Im Bett ohne Feminismus: Die persönliche Geschichte einer emanzipierten Frau

Es folgt ein Gastartikel der Leserin Hannah, in dem sie beschreibt, wie sie ihre feministische Erziehung hinter sich gelassen hat:

Ich bin Anfang 20 und würde mich nun endlich als emanzipiert bezeichnen – emanzipiert von einem Feminismus, der mich jahrelang eingeschränkt hat. Ich glaube, Feminismus schränkt viele Frauen ein und führt zu viel Frust bei Männern und Frauen, bei mir kam aber hinzu, dass meine Mutter Radikalfeministin ist, sich politisch engagiert und für ein Verbot von Pornos, Prostitution und (sexistischer) Werbung kämpft. Ich wurde also von einer Feministin feministisch erzogen und auch mein Vater ist zwar nicht ganz so radikal, unterstützt meine Mutter aber letztlich in ihren Ansichten.

Feminismus bedeutet für meine Mutter, dass Männer und Frauen sich nur rein biologisch ein klein wenig unterschieden, alle anderen Unterschiede, die wir tagtäglich beobachten können sind das Konstrukt der Gesellschaft. Man wird nicht als Frau geboren, sondern man wird dazu gemacht. Dieses Zitat von Simone de Beauvoir ist wohl einer der Schlüsselsätze. Wie sich Frauen kleiden, welche Berufe sie ergreifen, welche Hobbys sie haben und natürlich auch Gehaltsunterschiede und die Tatsache, dass weniger Frauen in Chefetagen oder der Politik vertreten sind, einfach alles lässt sich demnach auf gesellschaftliche Umstände und rein gar nichts auf biologische Gründe zurückführen. Nebenbei bemerkt sind Frauen bei den rein biologischen Unterschieden – dazu später mehr – natürlich komplexer und irgendwie besser als Männer.

Diese gesellschaftliche Realität, die letztlich verändert werden muss, wird wiederum von Medien, Werbung, Politik, Schulen, sonstigen öffentlichen Institutionen etc. erzeugt oder zumindest verstärkt und konserviert. Allerdings, so das Weltbild, sind die einzelnen Akteure in unterschiedlichem Maß dafür verantwortlich. So wird der Pornoindustrie unterstellt, sie wolle (neben anderen Zielen) bewusst ein „falsches“ Frauenbild bei Männern und Frauen schaffen. Die Marketingbranche oder allgemein die Wirtschaft und große Teile der Medien hingegen verstärken Geschlechterrollen bewusst, aber nicht unbedingt mit einem negativen Ziel und Schulen vermitteln eher aus Unachtsamkeit ein „falsches“ Geschlechterbild.

In der Kindheit bedeutete diese Einstellung für meine Erziehung in erster Linie, dass rosa Kleidung und Prinzessinnenkostüme weitestgehend vermieden wurden und ich statt Puppen auch Lego-Technik geschenkt bekam. Aber außer gelegentlichem Quengeln, um rosa Kleidung zu bekommen, war das für mich als Kind glaube ich kein Drama und wurde logischerweise von mir als Kind nicht hinterfragt. Zu Reibungspunkten kam es dann ab der Pubertät. So wie es eben ganz normal ist, möchte man als Mädchen irgendwann Hotpants, kurze Röcke, bauchfreie Tops anziehen. Natürlich wurde mir das nicht verboten. Denn es ist das absolute Recht jeder Frau, knapp bekleidet rumzulaufen, ohne dass dies einem Mann das Recht gibt, auch nur abschätzig zu schauen (der sog. Male Gaze). Stattdessen gab es dann ein ernstes Gespräch, nicht etwa mit dem Ziel, mich zu bekehren oder zu belehren, sondern um meinen freien Willen und meine Einsicht in die gesellschaftlichen Realitäten zu stärken. Das führte immer mal wieder zu Streit, aber nicht zu einem Hinterfragen der Ideologie. Denn grundsätzlich klang das alles für mich schlüssig. Ich war also lange Zeit eher hin- und her gerissen: Will ich mir wirklich die Fingernägel lackieren oder wurde mir das von Wirtschaft und Werbung nur so eingeredet? Mode, Schmuck, Make-Up, Haarentfernung etc. waren so letztlich ständig Themen, die immer unter den Aspekten Macht und Unterordnung diskutiert wurden und die ich selbst auch ständig hinterfragt habe. Ich habe mich schließlich als Feministin gesehen und wollte jede Handlung unter diesem Aspekt reflektieren.

