Vor wenigen Wochen habe ich auf meinem Blog über kleine Gesten und einige Konventionen geschrieben, die auch heute noch von Männern für Frauen üblich sind, und die normalerweise einen Aufwand von nur wenigen Sekunden benötigen, aber weder Geld noch (nennenswerte) Mühe kosten.
Es folgt der unveränderte Text:
Es nervt einfach, wenn ein Mann versucht, einem in die Jacke oder den Mantel zu helfen!
Alleine bin ich da viel schneller, und ich muss nicht den Arm so weit nach oben heben, und erst nach der Öffnung tasten, nur weil der denkt, die beiden Armlöcher sollten auf gleicher Höhe sein.
Nicht ganz so viel stört es, wenn ein Mann mir unbedingt beim Hinsetzen den Stuhl zurechtschieben will. Jungs, das kann ich selbst. Und ich weiß am besten, welche Stuhlposition mir am angenehmsten ist.
Auch die Autotür kann ich alleine öffnen. Insbesondere beim Aussteigen bin ich da einfach schneller, als zu warten, bis der Fahrer außen herum kommt.
Zum Glück steht kaum noch ein Mann auf, nur weil eine Frau den Raum betritt oder beim Essen aufsteht. Das war auch so etwas von unnötig.
Neben diesen sinnlosen bis lästigen Gesten gibt es jedoch auch welche, die ich schätze.
Klar, eine normale Zimmertür kann ich auch alleine öffnen, und bin zufrieden, solange sie mir niemand vor der Nase zuknallt. Aber es gibt auch so richtig schwere Türen, bei denen ich mich schon anstrengen muss, um sie aufzukriegen. (Wie muss das dann erst für eine kleine, zierliche Frau sein?) Die meisten Männer dagegen schaffen das ganz locker. Bei solchen Türen freue ich dann schon, wenn ein Mann (falls gerade einer da ist) mir die Tür aufhält.
Oder das Tragen meiner Tasche. Meine Notebooktasche etwa kann mit dem ganzen Kram, den ich drin habe, locker über 5 Kilogramm schwer sein. Wenn ich die eine längere Strecke tragen muss, so merke ich das schon. Männern scheint ihr Gewicht dagegen gar nichts auszumachen. Deshalb lasse ich mir ganz gerne die Tasche tragen, wenn es sich so ergibt.
Schraubgläser muss ich zum Glück nur selten öffnen. Ich probiere es grundsätzlich erst mal selbst, habe auch den einen oder anderen Trick, um widerspenstige Gläser doch noch aufzukriegen. Aber es kommt auch der Punkt, an dem ich kapituliere, und mich nicht weiter anstrenge. Dann ist es schön, einen Mann in Reichweite zu haben, der das (von mir vorbereitete) Schraubglas ganz souverän öffnen kann. Meine Bewunderung und Dankbarkeit sind ihm sicher. Und welcher Mann hilft da nicht gern?
Dann gibt es noch die Konvention, Frauen den Vortritt zu lassen.
Nun ja, wenn mehrere Personen z.B. gleichzeitig durch eine Tür wollen, kann es Kollisionen geben. Da ist es durchaus sinnvoll, ein einfaches Kriterium zu haben, wer zuerst durch darf. Da hat es sich halt eingebürgert, dass Frauen zuerst gehen (außer eine Treppe hinauf, damit er ihr nicht unter den Rock schauen kann, oder in eine Gaststätte hinein, denn drinnen könnte ja eine Gefahr lauern).
Allerdings wird diese Sitte auch gerne zweckentfremdet.
Beispielsweise erinnere ich mich, dass es an der Uni häufig hieß, „Ladies first“, wenn es um die Vergabe von Terminen für Seminarvorträge ging, oder um ähnliche eher unangenehme Themen, die jeder eigentlich lieber weit hinausschieben wollte.
Die spezielle Relativitätstheorie lehrt uns, dass es keine (universelle) Gleichzeitigkeit geben kann. Folglich muss jemand den Anfang machen, und jemand den Schluss.
Beim Sex ist es jedenphalls empfehlenswert, die Frau zuerst kommen zu lassen.
Einige dieser Gesten finde ich hilfreich, andere gar nicht.
Während sich die Kommentare auf meinem Blog hauptsächlich darum drehten, wie man ein Schraubglas am einfachsten öffnet, bietet das Thema auch weiteren Stoff für Diskussionen.
Ich stelle hier einfach mal ein paar Fragen (Reihenfolge ohne Priorisierung, Nummerung dient lediglich der leichteren Referenzierung) in den Raum:
Sind solche Verhaltensweisen noch zeitgemäß?
Fühlen sich Männer dadurch ausgenutzt?
Sollte man als Frau ein schlechtes Gewissen haben, diese kleinen Dienste in Anspruch zu nehmen?
Geht man durch die (wiederholte) Annahme solcher Unterstützung eine Verpflichtung ein?
Wird eine Gegenleistung erwartet, und falls ja, in welcher Form?
Trotz längeren Überlegens ist mir kein Pendant, also eine kleine Gefälligkeit, die Frauen für Männer tun können, eingefallen. Gibt es da vergleichbare Gesten?
Wie geht man mit Stoffeln (unhöflichen Menschen) um?
Was tun, wenn einem unerwünschte Hilfe aufgedrängt wird?
\satire{Warum macht das Patriarchat die Türen auch so schwer und die Schraubgläser so fest zu?}
Nadine Lantzsch lebt noch hat einen Text bei der Mädchenmannschaft veröffentlicht. Sie kritisiert darin eine Rede von Emma Watson vor der UN, wo diese betont hatte, Feminismus hätte nichts mit Männerhass zu tun. (Dass das überhaupt kritisiert wird, lässt tief blicken.)
Nadine bezeichnet Emma Watson im Text als „weiße Hetera“. Das ist inhaltlich wohl zutreffend, denn Emma Watson ist tatsächlich weiß und vermutlich hetero. Auffallend ist jedoch die Penetranz dieser Zuweisung:
„Emma Watson. Eine weiße privilegierte Hetera, die (…) eine weiße Idee (…) die eigene heterosexuelle Verwertbarkeit(…) Heteronormativität (…)Erfahrung einer privilegierten weißen Hetera, die (…) einer anderen privilegierten Hetera (…) weißen Hetero-Typen (…) Privilegierte weiße Heteras (…) ihr eigenes Hetendasein (…) privilegierte weiße Heteras (…) weißen privilegierten Heteras (…) weiße privilegierte Heten-Typen“
Der Feind ist also offensichtlich wie immer: der/die weiße hetero Person, die es wagt sich zu Feminismus zu äußern. Bemerkenswert ist jedoch die Veränderung der bekannten Argumentation in einem Punkt: Bisher wurde immer behauptet, die weißen Heteros seien deshalb böse, weil sie die armen anderen Lebensformen dominieren und unterdrücken (Stichwort: Hetronormativität). Schwarze/Homosexuelle seien verfolgte Minderheiten und daher als „marginalisierte Gruppen“ besonders schützenswert.
Nun behauptet die weiße homosexuelle Nadine plötzlich, dass weisse Hetras ja eigentlich nur eine Minderheit seien.
„Fakt ist: privilegierte weiße Heteras sind nicht die Mehrheit. Sie sind global betrachtet sogar eine ziemlich kleine Gruppe von Menschen. Trotzdem macht die Diskriminierung, von der sie profitieren, dass sie sich als Mehrheit denken können, sich selbst als Menschen/Allgemeinheit/Mainstream verstehen.“
Verstanden? Weiße Heteras sind also eine Minderheit, die sich selbst fälschlich für eine Mehrheit halten und damit irgendwie die tatsächliche Mehrheit unterdrücken. Klingt komisch? Soll aber so sein. Und eben deshalb soll Emma Watson sich jetzt auch nicht zum Femininismus äußern dürfen, denn sie gehört ja nur einer äh…Minderheit an.
