Fundstück: Lucas Schoppe über Sexismus in der Macron-Debatte

In der Diskussion um Emmanuell Macron und seine Frau schreibt Lucas Schoppe einen sehr schönen Kommentar:

Ob Macron nun keine andere abbekommen hat (danach sieht er nun wirklich nicht aus), oder ob er in seine Frau einfach verliebt war, oder sonst noch was ganz anderes – das finde ich völlig egal.

Interessant ist die Wahrnehmung von außen. Carline Mohr schreibt bei Spiegel-Online:

„Aber die Aufregung über das Alter von Brigitte Macron nervt mich. Warum? Weil bei einer deutlich älteren Ehefrau mehr gestaunt und gelästert und analysiert wird als bei einem deutlich älteren Ehemann. Es ärgert mich, weil dem die Annahme zu Grunde liegt, dass Frauen jung und schön sein müssen, um für einen Mann begehrenswert zu sein.“
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/felix-baumgartner-ivanka-trump-kim-kardashian-feminismus-auf-twitter-und-co-kommentar-a-1144981.html

Da geht es nun darum, dass Macron noch deutlich minderjährig war, als die Beziehung zu seiner Frau begann, und dass er obendrein ihr Schüler war – aber Mohr macht daraus im „Wutanfall“ klar, dass auch hier die Gesellschaft Frauen benachteilige.

Sie macht das wider besseren Wissen – direkt unter der Passage verlinkt sie eine Focus-Meldung, der es unmissverständlich klarstellt, worum es eigentlich geht. Interessiert die Feministin Mohr nur nicht. Pffff, was ist schon sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, wenn es dabei um Jungen geht.

Sie tut einfach mal so, als ob es alle Menschen völlig normal finden würden, wenn ein männlicher Lehrer eine Beziehung mit seiner fünfzehnjährigen Schülerin beginnt. Umgekehrt ist es natürlich richtig: Dass sie eine Frau ist, und er ein Junge war, hat sie geschützt.

Ich habe bei Alles Evolution ebenfalls mehrfach kommentiert, möchte aber noch einen anderen Beitrag empfehlen: Der Lotosritter äußerte sich ebenfalls zu dem Fall.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Dazu ein wenig französische Popmusik!

Alizée: Moi Lolita

Fundstücke: Osterhöschen

Den Hauptartikel hat Lion dankenswerterweise gestern schon geliefert. („ARD – Ansichten rassiger Damen-Popos“ – herrliche, dieses MAD-Zitat im Titel!) Ein paar Anmerkungen und eine Auswahl der schönsten Kommentare wollte ich aber noch bringen.

Das war abzusehen

Genderama zitierte, dass es angeblich kürzlich aufgrund einer lächelnden Frau (!) eine Beschwerde wegen sexistischer Werbung gab. Dazu läßt sich ganz abgeklärt sagen: Hier würde nur Realität, was doch schon vor Jahren angekündigt wurde: Denn sexistisch ist eine Werbung ja schon durch grundlos lächeln und glücklich sein – bei Frauen, wohlgemerkt! Denn bei der Sexismusbekämpfung müssen die Geschlechter unterschiedlich behandelt werden.

Ich erwarte, dass der neu eingesetzte Feministische Wächterrat ungetrübt durch gesunden Menschenverstand oder Toleranz seine abstrusen Maßstäbe umsetzt. Christian Schmidt beurteilte die Einsetzung von Stevie Schmiedel so:

Schmiedel ist die vollkommen falsche für ein solches Monitoring, weil ihr dafür die notwendige Distanz fehlt. Sie wäre, wenn sie die Überzeugungen vertritt, mit denen Pinkstinks wirbt, eine Extremistin, die die Darstellung von Geschlechterrollen verbieten will, bei der man also keine Hausfrau Wäsche waschen sehen dürfte ohne einen Wettbewerbsverstoß (!) zu begehen. Ich habe jedenfalls nicht gesehen, dass sie sich von diesem Plänen des Vereins, dessen Vorstand sie ist, distanziert.

Jemand, in dessen Welt die Wäsche waschende Ehefrau bereits Sexismus ist, der einen Wettbewerbsverstoß darstellt (statt einem Ansprechen des typischen Kunden) ist nicht geeignet, eine solche Überwachung durchzuführen.

Es steht dem Staat nämlich gar nicht zu, sich auf diese Weise in die Lebensweise der Menschen einzumischen und die von ihnen durchgeführte Arbeitsteilung als sexistisch abzuwerten, unabhängig davon, ob sie einem passt oder nicht.

Dass Schwesig Personen mit solch radikalen Ansichten zu Wächtern macht ist bedenklich.

Verschieben der Maßstäbe

Und es soll keiner glauben, dass in den Augen dieser Fanatiker noch irgendeine Werbung mit leichtbekleideten Frauen harmlos oder angemessen wäre. Die Maßstäbe werden immer weiter verschoben und dabei gegen „das jeweils schlimmste“ gerichtet, was noch übriggeblieben ist, was inzwischen glückliche, gutaussehende schlanke Frauen sind.

Erinnern wir uns an eine geplante Plakataktion von Pinkstinks (bei Alles Evolution gezeigt): Danach wäre die Reaktion auf eine BH-Werbung „sexy yes“ und die Bewertung „Manche Frauen lieben es, Dessous zu tragen“ – d.h., so eine Werbung wäre nach Pinkstinks 2016 ok.

Im Blog Scheidende Geister wird darauf hingewiesen, dass im Fall des „Osterhöschen“-Fotos ein Bezug zum Produkt eindeutig vorhanden ist:

Der Unterwäschehersteller Palmers postet ein Bild mit Frauen in Unterwäsche. Das ist für einen Unterwäschehersteller keine ungewöhnliche Sache.

Auch Frauen in Unterwäsche zu zeigen, wenn man Werbung für Frauenunterwäsche macht, wird jedoch, wie ebenfalls bei Genderama berichtet, vom Österreichischen Werberat als „herabwürdigend“ und „sexualisierend“ kritisiert. Mir fehlt nur noch eine Reaktion von Pinkstinks selbst, die ins selbe Horn stößt.

Best of Kommentare

Bei Alles Evolution kritisieren die Leser statt Sexismus vielmehr, dass die Frauen zu offensichtlich aus Photoshopistan kommen. In mehreren Artikeln und Kommentaren wird außerdem das „body shaming“ gegenüber schlanken, schönen Menschen kritisiert:

Nadja Hermann alias Erzählmirnix:

Wenn man schlanke Frauen „abgemagert“, „verhungert“ oder kindlich nennt, ist das eine Beleidigung, nicht mehr und nicht weniger.

Alice (bei Alles Evolution):

Was mir immer zu diesem Kindervergleichen einfällt, sei es bei „zu dünn“ oder „zu rasiert“ oder was auch immer … Wenn das reichen würde um wie ein Kind auszusehen, dann hätten wir die Lösung für Pädophile gefunden.

Miria weist darauf hin, dass das body shaming von Frauen kommt:

Warum haben Frauen es nötig, so auf anderen herumzuhacken?
Wie unzufrieden muss man eigentlich mit sich selbst sein, um die Körper anderer Frauen mit solchen sexistischen, beleidigenden Begriffen zu beschreiben?

Christian Schmidt mit einer äußerst vernünftigen Erklärung (bei Fettlogik überwinden):

Es geht eben nicht darum, was tatsächlich gesund oder besser wäre, es geht darum, sich in intrasexueller Konkurrenz aufzustellen.
Den Leuten ist bewußt, dass die Damen auf den Bildern klasse aussehen. Also bleibt nur der Gesundheitsaspekt um sich zu rechtfertigen: Die sind ein schlechtes Vorbild, treiben Kinder in den Magerwahn, Frauen werden zu Objekten gemacht etc.

Assoziation als Maßstab? Da geht noch einiges!

