Ich habe es an anderer Stelle schon mal erwähnt, dass ich mir über Feminismus nie großartig Gedanken gemacht hab, bis erzaehlmirnix einige Comics zum Thema veröffentlichte. Von Maskulismus las ich dort zum ersten Mal. Ebenfalls las ich damals bei erzaehlmirnix, dass ihr Blog von feministischer Seite als „Hateblog“ betitelt wurde. Ich fand das damals eigentlich nur lustig.
Ohne dass ich mich damit beschäftigt hätte, war ich der Ansicht, dass eine Gleichberechtigung in Deutschland bereits erreicht sei. Meine Mutter belächelte ich im Stillen dafür, dass sie noch immer regelmäßig die Emma las; ich hielt das für überholt und nicht mehr zeitgemäß.
Vor einer Weile begann ich, vermehrt feminismuskritische Blogs zu lesen, und irgendwann stellte irgendwo, ich glaube es war hier beim Geschlechterallerlei, jemand folgende Frage: Was hat der westliche Feminismus in den letzten 20 Jahren erreicht? Ich hab mal spaßeshalber gegoogelt, und ehrlich gesagt außer § 177 nichts gefunden. Vielleicht weiß noch jemand von euch was, interessieren würde es mich nämlich.
In einem meiner früheren Beiträge hier beim Geschlechterallerlei äußerte ich mich feminismuskritisch, was interessante Reaktionen seitens einiger Feministinnen hervorrief. Was ich spannend finde, zumal ich mich zu keinem Zeitpunkt gegen Gleichberechtigung von Mann und Frau ausgesprochen hatte. Ebenso hatte ich mit keinem Wort bestritten, dass es durchaus noch Länder gibt, in denen Frauen weniger wert sind / weniger Rechte besitzen als Männer, und dass daran dringend etwas geändert werden muss. Nur hatte ich eben darauf hingewiesen, dass Männer ebenso Benachteiligungen ausgesetzt sind, und ich stellte unter anderem den Patriarchatsmythos in Frage.
Bei womenagainstfeminism.tumblr.com erscheinen nach wie vor regelmäßig neue Selfies von Frauen, die Schilder in die Kamera halten mit Begründungen, warum sie keinen Feminismus brauchen.
Vor einigen Wochen tauchte dann bei Twitter das Hashtag #WomenAgainstFeminism auf. Neugierig geworden beobachtete ich anfangs immer wieder die Timeline und fand auf diese Weise viele interessante Twitterer und auch einige informative zum Teil feminismuskritische Blogs und Youtube-Channels. Und auch ansonsten war es ziemlich erhellend.
Besonders interessant fand ich die Reaktionen von einigen Feministinnen. Die Quintessenz: „Nein heißt nein, es sei denn du sagst nein zum Feminismus.“ Weil dann heißt es eher „Ach komm, zier dich nich so, du willst es doch auch, du weißt es nur [noch] nicht.“ Oder so ähnlich.
Feminismuskritische Frauen sind [lt. diverser Feministinnen]
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dumm [„Wie kann sie so dumm sein und nicht kapieren, dass WIR für IHRE Rechte kämpfen?“]
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feige [„Du hast nur nicht den Mumm dich uns anzuschließen und mit uns für deine Rechte zu kämpfen!“]
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undankbar [„Du weißt aber schon dass du nur deshalb wählen darfst weil WIR das für DICH erkämpft haben!“]
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ignorant [„Aber in (hier beliebiges 3. Welt-Land einfügen in dem Frauen unterdrückt werden) werden sehr wohl noch Frauen unterdrückt!!!111einself“]
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ungebildet [„Lies ein Wörterbuch dann bist du auch auf unserer Seite!“]
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vom Patriarchat gehirngewaschen [„Ich fühle mich aber nicht unterdrückt! Ich bin zufrieden, mein Leben ist okay!“]
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privilegiert [DAS K.O. Argument schlechthin. Privilegierte dürfen nämlich nicht mitreden.]
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gegen Gleichberechtigung [mein persönlicher Favorit, weil DAS wäre wirklich bescheuert.]
oder
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sie wollen einen Mann abbekommen/sich bei Männern einschleimen [„Hey Dude, ich bin gegen Feminismus, hast du mich jetzt lieb?“ wimperklimper ]
Bei manchen Begründungen, warum gerade diese Frau keinen Feminismus braucht, könnte man sich durchaus an den Kopf fassen. Eine davon gibt an, keinen Feminismus zu brauchen, weil sie ihrem Freund einfach hin und wieder gern ein Sandwich macht. Eine andere respektiert Jungs und findet, dass die Welt ohne sie langweilig wäre.
Naja.
Der Punkt ist: die Gründe sind völlig egal, denn all diese Frauen fühlen sich von dem heutigen Feminismus nicht repräsentiert und lehnen ihn deshalb ab. Was völlig legitim ist. Haben sie deshalb verdient, abgewertet und verunglimpft zu werden? Handlungen und Aussagen diverser Feministinnen sagen ganz klar „Ja!“.
Ist eine Frau dumm, die für sich selbst herausgefunden hat, dass sie etwas scheiße findet und es deshalb ablehnt?
Ist sie feige, weil sie sich nicht einer Bewegung anschließt, die sie als destruktiv/negativ/überholt wahrnimmt?
Ist sie undankbar, weil sie die Rechte nutzt, welche in der Vergangenheit durch mutige Frauen und Männer erkämpft wurden, und im selben Atemzug den heutigen westlichen oder auch 3rd Wave Feminismus ablehnt? Mal ehrlich, kann man die Ziele der ersten und zweiten Welle der Frauenbewegung wirklich mit denen der dritten Welle vergleichen? Was außer dem Namen haben die erste, zweite und dritte Welle eigentlich wirklich miteinander zu tun?