„wenn solche Statements kritisiert werden, wird lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass das eben nicht die Erfahrungen einer Mehrheit oder aller sind, die diskriminiert werden und dass es fatal ist, so etwas anzunehmen, weil es die Lebensrealitäten von anderen unsichtbar macht, ebenso deren Belange, Kämpfe und Bedürfnisse. Es macht auch die Gewalt unsichtbar, die weiße privilegierte Heteras ausgeübt haben, ausüben und an deren Ausübung sie durch ihr (feministisches) Tun mitwirken.“
Bitte was fragt ihr? Wer nur die Erfahrung einer Minderheit wiedergibt handelt diskriminierend, weil er damit die Erfahrungen der MEHRHEIT nicht wiedergibt? Wurde nicht bisher immer beklagt, dass gerade Minderheiten im Feminismus nicht zu Wort kommen und ihnen der „weiße Mainstream“ (den man bisher als Mehrheit ansah) den „Raum wegnimmt“? Und jetzt soll der weiße Mainstream selbst Minderheit sein und genau DESWEGEN kein Recht haben, sich zum Feminismus zu äußern? Weil Minderheiten die Klappe zu halten haben? Zumindest wenn sie weiß und hetero sind…
Genderama wird 10 Jahre alt und Arne Hoffmann nutzt die Gelegenheit, um daran zu erinnern, dass in den angelsächsischen Ländern schon eine Menge männerrechtlicher Aktionen laufen, während hierzulande immer noch lieber diskutiert als gehandelt wird. Ich hatte in meinem letzten regulären Beitrag sozusagen mein Leib- und Magenthema gefunden und mir überlegt, Politiker anzuschreiben.
„Zwei wesentliche Gründe für die Unterdiagnostizierung von Depression bei Männern sind die Angst vor Stigmatisierung bei den Betroffenen und ein geschlechterbezogener Verzerrungseffekt in der Depressionsdiagnostik zugunsten weiblicher Symptome. Depressivität kann sich bei Männern jedoch auch unter der Tarnkappe von Aggressivität, Suchtmittelmissbrauch, Hyperaktivität oder Risikoverhalten manifestieren.“
Also, Schluss mit dem Zögern – wann, wenn nicht jetzt, und wer, wenn nicht wir? Ich habe daher eine E-Mail aufgesetzt und an sämtliche 37 Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit geschrieben:
„Betreff: Depression und Suizidprävention
<Anrede>
am 10. September war der Welttag der Suizidprävention. Wenige Tage davor ist zum selben Thema ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erschienen. (1) Aufmerksamkeit erregte das Thema nur kurz zuvor durch den Selbstmord des Schauspielers Robin Williams. Ihm kann niemand mehr helfen – jedoch gibt es noch viele unbekannte Fälle.
Laut Forschung stehen 90% aller Selbstmorde in Zusammenhang mit einer Depression. Gleichzeitig ist die Selbstmordrate von Männern um ein Vielfaches höher als die von Frauen. (2) Es wird davon ausgegangen, dass Depressionen bei Männern seltener erkannt werden, etwa weil sie andere Symptome aufweisen, und andererseits noch gesellschaftliche Tabus darüber bestehen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. (3) Zwar ist etwa ein spezieller Männergesundheitsbericht mit dem Schwerpunkt auf der psychischen Gesundheit erschienen; dieser ist jedoch – im Gegensatz zum Frauengesundheitsbericht – nicht kostenlos zu beziehen. (4)
Nun mag es auf den ersten Blick der Intuition widersprechen, das Augenmerk verstärkt auf Depression und Suizidprävention bei Männern zu richten. Allerdings betrifft jeder Selbstmord im Schnitt sechs andere Menschen. (5) Ein toter Mann fehlt als Ehemann, Vater, Sohn, Bruder, Freund. Aus volkswirtschaftlicher Sicht geht wertvolle Arbeitskraft verloren, die unter dem Strich ins Gesundheitssystem einzahlt.
Sie sind Mitglied des Ausschusses für Gesundheit. Mich interessiert daher Ihre Meinung zu folgenden Fragen:
Ist ein kostenlos erhältlicher Männergesundheitsbericht ein vernünftiger erster Schritt zu mehr Allgemeinbildung zu den Themen psychische Störungen? (Man kann es auch als Schritt zu Gleichberechtigung sehen, da ein entsprechender Bericht für Frauen wie erwähnt existiert.) Falls ja, wie läßt sich das in die Wege leiten, das heißt, was kann ein einzelner Bürger wie ich dazu beitragen? Falls nein, was wäre Ihr Alternativvorschlag?
Angesichts der erdrückenden Zahlen in der Suizidstatistik: Was sind aus ihrer Sicht geeignete Schritte, um die Problematik speziell bei Männern zu entschärfen? Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, der Erkennung und Behandlung von Depressionen bei Männern mehr Aufmerksamkeit zu widmen?
Mich würde allgemein ihre Ansicht über die Themen Depression und Suizid interessieren. Das sind keine leichte Themen, aber da es um den Unterschied zwischen Leben und Tod geht, auch sehr sinnvolle. Vielleicht ist es für Sie abseits der Tagespolitik interessant, sich dazu zu äußern.
(Ich habe absichtlich keinen Bezug auf den Männerkongress genommen. Als Namen und Adresse habe ich die Daten eines Bekannten verwendet, der sich freundlicherweise damit einverstanden erklärt hat.)
Klar, die E-Mail hätte ich auch an sämtliche Stellvertreter schicken können. Und an die Mitglieder des Ausschusses für Forschung sowie deren Stellvertreter. Und gezielt an die Abgeordneten aus meinem Wahlkreis (wegen Heimatbezug). Und je nach Partei etwas anders formulieren können.
Und ganz ehrlich, natürlich ist das Internetaktivismus. Das wird die Welt nicht ändern. Das wird eine Nachricht unter vielen sein, wenn sie überhaupt durch den Spamfilter geht. Um in der Politik etwas zu erreichen, muss man Lobbyarbeit betreiben oder mit vielen Wählerstimmen sprechen.
Aber andererseits: Vielleicht hat wirklich ein Abgeordneter Interesse, liest sich das durch und antwortet. Und selbst wenn nicht: Dann hätte ich wenigstens ein Skandal-Thema für den nächsten Artikel… in diesem Sinne: Es gibt viel zu tun, packen wir’s an!
Und für all die Besserwisser und Perfektionisten da draußen: Sagt mir, was Ihr geschrieben hättet und an wen Ihr eine E-Mail richten würdet! Dann kann ich wenigstens etwas lernen – und eine Konkurrenz von Ideen soll ja zu besseren Ergebnissen führen.
Nachdem ich bei »Geschlechterallerlei« jetzt einen Tag übernommen habe, aber von der Entscheidung bis zum ersten Vorkommnis desselben die Zeit eher knapp war, nutze ich, nachdem auch schon andere Mitglieder des hiesigen Autorenkollektivs entsprechend verfahren sind, diesen Umstand, um als Eröffnung in einer zwanglosen Plauderei darzustellen, wie zur Männerrechtlerei gekommen bin. Die Vokabel »Plauderei« darf als Warnung aufgefasst werden: der folgende Text ist nicht besonders analytisch und bleibt an der Oberfläche, weil er als analytischer und vertiefender Text den Rahmen eines Blogposts unweigerlich sprengen würde. Ich werde also zunächst ein bißchen biografisch ausholen, aber nicht allzu viele Details nennen, sondern im Telegrammstil ein paar Grundstrukturen beschreiben. Schließlich bin ich für eine gründliche Autobiografie noch nicht berühmt genug.