Mehrere Kommentatoren nehmen nehmen die Begründung, das Foto sei allein schon aufgrund einer Assoziation, welche eine (in Zahlen: 1) Person beim Betrachten habe, zu verdammen, ins Visier bzw. aufs Korn:

Dirk M. Jürgens (DMJ) bei Alles Evolution:

Dass „Ich habe beim Betrachten an etwas völlig anderes gedacht, also ist das schlimm!“ jetzt schon als Argument gilt, ist aber ein weiterer Tiefpunkt. Wenn sich jemand beim Anblick der Beklagenden an seine eigene, ihn misshandelnde Mutter erinnert fühlt, bringt das dann sie in die moralische Pflicht, ihr Aussehen zu verändern?

Nick (bei Alles Evolution):

Also wenn ich das Bild sehe denke ich, dass die Frauen gerade einen Mann in ein verfallenes Haus in einer gottverlassenen Gegend honeygetrappt und umgebracht haben. Nun überlegen sie, wie sie am besten die Leiche beseitigen! Ich habe mal zu Agentinnen recherchiert und kenne solche Bilder! Ich weiß, wovon ich spreche, und ihr nicht!

aranxo bei Fettlogik überwinden:

Ein analoges Beispiel zur Verdeutlichung. Ich bin manchmal etwas schräg drauf und deswegen fällt mir bei der Floskel „Grenzen überwinden“ folgendes Bild ein:

(gezeigt werden Wehrmachtssoldaten, die 1939 den Schlagbaum an der polnischen Grenze niederreißen)

Wenn ich jetzt argumentieren würde wie Milborn, würde ich die Floskel „Grenzen überwinden“ als imperialistisch brandmarken, weil ich eben mit meinen Erfahrungen auf diese Assoziation gekommen bin. Und deswegen haben gefälligst alle anderen „Grenzen überwinden“ ebenfalls als imperialistisch zu sehen und gefälligt nie wieder zu verwenden.

Und was das andere angeht: Islamisten produzieren Bilder. Wir produzieren Bilder, die ähnlich aussehen, aber einen komplett anderen Bedeutungsinhalt haben. Wenn wir uns es jetzt versagen, ähnliche Bilder trotz komplett anderen Bedeutungsinhalts zu machen, nur weil der IS ähnliches macht, dann überlassen wir ihm die Handlungsmacht und richten uns nach dem aus, was der IS treibt. D.h. wir sind nicht mehr Herr unserer eigenen Bilder, sondern vom IS abhängig. Und damit lassen wir uns seine Agenda aufdrücken. Was genau war daran nicht zu verstehen?

xyz bei Fettlogik überwinden, an eine Kommentatorin gerichtet:

Was sagen Sie denn zu denen, die Bilder von Moslems sehen und sagen: „Das erinnert mich an meine Recherchen von „menschenverachtenden Terroristen“?

Aber leben Sie gerne weiter in ihrer verbitterten feministisch verseuchten Moralapostel-Gedankenwelt, weil Sie keinen Spaß an den Dingen empfinden können, an denen andere Menschen Spaß haben. Und es gibt halt Frauen, die Spaß an ihrer Figur, ihrer Freizügigkeit und dem Spiel ihrer Reize haben, was in der Natur bei einem Lebewesen, was sich über Sex fortpflanzt auch nicht unnatürlich erscheint.

Und tut mir leid, aber wenn ich Feministinnen sehe oder höre, dann habe ich gewöhnlich aufgrund meiner Recherchen das Bild von asozialen rosinenpickenden Menschenhasserin im Kopf, die allen anderen ebenfalls ihre verbitterten Lebensweisheiten womensplainen wollen.

Und dann ist doch alles in bester Ordnung, dass jeder seine eigenen Vorstellungen über Personen, Situationen und die Welt bildet.

Der „Kampf gegen Sexismus“ ist aufgewärmtes 19. Jahrhundert

Nick (bei Fettlogik überwinden):

Ich finde es recht schwer zu übersehen, dass hier der gute alte Sittlichkeitsdiskurs des 19. Jahrhunderts auf feministisch fortgeführt wird. Und natürlich sind die abgebildeten Frauen „arme Dinger“ – damals hätten die Sittlichkeitsaktivistinnen sie wohl „gefallene Mädchen“ genannt und in Arbeitshäuser sperren lassen – „zu ihrem eigenem Besten“.

Das Bodyshaming besteht nmE vor allem auch darin, dass den Frauen aufgrund ihrer angeblichen „Anpassung an die Schönheitsideale“ – anhand ihrer körperlichen Erscheinung und ohne Ansehen der Person – tendenziell abgesprochen wird, Menschen zu sein, die einen zu achtenden eigenen Willen haben. Sie seien „zu schwach“, um sich gegen „die Schönheitsnormen“ „zu wehren“. Sie werden nicht für voll genommen.

Die Assoziation mit Menschenhandel schlägt dem Fass den Boden aus. Das ist nun wirklich ein unverhohlener Rekurs auf den „white slavery“-Diskurs des 19. Jahrhunderts. Ein Diskurs, mit dem nicht nur grobe Menschenrechtsverletzungen, wie beispielsweise Zwangssterilisierungen, legitimiert wurden, sondern auch einer, der extrem Rassistisch war.

So funktioniert die Ausgrenzung von Minderheiten: Die Männer der Opfergruppe werden dämonisiert, und die Frauen der Opfergruppe werden pädagogisiert. Beides ist aus menschenrechtlicher Sicht brandgefährlich, weil es eben die Idee der Gleichheit an Freiheit und Würde unterminiert.

Ich behaupte, dass _jeder_ mit einem Mindestmaß an Sensibilität anhand der Körperhaltung sofort den Unterschied zwischen dem Bild und Fotos aus dem Menschenhandel erkennen müsste. Die Frauen liegen entspannt beieinander, als ob sie sich über eine Party gestern unterhalten würden. Aber dieser Ausdruck wird eben den Frauen prinzipiell abgesprochen – buchstäblich ohne Ansehen der Person. Ganz abgesehen davon, dass da kein Müll, sondern Zweige in einem sauberem Haus herumliegen.

Wer solche Assoziationen pflegt verrät sehr viel über sich selbst. Und was er oder sie da über sich verrät, hat nun wirklich gar nichts mit einer angeblichen Sensibilität für Menschenhandel zu tun, das ist sehr billige Heuchelei.

Rohrschach

Und zum Schluss noch ein schöner Lacher:

aranxo (bei Fettlogik überwinden):

Lass es mich mit einem Witz ausdrücken (Achtung, nicht jugendfrei):
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Ein Psychiater legt seinem Patienten Tintenklecksbilder vor und bittet ihn, zu sagen, was er darin sieht. Beim ersten Bild sagt der Patient: „Zwei achtjährige Jungen, die sich gegenseitig einen blasen.“ Der Psychiater zieht die Augenbraue hoch, sagt aber nichts. Beim zweiten Bild: „Ein Mann, der einem Esel in den Hintern f….“ Und schließlich beim dritten Bild: „Eine Frau, die einen Akku-Schrauber als Dildo benutzt“ Schließlich meint der Psychiater: „Sie haben aber schon eine sehr ausgeprägte sexuelle Phantasie.“ Daraufhin der Patient: „Was kann ich denn dafür, wenn Sie mir lauter perverse Bilder vorlegen?“
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Das ist genau das, was passiert, wenn Feministinnen auf die Suche nach Sexismus gehen. Sie sehen ihn überall, weil sie ihn überall sehen WOLLEN.

Das war aber noch gar nicht der Lacher, sondern: Diesen Rohrschach-Test… gibt es doch schon längst als Comic! 😀
http://knowyourmeme.com/photos/918973-social-justice-warrior

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Wenigstens ein Lied mit Ostern im Titel…

Marillion: Easter

Warum ich auf den 2. Deutschen Genderkongress hinweise

Kurz und knapp: 2. Deutscher Genderkongress, 13.05.2017, Nürnberg. Die Tagesordnung inklusive den Namen der Referenten erschien vor wenigen Tagen bei Genderama. Auch Alles Evolution hatte auf den Kongress hingewiesen.

