Warum ich Alice Greschkows Artikel über ambitionierte Frauen empfehle

Unter meinen Artikel zum Erlauben der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA hatte
Alice Greschkow einen Kommentar geschrieben und auf ihren Artikel zum Thema Ehe hingewiesen mit der Einladung, zu kommentieren. Die Dame war mir bislang unbekannt, hat aber einige interessante Lebensdaten: Universitätsabschlüsse in Deutschland, Dänemark und Polen und spricht anscheinend noch Bulgarisch (stammt zumindest aus Bulgarien). Sie bloggt auf Deutsch und Englisch.

Wie das bei mir so ist, merkte ich mir nur den Kommentar, machte aber weiter nichts daraus. Mir war beim Stöbern ein ganz anderer Artikel als der vorgeschlagene ins Auge gefallen: Can we avoid the “Ambitious Woman Trap”?, also sinngemäßt „Können wie die ehrgeizige-Frau-Falle vermeiden“?

Zunächst beschreibt sie eine Sorte Frau, die sie häufig in ihrem Freundeskreis vorfindet: intelligent, attraktiv, witzig und ehrgeizig – ach ja, und Single. Das klingt auf den ersten Blick bedauerlich. Aber schon dann ist die Frage interessant, ob die Frauen auch von Männern so eingeschätzt werden und nicht nur von den Freundinnen.

Dass es ehrgeizige Frauen schwerer haben, einen Partner zu finden, glaube ich jedoch sofort. Alice Greschkow nennt auch gleich zwei Gründe: Männer verpartnern sich, was Position und Kohle angeht, lieber „nach unten“, Frauen „nach oben“. Allem Gerede von modernen Beziehungen zum Trotz bleibt das erstaunlich konstant. Hier gefällt mir, dass beides direkt nebeneinander genannt wird, denn natürlich beeinflussen sich beide Partnerwahlkriterien bis zu einem gewissen Grad. Wenn ich als Mann etwa bereit bin, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen, jedoch den Eindruck habe, dass sich viele Frauen finanziell nach oben orientieren (und nie nach unten), dann bin ich in meiner Wahrnehmung ökonomisch der schlechteste akzeptable Mann für eine Frau, die gleichviel verdient. Ich konkurriere also mit allen Männern, die besser darstehen – ein ziemliches Risiko, das ich vielleicht eingehe, wenn ich außerordentlich gutaussehend bin oder zusätzlich zum Beruf noch Prestige habe. In jedem Fall kann ich mit Fokus auf finanzieller Gleichheit nur eine sehr schmale Nische bedienen. Je weiter ich mich hingegen nach unten umsehe, desto mehr Möglichkeiten habe ich.

Alternativ genügen aber auch die echten Ergebnisse der Allensbach-Studie für eine triviale Erklärung: Die Mutter möchte in der ersten Zeit häufig ganz für das Kind da sein, die Väter erfüllen diesen Wunsch gerne und arbeiten deswegen Vollzeit. Das funktioniert besser, wenn der Mann ohnehin vorher mehr verdient hat. Das höhere Einkommen ist also das passende Puzzlestück zum häufigen Szenario. Treffe ich als Mann eine ehrgeizige Frau, muss ich mindestens genauso ambitioniert (und erfolgreich!) sein – ansonsten bin ich eine schlechte Wahl als Partner. Mal ganz davon abgesehen, dass Ehrgeiz auch nicht angeboren ist, sondern bei Männern notgedrungen genau deswegen häufiger gelebt wird.

Ehrgeiz bei einer Frau bedeutet also, dass weniger Männer sich Chancen ausrechnen können, als Partner in Frage zu kommen – selbst wenn sie das gar nicht so sieht! Für Männer mit Kinderwunsch ist eine Frau, die zuerst einmal beruflich weit aufsteigen will, umgekehrt auch keine gute Wahl, weil Karriere und Kinder kriegen in dieselben Jahre fällt.

Es gibt also recht nachvollziehbare Gründe, warum das oft nicht passt. Allerdings braucht niemand neidisch sein auf Väter mit Karriere: Die müssen nämlich darauf verzichten, ihre Kinder allzuoft zu sehen.