Ein weiteres Thema, das im Laufe der Pubertät dazu kam, war natürlich Sexualität. Ich habe im Beitrag zum „Mythos vaginaler Orgasmus“ durchaus einiges bekanntes entdeckt. Ganz im Stile Alice Schwarzers wurde mit vermittelt, die Klitoris ist das eigentliche Lustzentrum, Penetration ist vor allem von den Männern gewünscht, bringt der Frau aber nicht viel. Aber auch die Männer möchten nicht nur aus Lustgründen penetrieren, sondern auch als Akt der Besitzergreifung. Vielleicht anders als Schwarzer es sieht, müsse die Vereinigung allerdings nicht per se negativ sein, sondern könne ein Akt der Zweisamkeit, der Verbindung sein – aber bei reiner Penetration eben ohne besonders großen Lustgewinn für die Frau und vor allem nicht als Muss in einer Beziehung. Unabhängig davon wurde es sowohl im Rahmen der Aufklärung, wie ich finde aber auch in mehr oder weniger allen Frauen- und Jugendzeitschriften so dargestellt, als gäbe es ein Recht auf einen Höhepunkt und sei es (alleinige) Aufgabe des Mannes, dafür zu sorgen.

Nun war mir eigentlich schon vor dem ersten Mal klar, dass die Klitoris, zumindest bei mir, nicht dieser Lustknopf ist, den man einfach nur richtig drücken muss und dann kommt man. Ich bin heute nicht mehr sicher, ob ich darüber damals, als mein Sexleben begann, schon nachgedacht habe. Aber wenn ich es nichtmals selbst schaffe, mich einfach so zum Höhepunkt zu bringen, wie sollte das einem (sexuell ebenso unerfahrenem) Jungen gelingen? Vermutlich aber habe ich darüber nicht nachgedacht, sondern hatte einfach die Erwartung, dass das nun seine Aufgabe sei. Gleichzeitig aber hab ich auch eine Art Pflicht empfunden, kommen zu müssen – also beste Voraussetzungen, damit es dann am Ende klappt….nicht. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich bei meinem ersten Freund überhaupt mal gekommen bin. Mit etwas mehr Erfahrung bei mir und meinem jeweiligen Partner änderte sich das zwar etwas, aber der Normalfall war weiterhin, dass ich nicht zum Orgasmus kam und das obwohl ich all die Tipps, die so kursieren, ausprobierte. Recht oft spielte ich den Höhepunkt auch vor. Gar nicht, weil ich wollte, dass der Akt dann vorbei ist, sondern weil ich die Erwartung spürte, dass ich kommen muss, und diese Erwartung wollte ich ihm gegenüber aber auch mir selbst gegenüber erfüllen. Man lügt sich also selbst in die Tasche.

Nun war es natürlich nicht so, dass ich nur noch dauerfrustriert durch die Gegend gelaufen bin. Mir machte der Sex ja durchaus Spaß. Es gab aber eben diese Diskrepanz zwischen dem was mir als Normalität, als Anspruch vermittelt wurde und der Realität. Das führte allerdings noch längst nicht zu einem Hinterfragen dieser vermeintlichen Gewissheiten oder gar der gesamten Konstruktion des Feminismus. Bis dahin sollte es noch lange dauern.