Aktualisierung:: Alleine dafür, dass abends der Film „The Red Pill“ gezeigt wird, lohnt sich schon die Teilnahme. Wie konnte ich das nur vergessen zu erwähnen!

Ich ärgere mich schwarz, dass ich an dem Wochenende schon anderweitig verpflichtet bin. Warum ich dennoch einmal gesondert auf den Kongress hinweisen möchte:

Alle halbe Jahre kommt eine Diskussion im Sinne von „Was tun?“ auf. Das Programm dieses Kongress liest sich wie eine Antwort auf „Die Aktiven vs. die Blogger“, denn dort erscheinen eine ganze Reihe Leute, die einerseits aktiv sind und die andererseits bloggen.

Ich finde es geschickt, den Begriff „Gender“ durch so eine Veranstaltung zu kapern. Außerdem ist das ein hervorragender Beitrag für die Aktion „eine Brille für Schwesig„, denn hier wird ein bunter Strauß an Themen angeboten, die Jungen, Männer und Väter betreffen. Die Brille könnte in diesem Fall sogar von einer SPD-Politikern selbst überbracht werden, die im Programm aufgelistet wird – falls sie nicht vorher wieder absagt.

Jetzt zeigen sich auch die Vorteile davon, all die Hetze und Behinderungen aus der Vergangenheit überstanden zu haben: Was soll jetzt noch kommen? Insofern haut Arne Hoffmanns mit seinem Kommentar unter dem Programm genau in die richtige Kerbe.

Aktualisierung: Auch Emannzer empfiehlt die Teilnahme.

Meta

Wer dieses Blog regelmäßig liest, der weiß, dass seit einigen Monaten keine Pingbacks mehr verschickt werden. Eigen-Pings und Pingbacks von anderen Blogs sind hingegen kein Problem. Eine Anfrage beim WordPress-Support wurde sofort scheinbar ausgeblendet oder vom Administrator geschlossen. Allerdings ergab sich ein Hinweis darauf, dass Akismet irrtümlich zu stark filtert. Das würde bewirken, dass es zu Schwierigkeiten kommt – auch beim Kommentieren in anderen Blogs. Ich habe eine Anfrage an Akismet gestellt; mal sehen, was sich ergibt. Vielleicht haben andere Leute ja dasselbe Problem und nun eine Ahnung, was der Hintergrund sein könnte. So geht’s:

Solange du das Fehlverhalten beim Akismet Support nicht anzeigst, wirst du immer wieder Probleme beim Kommentieren auf WordPress Blogs oder hier im Forum haben. Die Prozedur dazu ist relativ einfach:

Akismet Kontaktformular aufrufen
Den Text „All of my comments are being marked as spam“ eingeben
Die Option I think Akismet is catching my comments by mistake anklicken
Die Formularfelder ausfüllen und fertig 🙂

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? J.B.O. kommen aus Erlangen, das ist ja quasi um die Ecke…

J.B.O.: Ein guter Tag zum Sterben

Fundstück: Leszek kritisiert Ulrich Kutschera

Leszek bietet – mal wieder in den Kommentaren bei Alles Evolution – eine interessante Kritik an Ulrich Kutschera. Ich fasse im folgenden die wesentlichen Inhalte mehrerer Kommentare zusammen. Zuvor seien aber noch die die drei genderkritischen Bücher von Biologen aufgelistet, die Leszek erwähnt, denn unabhängig von Leszeks Kritik an Kutschera sollte sich jeder selbst ein Bild bilden können:

  1. Ulrich Kutschera: Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen. Lit-Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-643-13297-0.
  2. Axel Meyer: Adams Apfel und Evas Erbe : wie die Gene unser Leben bestimmen und warum Frauen anders sind als Männer, mit einem Vorwort von Harald Martenstein. München : Bertelsmann 2015, ISBN 978-3-570-10204-6.
  3. Matthias Rahrbach: Warum Frauen eben doch nicht benachteiligt sind. Eine Abrechnung mit dem männerfeindlichen Radikalfeminismus., Verlag Natur und Gesellschaft (Selbstverlag) 2015, ISBN 3-00-050916-X

Zu Ulrich Kutscheras Buch erschien hier im Blog eine Rezension von djadmoros. Ab hier jedoch Leszek:

Ulrich Kutschera ist bestimmt ein guter Evolutionsbiologe und mit seiner Gender-Kritik aus naturwissenschaftlicher Perspektive hat er sicherlich im Wesentlichen Recht.

Aber wieder so ein Schwachkopf, der die Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften pauschal abwertet, von denen er offensichtlich keine Ahnung hat.

So wird das allerdings nichts mit einer gemeinsamen Kooperation gender-kritischer Wissenschaftler über alle Fachgrenzen hinweg, wie sie eigentlich wünschenswert wäre, um die unwissenschaftlichen Gender Studies und das sexistische Gender Mainstreaming wirkungsvoll zu delegitimieren und zurückzudrängen.

Aber gut, ich habe hier [gemeint ist Alles Evolution] ja gelernt: Ein Teil gender-kritischer Naturwissenschaftler oder naturwissenschaftlich Interessierter (Christian [Schmidt] ist von dieser Kritik ausdrücklich ausgenommen) sind hinsichtlich ihrer psychodynamischen Motivation schwerpunktmäßig narzisstisch motiviert, es geht ihnen wesentlich um Selbstaufwertung und Abwertung anderer und nicht wirklich um wissenschaftliche oder politische Anliegen.

(…)

Kutschera sollte m.E. erstmal mehr differenziertes und mehrperspektivisches Denken erlernen, etwas mehr Bescheidenheit entwickeln (wozu gehört nicht lautstark und pauschal wissenschaftliche Disziplinen abzuwerten, von denen er nichts versteht) und ein erwachseneres Sozialverhalten erlernen (wozu u.a. die Erkenntnis gehört, dass wer grundlos gegen andere pöbelt von diesen keine Solidarität zu erwarten hat).

Als Antwort auf die Frage, mit wem innerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften Ulrich Kutschera eine Kooperation suchen sollte (die Frage läßt sich verallgemeinern auf „Biologen, die die Gender Studies kritisieren wollen“):

Erstens natürlich mit solchen gender-kritischen Sozialwissenschaftlern/Geisteswissenschaftlern, die bereits vor ihm gender-kritische Texte aus ihren eigenen Fachperspektiven publiziert haben.

Und zweitens wäre es in pragmatischer Hinsicht sehr sinnvoll gewesen, wenn Ulrich Kutschera und Axel Meyer – als die neben Matthias [Rahrbach] einzigen Biologen, die bislang gender-kritische Bücher publiziert haben, denn auch Naturwissenschaftler halten sich mit entsprechender Kritik zurück – Wert darauf gelegt hätten, in einer Art und Weise aufzutreten und ihre Bücher so zu gestalten, dass die naturwissenschaftliche Kritik an Gender Studies und Gender Mainstreaming auch für Geisteswissenschaftler und Sozialwissenschaftler bzw. daran Interessierte interessant, zugänglich und verständlich wird.

Diese Chance haben sie leider vertan. Hätten die beiden ihre Arroganz mal gezügelt und hätten z.B. ihre Bücher von gender-kitischen Sozialwissenschaftlern/Geisteswissenschaftlern Korrektur lesen lassen, dann hätten nicht nur Fehler und Argumentationsschwächen vermieden werden können, die auftreten, sobald sie ihre eigenen Fachgebiete verlassen, sondern ihre Bücher hätten auch auf eine erweiterte Zielgruppe abgestimmt werden können.

So schreiben sie halt nur für die ohnehin Überzeugten.
Der naturwissenschaftliche Narzissmus verhindert also die pragmatische Wirksamkeit. Und das ist ja u.a. das Interessante mit den irrationalen Psychodynamiken – ihre pragmatische Dysfunktionalität.