Alice Greschkows Artikel enthält aber noch einige weitere schöne Stellen: Etwa, dass es natürlich tröstet, als Frau nach einer Abfuhr von den Freundinnen zu hören „Er ist einfach eingeschüchtert von Dir, weil Du eine starke Frau bist“, „Er könnte Dich nicht wertschätzen, weil er zu unreif ist“ oder „Männer haben einfach Angst vor Bindungen“, das aber letzten Endes den Graben zwischen den Geschlechtern weiter aufreißt – und der Frau eine willkommene Ausrede liefert, warum sie Single ist. Nebenbei verstärkt diese Erklärung nur noch die Überzeugung, dass die Frau kaum Chancen auf einen Mann hat.

Es folgt eine sehr schöne Überzeugung, die ich viel zu selten lese: Wenn Frauen so akzeptiert werden sollen, wie sie sind, und es unterschiedliche Typen gibt – dann muss den Männern doch dasselbe erlaubt sein! Und tatsächlich sei die Mär vom modernen, bindungsunwilligen Mann so allgemein gesprochen nicht wahr (hier beruft sie sich auf Helen Fisher). Der Fehler liegt also nicht bei den Männern, sondern besteht darin, die Männer so negativ zu sehen.

Es sei daher Sache der ambitionierten Frauen, die immer noch einen Mann suchten, der besser sei als sie selbst, ihre Partnerwahlkriterien zu überdenken. Dazu noch der Hinweis, dass die Rollen für Männer im Gegensatz zu denen der Frau nicht flexibler geworden sind.

Die erwähnte Allensbach-Studie hatte diesbezüglich die Möglichkeiten für Frauen aufgezeigt: Sie selbst haben es in der Hand, beruflich nach einem hohen Einkommen zu streben und einen Partner zu wählen, der nicht deutlich mehr verdient. Dann ist die Aussicht, bald nach der Geburt der Kinder wieder ins Berufsleben einzusteigen, deutlich höher.

Bei Alice Greschkow folgt der Hinweis, dass man sich nicht von ehrgeizigen / attraktiven Frauen abschrecken lassen sollte. Das ist richtig, wenngleich beide Eigenschaften nicht deckungsgleich sind, sondern sich, wie oben erläutert, zuviel Ehrgeiz negativ auf die Attraktivität auswirken kann. Dazu kommt, dass diejenigen, die das Verhältnis zwischen den Geschlechtern wie einen Kampf darstellen, dieser Ermutigung zum Ansprechen direkt entgegenwirken: Wenn alles Belästigung ist und Männer stets damit rechnen müssen, plötzlich als Vergewaltiger beschuldigt zu werden, treibt das das Risiko für den ersten Schritt (der in der Regel vom Mann ausgehen muss, weil es so erwartet und bevorzugt wird) unnötig in die Höhe. Jeder halbwegs intelligente Mann wird sich bei einer Frau auch fragen, ob er ihre mitunter hohen Ansprüche erfüllen kann. Hat er diesen Eindruck nicht, landet die Frau bei längerem Kontakt in der Friendzone – denn die gibt es auch für Frauen.

Alice Greschkow beendet ihren Artikel mit einem positiven Schlusswort. Das finde ich allemal schöner als immer nur negativ zu sein. Ich empfehle, den Artikel auf Englisch zu lesen und nicht nur bei meinen Anmerkungen zu bleiben.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Glaubst Du, dass Du alleine besser dran bist?“ heißt es in diesem Trance-Stück einer Künstlerin, die auch noch Alice heißt.

Alice Deejay: Better Off Alone

7 Kommentare zu „Warum ich Alice Greschkows Artikel über ambitionierte Frauen empfehle“

  1. „Die Mutter möchte in der ersten Zeit häufig ganz für das Kind da sein, die Väter erfüllen diesen Wunsch gerne und arbeiten deswegen Vollzeit. Das funktioniert besser, wenn der Mann ohnehin vorher mehr verdient hat.“

    Status macht attraktiv und daher landen Frauen meist bei Männern, die mehr verdienen. Es könnte doch so einfach für unsere Femimiministinnen sein. Einfach einen Kerl nehmen, der weniger verdient. Sobald Kinder da sind, sorgen die finanziellen Verhältnisse dafür, dass der Besserverdiener wieder im Vollzeitjob ist.