Zunächst einmal entdeckte ich so mit ca. 17 eine sexuelle Vorliebe, durch die ich mich im Grunde dem Mann spielerisch unterwerfe, ihm meine Hingabe zeige, was sich aber eher schwer mit dem Leben als Feministin vereinbaren lässt. Dieser Zwiespalt ließ mich anfangs zögern, obwohl ich diese Vorliebe ausleben wollte und als ich sie dann auslebte war ein schlechtes Gewissen die Folge. Ich wollte weiter Feministin sein, aber es fühlte sich nun für mich an, als wäre ich eine Außenstehende, eine, die dazugehören will, aber nicht mehr kann. Im Grunde fühlte ich mich als Verräterin.  Letztlich zeigen sich beim Sex die natürlichen oder archaischen Neigungen besonders explizit und dies auch bei Personen, die ansonsten Geschlechterrollen ablehnen. Dies erkannte ich wohl ab da immer mehr. Das Hinterfragen des Feminismus blieb zwar weiter zunächst aus, doch im Rückblick würde ich sagen, dass dieses Gefühl, nicht mehr wirklich dazuzugehören in der Kombination damit, sexuelle Befriedigung durch diese Vorliebe und damit unabhängig vom Orgasmus zu erleben, den Ausschlag gab, mich mit der Biologie zu befassen.

Internetrecherchen zum Thema Orgasmus brachten mich allerdings nicht sofort weiter. Wer das Thema googelt findet viel, aber nicht unbedingt biologisches Hintergrundwissen. Ich fand zunächst vor allem Seiten mit klugen Tipps, wie „es auf jeden Fall“ klappt und „Tipps, die jede Frau wissen muss“, darunter praktisch immer die übliche Klitoris-Fixierung, so als wäre das nun eine total neue Erkenntnis und nicht etwa das, was einem ohnehin überall erzählt wird.  Als ich dann auf Artikel stiess, wo erklärt wurde, der weibliche Orgasmus sei nach wie vor ein Rätsel, da er evolutionsbiologisch unnütz sei, machte mich das zwar neugierig aber zunächst auch regelrecht wütend. Selbst die Biologie – oder etwa die männlichen Biologen? – schien den Männern hier ein Privileg einzuräumen. Bis dahin hatte ich tatsächlich nie über irgendwelche biologischen Gründe und Notwendigkeiten nachgedacht und wollte das alles, was ich nun las auch nicht wirklich wahrhaben. Es wurde für mich immer erschreckender. Da wurde der weibliche Orgasmus teils als Unfall der Evolution bezeichnet. Es gab zwar eine ganze Reihe von Theorien, wieso Frauen zum Höhepunkt kommen, aber durchgesetzt hatte sich in Fachkreisen offenbar keine. Die wohl wahrscheinlichste ist tatsächlich, dass der weibliche Orgasmus ein Nebenprodukt des – biologisch notwendigen – männlichen Höhepunkts ist, weil die entsprechenden Voraussetzungen schon teilweise gebildet werden, bevor beim Fötus das Geschlecht festgelegt ist – so wie Männer biologisch unnötig Brustwarzen haben.

Und ich fand Zahlen, nach denen nur jede zehnte bis jede Vierte Frau mehr oder weniger immer kommt und dass das alles auch noch genetisch bedingt sein soll, ob eine Frau eben gut und häufig kommt, eher schwierig oder sogar gar nicht. Mich machte das wütend, ich fühlte mich nun erst recht ohnmächtig, aber es begann auch ein Prozess des Nachdenkens: War das alles, was mir erzählt wurde, nicht richtig und bin weder ich noch meine Partner anormal? Hatte ich sowohl mich als auch meine Partner unnötig unter Druck gesetzt? Und was bedeutete das nun? Ich realisierte immer mehr, es gibt keinen Anspruch auf einen Orgasmus, aber damit eben auch keinen Druck, kommen zu müssen.

Mit dem Loslassen von diesem ganzen Denken, kam ich dann sogar häufiger. Ganz anders als es von Feministinnen dargestellt wird, verlor der Orgasmus nun aber für mich an Bedeutung, ich hörte auf, etwas anzustreben, was unwillkürlich passiert und von dem genetisch determiniert ist, wie schwer oder leicht es passiert. Und auf der anderen Seite gewann der eigentliche Akt, die Penetration an Bedeutung. Die Realisierung der Bedeutung der Biologie veränderte für mich sehr viel. Die ganze Einstellung zum Sex ändert sich. Dazu kam, dass ich mich nicht mehr als Feministin fühlte, aber auch nicht mehr als Verräterin, wie zeitweise vorher. Im Gegenteil, ich fühlte mich nun vom Feminismus verraten. All die Jahre an Frust und schlechtem Gewissen, weil mir im Grunde Lügen erzählt wurden. Und auf einmal war auch klar: Wenn hier die Biologie wichtig ist, dann auch in den ganzen anderen Bereichen, wo ich lange glaubte, das alles wäre komplett gesellschaftlich bestimmt. Es setzte ein Gefühl ein, als hätte man mir die Augen geöffnet und ich sah immer mehr, welche Rolle die Biologie auf unser Verhalten hat und sah damit immer mehr, welcher Unsinn mir über Jahre erzählt wurde, der überall und meist kritiklos weiterhin erzählt wird.