Da schreiben Naturwissenschaftler endlich mal gender-kritische Bücher und anstatt nun das Naheliegende zu tun – die Kooperation mit Sozialwissenschaftlern/Geisteswissenschaftlern, die ebenfalls aus ihrer eigenen Fachperspektive heraus Gender Studies und Gender Mainstreaming kritisch beurteilen, zu suchen sowie ihr eigenes öffentliches Auftreten und ihre Bücher auch auf Geisteswissenschaftler/Sozialwissenschaftler bzw. daran Interessierte als Zielgruppe abzustimmen, folgen sie lieber unreflektiert unreifen egozentrischen Impulsen. Die eigene naturwissenschaftliche Grandiosität zu betonen und andere wissenschaftliche Disziplinen, mit denen sie sich nicht auskennen, pauschal abzuwerten ist ihnen in motivationaler Hinsicht offenbar wichtiger als der pragmatische Erfolg der Sache, um die es doch eigentlich gehen sollte.
Schon interessant, wenn Leute, die ihre eigene Rationalität so stark hervorheben, gleichzeitig entsprechend irrational agieren. Vielleicht sollten sie sich in psychologischer Hinsicht auch mal ein bißchen mit Psychoanalyse befassen anstatt nur mit evolutionärer Psychologie.

Zum Vorwurf der fehlenden Kritik an den Gender Studies innerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften:

Erstens reißen sich auch Naturwissenschaftler nicht gerade darum gender-kritische Texte zu publizieren. Bevor Axel Meyer, Ulrich Kutschera – und Matthias [Rahrbach] nicht zu vergessen – ihre Bücher dazu herausgebracht haben, gab es im deutschsprachigen Raum wissenschaftliche Veröffentlichungen, die Kritik an Gender Studies und Gender Mainstreaming beinhalten, m.W. nur in Schriften jener Geisteswissenschaftler und Sozialwissenschaftler, welche männerrechtliche Anliegen aus humanistischer Perspektive unterstützen.
Das ist dann aber natürlich Kritik speziell aus geisteswissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Perspektive und es ist schon sinnvoll dies auch durch Kritik speziell aus naturwissenschaftlicher Perspektive zu ergänzen, nur sollte letztere dann idealerweise auch über den Kreis der ohnehin Überzeugten hinaus vermittelbar sein.

Warum Kritik an den Gender Studies in den Sozialwissenschaften/Geisteswissenschaften bislang nicht häufiger ist, hatten LoMi und ich in der Vergangenheit ja schon einmal speziell am Beispiel der Soziologie versucht zu erklären:

https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2016/02/17/fundstueck-leszek-zu-der-frage-warum-soziologen-so-selten-gender-studies-kritisieren/

(Siehe auch den ersten Kommentar unter dem Text.)

Um dies zu analysieren – und möglichst zu ändern – braucht es aber auf Kenntnissen beruhende, um Objektivität bemühte und rationale Analysen, das Grandiositätserleben irgendwelcher Naturwissenschaftler ist da weder erkenntnis- noch zielfördernd.

(…)

Warum die Gender Studies meiner Ansicht nach unwissenschaftlich sind und von den Universitäten entfernt werden sollten, hatte ich in der Vergangenheit z.B. hier kurz zusammengefasst:

https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2016/08/04/gastartikel-leszek-zu-der-frage-ob-gender-studies-unwissenschaftlich-sind/

Dabei versuche ich aber die wesentliche Kritik an Gender Studies und Gender Mainstreaming aus den drei Perspektiven zu verknüpfen, also die geisteswissenschaftliche, sozialwissenschaftliche und naturwissenschaftliche Gender-Kritik.
Je mehr man alle drei Perspektiven einbezieht, desto stärker, fundierter und umfassender wird potentiell die Kritik und desto eher ist es möglich bezüglich aller drei Bereiche interessierte Personen anzusprechen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Don’t know much biology“ – klar, dass ich angesichts dieser Zeile an dieses Lied denken musste…

Sam Cooke: What A Wonderful World

Fundstück: Leszek gegen die Theorie, dass die Leute nicht mehr heiraten

Öfters ist die These zu lesen, dass die junge Generation immer weniger heiratet. Dagegen argumentierte Leszek bei Alles Evolution und nannte entsprechende Veröffentlichungen als Quellen.

Die Kurzfassung:

Die Mehrheit der Männer und Frauen hat nicht nur ein Bedürfnis nach wechselnden Partnern, sondern auch ein Bedürfnis nach der Liebe, Geborgenheit und Unterstützung, die eine dauerhafte Beziehung gewährt. Auch dies ist ein bei beiden Geschlechtern vorhandenes Bedürfnis.
(…)
Die große Mehrheit der jungen Deutschen präferiert also dauerhafte Beziehungen bei gleichzeitiger Gewährung von Freiräumen. Dies – und nicht die Ablehnung dauerhafter Beziehungen – ist die Grundtendenz der meisten Deutschen der jüngeren Generationen bezüglich partnerschaftlicher Beziehungen.
(…)
Trotz aller vorhandenen gegenläufigen Tendenzen: Ehe und Familie sind in Deutschland kein Auslaufmodell.

Die Langfassung:

Die Interessen der Geschlechtern sind vielschichtig, enthalten widersprüchliche und gegenläufige Tendenzen und sind keinesfalls damit auf einen Nenner zu bringen, dass Frauen und Männer an sich einfach nicht zusammenpassen und es ohne Repression keinen Familien geben könne.

Die Mehrheit der Männer und Frauen hat nicht nur ein Bedürfnis nach wechselnden Partnern, sondern auch ein Bedürfnis nach der Liebe, Geborgenheit und Unterstützung, die eine dauerhafte Beziehung gewährt. Auch dies ist ein bei beiden Geschlechtern vorhandenes Bedürfnis.

Mal ein paar Zitate zum Forschungsstand der Beziehungs-, Ehe- und Familienforschung:

„Traut man aktuellen Umfrageergebnissen – amtliche Daten liegen nicht vor – , so liegt der Anteil der echten Partnerlosen im traditionellen Familienlebensalter (unter den 30 – 59-Jährigen) inzwischen bei ca. 20 Prozent mit leicht ansteigender Tendenz.“

(aus: Rüdiger Peuckert – Das Leben der Geschlechter. Mythen und Fakten zu Ehe, Partnerschaft und Familie, Campus, 2015, S. 24)

Trotz der leicht ansteigenden Tendenz also eine klare Minderheit.
„Ist Partnerlosigkeit eher gewollt oder ungewollt? (…) In der Studie von Gunter Schmid und seinem Forscherteam fällt (unter den Partnerlosen) in allen Generationen der hohe Prozentsatz – je nach Generation zwischen 35 und 45 Prozent – der Ambivalenten auf (Schmid u.a. 2006). Einerseits, so ergab die Befragung besteht der Wunsch nach Nähe, Geborgenheit und Rückhalt, andererseits genießt man die eigene Unabhängigkeit und will sich nur ungern einschränken.“

(aus: Rüdiger Peuckert – Das Leben der Geschlechter. Mythen und Fakten zu Ehe, Partnerschaft und Familie, Campus, 2015, S. 27)

„ Den Partner zu lieben und ihm Freiräume zu gewähren – das sind nach Ansicht junger Deutscher die Schlüsselkomponenten einer guten Beziehung. Eine Partnerschaft funktioniert gut, wenn man dem anderen Freiräume lässt, meinen 98 Prozent der der vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Befragten 20 – 39-Jährigen“ (BiB , Grafik des Monats August 2014).

(aus: Rüdiger Peuckert – Das Leben der Geschlechter. Mythen und Fakten zu Ehe, Partnerschaft und Familie, Campus, 2015, S. 28)

Die große Mehrheit der jungen Deutschen präferiert also dauerhafte Beziehungen bei gleichzeitiger Gewährung von Freiräumen. Dies – und nicht die Ablehnung dauerhafter Beziehungen – ist die Grundtendenz der meisten Deutschen der jüngeren Generationen bezüglich partnerschaftlicher Beziehungen.

Wie sieht es konkret mit Familien mit Kindern aus?

