ausbricht über meine „antilinke“ Einstellung, was ich mich erdreiste, über Linke zu reden, ich kenne mich doch gar nicht aus und sei eine Zumutung, einen Linken auf Verirrungen anzusprechen, die unter dem Etikett „links“ begangen worden sind… dann wäre es wohl kein Wunder, wenn diese Person nicht für voll nehmen würde.

Viel zu oft erlebe ich bei Diskussionsversuchen über Feminismus das Feld-und-Festung-Argumentationsschema. Oder wie es bei Alles Evolution ausgedrückt wurde:

Da wird auch deutlich, dass es teilweise weniger ein Rückzug ist, als eine Gleichsetzung: “Wer gegen Maßnahme X ist, ist gegen Gleichberechtigung, ist gegen Frauen, hasst Frauen”

Der Angriff auf das schlecht zu verteidigende Feld wird insofern als Angriff auf die Festung reframt und darüber dann der Feind als der “Böse” ausgewiesen.

Es ist natürlich ein unredlicher Taschenspielertrick, etwa Kritik an radikalfeministischen Strömungen als grundsätzlich antifeministisch zu brandmarken, dabei wohlwissend, dass man den Gegner in einer Debatte damit leicht das Etikett „ist gegen Gleichberechtigung“ oder „frauenfeindlich“ anhängen kann und ihn damit indiskutabel macht. Da verschiedene Zweige des Feminismus zum Teil zueinander konträre Haltungen vertreten (etwa „für“ oder „gegen“ Prostitution), wird daraus ein Totschlagargument: Egal, was jemand zu dem Thema vertritt, man kann ihn immer als antifeministisch abstempeln!

Und genau weil dieser Ruf immer erfolgen kann, hoffe ich, dass er so über die Maßen benutzt wird, dass ihm bald niemand mehr Aufmerksamkeit schenkt. Zu befürchten gibt es für ernstzunehmende Menschen dabei nichts, denn wie der Flussfänger schon formulierte: Kritik ist auch Wertschätzung. Oder wie es Lucas Schoppe zuletzt ausdrückte:

Denn feministische Positionen sind politische Positionen, und in einem demokratischen Rahmen dürfen und SOLLEN politische Positionen natürlich einer offenen Kritik unterzogen werden. Wenn ich bestimmte Positionen des Feminismus kritisiere, macht das aus mir noch keinen „Antifeministen“

Nicht jede Kritik an X ist Anti-X. Wenn alles und das Gegenteil davon X sein kann, kann auch alles und das Gegenteil davon Anti-X sein. Und schließlich wird eine inflationär gebrauchte Warnung vor Anti-X nur dazu führen, dass sie mit der Zeit keiner mehr ernst nimmt.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Bei Beyoncé muss ich seit einigen Jahren immer an folgendes Lied denken…

J.B.O.: Bejonze