Mittlerweile kann ich mein Sexleben, meine Vorliebe ohne jedes schlechte Gewissen und ohne (Orgasmus-)Druck frei und unbeschwert genießen. Mein früherer Frust hat sich nun in Wut auf den Feminismus gewandelt. Beinahe täglich entdecke ich Artikel, Aussagen, Kommentare zu allen Bereichen des Lebens, die mir mittlerweile komplett absurd erscheinen, die aber offenbar ernst gemeint sind. Da wird ein Sexverbot für Männer, die kein Kondom benutzen, gefordert, Cheerleaderinnen wird ihr Sport verboten, dass Frauen seltener zum Orgamus kommen wird als “Orgasm Gap” zur Ungerechtigkeit stilisiert, Männer sollen erzogen werden, richtig zu sitzen und Siri und Alexa sind sexistisch, weil es Frauenstimmen sind (aber wehe, es wären Männer)… die Liste ist endlos. Und je mehr ich mich damit beschäftige, desto klarer sehe ich, dass Feministinnen eine neue Unfreiheit auch und gerade für Frauen schaffen.

Male Tears, Male Fears

Tag auch, ich bin der Neue hier! Eigentlich wollte ich etwas zum Thema ‚Antifeminismus‘ schreiben, allerdings ziehen sich die Recherchen dazu noch hin. Um dennoch nicht meinen Einstand zu verpassen, stelle ich stattdessen kurzfristig in paar spontane Gedanken zum Thema männlicher Wertewandel zur Diskussion.

Letzte Woche erregte ein Artikel in der Online-Ausgabe der ’20 Minuten‘ meine Aufmerksamkeit, in dem ein kleiner Teil der Resultate der ‚Shell Jugendstudie 2015‘ mit dem Fokus auf das Mindset junger Männer besprochen wurde. Was mir dabei ins Auge fiel, waren weniger die besprochenen Ergebnisse an sich, als viel mehr die Themengewichtung, die der Artikel vornimmt und die mir schon öfter in Zeitungspublikationen zum Thema Gender aufgefallen war.

‚Die Welt wird weiblicher‘ wird eine der Autorinnen der Studie zitiert in Hinblick auf die 78% der jungen Männer, welche sich bei Entscheidungen ‚auch nach Gefühlen‘ richten wollen (im Gegensatz/in Abwägung zu was, frage ich mich…). Der Artikel vermittelt durch die Auswahl seiner Zitate auch in weiteren Passagen den Eindruck, der ‚weiblicher‘ werdende Mann sei eine Erfolgsgeschichte der emanzipierter werdenden Gesellschaft, obwohl sich die Kategorien, innerhalb derer das angeblich ablesbar sein soll, ziemlich strikt an traditionellen Definitionen von ‚Mann‘ und ‚Frau‘ auszurichten scheinen.

Das ist der eine Aspekt, den ich immer mal wieder in solchen Artikeln wahrnehme; die traditionelle Definition der Geschlechter wird nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern nur die Attribute neu auf Männer und Frauen verteilt und – sofern es denn einen (vermeintlichen) Shift von ‚männlich‘ zu ‚weiblich‘ gibt – positiv hervorgehoben. Die andere Regelmässigkeit scheint mir die zu enge Darstellung des Meinungsspektrums zu sein: Auf der einen Seite die – ihr könnt euch an dieser Stelle ein verstohlenes Kichern von mir dazu denken – Progressiven (…welche Männer nicht von Geschlechternormen befreien, sondern lediglich die Norm ersetzen wollen…) und auf der anderen der Seite der Teilzeit-Traditionalist (Michel Craman von ‚Mannschafft‘), den man zwischen den Zeilen als Emanzipationsverlierer bashen kann, was besonders schön im letzten Abschnitt zur Geltung kommt: ‚Auch Craman ist ein Anhänger der Gleichstellung. …‘, steht da zu lesen. Ja warum denn auch nicht? Welcher Grund bestünde denn, das Gegenteil anzunehmen? Zwar sagt mir die Organisation ‚Mannschafft‘ nichts, weshalb ich deren Weltbild nicht beurteilen kann, ich finde die unterschwellige Unterstellung aber dennoch unfair.

