Ein erstes [persönliches] Geschlechterallerlei-Fazit.

Hier beim Geschlechterallerlei gibt es nicht so viele Frauen. Wenn ich richtig gezählt hab sind es gerade mal zwei. Woran das liegt? Ich weiß nicht. Ist das hier ein maskulistischer oder ein geschlechterübergreifender Gemeinschaftsblog?

Geschlechterthemen sind oft emotional belegt, daher wird immer mal wieder – zumindest nehme ich persönlich es so wahr – mit „harten Bandagen gekämpft.“ Beiderseits. Männlein und Weiblein schenken sich nichts. Natürlich ergeben sich oft genug auch sachliche Diskussionen, die spielen sich jedoch sehr oft zwischen zwei oder mehreren Diskussionspartnern des gleichen Geschlechts ab oder man beschränkt sich auf gegenseitiges „auf-die-Schulter-Klopfen“. Dazwischen Vorwürfe, Verallgemeinerungen, Herabwerten der jeweils anderen Seite und immer wieder bitterböser Zynismus. Doch das ist etwas, was ich generell an dieser ganzen „Geschlechterkampf„-Sache nicht nachvollziehen kann.

In der letzten Zeit habe ich mich, wie es meine Kapazitäten zuließen, etwas intensiver mit den Maskulisten beschäftigt, den einen oder anderen Blogeintrag plus einiger Kommentare gelesen, fand einiges davon gut, anderes wiederum nicht so, in jedem Fall war mein Ausflug in die Maskulistische Blogsphere sehr aufschlussreich für mich. Auch wen es bisher größtenteils noch recht oberflächlich ablief, doch für mehr reichte es einfach nicht. Feminismus gab ich mir nur sporadisch, wenn ich zufällig drübergestolpert bin. Vielleicht hole ich es bei Gelegenheit nach.

Ferner habe ich festgestellt, dass ich relativ merkbefreit bin, was Sexismus angeht. Hauptsächlich gegen Männer gerichteten Sexismus. Etwas empfindlicher bin ich – wer hätts gedacht – betreffend gegen Frauen gerichteten Sexismus. Was wohl ein Stück weit normal ist, ich denke ein Mensch fühlt sich wohl eher  dann angegriffen, wenn er oder sie sich mit der „Zielgruppe“ identifiziert.

Und: Ich kann bei vielen Themen, die hier aufgegriffen werden, einfach nicht mitreden, weil mich das Thema entweder nicht persönlich betrifft oder ich mich einfach noch nicht ausreichend damit auseinander gesetzt habe, um bei so viel Fachwissen [?] und Genderspeech etwas der Sache Dienliches beitragen zu können. So.
Seit einigen Tagen läuft auf KiKa wieder „die wilden Kerle“. Eine Serie für Kinder, bei der ich nicht so recht weiß, was ich davon halten soll. Ich nehme an, die Wilden Kerle sind jedem bekannt. In einer der ersten Folgen beschließt ein fußballbegeistertes Mädchen, sie heißt Vanessa – dass sie mit den „normalen“ Mädels nichts anfangen kann, und daher bei den Wilden Kerlen mitspielen möchte. Doch die Jungs wollen nichts davon wissen und versuchen, sie schnellstmöglich wieder von der Backe zu bekommen. Über Realismus in Kinderserien kann man natürlich diskutieren, ich für meinen Teil denke dass ein Körnchen Wahrheit in vielen Sendungen drinsteckt, wenngleich vieles maßlos übertrieben oder – siehe Disney – einfach nur falsch dargestellt wird und den Kindern ein ziemlich verqueres Weltbild  vermittelt. Doch zurück zu den Wilden Kerlen. Nachdem die Jungs Vanessa einige Male ziemlich übel mitgespielt haben schafft sie es, sich im Elfmeterschießen tatsächlich gegen alle Kerle zu behaupten, und verschafft sich auf diese Weise deren Respekt und das Recht, fortan ebenfalls ein „Wilder Kerl“ zu sein.

Also muss man sich, wenn man irgendwo mitspielen oder dazu gehören möchte, erst einmal „als würdig“ erweisen. Das klingt für mich legitim, zumindest wenn jemand nach Gleichberechtigung schreit. Daher glaube ich, kann ich ein Stück weit nachvollziehen, dass es Männern sauer aufstößt, wenn Frauen Feministinnen einerseits Gleichberechtigung! brüllen und im selben Atemzug nach Sonderbehandlung verlangen.

Ich muss sagen, ich kenne es eigentlich nur so, dass ich mein Zeug selbst mache. Nach der Realschule begann ich eine Ausbildung als Maler und Lackierer, und dort wurde jeder Azubi gleich behandelt. Mit den ganzen Anzüglichkeiten der Kollegen konnte ich damals überhaupt nichts anfangen, und ich stand mehr als einmal mit hochroten Ohren auf dem Gerüst, weil mir die Sprüche hochgradig unangenehm waren. Doch es half nichts, ich war das einzige Mädel auf der Baustelle und hatte daher genau zwei Optionen: Ohren auf Durchzug schalten und mich irgendwie durchbeißen, oder aber das Handtuch zu werfen. Vielleicht war es für mich nicht das Verkehrteste, ausgerechnet auf dem Bau ins Berufsleben zu starten, so bekam ich eine halbwegs realistische Vorstellung davon, was mich in meinem zukünftigen Leben unter Umständen so erwarten würde. Ich wählte die zweite Option und  kapitulierte nach einem halben Jahr. Zwar aus gesundheitlichen Gründen, doch wenn ich unbedingt gewollt hätte, hätte ich sicher irgend einen Weg gefunden, die verlorene Zeit nachzuholen. Was ich aber nicht tat.