„Wie hoch ist der Anteil von Menschen, die (noch) in Familien leben? Immer wieder kann man in Medienberichten lesen, die „Normalfamilie“ sei bereits in der Minderheit. (…) Aber häufig beruhen solche Aussagen auf einer Fehlinterpretation statistisch-demographischer Daten. Statistiken über Haushaltsformen zeigen, dass die Kategorie „ Ehepaare ohne Kinder“ inzwischen einen relativ hohen Anteil ausmacht, sogar höher als die Kategorie „Ehepaare mit Kindern“. 2003 stieg der Anteil der Ehepaare ohne Kinder im Haushalt erstmals auch in Westdeutschland über den von Ehepaaren mit Kindern (in Ostdeutschland schon 1999). Nur noch etwa ein Viertel aller deutschen Haushalte ist ein Familienhaushalt (im Sinne von: Paare mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt).
Das lässt auf den ersten Blick den Schluss zu, Familienhaushalte seien nur noch eine Minderheit, „Ehepaare ohne Kinder“ sei die relativ häufigste Lebensform – und meist implizit, aber durchaus auch explizit wird suggeriert, es handle sich dabei um kinderlose Elternpaare. Aber das ist natürlich falsch. In der Haushaltsstatistik sind als „Ehepaare ohne Kinder“ alle Ehepaare gezählt, bei denen aktuell keine Kinder im Haushalt wohnen. Und weil die Menschen immer länger leben, steigt der Anteil der älteren Ehepaare, deren Kinder längst den Haushalt verlassen und einen eigenen gegründet haben. In einer personenbezogenen Perspektive zeigt sich, dass die Mehrheit der Bevölkerung immer noch in Familienhaushalten mit Kindern leben. Ihr Anteil lag im Jahre 2005 – wenn auch bei rückläufiger Tendenz – bei 53 Prozent. Die Rückläufigkeit hat mehrere Gründe. Neben dem Geburtenrückgang gehört auch die gestiegene Lebenserwartung dazu. Dies senkt den Anteil der Familienhaushalte (…). Darüber hinaus zeigt die Haushaltsstatistik nur eine Momentaufnahme. Man müsste wissen, wie lange und in welchen Lebensphasen Menschen sich in dieser oder jener Lebensform befinden. Dafür gab es bis vor kurzem keine statistischen Daten, doch das Problem ist erkannt, und die Lebensverlaufsforschung beginnt, diese Lücken zu schließen.“

(aus: Günter Burkart – Familiensoziologie, UTB, 2008, S. 28 f.)

„Was wir immerhin aus der Statistik wissen, ist das erstaunliche Faktum, dass die Ehedauer zugenommen hat. Die durchschnittliche Ehedauer lag im Jahre 2004 bei mit 26,8 Jahren um 2, 9 Jahre höher als 1991. Das überrascht, wenn man an den Aufschub der Eheschließung und den Anstieg der Scheidungsquote denkt. Die Erklärung ist auch hier in der erhöhten Lebenserwartung zu suchen.
Immerhin könnte der Eindruck entstehen, Ehe und Familie seien zumindest bei den jungen Erwachsenen bereits zur Lebensform einer Minderheit geworden. Vergleicht man aber die Anteile von nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit denen von verheirateten Paaren in verschiedenen Altersgruppen, dann findet man selbst unter den jungen Erwachsenen bereits mehr verheiratet zusammenlebende als nichteheliche Paare.“

(aus: Günter Burkart – Familiensoziologie, UTB, 2008, S. 35)

„Das Ausmaß der Ehescheidungen ist schwieriger zu belegen als man meinen könnte. Die Aussage, dass heute immer mehr Ehen nicht durch Verwitwung, sondern durch Scheidung aufgelöst werden, ist sicher richtig, obwohl sie sich strenggenommen mit den Maßzahlen der Demografie nicht belegen lässt, jedenfalls nicht für die letzten Jahre. Denn dafür müsste man zum Beispiel wissen, wie hoch die Anteile der Verwitwungen und der Scheidungen bei den 1980, 1990 oder 2000 geschlossenen Ehen sind. Das wissen wir jedoch für jene Ehen aus diesen Jahren noch nicht, die noch intakt sind, – und das ist die Mehrheit. Zumindest in langfristiger Perspektive ist aber klar, dass der Anteil der durch Scheidung aufgelösten Ehen steigt, was sich nicht nur mit einer erhöhten Scheidungsbereitschaft (…) erklären lässt, sondern zu einem nicht unerheblichen Ausmaß auch mit der gestiegenen Lebenserwartung , weil dadurch die Ehedauer ansteigt und damit auch das Scheidungsrisiko.“

(aus: Günter Burkart – Familiensoziologie, UTB, 2008, S. 59)

„In der Öffentlichkeit wird gern gesagt: „Jede dritte Ehe wird heute geschieden“, oder auch: „Zwei von fünf Ehen werden geschieden.“ Solche Aussagen beziehen sich auf die einfache Periodenmaßzahl, bei der die Zahl der Ehescheidungen im Laufe eines bestimmten Jahres auf die Zahl der Eheschließungen im gleichen Zeitraum bezogen wird. Die zitierten Äußerungen sind insofern Vereinfachungen. Erst wenn dieses Verhältnis über einen längeren Zeitraum hinweg konstant bliebe, ließe sich eine Aussage über die Entwicklung der Ehe machen. Demgegenüber zeigen Kohortendaten, dass das Ausmaß an Scheidungen bisher meist überschätzt wird.“

(aus: Günter Burkart – Familiensoziologie, UTB, 2008, S. 60)

Diese Aussagen aus der familiensoziologischen Forschung mal als Beispiele für die tatsächliche Komplexität, die man bei solchen Themen in wissenschaftlicher Perspektive zu berücksichtigen hat und die nicht einfach nur aus ein paar Phrasen aus Evolutionärer Psychologie oder gar PU abgeleitet werden kann.
Trotz aller vorhandenen gegenläufigen Tendenzen: Ehe und Familie sind in Deutschland kein Auslaufmodell.

Es stimmt natürlich, dass man Ehe und Familie durch starre traditionelle Geschlechterrollen und sexuelle Repression künstlich stabilisieren kann. Das funktioniert aber nur auf Kosten einer freiheitlichen und auf den Menschenrechten beruhenden Gesellschaft, also auf Kosten der kulturellen Moderne. Wer keinen Rückfall in die archaischen mythologischen Systeme der Prämoderne wünscht, wer die moderne Gesellschaft und ihre Errungenschaften erhalten will, der wird andere Lösungen finden müssen als starre traditionelle Geschlechterrollen und sexuelle Repression um Ehe- und Familienstabiltät zu fördern und dazu gehört mindestens Gerechtigkeit für beide Geschlechter im Ehe- und Familienrecht in Theorie und Praxis.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Darf als Lied beim Thema Familie natürlich nicht fehlen…

Sister Sledge: We Are Family

Fundstück: Feministinnen und kellnern

In letzter Zeit bin ich dem Thema „Feminismus und als Kellnerin arbeiten“ mehrfach begegnet:

In den USA wurde eine Kellenerin entlassen, weil sie die Gäste mit ihrer Weltanschauung belästigte (gefunden via Genderama). Bei Alles Evolution wird der Fall etwas detaillierter besprochen und wenn man sich manche zitierte Äußerung durchliest, wird einem auch klar, dass das keine liebe, nette Feministin der Sorte „Frauen stark machen“ war, sondern eine Männerhasserin.

In Deutschland kündigte eine Feministin ihren Job als Kellnerin, weil sie mit den Arbeitsumständen nicht klar kam (ebenfalls gefunden via Genderama). Dazu gehörten solche Details wie dass sie eine schwarze Bluse als Frauen-Arbeitskleidung anziehen sollte oder dass sie ein Schild nicht beschriften wollte, nur weil ihre Schrift als besönders schön empfunden wurde. Das Blog Scheidende Geister hat den Artikel näher besprochen.

Drittens und diesmal fiktiv schreibt Barbara aus Slowenien das Tagebuch einer Feministin:

Barbara4u2c: Diary of a conflicted feminist

(Die Dame war übrigens auch schon einmal bei Alles Evolution vertreten.)