Natürlich ist das alles ein Stück weit Interpretationssache, aber man entwickelt mit der Zeit halt ein Gespür für gewisse Nuancen und Subtexte.

Zwar teile auch ich Craman’s bisweilen unnötig essentialistischen Aussagen nicht alle (insbesondere beim Wort ‚verweichlicht‘ hatte ich spontan so n‘ bisschen Kotze im Mund), kann aber seine Sorge nachvollziehen:

Michel Craman, Präsident des Männervereins Mannschafft, vermutet, dass die Jungs sich nur so verhielten, weil sie aus Angst vor Vorwürfen unter Druck stehen. «An den traditionellen Männern haftet schnell das Bild des Machos, der nur über Fussball redet und sich zuhause nach der Arbeit auf die faule Haut legt.»

Ich möchte den Grundgedanken des obigen Zitats gerne ein wenig vertiefen; mir ist klar, dass sich die Shell-Studie mit den generellen Lebensperspektiven von Jugendlichen befasst und nicht primär mit deren Bezug zu eigentlicher Emotionalität. Wenn wir aber über den Wertewandel bei Buben und jungen Männern sprechen, ist gerade dieser Aspekt ein zentraler, finde ich. Gefühle zuzulassen und sie offen zu zeigen ist ebenfalls eine, wenn nicht die Anforderung, die an den ’neuen Mann‘ gestellt wird und ich finde es grundsätzlich Klasse, Männer dazu zu ermutigen.

Allerdings – so nehme ich die Stimmung in der Gesellschaft zumindest persönlich wahr – meint ‚offener‘ Umgang mit Gefühlen im Subtext den ‚weiblichen‘ Umgang damit; auch hier scheinen die Handlungsoptionen, die Männern neuerdings als legitim zugestanden werden, nicht vielfältiger, sondern lediglich in ein neues Rollenkorsett überführt zu werden. Dass ‚weiblich‘ dabei offenbar klischeehaft-traditionell ausgelegt wird, wird dem emotionalen Spektrum von Frauen und seinen Ausdrucksformen übrigens genauso wenig gerecht.

Warum lässt mir der Gedanke keine Ruhe?

Kommunikation kennt – verbal wie nonverbal – so viele Ausdrucksformen, wie es Individuen gibt; wenn eine Junge seine Emotionen mit Tränen ausdrücken will, ist das o.k.; will er schweigen und lieber nachdenken, über etwas, das ihn bedrückt, ist das o.k.; will er etwas verarbeiten, in dem er in Gesellschaft eines guten Freundes belanglosen Smalltalk macht und nebenher n‘ bisschen auf seiner Playstation zockt, ist das o.k.. Will ein und derselbe Junge mal weinen und mal witzeln, wenn ihn etwas emotional mitnimmt, ist das o.k. … ihr merkt, worauf ich hinaus will. Ein Junge, der weint ist kein Weichei und einer, der es nicht tut, ist kein Macho oder unemanzipiert.

Eine Debatte über den männlichen Umgang mit Gefühlen, welche falsche Korrelationen als Bewertungskriterien implementiert, bereitet mir Unbehagen. Das ‚offene‘ Zeigen von Emotionen geriete dadurch in vielen Fällen zu einer Karikatur seiner selbst, einer sinnentleerten Performance, welche die Idealvorstellung all derer bedienen soll, die es schlicht nichts angeht. Schliesslich soll der individuelle Umgang mit Emotionen, denjenigen weiterbringen und reifen lassen, der sie empfindet und niemanden sonst.