Statt dessen begann ich eine zweite Ausbildung, diesmal als Konditorin. Irgendwann, es war noch ziemlich am Anfang meiner Lehrzeit, war der Zucker alle. Im Lager befanden sich Säcke mit Zucker. 50 kg schwere Säcke. Ich dachte mir nichts dabei und schleppte – unter Aufbietung sämtlicher Kräfte, aber immerhin: ich schaffte es – den Sack aus dem Lager im Keller nach oben in die Backstube. Und fing mir direkt einen Anpfiff von meiner Lehrmeisterin ein: ich sei ja wohl nicht ganz bei Trost, den schweren Sack selbst zu schleppen, wofür seien schließlich die Männer da. Ich habe sie angeschaut wie ein Auto, mir kam keine Sekunde lang in den Sinn, einen meiner männlichen Kollegen um Hilfe zu bitten. Ich schleppte die Säcke auch künftig selbst nach oben.

Ich habe es eigentlich immer möglichst so gehalten, dass ich ohne die Hilfe eines „starken Mannes“ zurecht kam. Welche Sonderbehandlung mir zuteil wird, ohne dass ich es bewusst wahrnehme, bzw. wie es ohne sie wäre, das kann ich natürlich nicht beurteilen.

Auch wenn mich zwischendurch kurz die Zweifel packten, ob ich hier an der richtigen Stelle bin: Ich finde nach wie vor interessant, hier so viele teils unterschiedliche Sichtweisen und auch Denkansätze auf einem Haufen zu erleben, und freue mich auf den ersten „regulären“ Blogmonat.

Warum ich mit Stöcken werfen besser finde als mit Steinen werfen

Wer hat denn da mit Blogstöckchen geworfen? Ach so, der Kai V (Frontberichterstatter) hat angefangen… und Arne Hoffmann (Genderama), Christian (Alles Evolution) und Tom174 (Mein Senf) haben munter mitgemacht! Ich mache das so wie Arne und schreibe das lieber frei von der Leber, als da noch stundenlang drüber nachzugrübeln (sonst wird das eh nichts mehr in diesem Leben).

Welche große Errungenschaft der letzten Welle des Feminismus empfindest Du als wichtig? Welche als überzogen?

Tja, da sind wir schon mitten in den ganzen Begriffen von Wellen und Richtungen des Feminismus… ich gehe mal von „ab etwa 1990er bis kurz vor heute“ aus und antworte entsprechend. Dass in meinem Bekanntenkreis Väter ihren Vaterschaftsurlaub nehmen und das die Leute drumherum begrüßen, scheint mir ein Erfolg zu sein, der sich erst so richtig in der Generation eingestellt hat, die jetzt Kinder in die Welt setzt. Für junge Frauen scheint es leichter geworden zu sein, selbstbewusst und selbstbestimmt zu leben, was letzten Endes auch den Männern zugute kommt, die sich solche Frauen wünschen – und das sind eine Menge in meiner Umgebung.

Überzogen finde ich viele Sachen des radikalen Feminismus, der in den letzten Jahren quasi als neueste Welle auftritt und der merkwürdigerweise vieles wieder zurückzunehmen versucht, was vorher mühsam erreicht wurde, gerade in Hinsicht auf die freie Lebensweise von Frauen. Am schlimmsten erscheint mir hierbei jedoch die Forderung, dass doch bestimmte Gruppen bei bestimmten Themen automatisch die Klappe halten sollen. Das ist die Basis, auf der jede Menge andere Auswüchse erst gedeihen können. Wann ist eine einseitige Einschränkung der Kommunikation jemals gut gewesen?

Welche feministische Forderung (z. B. einer politischen Partei) der letzten 10 Jahre hättest Du auch noch aus heutiger Sicht voll und ganz unterstützen können?

Mir will nichts mehr einfallen, was an Positivem von den Parteien gekommen wäre. Vielleicht sind Forderungen wie „Gewalt gegen Frauen und Mädchen bekämpfen“, „Frauen in Entwicklungs- und Schwellenländern ausbilden“ und „tradierte Rollenbilder aufbrechen“ nicht neu, sie sind und bleiben aber absolut unterstützenswert. Der Witz ist, dass es keine Rolle spielt, ob Jungs und Männer entsprechend stärker betroffen sind oder nicht. Diese Ziele sind per se richtig. Genau deswegen ist ein „Opferwettbewerb“ sinnlos.

Welche aktuellen feministischen Forderungen findest Du richtig?
Gibt es etwas das der Feminismus Deiner Meinung nach noch für Frauen fordern sollte/könnte und was natürlich für Dich gerechtfertigt ist?

„Frauen für voll nehmen.“ – Daraus leitet sich vieles andere ab. Es ist die alte Spiderman-Logik, nach der Macht und Verantwortung immer zusammen auftreten sollen.

Dort, wo die allgemeine gesetzliche und gesellschaftliche Lage durch ein rückständiges Umfeld konterkariert wird, etwa indem Mädchen / junge Frauen demotiviert werden, ihren eigenen verantwortungsbewussten Weg zu gehen, gibt es noch etwas zu tun. Letzten Endes erzeugt „seine Talente nicht nutzen“ nur unglückliche Menschen.

Mit welcher bekannten Feministin glaubst Du, könntest Du ein Bier trinken gehen und Dich mit ihr zivilisiert über Männerpolitik zu unterhalten?
Mit welcher Feministin könntest Du das garantiert nicht? Ein Beispiel reicht, gerne aber auch mehr.

Haha, Fangfrage! Bekannte Feministin… Bier trinken… zivilisiert unterhalten… über Männerpolitik! Es fehlt eigentlich nur noch „nachts an der Bar“.

Aber mal ernsthaft: Welche bekannte Feministin gibt es denn? Nach Alice Schwarzer kommt lange Zeit nichts. Das ist doch die eigentliche Misere, die natürlich durch unheilige Allianzen etwa mit einer reich bebilderten deutschen Tageszeitung zementiert wurde.