Linksliberales, bildungsbürgerliches Elternhaus. Behütete Kindheit, danach eine nicht ganz so unbeschwerte Jugend. Beide Eltern berufstätig, die Hausarbeit paritätisch aufgeteilt nach dem Grundmuster: sie Wäsche, er Küche. Beide Eltern arbeiten nicht nur, sie arbeiten auch – es ist das goldene Zeitalter der Psychoanalyse – ihre eigenen Biografien auf. Die Mutter das Opfer eines Kriegsopfers mit episodischen Gewaltausbrüchen, der Vater ein Opfer des Patriarchats. Letzteres meine ich ganz wörtlich: in einem Elternhaus aufgewachsen, das zu jenen Kreisen gehörte, die man »Pietcong« nennt, und in dem alle Familienangehörigen unter der Hausgewalt des frommen Vaters stehen. Auf Widerworte steht, ganz alttestamentarisch, die Prügelstrafe. Biedere Kleingeistigkeit, moralische Überheblichkeit und regelrechte Zwangsheiraten, denn Gott der Herr spricht: es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Ein dem Geiste nach prämoderner Kontext also, in dem der Begriff des Patriarchats tatsächlich einen präzisen, deskriptiven Sinn ergibt.
Mit dem Resultat, dass in der betreffenden, chronisch kriselnden Ehe sie zu überkontrollierenden, bei Bedarf mit verbaler Aggression abgesicherten Verhaltensweisen neigt, dagegen er niemals die offene Konfrontation gelernt hat und seine Freiheiten nur durch die Hintertür wahrzunehmen vermag. In dieser Konstellation erreicht der Sohn (über Geschwister plaudere ich hier nichts, ich war aber kein Einzelkind) das Jugendalter, indes die Ehekrise der Eltern sich verschärft und die Beschäftigung der Eltern mit sich selbst dadurch eher noch intensiver wird. Mit den typischen Problemen der Pubertät, nicht zuletzt in sexueller Hinsicht, bleibt der Sohn daher praktisch ohne jeden Beistand, während er zugleich zwischen einer dominanten und zum Teil hoch verbalaggressiven, Abwertung und Verachtung kommunizierenden Mutter und einem psychisch hilflosen Vater eingeklemmt ist. Und von der Mutter dadurch, und zwar ganz ohne ideologische Zutaten, nachhaltig signalisiert bekommt, dass Männer eigentlich nichts anderes sind als ein Schmerz im Arsch der Frauen. Mit dem Resultat, dass er mit einer systematischen Überforderung und einer gründlich beschädigten männlichen Selbstachtung ins Erwachsenenleben startet, und, wenn man das sechzehnte Lebensjahr als Nullpunkt setzt, ungefähr zehn Jahre braucht, um sich davon zu erholen und überhaupt für Frauen beziehungsfähig zu werden. Was er durchaus sein will, denn schwul oder wenigstens bi ist er nicht.
Bis hierhin hat das alles noch nichts mit Feminismus zu tun. Die Mutter war immer stolz auf ihre eigenen Leistungen und hatte für Alice Schwarzer nur Verachtung übrig. Aber nun bewegt sich der Sohn im akademischen Milieu der Sozialwissenschaften, und wo, wenn nicht dort, begegnet er auch erklärten Feministinnen, und obendrein ist eine gute, ältere Freundin von ihm eine undogmatische Linke mit feministischem Hintergrund. Oder eine undogmatische Feministin mit linkem Hintergrund, je nachdem, wohin das Pendel von Haupt- und Nebenwiderspruch gerade ausschlägt. Als Student hat man auch die Zeit, sich mit sich selbst zu befassen, und prompt kommt Erfahrung mit einer Männergruppe hinzu. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre fast notwendig das, was später »lila Pudel« genannt werden wird, aber faktisch waren die meisten davon einfach nette Jungs, die über Probleme reden wollten, und dies in dem einzigen Kontext taten, der damals dafür existierte. Nur zwei oder drei von denen waren wirklich ideologisch drauf – bei welchen ich mich schließlich unbeliebt gemacht habe, weil ich ihren Standpunkt als »Sozialarbeiterideologie« bezeichnet habe.
Jedenfalls war das ideologische Umfeld dieser Szene, zumal im universitären Milieu, so beschaffen, dass an den feministischen Glaubenswahrheiten nicht zu rütteln war. Zu der Zeit gab es nur einseitige Studien zu häuslicher und sexueller Gewalt, es schien alles der Stand der Wissenschaft zu sein. Von der amerikanischen Männerbewegung hatte ich damals nur das Stichwort »Schwitzhüttenrituale« gehört und darauf mit einem innerlichen Facepalm reagiert. Außerdem war das die Zeit, in der Schriften wie »Der Untergang des Mannes« von Volker Elis Pilgrim neu aufgelegt wurden (die Originalausgabe war 1973 erschienen) – eine wüste, vulgärsoziologische Räuberpistole vom Manne und seinem Patriarchat, die den Vergleich mit keinem von Radikalfeministinnen verfassten Pamphlet zu scheuen brauchte, und in der der programmatische Satz formuliert wurde, dass der Mann sozial und sexuell ein Idiot sei. Ein Stück weit hat mich damals einer meiner Soziologieprofessoren gerettet, als ich ihm (in einem Seminar über Familiensoziologie) eine Hausarbeit mit tendenziell ähnlichen Aussagen abgeliefert habe – er hat mir sehr freundlich, aber auch sehr klar zu verstehen gegeben, was für einen unglaublichen Scheiß ich da verzapft hatte. Danach war ich sozusagen entgiftet.
Aber ich schweife ab! Der Feminismus trat ja immerhin mit dem Anspruch und Versprechen auf, auch die Männer zu befreien! Sofern und soweit ich aber in feministischen Kontexten über Aspekte meiner Biografie erzählte und diskutierte, über die ganz und gar nicht traditionellen Rollenmuster meines Elternhauses, über weibliche Aggression, aber insbesondere über meine subjektive Unfähigkeit, irgend eine Art von klassischer Männerrolle einzunehmen oder »männliches Verhalten« an den Tag zu legen (wogegen ich gar nichts gehabt hätte, wenn ich gewusst hätte, wie ich das hätte anfangen sollen), kam immer wieder eine Grundnote durch. Eine Grundnote, die meistens sinngemäß, aber tatsächlich auch wörtlich auf die Formel gebracht wurde: »Du willst wohl ’ne Ausnahme sein?!« Gemeint war selbstredend: eine Ausnahme von der allgemeinen, verkorksten, schädlichen, gefährlichen, herrschenden, privilegierten, hegemonialen (auch wenn es den Begriff damals noch nicht gab) Männlichkeit. Als ich das zum ersten Mal hörte, blieb mir die Spucke weg. Aber mit der Zeit musste ich erkennen, dass diese Verleugnung und Zurückweisung meiner persönlichen Erfahrungen – ich war ja selbst so etwas wie ein wandelnder empirischer Prüfstein für deren Ideologie, nur eben leider ein falszifizierender – System hatte. Es war ein klassischer Fall von »victim blaming« und hinsichtlich dieser nach meinem Elternhaus erneuten Negation nicht meiner Meinungen, sondern meiner Erfahrung war es tatsächlich auch eine Art »Retraumatisierung«. Offenbar schien ich dazu verurteilt zu sein, in Bezug auf Frauen mit meinen eigenen Bedürfnissen und Sichtweisen gegen Mauern der narzisstischen Selbstbezogenheit zu prallen. Ich wusste allerdings, dass ich immer eine »Ausnahme« gewesen war, ich wusste, dass mein Vater eine »Ausnahme« war, dass meine Mutter eine war – ich war mir daher ziemlich gut bewusst, dass es hier nicht um »Ausnahmen« ging, sondern dass in der Unterstellung einer Regel der Fehler lag. Wenn ich durch meine Erfahrung mit dem Feminismus einen Längsschnitt lege und die Quintessenz derselben in einen einzigen Satz kondensieren möchte – dann bietet sich dazu eben jener als rhethorische Frage gekleidete Vorwurf an, den ich als Titel für diesen Blogpost gewählt habe.