Sollte sich so ein Verhalten durchsetzen, würden Buben und junge Männer in Zukunft wohl mehr reden – und dennoch weniger sagen. Und das ist etwas, was ich tatsächlich zum Heulen fände.

Wie eingangs erwähnt, lege ich hier nur ein paar spontane Gedanken dar, vielleicht sehe ich Einiges auch zu dramatisch. Was ist eure Einschätzung dazu?

Deutschland, deine Kindererziehung – Teil 1

petpanther

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Angeregt unter anderem durch die beiden Kommentare werde ich mich im Folgenden mit den verschiedenen Erziehungsstils befassen und versuchen, einen Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Erziehungsstils und der gesellschaftlichen Entwicklung darzustellen. Ob es mir gelingt, dessen bin ich mir gerade noch nicht so sicher. Bedingt durch den Umfang, den dieser Artikel jetzt schon hat, werde ich das Thema Kindererziehung in mehrere Teile aufsplitten.

Ich bitte um Nachsicht, falls ich für einige Vermutungen keine Quellennachweise liefere, da es wie gesagt Vermutungen sind. Ich lese regelmäßig alle möglichen Artikel zu den Themen Erziehung und Familie sowie die Konflikte, welche hier häufig entstehen; Das Interessante bleibt hängen, der Rest meist nicht, doch tatsächlich kann ich mir viel zu oft einfach nicht merken, wo ich was gelesen habe. Außerdem führte ich etliche Gespräche mit meiner sozialpädagogischen Familienhelferin sowie mit zwei Kinder- und Jugendpsychotherapeuten. In jedem Fall werde ich versuchen, nicht allzu weit auszuholen. Falls jemand von euch Verbesserungsvorschläge, Ergänzungen oder interessante Links zum Thema hat, immer her damit.

Jedes Mal, wenn wieder ein Mensch durchdreht und Amok läuft, wird das Ereignis bis zum Erbrechen dazu benutzt, unliebsame Dinge an den Pranger zu stellen. Die Computerspiele sind schuld [Gewaltverherrlichung! Objektifizierung! Misogynie!], die Schützenvereine sind schuld [Zugang zu Waffen! Umgang mit Waffen!], Pen & Paper Rollenspiele sind schuld [glaubt es oder nicht, habe ich vor Jahren tatsächlich im Zusammenhang mit einem Amoklauf in den USA im Reader´s Digest gelesen, die Begründung lautete: Realitätsverlust!], die Pharmaindustrie ist schuld [Ritalin!!!11einself]. Ach und fast hätt ichs vergessen: Das Patriarchat™ ist schuld, genau genommen sind es die „patriarchalen Strukturen“, die das verursacht haben. Kurz: Nichts scheint weit genug hergeholt und für kaum etwas sind sich jene Menschen zu schade, wenn es nur der eigenen Sache nutzt.
Natürlich ist es verlockend, nach einem Schuldigen zu suchen. Irgendwer/Irgendwas muss es ja gewesen sein. Ich persönlich vertrete die Ansicht, dass es im Falle eines Amoklaufes eine Verkettung ungünstiger Umstände war, welche die betreffende Person dazu brachte zu tun, was sie tat. Klingt nach einem Versuch, die Täter in Schutz zu nehmen? Ja und nein. Ja weil jeder Täter auch irgendwann einmal ein Opfer war. Und nein weil solche Taten absolut nicht entschuldbar sind. Ja weil jedes erziehende Elternteil heute die Chance hat, dem eigenen Kind ein gesundes Großwerden zu ermöglichen, ohne dabei – bewusst oder unbewusst – in dessen Bewusstsein die Idee des „Schlechtseins“, des „Nichtgenügens“ oder des „Schuldseins“ einzupflanzen. Und nein weil keiner von denen, die bei einem Amoklauf verletzt oder getötet wurden, auch nur ansatzweise etwas für das kann, was dem Täter einst angetan wurde.

Vor längerer Zeit las ich einen Artikel, welcher sich mit jungen Menschen mit Migrationshintergrund befasste bzw. mit deren Schwierigkeiten, eine eigene Identität zu finden. Sie fühlen sich nirgends zuhause, in der Heimat ihrer Eltern nicht und in Deutschland irgendwie auch nicht so richtig.

