#Pride und #Pinkwashing : Die allgegenwärtige Regenbogenfahne

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Vorbildlich: Endlich dürfen auch Schwule Schuhe tragen. Quelle.

Es ist wieder CSD-Saison und verstärkt nehmen Medien, Regierung und Unternehmen die Gelegenheit war, um auf „LGBT“ aufmerksam zu machen. Da ich online ohne Adblocker unterwegs bin, wurde ich in den letzten Wochen immer mehr mit bunten Werbebannern zugespamt. Auch das Frauenministerium, das sich noch nie weltanschaulicher Neutralität verpflichtet fühlte oder kritische Distanz zum Gender-Feminismus durchblicken ließ, macht fröhlich mit, wobei es natürlich nur um „Information“ geht. Pride-Veranstaltungen werden damit zu staatlich promoteten politischen Demonstrationen. Auf Websites, Straßen und auf Produkten – überall grellbunte, kitschige Regenbogenfahnen. Der Tagespiegel berichtet:

 Zum CSD im Juli wehen für gewöhnlich überall in Berlin die Regenbogenfahnen: An öffentlichen Plätzen, an Kulturstätten, von privaten Balkonen aus. Auch die Deutsche Bank, die Deutsche Bahn, MyMuesli, Douglas und Flaconi nutzen den Regenbogen – zu Werbezwecken. Die Firmen möchten Weltoffenheit, Diversität und Akzeptanz gegenüber der LGBTQI* Community und den Kunden demonstrieren – ein Image, aus dem sich Profit schlagen lässt.

Dazu stülpen manche Firmen ein Regenbogenmuster über ihre Produkte, um das LGBT-Kundensegment anzusprechen oder einfach als virtue signalling, um woken Millenials und wohlmeinenden Biedermeiern, den Groschen aus der Tasche zu locken. Die Zielgruppe wird im „Handelsbatt“ 2019 als zahlungskräftig beschrieben:

Seit Jahren gibt es hier einen harten Wettbewerb um die bunte Klientel, der viele Studien überdurchschnittliche Reise- und Konsumlust attestieren.

Die Kaufkraft der Queeren-Gemeinschaft ist immens und wird in Deutschland „rosa Geld“ genannt. Experten des britischen Marktforschungsunternehmens LGBT-Capital schätzen das rosa Geld der Welt auf 3,7 Billionen US-Dollar pro Jahr, doppelt so viel wie die gesamte Kaufkraft von Kanada. In Europa beträgt die jährliche Kaufkraft 950 Milliarden US-Dollar und für Deutschland wird eine Kaufkraft von über 151 Milliarden Euro geschätzt.

Auch der „Fokus“ schreibt:

Schließlich gilt die LGBTIQ+-Community als kaufstark – allein in Deutschland wird ihr jährlicher Umsatz auf 50 bis 100 Milliarden Euro geschätzt.

Der „LGBT“-Trend hat eben auch etwas mit „Selbstverwirklichung“ und auch mit Eitelkeit zu tun. Meiner persönlichen Ansicht nach, wiegt dieser Aspekt sogar schwerer als natürliche sexuelle Veranlagung. „Selbstverwirklicher“ haben im Allgemeinen Geld und geben es gerne für Produkte aus, die ihrem selbstkreierten „Selbst“ besonders entsprechen und auch die „politisch interessierte“ ImM-Studentin gibt das väterliche Geld gerne aus, um sich passend zur Saison ein paar bunt gestreifte Kosmetikartikel zu shoppen und ihren Freundinnen zu zeigen.

Das Geschäft scheint sich zu lohnen, doch bei der Zielgruppe selber weckt das politisch angesagte Marketing auch Kritik. „Pinkwashing“ nennen Queer-Aktivisten es, wenn Unternehmen ohne Bezug zu LGBT-Themen nur oberflächlich auf der Welle mitschwimmen. Die Kommerzialisierung der politischen Agenda und ihrer Symbole kommt nicht überall gut an. „Tagesspiegel„:

“Das ist kein ‘für die Community’, das ist reines Pinkwashing”, findet Candy [eine Aktivistin]. Aus ihrer Sicht profitieren allein die Firmen von den Aktionen, während glaubwürdige Gesichter aus der queeren Community nur benutzt werden.