    Aber auch unsere Feministinnen sind sich ihres Frauseins dann doch sehr bewußt. Sie ganz besonders geben sich nicht mit einem Versager ab und riskieren keinesfalls ausbleibende Unterhaltszahlungen im Fall der Trennung. Es ist ja auch viel bequemer am Spielplatzrand das Opfersein im Kreise der Mütter zu beklagen und währenddessen Reiskekse und Apfelstücke zu verabreichen anstatt im Job vom Chef getriezt zu werden.

  2. “Er ist einfach eingeschüchtert von Dir, weil Du eine starke Frau bist”

    Das höre ich auch hin und wieder von Freundinnen und lese es dagegen noch viel öfter. Nur: Was ist eine starke Frau? Meine Oma war eine starke Frau, die in 60er und 70er drei Kinder großgezogen hat, keinen Cent Unterhalt bekam, im Dorf wegen der Scheidung geächtet war, nachts zur Not bedienen gegangen ist und aus der DDR fliehen musste. Eine Single-Frau ohne Kinder mit 40-Stunden-Job, ein paar Überstunden und mittelmäßiger Position ist (sorry!) keine starke Frau. Die macht halt ihr Ding – joa. Das ist schön und kostet sicherlich an manchen Tagen etwas Kraft (weiß ich selbst), aber mit „weiblicher Stärke“ hat das wenig zu tun. Leider schrumpfen damit gefühlt 80 % der starken Frauen zu ganz normalen Frauen zusammen. Ist ja völlig okay, nur muss ich jedes Mal schmunzeln, wenn diese „Stärke“ als Erklärung fürs Single-Dasein benutzt wird.
    Wer natürlich immer propagiert, totaaaal unabhängig zu sein, Sprüche ablässt wie „Männer sind eh Arschlöcher“ (hallo?!), bei jeder Gelegenheit zeigt, wie wenig man jemand anderen braucht und ohnehin gaaaanz viel Freiheit für sich selbst braucht – naja, da darf man sich eben nicht wundern. Als Mann würde ich da auch sagen: „Bei der lieber nicht. Da kann ich nur verlieren.“ Das ist, als ob ich mich als Frau an einen MGTOW-ler ranschmeißen würde.
    Das heißt natürlich nicht, dass Frauen sich klein machen müssen oder das bedürftige Weibchen spielen sollen. (Spätestens in längeren Beziehungen kann das anstrengen werden – oder wie sehen Männer das?) Ein bisschen weniger Ritterrüstung wär – so zumindest meine Meinung – manchmal angebracht, wenn man (wirklich) einen Partner sucht.

    1. „Eine Single-Frau ohne Kinder mit 40-Stunden-Job, ein paar Überstunden und mittelmäßiger Position ist (sorry!) keine starke Frau.“

      Kommt darauf an, wie man Stärke definiert … und kommt sicher auch auf die Arbeit an. Mittelmäßige Positionen gibt es auch in gesundheitsschädlichen, extrem frustrierenden und gefährlichen Berufen.
      Ich finde auch z.B. nicht, dass man um sich „stark“ nennen zu dürfen viel Leid mitgemacht haben muss. Für mich ist „stark“ auch gefestigt, stabil, ein Fels in der Brandung, der da ist, wenn man ihn braucht. Aber gut, jemand, der auf diese Weise „stark“ ist, hat es vielleicht nicht nötig, das hinauszuposaunen …

      „Wer natürlich immer propagiert, totaaaal unabhängig zu sein, Sprüche ablässt wie “Männer sind eh Arschlöcher” (hallo?!), bei jeder Gelegenheit zeigt, wie wenig man jemand anderen braucht und ohnehin gaaaanz viel Freiheit für sich selbst braucht – naja, da darf man sich eben nicht wundern.“

      Das sehe ich auch so. Wozu denn dann überhaupt eine Beziehung, wenn der andere doch sowieso ein Klotz am Bein ist, der nicht gebraucht wird? Man will das als Frau ja auch nicht vom Partner hören, warum soll es dann umgekehrt in Ordnung sein?