Allerdings war ich weder missionarisch noch masochistisch genug, um gegen die Ansprüche (und mindestens im Kontext studentischer Diskurse auch Vorherrschaft) dieser von mir intuitiv als verfehlt erkannten Ideologie einen privaten Feldzug zu beginnen. Ich habe daher einfach die biografische Konsequenz gezogen, dass man sich im Leben mit Feminismus nicht belasten muss. Ich habe daraufhin also getan, was das einzig Gesunde war, und mich zu diesem ideologischen Sumpf in innerliche, nach der Uni dann auch in äußerliche Distanz begeben, denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich immerhin einigermaßen gelernt, abzulehnen, was mir nicht gut tat. Ich wurde beruflich und familiär erfolgreich und hatte die Umtriebe des Feminismus irgendwann so weit vergessen, dass ich ungefähr ein Jahr vor dem Kachelmann-Prozess nicht mal genau sagen konnte, ob ich eigentlich etwas gegen Alice Schwarzer habe. Allerdings habe ich nicht aufgehört, den misandrischen Diskurs, der sich in der Öffentlichkeit weiter ausbreitete, zumindest unterschwellig wahrzunehmen.
Bis dann meine Ehescheidung bevorstand. Um es gleich zu sagen: diese erfolgte einvernehmlich und nahm, auch aufgrund einer erfolgreichen Trennungsmediation, einen fairen Ausgang. In Bezug auf die gemeinsamen Kinder besteht zwischen der Mutter und mir ein gutes Kooperationsverhältnis, und die Kinder haben dank räumlicher Nähe auch nicht das Gefühl, jemanden verloren zu haben. Das hat mich jedoch nicht davor geschützt, im Verlauf dieser Trennung in tiefe Ängste zu verfallen und tief in der Kiste meines Mißtrauens und meiner schlechten Erfahrungen zu wühlen – zumal ich, vorzugsweise im Internet, auch mitbekommen habe, wie es anderen Vätern ergeht und welche Zustände in dieser Hinsicht vor deutschen Gerichten herrschen. Und zu dieser Zeit begann ich, die seit dem Auftreten der »Neuen Frauenbewegung« sukzessive entstandenen gesellschaftlichen Verhältnisse wieder bewusst wahrzunehmen. Dazu trugen im Kontext meiner langjährigen »Tätigkeit« als Telepolis-Forent auch solche berüchtigten Artikel wie »Jammernde Väter« von Birgit Gärtner bei.
Zu diesem Zeitpunkt verfügte ich also gleichsam über eine große Schachtel mit Puzzleteilen, aber noch nicht über ein Gesamtbild oder einen Überblick. Immerhin hatte ich die Schachtel geöffnet und suchte nach einem Muster, um diesen Haufen zusammenzusetzen. Und dann war es im Sommer 2011 – wahrscheinlich naheliegend bei jemandem, der zeitlebens umfänglich Bücher gelesen hat – tatsächlich ein Buch, bei dem sich mir die Puzzleteile endlich zusammenfügten, und zwar kein anderes als Arne Hoffmanns »Männerbeben«. Wohl einfach darum, weil es, mit dem Terminus von Clifford Geertz, eine »dichte Beschreibung« der aktuellen Geschlechterverhältnisse darstellt, in der ich mich in Dutzenden von Formulierungen »wiedergefunden« habe.
An here I am. Ich freue mich, in der männerrechtlichen Bloggerszene eine Diskussionsplattform gefunden zu haben, in der ich meine eigenen Standpunkte weiterentwickeln und »testen« kann. Zumal ich die virtuellen Saalschlachten des Telepolis-Forums eigentlich nur noch ermüdend finde und ich auch niemamden dort daran hindern möchte, dumm zu sterben.
Abschließend noch eine kurze Erläuterung, warum ich hier anonym poste und nun auch teilzeitblogge: ich wünschen mir, meine Auseinandersetzung mit dem Thema früher oder später in ein eigenes Buch zu fassen – und falls ich es tatsächlich fertigbringe, dann verlasse ich die Anonymität noch früh genug und wecke bis dahin keine schlafenden Hunde. Und falls das nicht klappt und ich das Ei nicht legen kann, von dem ich hier gackere, dann ist das in der Anonymität wenigstens nicht so peinlich! 🙂 Ich hoffe aber, bis zum nächsten Zwanzigsten zumindest meinen versprochenen Grundsatzartikel zum Thema »Biologie und Kultur« fertigzustellen.
Der „Freitag“ hat uns gestern mit dem Artikel „Die Kräfte der Gegenreform sind angetreten“ wieder eine Aufzählung angeboten, was alles so schlimm an der AfD ist, als ob es nicht schon genug derartiger Artikel in den Mainstreammedien gäbe. Artikel, die nichts, aber auch gar nichts erklären, sondern stattdessen nur den Teufel an die Wand malen, was für ein schlimmes Gesellschaftsmodell sich entwickeln würde, sollte die AfD maßgeblichen Einfluss gewinnen. Wieder einmal wird die Front aufgebaut zwischen der modernen, vielfältigen, gleichgestellten, multikuturellen Gegenwart und altbackenen, miefigen, spießigen Welt der Adenauerzeit, in die die AfD angeblich zurück will.
Nicht, dass mir die Inhalte des AfD-Programms so sonderlich sympathisch wären, ganz im Gegenteil, ich finde sie teilweise gruselig, aber derartige Verdammungsliteratur ist einfach nur langweilig und öde. Weil sie gar nicht erst erklären will, warum die AfD so viel Zulauf hat. D.h. es wird zwar versucht, Erklärungen zu finden, man findet aber nur die, die innerhalb des Sektors der eigenen ideologischen Scheuklappen zu finden sind.
Das, was der Artikel also leisten sollte, erledigt mal wieder einer der Kommentatoren darunter, der mir so dermaßen aus dem Herzen spricht, dass ich ihn hier ungekürzt übernehmen möchte. Sollte also der User „Sabado“ einen Einwand bezüglich seines Urheberrechts haben, möge er sich melden und wir werden eine Lösung finden. Hier also Sabados Kommentar:
Es gibt zahlreiche Menschen, die in ihrer Jugend froh waren, dem Mief der Adenauerzeit entronnen zu sein, die sich als freiheitsliebend und offen verstehen und sich mit der Gesellschaft und ihrem Diskurs weiter entwickelt haben. Menschen, die jederzeit für das Recht vom Minderheiten einstehen, ihr Leben nach ihrer Façon zu leben – und denen es nichtsdestrotz gewaltig auf den Wecker geht, wie die Lebensmodelle solcher Minderheiten derart übersteigert in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden.
Sind Regenbogen-Patchwork-Identitäten der einfachen Gewissheit vorzuziehen, ein Mann oder eine Frau zu sein? Ohne eindeutige geschlechtliche Identität aufzuwachsen ist das wenig beneidenswerte Schicksal einer Minderheit, die genauso wenige diskriminiert werden darf wie jede andere Minderheit. Zu betonen, dass sich trotz allem immer noch um eine Minderheit handelt und nicht um ein Rollenmodell für nachwachsende Generationen, setzt nicht voraus, sich als eindeutiger Mann oder eindeutige Frau als etwas Besseres zu fühlen, aber darf man denn nicht froh sein, wenigstens dies Problem nicht zu haben?
Es gibt auch Menschen, die in ihrer Jugend sich für die Sexualerziehung in der Schule stark gemacht haben und dennoch heute, mit wachsender Einsicht, Bedenken dagegen haben, Sechsjährige mit der Aufklärung über randständige Sexualpraktiken zu behelligen. Hier spürt man ganz deutlich noch die Reste der Ideologie der grünen Kinderfreunde von Anno dunnemals. Auch wenn die inzwischen an den Schaltstellen der Macht angekommenen „Alternativen“ sich noch so winden: die Literatur ist immer noch leicht zu finden, auch wenn viele, die sich heute deswegen schämen, sie weggeschmissen haben.