Aktivisten bemängeln, dass die Firmen nicht glaubwürdig genug die LGBT-Bewegung unterstützen, indem sie z.B. an entsprechende Organisationen spenden oder mehr Queers in die Führungsetagen hieven. Man könnte natürlich sein Geld auch selbst an politische Organisationen der Wahl spenden, anstatt es für bunten Nippes auszugeben aber man kann natürlich auch einfach meckern und fordern. Aber Moment mal: Wenn man eine poltische Agenda übernehmen muss, eh man sich in der sympathischen Gemeinschaft von Tunten, Kampflesben und halbnackten Partyfreaks einreihen darf – würde das nicht bedeuten, dass „LGBT“ eben nicht einfach nur eine Ansammlung von „sexuellen Minderheiten“ ist, sondern doch eher eine politisch-ideologische Gruppe, wie Kommunisten oder Nationalisten?

Um diese Frage soll es hier gar nicht gehen, denn ich habe sie schon hier ausführlich behandelt. Spoiler: Ja, ich halte „LGBT“ in erster Linie für linke Ideologie. Menschen und ihre Gefühle respektiere ich und in das Liebesleben Fremder mische ich mich nicht ein, aber bei der LGBT-Bewegung geht es um weit mehr als ein bisschen Liebe, nämlich um eine politische Weltanschauung, in der marxistische Ideen von Gleichheit und Umsturz der bestehenden (Geschlechter-)Ordnung propagiert werden, ganz ähnlich wie bei feministischer Ideologie, die dementsprechend mit der LGBT-Bewegung heute im Gleichschritt marschiert.

Natürlich steht es jedem frei, an die Heilswirkung dieser Ideologien zu glauben – es herrscht schließlich die Freiheit der Weltanschauung – eine moralische oder rechtliche Verpflichtung, diesen Stuss gutzuheißen, gibt es aber ganz gewiss nicht. Man sollte es nicht einfach hinnehmen, wenn mit den Symbolen einer wie auch immer gearteten politischen Bewegung der öffentliche Raum weiträumig zugekleistert wird. Diese Republik ist nach wie vor pluralistisch (ein liberales Ordnungsprinzip, das in weiten Teilen der Linken heute kompett falsch als „diversity“ verstanden wird). Und eigentlich verboten ist es, wenn sich auch noch staatliche Institutionen – die der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet sind – mit den Farben einer kontroversen politischen Minderheitsbewegung „schmücken“, wie es z.B. die Hamburger Polizei hier mit … naja… viel Geschmack und Einfallsreichtum vormacht:

 

Hey, Hamburger Polizei und alle anderen Staatsorgane und Unternehmen, die ihre Logos, Websites und Produkte politisch verschönern wollen, wie wär’s das nächste Mal mit Hammer und Sichel zum 1. Mai? Wär unpassend? Verboten gar, Geschäftsschädigend? Spalterisch? Ach was! Na dann ein anderer Vorschlag: Schwarz-Weiß-Rot zum 18. Januar, dem Datum der Kaiserproklamation Wilhelms I in Versailles? Der historische Anlass würde alle Kriterien erfüllen: Sehr relevant, kontrovers und wichtiges Datum einer kleinen, unsichtbar gemachten Minderheit – nämlich reaktionären Monarchisten. Ein sehr vorbildlicher Bürstenhersteller aus Muldenhammer hat’s vorgemacht:

REICHSBESEN
Endlich: Der REICHsbesen! Zeige deinen Freunden, wie woke und progressive du bist und dass du fest an Kaisers Seite stehst und hol dir JETZT DEINEN stylischen REICHsbesen in angesagten Farben. Feg die ganzen patriophoben Sozialdemokraten und Franzosen aus DEINEM REICH einfach heraus! Direkt hier bestellen!