      @Thema:
      „Wenn ich als Mann etwa bereit bin, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen, jedoch den Eindruck habe, dass sich viele Frauen finanziell nach oben orientieren (und nie nach unten), dann bin ich in meiner Wahrnehmung ökonomisch der schlechteste akzeptable Mann für eine Frau, die gleichviel verdient.“

      Ich verstehe das nicht. Ich muss mir erst mal so ein Gespräch beim ersten „Date“ oder in der Kneipe vorstellen: „Und, wie viel verdienst du?“ – „2000 Euro.“ – „2000 Euro? Tut mir leid. Das sind um genau 2 Euro 60 zu wenig.“
      Oder wissen die das immer schon vorher? Gucken die, sagen wir beim Online-Dating, erst mal was der Kollektivvertrag für den Beruf ist, den der Interessent hat? Oder fragen sie im Freundeskreis erst mal nach dem Verdienst, bevor sie sich interessieren? Ich meine, am Arbeitsplatz gibt es dann auch nicht so viele Chefs, dass jede Frau einen findet. Oder nehmen die da nur Dienstältere?

      Ich will nicht sagen, dass es da keine Tendenz gibt, aber ich glaube kaum, dass Frauen wirklich so gezielt nach Männern suchen, die besser verdienen. Ich vermute, dass da oft Kausalität und Korrelation verwechselt werden. Frauen verdienen grundsätzlich meistens weniger, weil sie häufig weniger Stunden machen und in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, sich weniger trauen, eine Gehaltserhöhung zu verlangen (und weil die Frau in einer Beziehung durchschnittlich 2-6 Jahre jünger ist, als der Mann).
      Was die „ambitionierten Frauen“ betrifft, gefällt mir Aurelies Beitrag gut. Ich kann mir eigentlich auch gut vorstellen, dass so manche Frauen dieser Kategorie ein abweisendes, kühles Verhalten an den Tag legen.
      Wobei es sicher auch genügend Männer gibt, die so ein Verhalten erwarten und von einer Frau, die erfolgreich ist, darum Abstand halten, auch wenn sie eigentlich nett und liebevoll wäre.

      1. „Oder wissen die das immer schon vorher? Gucken die, sagen wir beim Online-Dating, erst mal was der Kollektivvertrag für den Beruf ist, den der Interessent hat? Oder fragen sie im Freundeskreis erst mal nach dem Verdienst, bevor sie sich interessieren?“

        Das kann man ja nun durchaus in gewissen Schwankungen schätzen. Der Richter verdient mehr als der einfache angestellte im Justizdienst, der Arzt mehr als der Versicherungsfachangestellte. Natürlich ist Kreditfinanziert einiges möglich, aber Wohnung, Auto, Kleidung, Lebensstil können durchaus verlässliche Indikatoren sein.

  3. „Es sei daher Sache der ambitionierten Frauen, die immer noch einen Mann suchten, der besser sei als sie selbst, ihre Partnerwahlkriterien zu überdenken. Dazu noch der Hinweis, dass die Rollen für Männer im Gegensatz zu denen der Frau nicht flexibler geworden sind.“

    Das Versorgungsprinzip gilt schon seit Jahrhunderten und wird weiterhin bestehen, weil es sich einfach bei Paaren mit Kindern bewährt hat. Ich sehe darin auch nichts negatives.
    Anders sieht es aus, wenn kein Kinderwunsch im Spiel ist. Hier müssen nicht nur Frauen ihre Partnerwahlkriterien überdenken, sondern auch Männer. Ich sehe die Rolle für den Mann sehr wohl als sehr flexibel an. In den letzten 5-10 Jahren haben Männer ihre Rolle sehr wohl auf verschiedene Arten neu definiert und auf die hohe Anspruchshaltung der Frauen reagiert. Auch wenn das nicht immer im Sinne der Frau war.
    Ich sehe es eigentlich eher umgekehrt. Die Geschwindigkeit der Flexibilität der Rolle hat in den letzten Jahren so zugenommen, dass Frauen hier nicht mehr nachkommen.
    Ich bin jetzt schon etwas älter und mir ist aufgefallen, dass sich die Auswahlkriterien bei geschiedenen Menschen mit Kindern sehr wohl ändern können. Plötzlich ist zumindest annähernd eine Beziehung auf Augenhöhe möglich.

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