Lassen wir mal das „bekannt“ weg. Dann schließen sich immer noch „mal ein Bier trinken gehen“, das ich als „einfach mal ungezwungen miteinander quatschen“ kenne, und die strikte Themenvorgabe „Männerpolitik“ aus. Also entweder ich laber mit der Frau frank und frei über Gott und die Welt, oder es ist eben kein ungezwungenes Reden. Genau das wäre aber mal interessant, da würde man mal sehen, wie die Leute sonst so ticken – und die anderen würden das ja umgekehrt über mich mitbekommen. Weil ich an mich glaube, denke ich, dass sie nachher einen besseren Eindruck von mir haben als vorher, und ich stelle mir das auch so vor, dass ich die anderen dann ein Stück mehr mag (eigene Erfahrung mit Leuten, die politisch oder weltanschaulich anderer Meinung sind als ich und für Geplauder zu haben sind).

Das kann ich mir mit sehr vielen vorstellen. Ausnahmen sind die einzelnen Leute, die den Rechtsstaat bei Vergewaltigungsprozessen abschaffen wollen, sich an Männertränen laben, Beschädigung von Apotheken begrüßen, dankbar für die Bombardierung von Städten sind, sich als Gott betrachten oder „alle Männer töten“ als Motto ok finden. Das in Kombination mit Alkohol ist dann doch eher eine schlechte Idee.

Gibt es feministische Gruppe die Du, evtl. auch nur in Teilen, unterstützen könntest?

Ganz stumpf gesagt: Die Frauen in meiner Umgebung, die gleichberechtigt leben. Das erscheint mir als das natürlichste und gesündeste.

Was ist Deiner Meinung nach der größte Fehler des Feminismus gewesen?

Die Verweigerung von Kritik (siehe auch die Einschränkung von Kommunikation, erste Frage oben) – das hat bisher noch jede Bewegung mit hehren Zielen kaputtgemacht.

Welche Änderungen im Feminismus würdest Du vornehmen, damit er für Dich „akzeptabler“ erscheint?

Ganz platt gesagt gar nichts. Was soll ich als Mann am Feminismus ändern, solange ich nicht einmal mitdiskutieren darf? Da hilft nur kompletter Neustart.

Was die gemäßigten Strömungen angeht: Ich glaube, es wird nur über Absetzbewegungen funktionieren. Das passiert ja bereits an allen Ecken und Enden durch Einzelpersonen. Es sind genau die Artikel, die bei mir in Erinnerung bleiben, wenn Bloggerinnen sinngemäß schreiben „ich bin eine moderne Frau und dankbar für die Segnungen des Feminismus, aber dies oder jenes ist zu radikal, nicht zeitgemäß und macht den Feminismus kaputt.“

Es ist paradox, dass in Deutschland der radikale Feminismus alle anderen Varianten an die Wand drückt und nicht umgekehrt. Erklären kann ich mir das nur über die Dominanz einer Person wie Alice Schwarzer. Erinnert an manche Phase einer politischen Partei, wo viele unzufrieden sind, aber durch einen geistigen Übervater (oder eine Übermutter) so beherrscht und vereinnahmt werden, dass sich weder personell noch programmatisch eine Alternative herausbilden kann. Eine weitere Parallele besteht darin, dass irgendwann selbst die intelligenteste und wendigste Person ihr Pulver verschossen hat und dann nur noch zur Belastung wird. Erst nach ihrem Abgang kann es weitergehen, doch der intellektuelle Kahlschlag sitzt tief und es wird lange dauern, da wieder herauszukommen.

Das ist aber nur bezogen auf „den Feminismus“. Dass einzelne Leute mit klugen Beiträgen im Internet auffallen, dass man im persönlichen Umfeld viel beeinflussen und erreichen kann, damit wir modern leben können, das macht mir Mut. Ich meine immer noch, dass man mit einem Diskurs mehr bewegen kann als mit sinnloser Gewalt (daher der Artikeltitel).

Normalerweise darf man Blogstöckchen ja immer weiterwerfen. Mich würden ja die Ansichten von Neuer Peter (etwa als Gastartikel) und LoMi interessieren.

Aktualisierung 30.03.2014: Alle bisherigen Beiträge außer diesem:

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Die Go-Go’s waren eine reine Frauenband, die Anfang der 1980er einige coole Lieder hatte.

The Go-Go’s: We Got The Beat

Geschlechterstereotype in Abgrenzung zu Vermutungen aufgrund von Wahrscheinlichkeiten

Es folgt ein Gastartikel, der unter dem Pseudonym Rotterdam eingereicht worden ist. Ursprünglich war es ein Kommentar zum Artikel „It’s just marketing, stupid!„.

Unter Feministen neuerer Schule – auch unter denen moderater Ausprägung – scheint es Konsens zu sein, dass die vornehmste Aufgabe der Bewegung derzeit darin besteht, Geschlechterklischees und Rollenstereotype aufzubrechen und somit allen Menschen zu einem freieren, weniger beengten, selbstbestimmteren Leben zu verhelfen.

Das ist ein hehres Ziel. Zumindest wäre es das, beschränkten sich die Bemühungen darauf, das Angebot an validen Rollenbildern zu erweitern und dem Individuum so mehr Auswahlmöglichkeiten bereit zu stellen.

Nun scheint sich innerhalb feministischer Zirkel aber darüber hinaus eine Ansicht durchgesetzt zu haben, die tradierte Rollenbilder als defizitär betrachtet und die damit einhergehenden Perspektiven auf Mann und Frau als schädlich betrachtet – und zwar sowohl für die Entwicklung der Gesellschaft insgesamt, als auch für die persönliche Entwicklung ihrer Mitglieder. Folgerichtig müssten diese Stereotype nun also geächtet und soweit wie möglich aus dem öffentlichen Raum gedrängt werden, auf dass der neue Mensche von ihnen befreit werden möge.