Wie? Kaiserfans als politische Minderheit zählen nicht? LGBTSED aber schon? Warum, wenn ich fragen darf? Weil die mediale Öffentlichkeit die einen wie heilige Kühe behandelt und die anderen wie Volltrottel? Diskriminierung! Ich will endlich meinen #REICHSday !!!1! Ich will endlich wenigstens einmal im Jahr Crèmedöschen mit Wilhelmkonterfei und Bismarck-Gummibärchen kaufen können. Ich will, dass die Regierung offiziell Werbung für kostümierte preußische Paraden macht und Tips gibt, wie man sich in der lokalen Reichsbürger-Community vernetzen kann. Das Deutsche Kaiserreich war schließlich der erste geeinte deutsche Staat. Also wehe, es kommt mir einer, der diesen Kult kritisiert! Wer nächsten Januar zum kommenden 150-jährigen Jubiläum (!) der Reichsgründung nicht schleunigst Opas alte Flaggen aus der Mottenkiste kramt, ist offensichtlich Gegner der Einheit, also Staatsfeind! Deswegen: Flagge zeigen! Macht euch Bodypaintings in ihren Farben und tanzt nackt mit Pickelhaube auf den Straßen. Sie soll allgegenwärtig sein, die erlösende Fahne Schwarz-Weiß-Rot!

 

Ist das keine lustige Vorstellung? Fände es der eine oder andere gar etwas gruselig, von allen Seiten einseitige Jubelpropaganda entgegen geblasen zu bekommen? Vor allem, wenn es dabei auch noch um eine politische Bewegung geht, die nicht die nationale Einheit anstrebt, sondern eine Art dadaistischen Sex-Tribalismus predigt?

Mit Sicherheit bin ich nicht der Einzige, der das so wahr nimmt, doch die meisten schweigen und wenden sich ab. Doch damit muss Schluss sein. Der Pluralismus und die Meinungsfreiheit sind in Gefahr. Runter mit den albernen postkommunistischen Kindergartenflaggen. Schluss mit dieser pseudoliberalen Diversity-Äfferei. Macht euren Vorgesetzten, Lehrern und Kollegen Dampf, dass sie virtue signalling und pinkwashing sein lassen sollen. Kauft nicht diesen billigen schwulen Kommerz. Lasst es nicht zu, dass linke oder rechte Ideologen den öffentlichen Raum okkupieren und pfeifft auf diese Schwachköpfe, die euch irgendwelche „Phobien“ einreden wollen.

Aber wem das alles zu anstrengend ist, der kann schon mal unsere zukünftige globale Nationalhymne auswendig lernen. der Text dürfte nicht all zu anspruchsvoll sein:

 

Müssen die Polen #LGBT akzeptieren? (Teil II)

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LGBT-Demonstranten: Gleichwertige Lebensentwürfe, die Minderheitenstatus beanspruchen können, wie ethnische oder religiöse Minderheiten? Bildquelle.

Teil I des Artikels hier. Im ersten Teil ging es vor allem um die Kritik des Umgangs mit den Polen und mit abweichlerischen Konservativen im Allgemeinen. Nun soll es um die Bewertung des Phänomens „LGBT“ an sich gehen und einige Schlussbetrachtungen angestellt werden.

 

1. Sind „LGBT“ Menschen oder Ideologien?

Polnische Konservative sprechen immer wieder von „LGBT-Ideologie“ oder auch von „homosexueller Ideologie“ oder „Genderideologie“. Sind dies nur Floskeln, die den Hass gegen sexuelle Abweichler beschönigen sollen, oder steckt mehr dahinter? Präsident Duda erregte Aufmerksamkeit und Empörung, als er öffentlich erklärte:

Sie versuchen euch zu überzeugen, dass [die LGBT] Menschen sind. Aber das ist einfach Ideologie.

(Zitiert nach queer.de)

Dieser Satz wird auf der Gegenseite so verstanden, dass Duda Homosexuellen etc. ihre Menschenwürde abspricht. Anscheinend bezweckt Duda mit dieser unangenehmen Formulierung auch, ein bisschen in politischer Tiefsee zu fischen, doch sich mit dieser Erklärung zu begnügen, wird der Sache nicht gerecht. Wichtiger ist, dass Duda und co. zum Ausdruck bringen wollen, dass sie irgendetwas an der LGBT-Bewegung oder auch an Homo- und Transsexualität an sich „ideologisch“ finden. Was genau Duda meint und ob der gute Mann überhaupt irgendetwas Konkretes im Sinn hat oder nur schwammig daher redet, bleibt im Dunklen – berechtigt ist dieser Punkt aber trotzdem:

LGBT“ (oder LSBTTQI*, LGBTQIA+ o.ä.) steht nicht nur als neutrale Sammelbezeichnung für sogenannte „sexuelle Minderheiten“, sondern dieser Begriff trägt selbst schon politisches Gedankengut in sich. Der Gedanke, dass man alle möglichen Menschen, deren Liebesleben bzw. deren Sexualität von der Mehrheit abweichen, als diskriminierte aber eigentlich irgendwie „gleiche“ Minderheiten, deklariert, ist keineswegs eine natürliche Selbstverständlichkeit. Die LGBT-Bewegung will ihrer Klientel im Prinzip einen ähnlichen Status geben, wie ethnischen und religiösen Minderheiten. Menschen mit eigentümlichen erotischen Neigungen und fragwürdigem Selbstbild („im falschen Körper geboren“) werden als lustige, bunte Sex-Nationen mit eigenen Identitäten, Fahnen und Brauchtümern liebevoll kreiert, bzw. – um einen berüchtigten Soziologenbegriff zu verwenden – konstruiert. Und das ist der springende Punkt: LGBTXYÖ<? sind kulturelle, politische und auch psychische Identitätskonstrukte – und keine Naturphänomene. Ebenfalls konstruiert, um nicht zu sagen, glatt bei den Haaren herbei gezogen, ist die fröhliche Stammeskonföderation unter der Regenbogenfahne mit der hässlichen langen Abkürzung. Lesben haben mit „Transsexuellen“ eigentlich wenig zu tun, sondern im Gegenteil sind ein paar Teilstämme des Volks von Lesbos sogar mit den Transsilvaniern seit Jahrzehnten auf Kriegsfuß. Wie dem auch sei; Duda benutzt Begriffe wie „Identität“ und „Konstrukt“ nicht (allein schon wegen der linken und soziologischen Konnotation), sondern bedient sich stattdessen des etwas sperrigen, aber massentauglichen Begriffs der Ideologie. Doch ganz falsch liegt er auch damit nicht, denn wie es Identitätskonstruktionen (wie z.B. die modernen Nationen) so an sich haben, sind sie eben das Fuhrwerk politischer Ideologie.

Um zu erklären, was man als Unterschied zwischen „LGBT“ und „LGBT-Ideologie“ auffassen kann, sei zuerst daran erinnert, dass die LGBT-Bewegung in weiten Teilen von der hochgradig strittigen Gendertheorie ausgeht, in der Männlichkeit und Weiblichkeit einseitig als soziale Konstrukte aufgefasst werden, die mehr oder weniger überwunden gehören. Dass eine solche politische Agenda die Gesetzgebung und die schulische Erziehung beeinflusst, steht selbst im Westen in der Kritik.

Des Weiteren möchte ich noch einmal den m.M.n. sehr treffenden Vergleich mit der Drogenproblematik anführen (Siehe Teil I). Man stelle sich vor, Drogen wären heute legal. Dies wäre eine freiheitliche GG-konforme Gesetzgebung. Doch nun stelle man sich vor, ca. zehn Jahre nach der hypothetischen Legalisierung würde die politische Bewegung, die diese Legalisierung erstritten hat, dazu übergehen, Kindern in Schulen beizubringen, dass Kiffen und Koksen etwas ganz „normales“ und gleichberechtigter Teil der gesunden Ernährung sei und Leute, die das kritisieren, nur bösartige „Nationalisten und Populisten“ seien. Ferner stelle man sich vor, es würde mit missionarischem Eifer in Leitmedien gefordert werden, dass die Unterrepräsentation von LSD-Trippern in Parlamenten und DAX-Vorständen endlich angegangen werden müsse. Und wie kann es eigentlich sein, dass auch im Jahre 2040 immer noch Menschen krumm angeschaut werden, wenn sie in der Straßenbahn ihr ehrlich verdientes Crystal durchziehen?! Solche Attitüden und politischen Wichtigtuereien könnte man dann als „Drogen-Ideologie“ bezeichnen. Wer nun Verständnis dafür aufbringen kann, dass sich gegen diese „Drogen-Ideologie“ ein breiter gesellschaftlicher Widerstand, insbesondere von Eltern, bilden würde, der kann nun vielleicht auch besser nachvollziehen, was polnische Konservative antreibt, die sich gegen „LGBT-Ideologie“ stark machen – unabhängig davon, wie man persönlich zu Rauschmitteln oder zu „LGBT“ steht. Denjenigen Lesern mit besonders ausgeprägter Menschenkenntnis wird es außerdem wohl einleuchten, dass sich die Wut mancher dieser Eltern nicht nur gegen „Drogen-Ideologie“ wenden würde, sondern sehr bald auch gegen den vermeintlichen Verursacher des Problems, nämlich die Drogen, selbst.