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „You were working as a waitress in a cocktail bar“ – so beginnt das folgende Lied.

The Human League: Don’t You Want Me

Warum ich mich über 400.000 Männer und 40.000 Frauen freue

Die Studie des BMFSFJ, Männer-Perspektiven: Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung? (PDF), wurde unlängst bei Genderama zweimal und dann noch heute bei Alles Evolution zum Thema gemacht. Die zitierten Aussagen sind tatsächlich dazu geeignet, Hoffnung zu machen.

Der „engere Kern des Maskulismus“ mache aber nur etwa ein Prozent der männlichen Bevölkerung aus.

Arne Hoffmann kommt dadurch auf ca. 400.000 Männer – und das ist wohlgemerkt nur der harte Kern! Später werden noch 0,1% der Frauen genannt. Also kommen noch einmal 40.000 Frauen hinzu.

Der Fehler der Studie: Man wollte den Maskulismus kleinreden durch solche mageren Prozentangaben, übersah dabei aber, dass dabei immer noch große absolute Zahlen herauskommen. Ich erinnere mich an einen ähnlichen Fall, erwähnt in einem CCC-Video (ich meine mit Martin Haase… oder Fefe?). Regierung oder Geheimdienst wollte die Bevölkerung in Sicherheit wiegen mit der Angabe, 99% der Bürger in Deutschland würden ja nicht abgehört. Leider entspricht das noch immer einer komplett abgehörten Großstadt. Auch spätere Korrekturen (99,9% oder 99,99%) ergaben zu hohe Fallzahlen.

Gemeint war: Das sind ganz wenige! In Wahrheit ist das schon eine gefährliche Menge. 1% können sich übers Internet organisieren. Der Effekt für einzelne Versprengte kann sein: Oh, ich bin nicht der einzige.

Letzten Endes stünde auch die allergefälligste Studie vor dem Problem, das Doppeldenk im Weltbild der Auftraggeber zu bedienen: Einerseits gehört dazu „Jeder mit gesundem Menschenverstand ist für uns“, andererseits „Wir werden von Männerhorden bedroht, die uns auf offener Straße guten Tag wünschen.

Diese Männer sähen in der Gleichstellungspolitik nur ein Synonym für die unnötige Frauenförderung.

Das liegt nur daran, dass sie es bis jetzt gewesen ist. Ich würde statt „unnötig“ lieber „einseitig“ verwenden.

Genderstudien – also Studien, die sich mit gesellschaftlichen Rollenbildern von Frauen und Männern auseinandersetzen – würden von dieser Gruppe kategorisch als „pseudowissenschaftlich“ und „ideologisch“ eingestuft.

Herzlichen Glückwunsch, richtig erkannt! Es ist nichts gegen eine echte Geschlechterwissenschaft einzuwenden – sie muss nur wissenschaftichen Ansprüchen genügen, also in diesem Fall die Biologie als Grundlage, nicht als konkurrierende Lehre oder Irrglauben sehen und ohne ideologische Scheuklappen durchs Leben gehen.

Gleichzeitig begreift die Mehrheit der Männer das Thema „Gleichstellung“ symmetrisch: Aus ihrer Sicht muss Gleichstellungspolitik gleichgewichtig die Gleichstellung von Frauen wie die Gleichstellung von Männern in den Blick nehmen. Das verlangt, nicht einfach nur die verschiedenen Themen der Frauen-Gleichstellung auf Männer zu übertragen, zu spiegeln oder „männlich zu deklinieren“, sondern einen eigenen neuen Blick zu entwickeln für die Bedürfnisse und Anliegen von Männern in ihrer Vielfalt heute. So sind 60% der Männer der Auffassung, dass sich Gleichstellungspolitik noch nicht ausreichend mit den Anliegen der Männer befasst.

Beachtlich, dass diese Einstellung so klar gebracht wird. Das ist die Kernüberzeugung von dem, was unter Männerrechten und Maskulismus vertreten wird.

Am häufigsten äußern junge Männer (68 %; besonders stark 26 %) den Wunsch nach einer offensiveren, differenzierten und systematischen Gleichstellungspolitik für Männer. Hier zeigt sich ein Generationeneffekt: Von den älteren zu den jüngeren Altersgruppen steigt der Anteil derer, die eine Gleichstellungspolitik für die Anliegen der Männer fordern, von 47% auf 68 %.

Bonus: Gerade die jüngeren Männer sehen das so. Also kein „alte Männer“-Bashing möglich. Hier ist er, der neue Mann!

Überhaupt, dass sich 60% der Männer gegen Gleichstellung aussprechen, obwohl diese Position in den Massenmedien und dem öffentlichen Diskurs als „rückständig“ oder „nazigleich“ verkauft wird. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass das eine gefällige Studie sein sollte… man kann das zwar noch so drehen, dass plötzlich „60% der Männer rückständige Nazipositionen unterstützen, diese bösen Männer mal wieder“, aber es bleibt doch der Eindruck, dass diese Propagandaschlacht trotz Dauerbeschallung verloren wurde. Im übrigen: So sieht das aus, wenn die eigene Persönlichkeit kein zartes Pflänzchen ist, die sich vom Gerede der Umgebung beliebig formen läßt.

Die gute Nachricht lautet also: Selbst in Veröffentlichung des ideologischen Gegners läßt sich anscheinend nicht mehr verschweigen, dass es auch Leute gibt, die die Welt ganz anders sehen, und einige der Positionen werden sogar korrekt wiedergegeben.

Selbst solche Teilerfolge sind begrüßenswert: Als Erzählmirnix einen eher weniger gelungenen Comic veröffentlichte, führt das laut den Kommentaren bei Alles Evolution dazu, dass überhaupt einmal Leute auf Maskulismus aufmerksam wurden. Die neugierigen, offenen, vielleicht auch ein wenig unzufriedenen, geistig hungrigen Leute sind die, die man zuerst erreichen kann!
Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Egal, was die ganze Studie sagt – von diesen Ausschnitten habe ich gute Laune! Ich lass mir das Leben nicht verdrießen!

Nik Kershaw: I Won’t Let The Sun Go Down On Me

Fundstück: keppla über den unterschiedlichen Deal bei Männer- und Frauengruppen

Bei Alles Evolution wurde ein Interview mit vier jungen Männern diskutiert. Dabei stellt keppla folgende These auf:

Etwas überspritzt [sic!] scheint mir der „Deal“ bei Männergruppen zu sein „Solange du nützlich bist, kannst du sein was du willst“ und der von Frauengruppen „Solange du bist wie wir musst du nicht nützlich sein“.

Ganz interessant als Gedankenspiel. Auch wenn ich Aussagen von der Allgemeinheit „alle Männer“ / „alle Frauen“ für zu weit gefasst halte (denn soviel haben alle Angehörigen eines Geschlechtes nicht gemeinsam), kann man es zumindest für einen Teil in Betracht ziehen.

Tatsächlich sind Männer einer Verwertungslogik unterworfen: Schon Jungen lernen, dass sie nützlich sein müssen (und ordentlich verdienen).

Bei Frauen wird ein sogenannter Krabbenkorbeffekt mindestens diskutiert: Niemand soll aus der Reihe tanzen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Google spuckte mir dieses Video als ersten Treffen zur Suche „boys and girls“ aus – hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm.

will.i.am: Boys & Girls ft. Pia Mia

Warum ich lieber Alice Greschkow lese als das Austin Institute gucke

Ich hatte Alice Greschkow ein wenig aus den Augen verloren. In den Kommentaren bei Alles Evolution wurde ein neuerer Artikel von ihr erwähnt, auf den es sich lohnt, einzugehen.

Ausgangspunkt ist das folgende Video. Es war schon einmal Thema bei Alles Evolution. Ich halte es in vielen Punkten kritisierenswert und ich habe das ausführlich dort in den Kommentaren gemacht.

The Austin Institute: The Economics of Sex

Ich möchte jetzt nicht jeden Halbsatz von Alice Greschkow auseinandernehmen, sondern lieber auf einige interessante Punkte eingehen. Auch sie sieht das Video kritisch, findet aber ebenfalls einige Teilwahrheiten oder bedenkenswerte Fragen.