Eine freie Entscheidung wird den Menschen dabei nicht mehr zugebilligt. Wer klassische Rollenmodelle für seinen Lebensentwurf präferiert, der ist dieser Ansicht nach entweder gehirngewaschen (das Stockholm-Syndrom des Hausmütterchens) oder Teil der Unterdrückungsstruktur (der ewiggestrige Macho, der seine Privilegien nicht aufgeben will). Eine freie Entscheidung ist nur dann eine solche, wenn für diejenige Entscheidungsmöglichkeit optiert wird, die der Feminist präferiert.

Damit werden alte Zwänge aber schlicht durch neue ersetzt. Den alten Geschlechterstereotypen werden neue Rollenzwänge entgegengesetzt, die mitunter aber gar nicht mit den Präferenzen vieler Menschen vereinbar sind. Denn wie es der Autor dieses Artikels so schön ausgedrückt hat, existieren viele (nicht alle!) Geschlechterstereotype, weil sie der “gegenwärtigen überwiegenden Realität [entsprechen]“.

Damit aber ist klar, dass das moralisch fragwürdige Projekt der Umerziehung der Menschen hin zu einem genehmeren Rollenverständnis von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Da geschlechterstereotypes Verhalten zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil seinen Ursprung in biologischen Dispositionen hat, wird sich dieses innerhalb unserer Lebenszeit schlicht nicht ausmerzen lassen, selbst wenn man es wollte.

Zu beachten ist dabei allerdings, dass die Gendertheoretiker insofern recht haben, als dass der Unterschied zwischen Mann und Frau nicht essentialistisch gelesen werden darf und die Unterschiede in vielerlei Hinsicht fließend sind. Die Verschiedenheit von Mann und Frau äußert sich oft lediglich in statistischen Häufungen, die Rückschlüsse auf das jeweilige Individuum in vielen Fällen unzulässig machen. Dass es mehr Mädchen gibt als Jungen, die gern mit Puppen spielen, bedeutet nicht, dass es keine Mädchen gäbe, die ungern mit Puppen spielen oder dass es keine Jungen mit Vorliebe für Puppen gäbe. Menschen, deren Verhalten derart vom Gängigen und Üblichen abweicht, sind deswegen keineswegs defizitär, unnatürlich oder weniger werthaft als Menschen, deren Verhalten eher der Norm entspricht. Das klar zu machen ist durchaus wichtig.

In einer freien Gesellschaft sollte ein Rollenmodell stets nur ein Angebot sein und Konformitätszwang weitgehend ausbleiben. Umso schlimmer ist es, wenn nun vorgeblich tolerante Menschen ein Verhalten gegenüber Menschen mit klassischen Rollenpräferenzen an den Tag legen, wie sie es gegenüber Menschen mit unüblichen Präferenzen kritisieren.

Bleiben die Geschlechterstereotype. Wenn sich also das Wesen des Menschen nicht ohne weiteres ändern lässt, und sich eine Mehrheit der Menschen stets eher “rollentypisch” verhalten wird, sollten wir dann nicht wenigstens versuchen, den Leidensdruck der Menschen zu mindern, die dieser Norm nicht entsprechen?

Meiner Meinung nach lautet die Antwort: Ja, aber. Denn Menschen, die in irgendeiner Hinsicht aus der Norm fallen, werden sich auch in der tolerantesten aller Gesellschaften immer zu Anpassungsleistungen gezwungen sehen. Und zwar deshalb, weil Menschen mit vergleichsweise seltenen Eigenschaften stets aus dem Erwartungsrahmen fallen werden, den ein jeder Mensch benutzt um seine Umwelt möglichst effizient zu ordnen.

Reiche ich einem Menschen ein Messer, werde ich ihm den Griff auf eine solche Art hinhalten, dass er mit der Rechten leicht zugreifen kann – und dass, obwohl er unter Umständen Linkshänder ist.

Berichtet mir ein Mann von seiner Beziehung, werde ich zunächst einmal davon ausgehen, dass es sich dabei um eine Frau handelt.

Bekomme ich Besuch, werde ich diesem Alkohol anbieten – obwohl ich es mit einem Abstinenzler zu tun haben könnte.

Das tue ich nicht, weil ich Linkshändern, Homosexuellen oder Abstinenzlern Böses will. Und es bedeutet nicht, dass ich diese Eigenschaften abwerte oder Normalität (im Sinne von Häufigkeit) mit Werthaftigkeit verwechsle. Ich tue es, weil ich in der Mehrzahl der Fälle damit richtig liege.

Gehe ich mit einer solchen Annahme einmal fehl, entschuldige ich mich natürlich und korrigiere meinen Fehler. Von dieser Erwartung aber ganz abzulassen, würde mir ein sehr wirkungsvolles Instrument der Alltagsbewältigung rauben, von dem ich ungern ablassen würde.

Menschen, so denke ich, werden sich nur unter extremen Bedingungen dazu bringen lassen, von der Benutzung dieser höchst sinnvollen Heuristiken abzusehen.

Warum also versuchen, sie dazu zu bringen? Hier könnte man sich nun der alten Binsenweisheit bedienen, dass obsolet gewordene soziale Bewegungen stets nach neuen Betätigungsfeldern suchen, um sich ihrer Existenzberechtigung zu versichern. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Bewegungen bereits soweit geronnen sind, dass sie sich in der bürokratischen Infrastruktur eines Gemeinwesens festgesetzt haben.

Ein Problem, das sich schlicht nich lösen lässt, ist dabei der Hauptgewinn eines jeden Kämpfers für die vermeintliche Gerechtigkeit, dessen Ansehen oder dessen Existenz auf dem fortwährenden Kampf gegen das Böse beruht.