Und was soll daran eigentlich so erstrebenswert und fortschrittlich sein, dass beide Elternteile für ihr Überleben in einer zunehmend materialistischen Welt für Geld rackern müssen, statt ihrem Nachwuchs das Maß an Zeit und liebevoller Aufmerksamkeit zu geben, die nötig ist, um zu einem freien, selbstbewussten Menschen zu werden?
Von der Kinderkrippe über das Turboabitur zum Bätscheler, weiter zum Dauerpraktikanten, dann Zeitarbeiter beim Paketdienst, so sieht der typische Karriereweg der verunsicherten und zugleich angepassten Menschlein unter der von oben verordneten Regenbogenflagge aus. Nur wer ganz brav ist und nicht die falschen Fragen stellt, kann immerhin ein Bundestagsmandat ergattern oder eine Professur in der Genderforschung, oder wenigstens eine Umschulung zum Windkraftbeutelschneider.
Linke erklärten einst die „bürgerliche Kleinfamilie“ zur Keimzelle des Faschismus. Aus dieser Ecke kommt vermutlich die aufdringliche Propaganda gegen Mütter, die sich dafür entscheiden, sich vorrangig der Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Der kleine finanzielle Ausgleich durch die als solche diffamierte Herdprämie beträgt allenfalls einen Bruchteil der Ausgaben für einen Krippenplatz. Der enorme ideologische und finanzielle Aufwand, der getrieben wird, um auch noch das letzte Kind so früh wie möglich in eine staatliche Einrichtung stecken zu können, dient ganz gewiss nicht dem Ziel der Selbstverwirklichung von Kindern und Müttern, sondern der Formierung der Gesellschaft im Interesse des Kapitals, liebe Linke! Ist es reaktionär, darauf hinzuweisen?
Diese und weitere Widersprüche zwischen dem von oben verordneten synthetischen Weltbild und der real wahrgenommenen Lebenswelt sind es, samt dem Unvermögen der etablierten Parteien, sie schlüssig zu erklären, statt ihre unverstandenen Wähler und Nicht-Wähler zu beleidigen, die diese in Scharen zu einer heterogenen Protestpartei wie der AfD überlaufen lassen. Spätestens wenn überall die dritte Toilette vorgeschrieben wird, wähle ich die auch.
Als Christian es letzte Woche hier ansprach, dass nur noch sporadisch Blogeinträge auf Geschlechterallerlei erscheinen, bot ich es an, einige ältere Posts von meinem Blog hier noch einmal quasi als Lückenfüller einzustellen.
Bevor ich jedoch mit diesem „Recycling“ beginne, ist es wohl sinnvoll, erst einmal einen Eintrag zur Vor- (und Selbstdar-)stellung zu nutzen.
Da ich schon seit mehrere Monaten häufig hier und auf Alles Evolution als breakpoint (AKA Anne Nühm) kommentiere, werden die regelmäßigen Leser mich bereits kennengelernt haben.
Ganz kurz zu meinem Background: Als diplomierte Physikerin bin ich in der IT-Branche tätig, wo ich selbständig berate sowie Software spezifiziere und entwickle. Außerdem unterstütze ich meinen Mann, indem ich die Softwareentwicklung in seiner Firma leite.
Christian beginnt seine About-Seite mit
„Irgendwie bin ich zu Geschlechterfragen gekommen.“
Dieses „Irgendwie“ amüsiert mich jedesmal wieder, wenn ich es lese.
Bei mir war es unter anderem die Tatsache, dass ich als Frau in einem „Männerberuf“ zwangsläufig immer wieder mit derartigen Themen konfrontiert wurde.
Das Problem waren dabei nicht die Männer, mit denen ich im Allgemeinen sehr gut auskomme, sondern die Frauen (natürlich nicht „alle“ Frauen, aber doch so einige), die versuchten, mich in eine Schublade zu stecken.
Insbesondere wurde ich mit zunehmendem beruflichen Erfolg immer mehr mit Feminismus konfrontiert. Immer öfter bekam ich irgendwelche Anfragen, in denen ich mehr oder weniger direkt gebeten wurde, feministische bzw. frauenfördernde Projekte zu unterstützen. Hier mal in eine Datenbank für selbständige Frauen eintragen, dort mal vor einer Gruppe Schülerinnen meinen Beruf vorstellen, an anderer Stelle Artikel schreiben oder einen Vortrag halten, wieder woanders irgendwelche reine Frauenveranstaltungen besuchen oder auf Frauenmessen ausstellen.
Früher hatte ich eigentlich gar keine konkrete, vorgefasste Meinung zum Feminismus. OK, den gab es, setzte sich scheinbar für Rechte von Frauen ein .. tja, sollen sie doch .. betrifft mich nicht, mir egal.
Aufgrund dieser Anfragen informierte ich mich dann erst einmal und recherchierte – mit der Folge, dass ich entsetzt war (und immer noch bin). Entsetzt über deren negativ verzerrtes Männerbild. Und über ihre ablehnende Einstellung zu Sex. Fassungslos über die Bevormundung anderer Frauen. Und darüber, wie sie rücksichtslos versuchen, ihre Ziele durchzusetzen. Bestürzt, wie es ihnen gelingt, Männer und Frauen gegeneinander aufzuhetzen. Und nur noch kopfschüttelnd über ihre häufig widersinnigen und inkonsistenten Argumente.
Ein weiterer Punkt, warum ich mich sehr für die hier behandelten Themen interessiere, ist dass mich das uralte Wechselspiel zwischen Mann und Frau generell fasziniert. Einerseits die körperlichen Unterschiede, andererseits aber auch die Unterschiede im Denken und Verhalten.
Wie ich erst hier gelernt habe, sind meine Ansichten dazu „biologistisch“. Aber das ist OK. Schließlich bin ich Naturwissenschaftlerin (und als solche haben für mich die Naturgesetze die höchste Autorität).
Ich begrüße es, meine Sichtweise hier einbringen zu können, und werde mich dabei immer um Aufgeschlossenheit und eine möglichst unvoreingenommene Perspektive bemühen, auch wenn ich meine empirisch abgesicherten persönlichen Überzeugungen vertrete.
Vielen Dank für euer Interesse! Vive la différence!
Eine politische Bewegung, die etwas Gesellschaftsveränderndes erreichen möchte kann dies eigentlich nur auf zwei Wegen tun. Entweder sie träumt von einer Art Revolution, also einer gewaltsamen Machtübernahme, wie viele am ganz linken oder rechten Rand das tun mögen, oder aber sie muss Allianzen schmieden und Verbündete suchen.
Genau damit tut sich der Feminismus jedoch sehr schwer. Auch der Feminismus hat Unterstützer, die dort (etwas infantil) „Allies“ oder „Allys“ genannt werden. Allie ist in diesem System jeder, der nach feministischem Dogma nicht selbst „Betroffener“ oder besser „Betroffene“ sein kann. Also konkret gesagt profeministische Männer.