Tatsächlich erkannte ich jedoch einige Muster wieder – Männer, die das Interesse an einer Frau verlieren, wenn es „zu früh“ zum Sex kam, Frauen, die mit Anfang 30 nach einem festen Partner suchen, aber langfristige Schwierigkeiten mit Dating haben.

Lebensweisheit: Wenn ein Mann nach dem Sex das Interesse an einer Frau verliert, dann hatte er von Anfang an nur Interesse an Sex, nicht an ihr. (Insofern auch keine verpasste Gelegenheit für eine Beziehung.)

Von einer Frau Anfang 30 würde ich in Nord- und Westeuropa erwarten, dass sie schon beziehungserfahren ist, dass sie beruflich einigermaßen die Weichen gestellt hat und eine Ahnung hat, wo die Reise in den nächsten fünf Jahren hingehen soll. Einer Frau Anfang 30, die noch nicht weiß, was sie will, würde ich skeptisch gegenüberstehen und sie nicht für eine Partnerschaft in Erwägung ziehen. Es gibt einfach im Vergleich dazu zu viele, die ihren Kram beisammen haben.

Ich fand es bis vor wenigen Jahren zu hart geurteilt, muss aber inzwischen zustimmen: Die besten Jahre einer Frau, was die äußere Attraktivität angeht, gehen mit den 20ern zuende. Schauspielerinnen, Sängerinnen und Fotomodelle sind kein Maßstab für Normalsterbliche. Natürlich gibt es welche, die sich gut halten, die in späteren Jahren mehr Stil haben oder die charakterlich gefestigter sind – und ja, am Ende kommt es auf die Kombination an. Aber für das „reine“ Flirten kommt es eben doch sehr stark aufs Aussehen an.

Eine düstere Interpretation wäre, dass man als Frau immer den Kürzeren gezogen hat

Ich kann es nur begrüßen, dass Alice Greschkow dieser These eine klare Absage erteilt. Glücklich wird man damit nämlich nicht.

Tatsächlich schwirren beide Komponenten seit Jahren durch die Diskussion: War jetzt die moderne Dating-Welt eine Befreiung für Frauen oder eine unnötige Härte? Präsentiert wird dabei gerne die Version der Erzählung, bei der die Frau einen Nachteil erleidet. Das ist natürlich eine sichere Anleitung zum Unglücklichksein, und es kann auch so nicht stimmen.

Wenn man schon wirtschaftlich in emotionalen Angelegenheiten argumentieren möchte, könnte man ebenfalls dafür plädieren, dass durch das hohe Angebot, die möglichst besten Partner zueinander finden, die aufgrund echten Interesses und nicht wegen Kosten-Nutzen-Abschätzungen und Schwangerschaft zusammenbleiben. Angebot schafft die Freiheit, sich den Partner zu suchen, mit dem man eine erfüllte Beziehung führen kann und – evolutionär betrachtet – mit dem man die höchste Wahrscheinlichkeit aufweist, gesunde Nachkommen in die Welt zu setzen.

Richtig. Man muss an dieser Freiheit nur aushalten können, dass dann eben mehr Frauen und Männer alleine bleiben. Es hat seine Vor- und Nachteile, aber es ist nicht der Untergang des Abendlandes.

Dass Menschen allerdings schwer mit Freiheit umgehen können, hat wenig mit Wirtschaftslogik zu tun, sondern mit der modernen Gesellschaft, in der man zwar von Optionen überschwemmt ist, aber nicht lernt, wie man verantwortungsbewusste Entscheidungen entsprechend seiner eigenen Bedürfnisse trifft.

Ach, wie tut das gut, zu lesen, dass die Leute verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen müssen! Das ist ein ganz wichtiger Baustein gegen das ewige Klagen über „das Patriarchat“, „die Gesellschaft“, das Feindbild weißer Mann usw., die einen unterdrücken.

Ich muss zugeben, dass ich diesen Drang nach fester Bindung bereits in meinem Umfeld beobachten kann, was aber meines Erachtens auch daran liegt, dass es kein weibliches Pendant zum zufriedenen Junggesellen gibt. Die Frau, die mit 40 eine gute Karriere hat, gilt als alte Jungfer, während ihr männlicher Altersgenosse positiver konnotiert wird – zumindest im westlichen Kulturkreis. In osteuropäischen Ländern ist das Fehlen eines Partners ab einem bestimmten Alter auch bei Männern gesellschaftlich sanktioniert.

Das kenne ich genau umgekehrt: Eine Frau mit 40, die alleine ist, aber Karriere gemacht hat, gilt als modern – ein heterosexueller Mann, der dasselbe geschafft hat, gilt als Versager, weil er keine Frau an sich binden konnte. Ich hatte ja noch vor ein paar Tagen zitiert, wie sehr Singles zur Zielscheibe von Spott werden. Junggesellen zu beschämen („Hagestolze“) fügt sich ein in die 200-jährige Tradition der Moderne, Männern alles Schlechte zuzutrauen und sie daher alleine als unvollständig, verroht anzusehen (Christoph Kucklick).

In Osteuropa sind die Karten anders verteilt. Der Druck auf eine Frau, einen Mann zu finden, ist deutlich höher. Gleichzeitig ist – so zynisch es klingt – aufgrund der deutlich höheren Suizidraten unter Männern in einigen Ländern das Angebot an „tauglichen“ Männern auch knapper. Beides macht die Situation auf dem Partnermarkt für einen gesunden Mann mit solidem Einkommen im Vergleich zur Lage im Westen leichter.

Ein Bekannter von mir brachte es gut auf den Punkt: „Ihr Frauen arbeitet in guten Jobs, reist, seid viel unterwegs, feiert und habt selbstbestimmt Sex – ihr lebt wie ein Mann ohne Familie und den würdet ihr wegen dieses Lebensstils doch nicht auch bemitleiden, oder?“

Das ist mein Lieblingsteil im Artikel. Matze hatte ihn schon bei Alles Evolution zitiert, was mich überhaupt erst auf diesen Beitrag aufmerksam machte.

Es ist tatsächlich so: Wenn das die Situation einer Frau in Nord- und Westeuropa wiedergibt, hat sie keinen Grund zu klagen. Die meisten Männer würden jedenfalls gerne mit ihr tauschen. Wenn mir eine Frau Anfang 30 erzählen würde, sie wäre in dieser Lage und unzufrieden, weil sie allein sei, dann würde ich als erstes fragen, was sie denn in den Jahren davor gemacht hat. Nicht, dass es darauf keine gute Antwort gibt – ich würde sie nur gerne hören.

Also, das Video vom Austin Institute ist und bleibt merkwürdig, auch wenn es einige Anregungen zur Diskussion bietet. Alice Greschkows Texte kann ich nach wie vor entspannt lesen, ohne dass ich ihr in jedem Punkt zustimmen müsste.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Austin, nicht Aspen! 😀

Blake Shelton: Austin

Fundstück: crumar über MGTOW und den Mythos der notwendigen Vervollständigung

In einer Diskussion bei Alles Evolution über Beziehungen kam die Sprache auf Spott gegenüber Singles und „men going their own way“. Dabei kam es zu einem äußerst erhellenden Kommentar, nach dessen Lesen ich hellwach war.

Zunächst führe man in the middle (mitm) an:

Gespottet wird über Singles ganz generell, auch außerhalb dieses Blogs. Ich hatte auf meiner Seite, die die Definitionen von MGTOWs vs. PUAs vs. Maskulisten vergleicht, ziemliche Probleme, MGTOWs von „normalen“ freiwilligen Singles abzugrenzen. Die Argumente, keine Beziehungen einzugehen, sind ziemlich ähnlich, die gesellschaftliche Ablehnung ebenfalls.

(Der Artikel von mitm ist, wie so oft, in Gänze lesenswert.) Darauf antwortete crumar mit einer längeren Ausführung:

Die Abgrenzung zwischen Singles und MGTOW ist relativ einfach.