Denn wenn der Patient partout nicht genesen will, dann braucht es eben immer mehr von der immer gleichen Medizin. Und das bedeutet vor allem eines: Mehr Geld, mehr Posten, mehr Aufmerksamkeit, mehr Prestige.

Es gibt in dieser ganzen Geschichte also durchaus jemanden, der nicht von seinen Privilegien lassen will. Es sind nicht die Anhänger des klassischen Rollenbildes

Auf die Plätze, fertig….

In nur noch einer Woche geht die „feste Zeiten für Artikel-Phase“ los.

Wer also gerade am Anfang des Monats dran ist, der sollte sich langsam Gedanken machen, sich vielleicht auch schon einmal anschauen, wie man alles macht. Wer fragen hat, der kann die natürlich gerne in den Kommentaren stellen.

Wer vor Ideen übersprudelt: Es können an den noch unbesetzten Tagen noch weitere Artikel von festen Autoren eingestellt werden. Aber dabei bitte daran denken, dass das System nur klappt, wenn ihr zumindest an „euren Tagen“ etwas veröffentlicht, damit wir auch regelmäßige Artikel haben. Ich empfehle für ein pünktliches Erscheinen morgens an dem Tag das „Zeitversetzte Einstellen“, dass hier oder hier jeweils noch einmal erklärt werden.

Wer einen Artikel als Gastautor beisteuern möchte, der kann sich an Graublau wenden, wer noch als Autor einsteigen möchte, der kann dies gerne in den Kommentaren mitteilen.

Ich freue mich schon auf viele interessante Artikel!

It’s just marketing, stupid!

Spätestens durch die hinlänglich bekannte #aufschrei Debatte kommt dem Begriff – oder besser gesagt dem Vorwurf – des „Sexismus“ wieder verstärkt Aufmerksamkeit zu. Das führt nunmehr schon so weit, dass der Berliner Bezirk Kreuzberg keine „sexistische Werbung“ mehr auf Plakaten erlauben möchte.

Wenn man schon bei gesetzlichen Verboten angekommen ist, sollte sich die Frage stellen, wann eine Werbung eigentlich „sexistisch“ ist. Liegt das im Auge des Betrachters? Dann wäre der Verbotswillkür durch staatliche stellen Tür und Tor geöffnet.

Berit Völzmann hat sich hierzu in einem Interview auf dem Blog der Mädchenmannschaft eingelassen. Sie ist nach Eigendarstellung angehende Volljuristin und wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln und Mitarbeiterin beim juristischen Frauentag. Sie definiert sexistische Werbung so:

„Sexistische Werbung ist für mich jede Werbung, die Geschlechtsrollenstereotype transportiert“

Der aufmerksame Leser wird merken, dass es nach dieser sehr weitgehenden Definition von Sexismus weder nackte Haut noch irgendeine Form von Beleidigung oder Herabsetzung eines Geschlechtes braucht um ein Verbot wegen „Sexismus“ zu begründen. Tatbestandsmerkmale nach Frau Völzmann sind einzig: ein „Geschlechterstereotyp“ und dessen „Transport“.

Als „Transport“ kann dabei vermutlich als  direkte oder indirekte Darstellung verstanden werden, so dass entscheidendes Merkmal für die Unterscheidung von sexistischer und nichtsexistischer Werbung das „Geschlechterstereotyp“ wäre.

Was ist aber nun ein Geschlechterstereotyp? Ein Werbespot mit einem Mann der auf dem Bau arbeitet und in seiner Frühstückspause einen Schokoriegel verzehrt? Eine Frau, die den Boden wischt und dabei den neuen Reiniger anpreist? Vermutlich schon: Beide entsprechen ja einem gewissen Stereotyp von männlicher und weiblicher Tätigkeit.

Nun existiert ein Stereotyp in der Werbung aber in vielen Fällen auch deswegen, weil es der gegenwärtigen überwiegenden Realität entspricht. Auch eine Feministin wird wahrscheinlich nicht leugnen, dass z.B. die Mehrzahl der Hausarbeit oft von Frauen erledigt wird. Ziel der Feministin ist es oft diese gegenwärtige Realität zu verändern und es besteht die Befürchtung, dass eine solche Veränderung durch Verfestigung (durch Werbung) verhindert wird.

Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass Werbung auch dazu beitragen kann bestehende Stereotype aufrecht zu erhalten. Ich bleibe der Einfachheit halber mal beim Putzen. Wenn in der Werbung ständig putzende Frauen zu sehen sind, dann wird auf diese Weise beiden Geschlechtern vermittelt, dass diese Tätigkeit typisch weiblich sei. Wenn man diesen Gedanken fortsetzt, dann müsste Werbung im Sinne einer feministischen Umerziehung der Gesellschaft künftig putzende Männer zeigen. Für Frau Völzmann wäre das vermutlich auch in Ordnung.

Unabhängig von der Frage, ob eine feministisch gewünschte gesellschaftliche Umerziehung überhaupt möglich oder wünschenswert ist, kann und muss Produktwerbung einen solchen gesellschaftlichen „Umerziehungsbeitrag“ jedenfalls nicht leisten. Oder wie Martenstein es pointiert:

„Dass Werbung auf politische Ideen verpflichtet wird – so was gibt es bisher höchstens in Nordkorea.“

Der Verkäufer von Waschmittel oder Bodenreiniger wird sich nur deshalb vorrangig an Frauen wenden, weil er mit seiner Werbung an Markt erfolgreich sein möchte – ja erfolgreich sein muss. Werbung die von der Zielgruppe abgelehnt oder ignoriert wird, ist wirtschaftlich erfolglose Werbung und wird im Regelfall verschwinden. Denn Werbung kostet Geld. Eine Frau, die sich selbst nicht in dem von der Werbung vermittelten Frauenbild wiederfindet, wird das beworbene Produkt wahrscheinlich gar nicht kaufen. Deshalb wäre eine Umstellung der Werbung für Putzmittel auf Männer auch in jeder Hinsicht ein Flop.