„Allies sind in erster Linie unterstützende Menschen, die nicht selbst von der Diskriminierung betroffen sind, gegen die sie sich stellen wollen. Was dabei als unterstützend empfunden wird, ist von Feministin zu Feministin unterschiedlich.“
„Verbündete sind Leute, die eine Gruppe von Menschen unterstützen, die von Diskriminierungen, Vorurteilen etc. betroffen sind. Verbündete sind dabei selbst keine Mitglieder dieser Gruppe. Speziell feministische Verbündete sind Einzelpersonen, die keine Frauen sind und Frauenrechte unterstützen sowie Feminismus und dessen Anliegen fördern. „
Ob man überhaupt Allie ist oder nicht, kann man auch gar nicht selber entscheiden:
„Ihr habt nicht zu entscheiden, ob ihr “Allies” seid. Das entscheiden die, die ihr supporten wollt. Anhand eurer Handlungen, Aussagen, eurer Motivation.“
Diese Allies sollen also nicht den Status des Mitglieds der (feministischen) Gruppe erhalten, sie sind damit keine Partner auf Augehöhe sein, um die feministische Basis in der Gesellschaft zu verankern, sie dienen statt dessen fast ausschließlich als interne Sündenböcke und werden als Adressat von Erziehungsmaßnahmen genutzt. Weil die männliche Normalbevölkerung sich relativ wenig um Verhaltensvorschriften und Lebensanweisungen aus dem feministischen Lager schert, müssen die Allies als Repräsentanten und Stellvertreter herhalten. Das muss so sein, denn der Allie muss ein Leben in Buße führen:
„Ein Ally fällt nicht einfach vom Himmel und deswegen ist es ganz normal, Dinge nicht zu wissen. Wichtig ist immer die Selbstreflektion des eigenen Handelns und der eigenen männlichen Privilegien. Sei dir also auch deines Nichtwissens bewusst und halte dich nicht für unanfechtbar. Nimm Kritik an deinem Verhalten ernst, aber nicht persönlich. Wir alle machen Fehler, wichtig ist, daraus zu lernen, das Handeln zu reflektieren und sich weiterzuentwickeln. Wenn Feministinnen dich kritisieren, wirf nicht das Vorwurfskarusell an und gehe nicht in Verteidigungsstellung, das hilft nicht und kostet allen Energie.“
Da die feministische Dogmatik kein In-sich geschlossenes logisches System bildet, sondern in jedem Einzelfall von der Willkür den Gefühlen der wirklich Betroffenen Femininistinnen und deren Definitionsmacht abhängt, kann man als Allie scheinbar viel falsch machen. Man kann sich zum beispiel ZU SEHR engagieren und dadurch den echten Feministinnen „Raum wegnehmen“:
„Vergiss nicht, um wen es hier geht und mache Frauen sichtbar (das fängt z.B. bei Verlinkungen in Blogeinträgen an). Biete Frauen Freiräume, in denen sie sich entfalten können und respektiere. dass diese Freiräume auch mal nur für FLTI* reserviert sind. Achte online und offline auf dein Redeverhalten: Hast du in einem Gespräch viele Redeanteile, die besonders lang sind? Verhälst du dich dominant? Könnten Frauen aufgrund deiner Redensweise keine Lust mehr haben, sich am Gespräch zu beteiligen?“
Auf der anderen Seite kann Zurückhaltung eines Allies auch falsch sein, weil er damit den armen Feministinnen die ganze Arbeit überlässt, wie z.B. accalmie darlegt:
„Vielleicht gibt es bei manchen allies auch Bedenken, sich sonst “vorzudrängen“. Das Problem dabei ist jedoch, dass viele denken, dass zum Beispiel Antisexismus grundsätzlich die exklusive oder zumindest primäre Aufgabe von Frauen sei, und das rund um die Uhr. Dazu kommt noch, dass manche vielleicht meinen, Feminist_innen hätten täglich nichts Besseres zu tun, als auf akribische Sexismus-Spurensuche zu gehen, und man sie mit dem neuesten Beispiel überraschen und darin unterstützen könnte, endlich wieder etwas gefunden zu haben, anhand dessen man Sexismus aufzeigen kann.“
Diese Forderung steht in einem gewissen Widerspruch zu dieser Aufforderung:
„Frage erst, ob und wie du helfen kannst, bevor du zur Hilfe eilst und dabei vielleicht übergriffig wirst. Das kann bei Tätigkeiten im Alltag oder auch bei Diskussionen im Netz der Fall sein. Wenn du Frauen das Gefühl gibst, du greifst ein, weil sie Frauen sind und ihre Probleme deshalb nicht alleine lösen können, bist du kein Ally.“
Schon die Idee einer in der Politik notwendigen Kompromisfindung oder auch nur der Überzeugungsarbeit ist vielen Feministinnen jedenfalls scheinbar fremd:
„Für den Feminismus soll ich also den armen Dudes alles nochmal lieb und nett erklären. Was bleibt von Feminismus noch übrig, wenn sein Anliegen ist, cisMänner zu überzeugen? Was bleibt von Feminismus noch übrig, wenn er sich bemüht, es cisMännern Recht zu machen? Ich will eine radikale Bewegung, die wirklichen Umbruch fordert_provoziert_bewirkt. Und nicht eine, die darum bettelt, dass Dudes ihr einen Knochen hinwerfen.“
„Ich bettele nicht um Support. Ich bettele nicht um Anerkennung. Ich bettele nicht jedes verdammte bisschen Respekt. Wenn “die Sache” also ist, Dudes bei der Stange zu halten, und der Sache nützt, ihnen die Füße zu küssen: ja, das ist mir herzlich egal.“
Allies werden hier eher als eine Art notwendiges Übel, als Gegner zweiten Grades wahrgenommen.
„Feminismus ist nicht für cisMänner da. Ich finde es gut, wenn sie sich beteiligen*. Aber ich brauche sie nicht. “Mein” Feminismus ist darauf abgerichtet, mich und andere zu empowern. Das ist “die Sache”, für die ich arbeite. Um das zu erreichen, muss ich keinem Dude Honig ums Maul schmieren“
Eine weitere wichtige Funktion des feministischen Allies ist eine Art Blitzableiter für feministische Wut zu sein, denn anders als der „Masku“ schläge der Allie natürlich nicht zurück:
„Ich habe keine Ressourcen, um mir eure male tears anzuhören. Ich erlebe jeden Tag Sexismus, und das schwächt. Ich werde von Maskus angegangen, und das schwächt. Ich habe keine Kraft, um mir Zeit zu nehmen für eure Weh-Wehchen. Ich will mich nicht mit rummaulenden “Allies” auseinandersetzen müssen, wenn der nächste Masku mir schon wieder Gewalt androht. Sexismus ist Gewalt und macht wütend. FUCKING DEAL WITH IT.“
Wir sehen man(n) hat es nicht einfach als Diener, Untergebener Allie des Feminismus. Ich glaube kaum, dass mit diesem Konzept der feministischen Idee zum Durchbruch verholfen werden kann.
Nachtrag zum Thema:
„Ich bin selber eine von denen die am lautesten widersprechen, wenn jemand erklärt, Feminismus müsste netter werden. Niemand muss zu männlichen Allies nett sein, das habe ich weder gesagt noch gemeint. Aber diejenigen kollateral zu bashen, die gerade weder gefailt haben noch sonstwie aufgefallen sind, indem man über alle männlichen Allies ablästert, ist etwas anderes als nur nicht nett sein.“
„Wenn sich ein weißer, männlicher Ally so krass in seinem Selbstverständnis beleidigt fühlt, dass er jetzt aus Feminismus und/oder Antirassismus (TM, natürlich) herausspaziert, dann kann’s nicht weit gewesen sein mit all jenen Anti-*Ismen. Denn, surprise: es gibt auch feminist allies, die damit umgehen können, weil sie verstehen, dass es um Auseinandersetzungen und Argumentationsweisen geht, die strukturelle Machtgefälle aufdecken sollen, und die sich an individuellen fails abarbeiten, um Gesamtmechanismen zu illustrieren.“
Der Selbstmord von Robin Williams ist einen Monat her. Bisher habe ich (in meiner Filterblase, natürlich) keinen längeren Artikel gelesen, der sich damit befasst und die Zusammenhänge aufzeigt zwischen diesem einzelnen Schicksal, spezifischen Problemen von Männern und den Zielen der Männerrechtsbewegung.
(Das letzte Wort ließe sich ersetzen durch „humanistischen Bewegung“, „Leute, die sich für Gleichberechtigung einsetzen“ oder „Menschen, die sich für alle gleichermaßen engagieren wollen“. Da diese drei Gruppen und ihre Bezeichnungen jedoch kaum auf Widerspruch stoßen dürften, „Männerrechtsbewegung“ hingegen nach wie vor neutral bis negativ konnotiert ist, lohnt es sich am ehesten gerade mit diesem Begriff umzugehen und aufzuzeigen, was die Leute dahinter zur Debatte beizutragen haben.)