Die vorherrschende – und überwiegend gewollte – Lebensweise in unserer Gesellschaft ist die in einer heterosexuelle Paarbeziehung zwischen männlichen und weiblichem Geschlecht im Rahmen einer (in der Regel: seriell-monogamen) Partnerschaft, d.h. mit wechselseitiger sexueller Exklusivität.

Endet eine dieser (seriell-monogamen) Beziehungen, so entlässt die Paarbeziehung quasi ihre Kinder. 😉

Bei den männlichen respektive weiblichen *Singles* entsteht recht bald der Wunsch, sich auf die Suche nach dem Kandidaten / der Kandidatin für die nächste Paarbeziehung zu machen.

Bei *MGTOW* hingegen existiert dieser Wunsch aus einer Vielzahl an Gründen *nicht*, die hier auch im Forum genannt worden sind. Als MGTOW die eigenen Interessen, Bedürfnisse und Ziele in den Mittelpunkt zu stellen, eben als Mann „seinen eigenen Weg zu gehen“, kann mit einer Paarbeziehung kompatibel sein, in der Regel ist das nicht.

Viele MGTOW empfinden kein Verlust, „da ich sehr gut alleine leben kann“, wobei ohne Paarbeziehung auskommen nicht heißt, ohne Freunde und Freundinnen zu leben.

MGTOW schätzen ein, nicht mehr die „nötige Kompromissbereitschaft für eine Beziehung“ aufbringen zu können oder zu wollen, vor allem in Sachen gemeinsamer Freizeitgestaltung.

Konzentration auf Beruf oder Karriere machen es schwer vorstellbar für MGTOW, dies mit einer Paarbeziehung unter einen Hut zu bekommen.

Da Männern in der Beziehungssuche der aktive Part obliegt, wird seitens MGTOW im Rahmen einer Kosten-Nutzen Kalkulation der „nötige Aufwand“ dafür in Frage gestellt, zumal mit Blick auf den verfügbaren „Pool an Frauen“.

Das ist der pragmatische Part.

Warum MGTOW als historischer Nachfolger der „Hagestolze“ angesehen werden können, die mit zahlreichen „shame tactics“ sich ihrer selbst gewählten Lebensform zu rechtfertigen haben, ist eigentlich leicht nachzuvollziehen, denn wir sind eine Provokation.

Der Klassiker der Hollywood-Klischee Sätze – der selbstverständlich für Frauen geschrieben worden ist und den die Bauchredner-Puppe namens Tom Cruise plappern durfte – lautet:

DU VERVOLLSTÄNDIGST MICH!

Damit artikuliert der Mann seine *Halbfertigkeit*, die der weiblichen *Ergänzung* und *Vollendung* bedarf, *erniedrigt sich* und stellt die Frau *auf ein Podest*.
Frau ™ als *Errettung und Erlösung* aus seiner männlich unzivilisierten Existenz in eine Paarbeziehung. Amen.

In der bspw. die Unbeholfenheit im Umgang mit den *eigenen Gefühlen* für den Mann *nicht* Anlass ist, diese besser kennen und artikulieren zu lernen.
Sondern der sie der Frau überlässt, welche daraus eine „emotionale Arbeit“ macht, die sie legitimiert in einer Paarbeziehung zu leben, in der sie alle Wahlmöglichkeiten für ihren weiteren Lebensweg hat.
Deshalb ist „Bindungslosigkeit“ ein sehr ernstes Thema auch für Feminin-istinnen – zumindest wenn Männer als „bindungslos diagnostiziert werden, denn dies schadet gerade, insbesondere und vor allem Frauen, wenn *Männer* zu „strong and independent“ sind.

Männer sind in Sachen *Externalisierung von Gefühlen, Lebenssinn und Lebensgestaltung* peinliche Weltmeister und brechen daher wesentlich eher zusammen, wenn die Paarbeziehung oder Ehe oder Familie kollabiert.
Das ist nicht angeboren, das ist (vorsätzlich) antrainiert.
G. Amendt hat sehr ernste Dinge geschrieben über die – oft suizidalen – emotionalen Scheidungsfolgen für Männer, welche auf dieser aus emotionaler Unbeholfenheit erfolgten Externalisierung beruhen.
Die männliche Unart, seine „elernte Hilflosigkeit“ als vermeintlichen BONUS in eine Paarbeziehung zu bringen ist aber das, was Frauen gerne hören wollen, weil es ihre „elernte Beholfenheit“ aufwertet.

MGTOW sind durch ihre bloße Existenz der Schmerz im Arsch für für solche S/M-Rituale der männlichen Selbsterniedrigung und Überhöhung von Frauen.
Aus diesem Grund also eine Provokation für beide Geschlechter.

Gruß crumar

PS: Dem das, was derzeit als MGTOW z.B. auf youtube präsentiert wird überhaupt nicht passt.

Es sind gleich drei Aspekte, die ich an diesem Kommentar so bemerkenswert finde:
1. Die Quasi-Spiegelung der Folklore, nachdem Männer ein Problem mit „starken, unabhängigen“ Frauen hätten: Tatsächlich sind es laut crumar die Feministinnen, die starke, unabhängige Männer nicht akzeptieren können.

2. Der (Nicht-)Umgang von Männern mit den eigenen Gefühlen, den crumar konstatiert, ohne die Verantwortung dafür jemand anderem als letztendlich den Männern selbst zu geben. Gerade letzteres halte ich für sehr wichtig, denn man wird nicht sein eigenes Leben verbessern, indem man die Schuld (verknüpft mit der Macht zur Veränderung) stets jemandem anderen gibt.

3. Der Mann als mangelhaftes Wesen, das alleine unvollständig bleibt und durch die Frau „erlöst“ oder „zivilisiert“ werden muss – das erinnert doch stark an Das unmoralische Geschlecht von Christoph Kucklick und die 200 Jahre alte Tradition der Männerfeindlichkeit in der Moderne.

Passend dazu siehe die Rezension des neuen „50 Shades of Grey“-Filmes beim Volksverhetzer auf Mimikama (via Genderama):

Dieses psychische Trauma und das dazugehörige Verhalten werden sowohl von der Autorin und den Filmproduzenten, als auch von den Lesern und Zuschauern zum Ideal männlichen Verhaltens stilisiert. (…) Es zeigt, wie wenig männliche Missbrauchsopfer ernst genommen werden und es zeigt den Sexismus auf, der den Großteil der Frauenwelt durchsetzt.

Denn die Geschichte eines gebrochenen Mannes, der infolge der erlebten sexuellen Übergriffe Hilfe benötigt, hätte für sich allein eben keine nassen Flecke auf den Kinositzen hinterlassen. Offenbar interessiert sich laut Text die Frauwelt nicht für das Innenleben des männlichen Protagonisten. Der Fokus liegt auf seiner Attraktivität, dem Erfolg und seinem Machogehabe. Letzteres natürlich nur dann, wenn die Frau das gerade geil macht. Hier entfaltet sich eine durch und durch ambivalente Erwartungshaltung. Einerseits muss der Mann kühl, abweisend und mysteriös sein, gleichzeit jedoch emotional, nähesuchend und offen. Kein normaler, geistig gesunder Mann kann dieser Schizophrenie gerecht werden. Es braucht also einen Christian Grey.

Es braucht einen labilen, von Verlassensängsten geprägten Mann, der so verunsichert ist, dass er einen Kontrollzwang entwickelt. Er soll innerlich gespalten sein und die Frau soll ihn wieder ganz machen. Sie will das sein, worauf der Mann sein ganzes Leben lang gewartet hat: die Erlösung aus dem Leiden. Prinzessinnen-Märchen reversed. Wer hier wirklich Dominanz ausübt ist die Frau. Es wird ein Idealbild entworfen, welches den Mann derart innerlich zerreißt, dass es einer rettenden Hand bedarf, nämlich die der Frau, um ihn wieder zusammenflicken.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Dass ich auf dieses Lied erst jetzt gekommen bin…

The Rolling Stones: Blue Turns To Grey