Noch schwieriger wird es, wenn nicht nur die Werbung das Geschlechterstereotyp verkörpert, sondern das beworbene Produkt selbst. Denken wir z.B. an die Barbiepuppe, die ja selbst schon ein bestimmtes Geschlechterbild vermittelt. Wer hier die Produktwerbung wegen „Sexismus“ verbieten möchte, muss letztendlich auch das dahinter stehende Produkt selbst verbieten wollen. Und hier schließt sich der Kreis. Denn Berit Völzmann ist Mitglied bei Pink Stinks. Einer interessengruppe, die realativ aggressiv gegen jede Form von geschlechtertypischer Form der Darstellung von Frauen vorgeht.

Die Linie in der Geschlechterdiskussion verläuft nicht zwischen gut und böse

Ich bin der Antifeminist.  Ich gehe konform mit Artikeln wie diesem. Derselbe Autor legt ein Diskussiongebaren vor, das mich einfach nur abstößt. Wortschrank, 22.3., erster Kommentar von ihm. Ich zitiere es extra nicht, es gab in letzter Zeit schon zuviele Namensnennungen und es ist auch nur ein Beispiel von denen es doch so viele gibt.

Schoppe hat es in hier ziemlich gut auf den Punkt gebracht.

Ich würde Dir weder Persönliches […] abfordern, noch Dir für sämtliche geschlechterpolitische Grausamkeiten diffus die Verantwortung zuteilen. Das ist so selbstverständlich, dass es fast unangenehm ist, es überhaupt aufzuschreiben.

Aber genau das passiert ständig. Das ist es, was eine Diskussion verhindert. Eine Diskussion, in der man Leute erreicht und überzeugt. Feminismus ist eine Hassreligion. Aber wenn derselbe Hass in mir ist, so werde ich mein Gegenüber nicht davon überzeugen können, daß ich selbst für positive Ideale stehe. Für Gleichberechtigung und eine differenzierte Sicht auf Geschlechterprobleme und deren Lösungen.

Es fängt damit an, Menschen die einen Austausch suchen mit Respekt zu behandeln. Ihre geäußerten Meinungen zu diskutieren und eben nicht mit platten Verallgemeinerungen und Beleidigungen zu antworten.

Nurture vs. Nature bzw. Anlage-Umwelt-Debatte

Ich stelle mal ganz allgemein zur Diskussion, welchen Anteil an den Geschlechterrollen ihr eher im biologischen Teil und welchen Anteil ihr im sozialen Teil seht bzw. welchen Anteil haben gesellschaftlich errichtete Geschlechterrollen und welchen Anteil hat die Biologie?

Fundstück: The Amazing Atheist

„The Amazing Atheist“ ist ein durchaus umstrittener und streitbarer Mann. Das erste Mal lief ich ihm über den Weg, als er ein Video über Mobbing veröffentlichte, mit dem ich wenig anfangen konnte. Wieder auf meinem Radar tauchte er auf, als Christian ein Video von ihm veröffentlichte, in dem er einen Blogartikel genüsslich auseinandernahm.

Nun gibt es viele Punkte, in denen ich mit ihm nicht übereinstimme, ganz vorneweg bin ich kein Atheist. Ich mag auch seine übliche Vorgehensweise nicht, das Recht auf freie Meinung dadurch zu praktizieren, indem er flucht, beleidigend wird und herumbrüllt. Es gibt aber ein Video von ihm über Geschlechterthemen, das ein wenig aus diesem Rahmen fällt und das ich deswegen als Fundstück präsentieren möchte insbesondere für all die Leute, die ebenfalls mit seiner normalerweise ordinären, polarisierenden Art nicht zurechtkommen und deswegen auch nicht lange bei ihm suchen werden, um so etwas zu finden.

The Amazing Atheist kritisierte wiederholt seltsame Auswüchse des Feminismus, aber auch das mit zweierlei Maß messen bei den Geschlechtern (etwa Verharmlosung von Gewalt gegen Männer, in den Kommentaren in diesem Blog schon einmal angesprochen). Ein Video von ihm heißt „There’s No Rape Culture!„. Dieses Schlagwort, von mir als „Vergewaltigungskultur“ übersetzt, lese ich immer wieder mal Zusammenhang mit Feminismus einerseits und der Männerbewegung andererseits. Bei Genderama und Alles Evolution taucht es entsprechend auf, bei Christian etwa gab es unter anderem schon Definition und erste Fragen sowie eine Kritik.

Das alles wäre eine Artikelserie wert; es geht mir aber immer noch um das eigentliche Fundstück. In dem ersten Video verwahrte sich „The Amazing Atheist“ ausdrücklich gegen die gelegentlich im Zusammenhang mit Vergewaltigungsvorwürfen geforderte Abschaffung des Rechtstaats (welcher in Deutschland inzwischen auch bekannt ist als „der Rotz, der unser Leben lebenswert macht„). Er erwähnte auch, dass er selbst am Arbeitsplatz durch eine Frau sexuell belästigt wurde und darüber gelacht wurde und er für homosexuell gehalten wurde, weil er es nicht mochte. Ebenfalls ging er darauf ein, dass bereits die Anschuldigung einer Vergewaltigung das Leben des Beschuldigten zerstört. Schließlich forderte er dazu auf, ihm Argumente zu liefern, warum er mit seinem Standpunkt, es gebe keine „rape culture“, falsch läge (mit dem Hinweis, dass Argumente bei ihm tatsächlich schon zu einer fundamentalen Meinungsänderung geführt hätten). Er erhielt darauf anscheinend eine Menge Reaktionen, die ihn offenbar recht beeindruckten.

