„The Amazing Atheist“ ist ein durchaus umstrittener und streitbarer Mann. Das erste Mal lief ich ihm über den Weg, als er ein Video über Mobbing veröffentlichte, mit dem ich wenig anfangen konnte. Wieder auf meinem Radar tauchte er auf, als Christian ein Video von ihm veröffentlichte, in dem er einen Blogartikel genüsslich auseinandernahm.
Nun gibt es viele Punkte, in denen ich mit ihm nicht übereinstimme, ganz vorneweg bin ich kein Atheist. Ich mag auch seine übliche Vorgehensweise nicht, das Recht auf freie Meinung dadurch zu praktizieren, indem er flucht, beleidigend wird und herumbrüllt. Es gibt aber ein Video von ihm über Geschlechterthemen, das ein wenig aus diesem Rahmen fällt und das ich deswegen als Fundstück präsentieren möchte insbesondere für all die Leute, die ebenfalls mit seiner normalerweise ordinären, polarisierenden Art nicht zurechtkommen und deswegen auch nicht lange bei ihm suchen werden, um so etwas zu finden.
The Amazing Atheist kritisierte wiederholt seltsame Auswüchse des Feminismus, aber auch das mit zweierlei Maß messen bei den Geschlechtern (etwa Verharmlosung von Gewalt gegen Männer, in den Kommentaren in diesem Blog schon einmal angesprochen). Ein Video von ihm heißt „There’s No Rape Culture!„. Dieses Schlagwort, von mir als „Vergewaltigungskultur“ übersetzt, lese ich immer wieder mal Zusammenhang mit Feminismus einerseits und der Männerbewegung andererseits. Bei Genderama und Alles Evolution taucht es entsprechend auf, bei Christian etwa gab es unter anderem schon Definition und erste Fragen sowie eine Kritik.
Das alles wäre eine Artikelserie wert; es geht mir aber immer noch um das eigentliche Fundstück. In dem ersten Video verwahrte sich „The Amazing Atheist“ ausdrücklich gegen die gelegentlich im Zusammenhang mit Vergewaltigungsvorwürfen geforderte Abschaffung des Rechtstaats (welcher in Deutschland inzwischen auch bekannt ist als „der Rotz, der unser Leben lebenswert macht„). Er erwähnte auch, dass er selbst am Arbeitsplatz durch eine Frau sexuell belästigt wurde und darüber gelacht wurde und er für homosexuell gehalten wurde, weil er es nicht mochte. Ebenfalls ging er darauf ein, dass bereits die Anschuldigung einer Vergewaltigung das Leben des Beschuldigten zerstört. Schließlich forderte er dazu auf, ihm Argumente zu liefern, warum er mit seinem Standpunkt, es gebe keine „rape culture“, falsch läge (mit dem Hinweis, dass Argumente bei ihm tatsächlich schon zu einer fundamentalen Meinungsänderung geführt hätten). Er erhielt darauf anscheinend eine Menge Reaktionen, die ihn offenbar recht beeindruckten.
Das nachfolgende Video, das er produzierte, ist das eigentliche Fundstück. Hier spricht er mit ruhiger Stimme und läßt die üblichen Ausfälle größtenteils sein (am Ende flucht er leider doch ein wenig herum). Wer keinen langhaarigen, bärtigen, übergewichtigen Mann sehen will (Stilkritik dieser Art gab’s tatsächlich schon bei Christian in den Kommentaren), kann das Video im Hintergrund laufen lassen – es werden keine illustrierenden Bilder gezeigt, die man verpassen würde.
The Amazing Atheist: The End Of Rape
Zum Inhalt, wie er schon im vorangegangenen Video versprochen wurde: Vier Arten von Leuten, die mit einer Vergewaltigung davonkommen können. Klingt.nach starkem Tobak und das Video hat tatsächlich den Schönheitsfehler, dass nur drei Gruppen vorkommen:
- Sportler
- Gefängnisinsassen
- Militär
Dass es bei diesen drei Gruppen der Fall sein kann, leuchtet mir ein. The Amazing Atheist hat erst kürzlich ein neues Video veröffentlicht, indem er die Untätigkeit des Militärs, diese Fälle zu verfolgen und den Unwillen des Gesetzgebers, andere Regeln aufzustellen, kritisierte. (Dazu sei ein Gegenbeispiel bei Genderama erwähnt von einem Prozess, der mit allen Mitteln durchgezogen worden soll, aber schiefzugehen scheint, weil an den Vorwürfen nichts dran ist.)
In dem Video kommt auch eine überzeugende Analyse, was diese Szenarien alle gemeinsam haben:
- strenge Hierarchien und Befehlsstrukturen
- starke Betonung von Stärke und Härte mit dem Ziel, „Dinge auszuhalten“
- Unterdrückung von Empathie für Menschen außerhalb der eigenen Gruppe
- hohes Stressniveau, wenig Empathie = die Basis vieler Verbrechen
Ich habe aber noch eine ganz hässliche Erklärung dafür, warum es einerseits keine Vergewaltigungskultur gibt und es andererseits ganz schwer für die Opfer sein kann, in ihrem Umfeld Gehör zu finden. Erinnert sich noch jemand an den Ort Insel? Dort sollten zwei Sexualstraftäter nach Verbüßung ihrer Haftstrafe wohnen, wogegen sich die Anwohner verbissen wehrten. Eine Frau jedoch blieb unbeteiligt. Ihre Tochter war vor Jahren sexuell missbraucht worden. Von einem Einwohner Insels. Ich meine, es sei der Artikel Gefangen in der Freiheit: Zwei Ex-Häftinge in einem Dorf, in dem ich das ursprünglich gelesen habe; außerdem habe ich einen MDR-Bericht als PDF gefunden. Kommt der Täter aus den eigenen Reihen / der eigenen Dorfgemeinschaft, scheint man ihn eher in Schutz zu nehmen. Allgemeine Ansprüche an Gerechtigkeit werden dann ausgeschaltet. Was im Extremfall bedeutet, dass selbst wenn Polizei und Justiz vorbildlich arbeiten, jedes einzelne Opfer gegen seine Umgebung kämpfen muss. Traurig, aber wahr.
Popkultur
Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Wer hätte das gedacht – zum eigentlichen Thema des Fundstücks will mir nichts einfallen. Dafür gibt’s ein Lied, das oft für ein Liebeslied gehalten wurde, aber eigentlich von einem Menschen handelt, der seiner ehemaligen Liebe nachstellt.
The Police: Every Breath You Take