 

2. Acht zusammenfassende Thesen

  1. Die Idee der Gleichstellung von „LGBT“ und überhaupt die heutige Konzeption, Definition und Identitätskonstruktion dieser „sexuellen Minderheiten“ ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis eines westeuropäischen bzw. amerikanischen Sonderweges, der im 19. Jahrhundert beginnt. Jahrtausendelang war diese Idee überall in der Welt unbekannt und ihre Zukunft ist auch in Westeuropa ungewiss.
  2. Diesen westeuropäischen Sonderweg den Osteuropäern (oder anderen Völkern) aufzudrängen, ist eine unnötige Einmischung, die den Zusammenhalt der EU gefährdet.
  3. Der polnischen Anti-LGBT-Bewegung geht es nicht oder nicht wesentlich darum, die Menschenrechte Homosexueller zu bekämpfen, sondern es geht um die Aufrechterhaltung einer bestimmten öffentlichen Sittlichkeit und um den Schutz von öffentlichen Institutionen vor ideologischer Vereinnahmung von links.
  4. Es ist Heuchelei, anderen Ländern Toleranz und Freiheit zu predigen, wenn man selbst im eigenen Land illiberale Sittenpolitik betreibt und dabei in Grundrechte eingreift.
  5. Deutschland, als das Land, das seit dem Nationalsozialismus und bis vor wenigen Jahrzehnten noch Homosexuelle in teils heftigster Weise verfolgt hat, hat auf internationaler Bühne zum Thema „LGBT“ besonders still zu sein.
  6. Etwaige echte Menschenrechtsverletzungen sollten weiterhin in der EU sanktioniert werden. Auch die Situation von Homosexuellen in Osteuropa sollte hierbei im Blick behalten werden. Die individuellen sexuellen Neigungen und Familienvorstellungen vollumfänglich ausleben zu können, gilt jedoch nicht als Menschenrecht.
  7. Was jedoch als Menschenrecht gilt, ist die Meinungsfreiheit und Gewissensfreiheit. Und ein beträchtlicher Teil der Menschheit (z.B. viele Katholiken) ist der Ansicht, dass der „Homosexualität“ und ähnlichen Phänomenen etwas zwielichtiges, wenn nicht gar etwas bösartiges anhaftet.
  8. Die EU wird in nicht unbedeutendem Maße auch durch die gemeinsame christliche Prägung der Mitgliedsländer zusammengehalten. Wenn die katholische Kirche, als mit Abstand größte christliche Kirche bzw. Konfession in der EU, Vorbehalte gegen Homosexualität und „LGBT“ hat, gebietet es die politische Vernunft den EU-Politikern, dies stärker zu respektieren.

 

3. Rat zur Skepsis

Die westlichen Gesellschaften haben ihren speziellen Weg der Gleichstellung von LGBT gefunden, doch es würde mich nicht wundern, wenn sich schon in absehbarer Zukunft heraus stellt, dass die Gleichstellung „aller Geschlechter“ und sexuellen Orientierungen ein Fehler war. Es wäre ganz sicher nicht das erste Mal in der Geschichte, dass sich die Europäer eine Idee in den Kopf setzen, die sie für die letzte Wahrheit halten, die in der ganzen Welt verbreitet werden muss und in deren Namen Andersdenkende zu Idioten und Menschenfeinden erklärt werden. Schon so manche Generation blickte verständnislos und entsetzt auf die Wertvorstellungen und politischen Überzeugungen ihrer Eltern und Großeltern.