Das nachfolgende Video, das er produzierte, ist das eigentliche Fundstück. Hier spricht er mit ruhiger Stimme und läßt die üblichen Ausfälle größtenteils sein (am Ende flucht er leider doch ein wenig herum). Wer keinen langhaarigen, bärtigen, übergewichtigen Mann sehen will (Stilkritik dieser Art gab’s tatsächlich schon bei Christian in den Kommentaren), kann das Video im Hintergrund laufen lassen – es werden keine illustrierenden Bilder gezeigt, die man verpassen würde.

The Amazing Atheist: The End Of Rape

Zum Inhalt, wie er schon im vorangegangenen Video versprochen wurde: Vier Arten von Leuten, die mit einer Vergewaltigung davonkommen können. Klingt.nach starkem Tobak und das Video hat tatsächlich den Schönheitsfehler, dass nur drei Gruppen vorkommen:

  1. Sportler
  2. Gefängnisinsassen
  3. Militär

Dass es bei diesen drei Gruppen der Fall sein kann, leuchtet mir ein. The Amazing Atheist hat erst kürzlich ein neues Video veröffentlicht, indem er die Untätigkeit des Militärs, diese Fälle zu verfolgen und den Unwillen des Gesetzgebers, andere Regeln aufzustellen, kritisierte. (Dazu sei ein Gegenbeispiel bei Genderama erwähnt von einem Prozess, der mit allen Mitteln durchgezogen worden soll, aber schiefzugehen scheint, weil an den Vorwürfen nichts dran ist.)

In dem Video kommt auch eine überzeugende Analyse, was diese Szenarien alle gemeinsam haben:

  • strenge Hierarchien und Befehlsstrukturen
  • starke Betonung von Stärke und Härte mit dem Ziel, „Dinge auszuhalten“
  • Unterdrückung von Empathie für Menschen außerhalb der eigenen Gruppe
  • hohes Stressniveau, wenig Empathie = die Basis vieler Verbrechen

Ich habe aber noch eine ganz hässliche Erklärung dafür, warum es einerseits keine Vergewaltigungskultur gibt und es andererseits ganz schwer für die Opfer sein kann, in ihrem Umfeld Gehör zu finden. Erinnert sich noch jemand an den Ort Insel? Dort sollten zwei Sexualstraftäter nach Verbüßung ihrer Haftstrafe wohnen, wogegen sich die Anwohner verbissen wehrten. Eine Frau jedoch blieb unbeteiligt. Ihre Tochter war vor Jahren sexuell missbraucht worden. Von einem Einwohner Insels. Ich meine, es sei der Artikel Gefangen in der Freiheit: Zwei Ex-Häftinge in einem Dorf, in dem ich das ursprünglich gelesen habe; außerdem habe ich einen MDR-Bericht als PDF gefunden. Kommt der Täter aus den eigenen Reihen / der eigenen Dorfgemeinschaft, scheint man ihn eher in Schutz zu nehmen. Allgemeine Ansprüche an Gerechtigkeit werden dann ausgeschaltet. Was im Extremfall bedeutet, dass selbst wenn Polizei und Justiz vorbildlich arbeiten, jedes einzelne Opfer gegen seine Umgebung kämpfen muss. Traurig, aber wahr.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Wer hätte das gedacht – zum eigentlichen Thema des Fundstücks will mir nichts einfallen. Dafür gibt’s ein Lied, das oft für ein Liebeslied gehalten wurde, aber eigentlich von einem Menschen handelt, der seiner ehemaligen Liebe nachstellt.

The Police: Every Breath You Take

Die Geschlechter im Wandel der Zeit

„Nichts in der menschlichen Geschichte bereitete die Menschheit oder die Erde wirklich auf das vor, was nach 1800 geschah.“, schreibt der bekannte US-amerikanische Entwicklungsökonom Jeffrey D. Sachs im Rückblick auf die Industrialisierung. Mit dem Einsetzen der industriellen Revolution wurde der Mensch jäh aus seiner bis dahin vergleichsweise langsam verlaufenen Entwicklung gerissen und beschritt kurz nach der Erfindung der Dampfmaschine den steinigen Weg in die Moderne. Der ungarische Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftstheoretiker Karl Polany (1886- 1964) spricht in diesem Zusammenhang vom grössten Transformationsprozess, dem die Menschheit je ausgesetzt war. Doch mit den gewaltigen Fortschritten auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung sowie den Kommunikations- und Fertigungstechnologien hat mittlerweile ein ganz anderes und neues Zeitalter begonnen, dass unser Leben voraussichtlich ähnlich stark verändern wird, wie seinerzeit die industrielle Revolution. Genauso wie sich die Maschine wandelt, wird sich auch unsere Gesellschaft verändern.

 „In der Wirtschaft ersetzen Dienstleistungen immer mehr die Güterproduktion als Quelle des Wohlstandes. Der typische Arbeitnehmer in der Informationsgesellschaft arbeitet nicht in einer Stahlfabrik oder einem Automobilwerk, sondern in einer Bank, einer Softwareschmiede, einem Restaurant, in einer Universität oder bei einer Sozialbehörde.“, schreibt der amerikanische Politologe Francis Fukuyama in seinem 2000 erstmals auf Deutsch erschienen Buch „Der grosse Aufbruch“. „Im Laufe der letzten fünfzig Jahre haben die Vereinigten Staaten und andere ökonomisch hochentwickelte Länder schrittweise den Übergang in die sogenannte Informationsgesellschaft oder ins postindustrielle Zeitalter vollzogen.“ Dieser tiefgreifenden Strukturwandel hat den Westen im Verlaufe der letzten Jahrzehnte Millionen von Arbeitsplätzen gekostet. Alleine in der Schweiz sind in den vergangenen dreissig Jahren über 60 Prozent aller Industriearbeitsplätze verloren gegangen. Dem gegenüber verzeichnet der Dienstleistungssektor enorme Zuwachsraten.