Frauenwahlrecht, Recht auf Erwerbstätigkeit, Recht auf Bildung, neues Sittengesetz bzw. Kampf gegen gesellschaftlich akzeptierte Diskriminierung von Frauen versus Infragestellen problematischer Identitätskonzepte, von Geschlechtsidentität und Sexualität. Okay, und für welches meiner Rechte kämpfen heutige Feministinnen nochmal? Wofür genau schulde ich der dritten Welle des Feminismus Dank? Und an welcher Stelle repräsentiert der Feminismus mich? Weil Vagina? Ähm, nein.
Ist die feminismuskritische Frau ignorant, wenn sie sagt „klar, woanders geht es Frauen nach wie vor dreckig, sie sind weniger wert als Männer, werden ausgebeutet, misshandelt und unterdrückt, und daran muss sich etwas ändern, aber hey, das passiert doch nicht hier in Deutschland?“ Ich würde zu gerne wissen, wieviele der Feministinnen, welche die unterdrückten Frauen in anderen Ländern instrumentalisieren, tatsächlich etwas tun, um jene Frauen aus ihrem Elend zu befreien. Ich wette, der Anteil ist verschwindend gering. Schließlich sind sie zu sehr damit beschäftigt, darüber zu lamentieren, wie schlimm die Zustände hier in Deutschland sind. [Mansplaining! Sexismus, Sexismus überall! Objektifizierung überall! Frauenquote! Ergebnisgleichheit!! Gender Pay Gap!!!!!einself] Natürlich lasse ich mich gern eines Besseren belehren.
Sind sie ungebildet, weil sie für sich selbst herausgefunden haben, dass die Definition des Wortes „Feminismus“ und die Aktionen von vielen Feministinnen zwei Paar Schuhe sind, und damit nichts zu tun haben wollen? Frauen, die Männerfeindlichkeit, und sei sie noch so „ironisch“ gemeint, einfach nur abstoßend finden?
Sind sie gehirngewaschen, weil sie sich nicht unterdrückt oder permanent belästigt fühlen, weil sie das vielfach bemühte und für alle Unbill der Frauen Feministinnen verantwortliche Patriarchat™ nicht sehen, Männer nicht als potentielle Bedrohung wahrnehmen und gar eigenverantwortlich handeln? Oder die Mütter, die nicht nur für ihre Töchter, sondern auch für ihre Söhne Gleichberechtigung wollen?
Sind WomenAgainstFeminism privilegiert? Das kann ich nun wirklich nicht beantworten. Aber Feministinnen können es bestimmt. Schließlich haben sie die einzig wahre Wahrheit für sich gepachtet. Und zwar jede von ihnen. Natürlich sind sie sich hin und wieder uneins bezüglich einiger Detailfragen, doch eines haben sie alle gemeinsam: Feminismus ist für alle da!
Sind feminismuskritische Frauen womöglich gegen Gleichberechtigung? Moment, was hat der heutige westliche Feminismus nochmal mit Gleichberechtigung zu tun? Und warum nochmal heißt es „Feminismus“ und nicht „Egalitarismus“?
Feminismuskritische Frauen schleimen sich bei Männern ein? Oder anders gefragt, wenn Women against Feminism nur mal „einen abkriegen wollen“, was macht das aus den männlichen Allies der Feministinnen?
Frauen, die sich gegen Feminismus aussprechen, werden von Feministinnen beleidigt, ihre Gründe werden ins Lächerliche gezogen und sie werden verunglimpft. Und dann wundern sich die selben Feministinnen, warum frau nicht reuig und gesenkten Kopfes „zurück in die Reihe“ marschiert, um weiterhin ein fiktives Patriarchat™ zu zerschlagen und den allgegenwärtigen Sexismus und die herrschende Rape Culture zu bekämpfen? Ernsthaft?
Nochmal zum Mitschreiben: Feminismus, Definition laut Wörterbuch hin oder her, wird nach den öffentlichkeitswirksamen Handlungen von selbst ernannten Feministinnen bewertet. Wenn Feministinnen sich nur in ausreichendem Maße daneben benehmen, und daran intern oder besser noch öffentlich keine Kritik geübt wird, bzw. wenn vorgetragene Kritik nicht toleriert wird, dann fällt das eben auf die gesamte Bewegung zurück. Falls sich dann doch mal eine erdreistet irgendetwas am Feminismus zu kritisieren, dann stürzen sich Feministinnen auf ihre eigenen Mitstreiterinnen, es wird gedroht, beleidigt und geblockt was das Zeug hält. Und wer sich dann wundert, dass Frauen heutzutage damit lieber nichts am Hut haben möchten, der könnte sich ja fragen, ob mit der eigenen Wahrnehmung unter Umständen etwas vielleicht nicht stimmen könnte.
Und dann gibt es noch die Confused Cats against Feminism.
Ich mag Katzen. Katzen sind toll. Außerdem ist jede feministische Aktion gegen die #WomenAgainstFeminism wichtig: Auf diese Weise zeigen Feministinnen sehr anschaulich, dass eigenständiges Denken und eigenverantwortliches Handeln von Frauen nur erwünscht ist, so lange es in vorgeschriebenen Bahnen verläuft. Alles andere wird niedergebrüllt, verunglimpft oder ins Lächerliche gezogen: Es darf nicht sein, dass jemand der einzigen wahren Wahrheit widerspricht.
Daher an dieser Stelle: Besten Dank an alle involvierten Feministinnen!