Auf die Schwulenverfolgung trifft genau das zu. Läppische 26 Jahre nach der endgültigen Aufhebung der Kriminalisierung von Schwulen in der BRD, ist heute kaum noch verständlich, warum trotz Grundgesetz und allgemeiner Freizügigkeit gleichgeschlechtliche Beziehungen polizeilich verfolgt und hart bestraft wurden. Das gleiche Schicksal wird in ein paar Jahrzehnten die pauschale und systematische Kriminalisierung von „Drogen“ ereilen, die erst ein halbes Jahrhundert alt ist. Moderne politische Ideologie hat wie jede Modeerscheinung oft eine überraschend kurze Halbwertszeit und je begeisterter, moralisierender und hysterischer sie daherkommt, je mehr Reinheit und Weltfrieden sie verspricht, desto mehr Vorsicht und Zweifel müssen ihr entgegen gebracht werden. Es lohnt sich definitiv nicht, unsere Nachbarländer mit unseren halbgaren und t.w. abstrusen Ideen von Freiheit zwangsbeglücken zu wollen, wenn sich diese Ideen noch nicht einmal bei uns selbst nachhaltig bewährt haben.

 

4. Vertiefung: Thomas Bauers Theorie der „Ambiguität der Lust“

Einige Grundgedanken dieses Artikels stammen „Die Kultur der Ambiguität – Eine andere Geschichte des Islams“ (2011) vom Münsteraner Arabistikprofessor Thomas Bauer, dessen Lektüre ich an dieser Stelle wärmstens empfehle. Bauer entwirrt im Kapitel „Die Ambiguität der Lust“ den westlichen Umgang mit „Homosexualität“ und den darum entstanden ideologischen Konflikt zwischen Orient und Okzident, der im 19. Jahrhundert beginnt und sich bis heute hinzieht. Die Lektüre ist nicht ganz leicht und ich hoffe ich kann in den Bildunterschriften einige Dinge erläutern. Kurz gesagt: Bauer konstatiert, dass das westliche Bemühen um Schwulenrechte im Nahen Osten eher die gegenteilige Auswirkung hat. Dies halte ich für übertragbar auf den Konflikt zwischen konservativen Polen und der EU:

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S. 274 – Bauer geht davon aus, dass der Begriff der „Sexualität“ eine Entwicklung der westlichen Sexualmedizin des 19. Jahrunderts ist und diese Vorstellung außerhalb Europas nicht auf Anhieb verstanden wurde. Unter „Ambiguität (d.h. Mehrdeutigkeit) der Lust“ versteht er, dass Lust und Sex sich in einem schwer definierbaren Rahmen bewegen und eine „sexuelle Identität“ im heutigen Sinne nicht selbsverständlich ist. Die Ambiguität der Lust nimmt Bauer als unvermeidbar an. Doch hätte es insbes. in der jüngeren europäischen Geschichte den immer radikleren Versuch gegeben, Erotik zu „disambiguieren“, also eindeutige Normen zu schaffen, um Mehrdeutigkeit zu verhindern. Diese eindeutigen, also ambiguitätsfreien Normen wären z.B. die modernen sexuellen Identitäten, also „Heterosexuelle“ auf der einen Seite und „LGBT“ auf der anderen.
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S. 309 – Die angesprochene „Hetero-Homo-Binärität“, also die Überzeugung, dass es „Homosexuelle“ und „Heterosexuelle“ gibt, war im Nahen Osten in vorkolonialer Zeit unbekannt. Erst als diese Konzepte rezipiert wurden, kam im Orient das Phänomen der Homophobie als Reaktion auf.
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S. 310 – Dies ist m.E. übertragbar auf Polen. Durch den moralischen Druck, den die EU oder westeuropäische Regierungen ausüben, ist die polnische Bevölkerung ständig dazu gedrängt, sich in der „Homo-Hetero-Binärität“  festzulegen und sich dementsprechend vom jeweils anderen abzugrenzen. So ist auch erklärbar, dass konservative Polen die „Homosexualität“ oder „LGBT-Ideologie“  als  „unpolnischen“ Export aus dem Westen ansehen – weil sie dies gewissermaßen sind.

(Ich hoffe, ich verstoße nicht gegen das Urheberrecht des Insel Verlags. Im Falle der Beanstandung bitte Mail an nabikhidr93[at]gmail.com. Die Textauszüge sollen nur im Sinne von themenbezogenen Zitaten verstanden werden.)