Ein kennzeichnendes Merkmal des Dienstleistungszeitalters ist der Wandel in der Arbeitswelt: Der Working Class Hero wird zunehmend weiblich. Das bedeutet nicht, dass der männliche dabei verschwindet, wie häufig postuliert- und mitunter auch fieberhaft herbei phantasiert wird. Doch seine Rolle wird sich auch deshalb verändern, weil die postindustrielle Gesellschaft den Frauen insgesamt mehr Möglichkeiten eröffnet, als das gesamte, männlich geprägte Industriezeitalter. Damit gestalten sich zwangsläufig auch die vielschichtigen Beziehungen zwischen Männern und Frauen neu- mit weitreichenden Konsequenzen.

Häufig wird versucht, diesen tiefgreifenden Veränderungsprozess alleine an den Geschlechtern festzumachen. Der übegeordnete Trend verläuft jedoch nicht zwischen den Geschlechtern. Es ist vielmehr der Übergang vom industriellen zum technologischen Zeitalter, der die sozialen Entwicklungen vorantriebt, wie wir gesehen haben. Trotzdem scheinen die Medien, einzelne wissenschaftliche Disziplinen sowie die Politik geradezu besessen davon zu sein, diese Entwicklungen zu einem Geschlechterkampf hochzustillisieren. So verkündete die amerikanische Publizistin und Buchautorin Hanna Rosin etwa bereits vollmundig das Ende der Männer. Auch wenn die Geschlechterkomponente nicht ganz von der Hand zu weisen ist, blockieren so radikale Positionen jeden vernünftigen Dialog zwischen den Geschlechtern.

Unsere Zeit stellt letztendlich alle Menschen vor grosse Herausforderungen, Männer wie auch Frauen. Die modernen Gesellschaften des Westens sind nicht einfach nur auf die Bedürfnisse von Männern zugeschnitten, sondern auf eine Generation mit einem längst überholten Gesellschaftsideal. Probleme haben heute beide Geschlechter- sowohl im Privatleben als auch in der Arbeitswelt. Mit dem Unterschied, dass Frauen sie als strukturelle, gesellschaftliche Probleme behandeln und ganze Bücher darüber schreiben können und Männer nicht. Warum eigentlich nicht?

Fundstück: LoMi und die Pauschalisten

LoMi schreibt schon interessante Sachen. Dass er sein eigenes Blog Offene Flanke wieder reaktiviert hat, rechne ich der Diskussion zu, aus der das Geschlechterallerlei entstanden ist. Dabei äußerte LoMi sowohl ernsthafte Überlegungen als auch weniger ernsthafte:

„Einen Blog würde ich auch gerne aufmachen, um dann mal ordentlich rumranten zu können. Am Ende würde ich es aber vermutlich doch nicht tun und wieder ganz artig und lieb vor mich hindifferenzieren ^^

Natürlich, weil ich so ein netter, lieber Mann bin, Ihr verdammten Weiber, Ihr seid ja alle miteinander, Ihr *kreisch* ^^“

Ich finde, LoMis Blogeinträge haben noch ein wenig mehr Beachtung verdient. Mir kommen sie angenehm ruhig formuliert vor und sie beleuchten Aspekte, die ich anderswo nicht oder nicht so gut ausgedrückt finde:

In Fordern und Fördern schreibt er über fordernde Frauen in seiner Welt – aber auch über die eigene Schwäche (offene Flanke!), mit diesen Situation angemessen umzugehen. Wenn er in Und ewig währt das Schuldgefühl beschreibt, wie er durch ein negativ vermitteltes Männerbild Schuldgefühle hat, bleibt auch nicht der Verweis auf seine mangelnde Durchsetzungsfähigkeit aus.

Die Artikel Kommunikationsneurosen des Lillifee-Feminismus sowie Wenn Worte schuldig sind und Interpreten nur Automaten haben sperrige Titel, behandeln aber ein äußerst fragwürdiges Verständnis von Kommunikation, das im Grunde echte Kommunikation verhindert.

Als eine wichtige Frage empfinde ich „Wo bleibt die Lockerheit?„. Die bietet natürlich mehr als genug Streit- und Diskussionspotential.

Zuletzt ist mir LoMi jedoch als Anführer einer neuen Bewegung aufgefallen:

„Ich gründe die Pauschalisten-Acceptance-Bewegung. Wir Pauschalisten finden es diskriminierend, wenn andere sagen, wir könnten ja anders urteilen, wenn wir uns nur anstrengen würden. Damit geben sie uns die Schuld an unseren Pauschalurteilen und werten uns ab. Sie geben uns zu verstehen, dass wir anders sind als die Mehrheit. Wir stellen uns dagegen. Jedes Urteil ist schön und nicht nur das Idealurteil, den diese differenzierungsnormativen People propagieren. ^^
(…)
Differenzierung ist ein gesellschaftliches Konstrukt, das uns nun als naturgegeben verkauft werden soll. Dieses Konstrukt ist aber doch nur das Mittel, um die Pauschalisten auszubeuten und zu unterdrücken. Dabei wird niemand als Differenzierer geboren!“

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Diesmal mit J.B.O. und einem Lied, das neulich von muttersheera in den Kommentaren erwähnt wurde. Der Text ist ganz bestimmt 100% Ernst gemeint.

Meine beiden Lieblingsstellen:
“Frauen sind einfach nicht objektiv” – Selbstironie!
“Werden als Kind schon auf dumm geeicht” – das wäre ein eigenes Thema wert

J.B.O.: Frauen