Kurzdarauf eingegangen ist Wolfgang Wenger ist (gefunden via Genderama). Allerdings weist der Inhalt des Artikels zwei problematische Elemente auf:
Zum einen bekommt ein berühmter Schauspieler die Ehre erwiesen, nachdem er sich umgebracht hat. Zum anderen läßt sich nur erahnen, wie viele namenlose Männer, als Scheidungsopfer oder Trennungsväter, fertig mit der Welt sind, aber auch am Leben – und keine Aufmerksamkeit bekommen, denn es interessiert anscheinend keinen.
Hier kann der verhängnisvolle Werther-Effekt zum Tragen kommen. Die Botschaft lautet dann: Erst mit dem Tod hast Du wieder einen Wert und eine unbedingte Würde, bekommst Mitleid und Anteilnahme zugestanden.
Nichts auf der Welt kann Robin Williams wieder lebendig machen. Wir sollten uns den Lebenden widmen, nicht den Toten.
Das Schicksal Robin Williams‘ kann also nur als Aufhänger dienen, um auf bestimmte Themen hinzuweisen. Da ich mich für Männerrechte interessiere, möchte ich diese Steilvorlage nicht ungenutzt verstreichen lassen, um zu zeigen, dass ich etwas zu sagen habe.
Zum anderen bleibt ein reiner Nachruf zu sehr auf der beschreibenden Ebene. Es reicht doch nicht, zu fragen: Was ist passiert? Die Frage muss lauten: Was ließe sich denn konkret ändern, damit das in anderen Fällen nicht passiert? Es gibt doch genügend andere Menschen, die noch zu retten sind. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder ein, was Arne Hoffmann im Interview mit MANNdat gesagt hat:
„So erfreulich die in den letzten Jahren entstandene maskulistische Bloggerszene ist, so bedauerlich ist es zugleich, wie sehr sich die meisten von uns noch darauf beschränken, innerhalb der eigenen Filterbubble zu lamentieren, zu analysieren, zu kommentieren und zu diskutieren. Zahllose Blogposts und endlos lange Kommentarspalten helfen uns aber nur begrenzt. Allmählich wären Beiträge dringend geboten, die Aktionen initiieren, um die Positionen und Argumente der Männerbewegung so vielen Leuten wie möglich bekannt machen.“
Selbstmord und Depressionen
Doch zunächst noch ein Schwenk zurück. Vorgestern, am 10. September, war der Welttag der Suizidprävention. Auch darüber habe ich leider hier in der Blogblase nichts gelesen – erst mit meinen Recherchen für passende Verweise zu diesem Artikel bin ich darauf gestoßen.
„Unter anderem spricht sie auch das sogenannte Genderparadox an, demzufolge Männern zwar nur halb so oft wie Frauen eine Depression diagnostiziert wird, diese demgegenüber aber eine 3-4 mal so hohe Suzidrate aufweisen. Den durchgeführten Suizid(versuch)en wiederum ging in 90% der Fälle eine nicht diagnostizierte Depression voraus.“ (Anmerkung: Je nachdem, wo man nachschlägt, variieren diese Zahlen etwas. Drastisch sind sie oder oder so.)
Das fasst den Zusammenhang zwischen Selbstmord und Depressionen kurz und knapp zusammen: Nicht jede Depression führt zum Selbstmord (etwa jede sechste), aber Selbstmord hat meistens mit Depressionen zu tun. Und natürlich macht die höhere Selbstmordrate damit Depressionen zu einem Männerthema. Es ist eine Frage von Leben und Tod. Mehr Unterschied kann es nicht machen.
Depressionen bei Männern – ein ignoriertes Thema
Zugegeben, ich habe den WHO-Bericht zur Suizidprävention (PDF, Englisch; gefunden via Flussfänger) nur überflogen. Interessant ist (siehe ab Seite 20), dass Selbstmord bei Männern im Vergleich zu Frauen global fast doppelt so häufig vorkommt, in Europa jedoch sogar viermal so oft. Wenngleich sich Männer überall häufiger selbst töten als Frauen, gibt es also starke regionale Unterschiede – ein Grund mehr, sich dem Phänomen lokal zu widmen!
Die Forschung vermutet, dass bei Männern Depressionen seltener diagnostiziert werden als bei Frauen – was die erwähnte höhere Lebensgefahr bedeutet. Als Erklärungen dienen:
Männer ignorieren ihre Gesundheit, gehen später zum Arzt
falsches gesellschaftliches Signal: Hilfe in Anspruch nehmen gilt als Schwäche
bei gleichem Verhalten gegenüber dem Arzt wird bei Frauen eher auf Depressionen getippt
Männer weisen andere Symptome auf, die nicht klassischerweise mit Depressionen in Zusammenhang gebracht werden (Aggressivität, Alkoholmissbrauch)
Aus ganz verschiedenen Gründen – die außerdem zusammen auftreten können – haben Männer also schlechtere Karten, wenn es darum geht, eine Depression zu bewältigen. Denn von alleine kommt man da praktisch nicht mehr heraus; wer das ernsthaft glaubt, hat das Problem nicht verstanden.
Nun mag hinzukommen, dass Männer generell weniger Mitleid (oder Empathie) entgegengebracht wird (so dass das Anzeigen eigener Hilflosigkeit, das bei Depressionen nun wirklich angemessen und auch sehr angebracht wäre, weniger nützt) und/oder dass Männer weniger stark als Opfer wahrgenommen werden (bzw. die Hilfsbereitschaft ihnen gegenüber geringer ist). Ich meine, im Zusammenhang mit dem Konzept des entbehrlichen Mannes („the disposable male“), das mit ein wenig Nachdenken mit der gesamten Menschheitsgeschichte – heutzutage eingeschlossen! – in Einklang gebracht werden kann, so etwas gelesen zu haben, finde aber den Blogartikel und/oder die wissenschaftliche Quelle nicht mehr wieder.
Das wäre aber ohnehin nur das Sahnehäubchen in der Argumentation. Die Angst vor sozialer Isolation, wenn es mal ein Problem gibt, ist wohlbegründet:
„Selbst moderne, emanzipierte Frauen reagieren manchmal verschreckt, wenn ihr Mann wirklich einmal Schwäche zeigt. Therapeuten berichten, dass Frauen erst von ihrem Mann einfordern, Gefühle zu zeigen – und ihn genau dann verlassen, wenn er negative Gefühle, beispielsweise Depressionen, eingesteht. So haben diese Frauen sich das mit der Partnerschaft auf Augenhöhe dann nämlich doch nicht vorgestellt.“
(Das bedeutet allerdings eben nicht, dass man bei psychischen Problem sich niemandem anvertrauen sollte. Im Gegenteil, beim Kampf gegen Depressionen muss im Zweifelsfall alles andere hintenanstehen. Bei der Wahl zwischen einer offiziell intakten Beziehung und dem eigenen Leben sollte die Präferenz klar sein.)
„Der Bericht zeigt, dass seelische Leiden bei Männern ein Tabu darstellen, woraus sich Defizite in der Diagnostik und Versorgung psychischer Erkrankungen bei Männern ergeben.“
Hier gibt es im Namen der Gleichberechtigung gleich zwei Felder zu beackern. Offensichtlich ist es erstens für das Überleben vieler Männer wichtig, speziell zu Depressionen und besserer Diagnostik forschen. So etwas wie der Männergesundheitsbericht 2013 scheint genau das richtige zu sein. Warum ist der nicht kostenlos verfügbar? Den Frauengesundheitsbericht (PDF) bekommt man doch schließlich ebenfalls „einfach so“.
Zweitens mag eine vollständige Gleichbehandlung von Mann und Frau zwar Utopie sein, weil sich manche Ansichten und Bewertungen so tief eingebrannt haben, dass man sie nicht mehr wahrnimmt (vgl. „the disposable male“, siehe oben) und sie entsprechend schwer ändern kann. Dies darf aber nicht bedeuten, dass man nicht gesellschaftliche Konventionen aufbricht, die sich im Krisenfall als entscheidende Blockade erweisen. („Reiß Dich zusammen“ – Beschämung, „Wenn ein Mann Probleme hat, soll er selbst sehen, wie er klar kommt.“ – Nichterkennen, dass hier eingegriffen werden muss.) Eine würdige Aufgabe, die auch modernen Männern und Frauen wie schon erwähnt noch viel abverlangt.
Doch selbst wenn einem Männer an sich egal sind oder man annimmt, dass diese im Fall von Depressionen selbst für sich verantwortlich sind (es gehört zu einer psychischen Erkrankung wie einer Depression, dass man diese Verantwortung eben nicht mehr vollständig alleine wahrnehmen kann), gäbe es noch Gründe, sich um Depressionen bei Männer zu sorgen. Zum einen sind Männer volkswirtschaftlich und gesellschaftlich gesehen nützliche Packesel, die viel arbeiten und Geld heranschaffen. Depressionen verhindern genau das. Zum anderen sind von jedem Selbstmord geschätzt sechs weitere Menschen betroffen. Es gehört zur Natur von menschlichen Gemeinschaften, dass die Schicksale ihrer Mitglieder miteinander verwoben sind. (Inwieweit es vor diesem Hintergrund sinnvoll sein kann, ein Geschlecht zu verteufeln oder mit seinen Anliegen komplett zu ignorieren, muss jemand anderes erläutern – ich kann es nicht.)
Depressionen und Selbstmord – kein Schicksal
Es ist schon bedrückend, dass ein Filmthema für einen Hauptdarsteller Realität wurde: Selbstmord taucht mehrfach in Robin Williams‘ Filmen auf – mir wollen alleine spontan drei einfallen. Als erfolgreicher Hollywood-Schauspieler mag er wenig mit unserer Lebensrealität zu tun gehabt haben, doch sein Fall berührt.
Robin Williams‘ Leben endete mit Selbstmord. Er litt an Depressionen, hatte mehrere Scheidungen hinter sich, dadurch Geldsorgen und war daher in seiner Lebensführung stark eingeschränkt. Da der berufliche Erfolg zuletzt ausgeblieben war, hätte er – der großen Karriere zum Trotz – Aufträge annehmen müssen, die ihm nicht gefielen.
Das sind bereits mehrere Antworten auf einmal auf die Frage: Was bringt Männer aus der Spur?
(Klassische Männerthemen wären: Zahlvater, entsorgter Vater, Kuckucksvater, Scheidungsopfer / ansonsten: häusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, PTBS zum Beispiel bei Soldaten / von Linksliberalen werden ferner thematisiert: Zwangsheirat, sexuelle Orientierung, Fremdenfeindlichkeit / dazu der „gläserne Boden“: Männer fallen leichter durch alle sozialen Raster, ferner die Vermutung, dass es gerade bei schweren Situationen es weniger Empathie für Männer gibt)
Andererseits muss auch gesagt werden: Nicht jede Krise oder schlechte Situation führt zu Depressionen. Umgekehrt können auch erfolgreiche Menschen Depressionen haben (siehe Robert Enke). Es wäre also falsch, hier eine Art „unentrinnbares Schicksal“ hineinzuinterpretieren. Man darf sich nicht alleine an den negativen Fällen aufhalten. Dazu folgendes Video (gefunden via Iphelgold), von 58:00 bis 1:00:10:
Manfred Lütz: Irre! Das Problem sind die Normalen!
Hier wird noch einmal der Fall Robert Enke angesprochen, aber auch eine sehr wichtige Tatsache: Die meisten Depressionen sind heilbar.
Wenn Depressionen unausweichlich und vorprogrammiert zu Selbstmord führen würden, dann wäre es egal, ob man etwas tut oder nicht. Aber weil dem nicht so ist, kommt es darauf an, zu handeln.
„Sobald man seine politischen Aktivitäten nicht darauf beschränkt, in Blogs und Foren miteinander zu plaudern, sind auch Erfolge für Männer möglich.“
Das hatte bei mir gesessen! Der Stachel saß tief.
Was wäre bei diesem Thema eine vernünftige Forderung? Grob beschreibt das etwa MANNdat:
„Depressionen müssen bei Männern stärker erforscht und besser behandelt werden. Diese Krankheit wird bei Männern häufig nicht als solche erkannt oder sie wird ignoriert, obwohl beispielsweise knapp dreimal so viele Männer wie Frauen Suizid begehen (bei Jugendlichen sind es sogar geschätzt neunmal so viel).“
Vor einigen Monaten hat Lucas Schoppe (wie schon andernorts vorgeschlagen) Politiker angeschrieben. Politischer werden – oder zumindest ein Thema an Politiker herantragen – zeigt, dass einem eine Sache wichtig ist. Wenn das genügend viele machen, kann es irgendwann nicht mehr ignoriert werden. „Das bewegt die Wähler“ ist ein Argument. Vielleicht schade, dass es so laufen muss, aber hey, so weiß man wenigstens, in welche Richtung man arbeiten muss, also nicht über die Art der Lösung klagen.
Was wäre eine Forderung, um sich an Abgeordnete zu wenden? Ganz konkret ein kostenloser Männergesundheitsbericht (vor dem Hintergrund psychischer Erkrankungen wie Depressionen und der erhöhten Selbstmordrate), etwas weiter gefasst die bessere Forschung – und die Frage nach Maßnahmen, die dafür unternommen werden. Aber vielleicht lohnt sich auch die allgemeine Frage, wofür sich der Abgeordnete angesichts der bedrückenden Statistik (und anlässlich des Welttags der Suizidprävention) einzusetzen gedenkt.
Frage in die Runde: Macht jemand mit?
Oh, und wenn wir schon über Männergesundheit und Aufmerksamkeit erregen sprechen: Wollen wir gemeinsam etwas zum Movember machen? (Noch steht auf dem Internetauftritt nichts, aber woanders gibt es etwa ein lustiges Foto von Thomas Hitzsperger mit Erklärung, worum es geht.) Es ist zwar noch über eineinhalb Monate hin, aber nicht, dass wir das schon wieder verpassen!
Popkultur
Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Diesmal ein Lied, das sehr gut zum Thema passt.
„Alter Knabe“ hat gerade erklärt, dass er aussteigen will, was auch vollkommen okay ist, es ist ja durchaus ein Blog, der einen Einstieg in die Blogwelt bieten soll und Leuten erlauben soll, auch mal was in dieser Richtung auszuprobieren oder einfach bestimmte Gedanken in Artikelform darzulegen.
Und leider dünnt sich dieser Blog nach einem halben Jahr auch schon wieder ziemlich aus. Ich geb zu, ich war die letzte Zeit auch nicht allzu pflichtbewusst und habe meinen Datumsplatz ein wenig verwaisen lassen, dafür aber zwischendrin mal was geschrieben.
In der Tat fehlen einige Beiträge, wenn man sich die Monate so anschaut:
Bei momentan 15 eingetragenen Autoren mit festen Tagen sollten wir eigentlich auch zumindest 15 Artikel pro Monat haben. Es mag sein, dass da für einige die Urlaubszeit dazwischen gekommen ist, wobei ich da noch einmal darauf verweise, dass es sehr einfach ist, Artikel vorzuschreiben und für einen bestimmten Tag einzustellen. Ein Blog lebt von regelmäßigen Artikeln. Nur wenn immer wieder interessantes neues eingestellt wird, dann bildet sich auch eine entsprechende Leserschaft, die dann auch wieder die Freude am bloggen erhöht.
Immerhin stimmt es mich froh, dass der September bisher gut gestartet ist.
Ich bitte alle Autoren sich mal kurz zu melden, damit wir auch die Liste aktualisieren können.
Verbesserungsvorschläge für den Blog sind natürlich auch gerne willkommen.
Auch eine gute Gelegenheit für neue Autoren, um einzusteigen. dazu bitte in den Kommentaren melden