Auch wenn das sehr spezifische Probleme sind mit denen man sich hierzulande als sogenannter weißer Cisgender heterosexueller Mensch oder, [laut 3rd Wave Feminismus] die Steigerung dessen, als WHM [white heterosexual male] nicht herumschlagen muss: Es gibt genügend andere problematische Entwicklungen, welche auf die Persönlichkeit der betreffenden Menschen nicht minder gravierende Auswirkungen haben können.

Ich selbst habe in meiner eigenen Kindheit zwei Extreme erlebt: die überfürsorgliche Mutter mit problematischem Religionshintergrund, deren Wunschkind ich war, und den entweder autoritären [wann immer ich es wagte, aufzubegehren] oder desinteressierten [alles war gut, solange ich funktionierte], in jedem Fall jedoch recht lieblosen Vater, der eigentlich nie da war, wenn ich ihn brauchte; Zumindest fühlte es sich für mich damals so an. Zur Verteidigung meines Vaters sei gesagt: Er, geboren 1938 in Deutschland, wo gerade der zweite Weltkrieg tobte, war ein Kind der so genannten „Verlorenen Generation“, Kinder für sie sich keiner interessierte, weil sie die Kinder der Kriegstreiber waren. Was der Krieg und was er mit sich bringt aus Kindern macht, dürfte hinlänglich bekannt sein. Doch das – zumindest an dieser Stelle – nur am Rande.

Wie fängt also es an? [Baby]

Ein Baby sollte möglichst viel menschliche Nähe und Ansprache erfahren. Ferner sollen seine Bedürfnisse [„satt und sauber“] zeitnah erfüllt werden. Wenn sich jedoch niemand um das Baby kümmert, macht es früher oder später durch Schreien auf sich aufmerksam. Spätestens dann sollte eine Bezugsperson für die Erfüllung der Bedürfnisse des Säuglings sorgen, da Schreien in dessen Körper und Gehirn massiven Stress auslöst: Während einer Stress-Situation werden im Körper die Hormone Cortisol , Adrenalin  und Noradrenalin  ausgeschüttet. Kümmert sich die Bezugsperson um die Erfüllung des kindlichen Bedürfnisses, wird Oxytocin ausgeschüttet, was eine Senkung der Stresshormone bewirkt: Das Kind beruhigt sich. Lassen Eltern ihren Säugling wiederholt für längere Zeit schreien, steigt der Stresslevel und das Kind wird zunehmend ängstlicher und gestresster. Ohne Unterstützung der Erwachsener stellt es das Schreien erst durch Erschöpfung oder Resignation ein.

Hierzu ein interessanter Artikel bei Geborgen Wachsen.

Mögliche Folgen des Schreienlassens:

  • Beeinträchtigung des Gehirns bis hin zu einer Anfälligkeit für Depressionen, Angststörungen und stressbedingten körperlichen Erkrankungen.
  • Völlige Erschöpfung, körperliche Schmerzen
  • Erschütterung des Urvertrauens
  • Gefährdung der späteren Bindungsfähigkeit
  • Im späteren Leben kein gesunder Umgang mit Stress/Frust möglich

Ebenfalls interessant: Schlaflernprogramme: ein Blick hinter die Schreikulisse 

Und dann? [Kleinkind bis Vorschulalter]

Ein Kleinkind hat natürlich die selben Bedürfnisse wie ein Säugling, hinzu kommt in wachsendem Maße noch ein Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Das Kind stellt irgendwann fest, dass es anders möchte als Mama oder Papa und teilt dies mehr oder weniger energisch mit [Trotzphase/Trotzalter]. Jedoch kann es mit zunehmendem Alter problemlos einige Zeit auf die Erfüllung eines Bedürfnisses warten, beispielsweise weil das jüngere Geschwisterkind zuerst gewickelt werden muss, oder weil das betreuende Elternteil zuerst noch fertig essen möchte.

Hier beginnt es, erziehungstechnisch richtig interessant zu werden, denn es gibt einige Erziehungsstils, die sich zum Teil gravierend voneinander unterscheiden und sich daher auch unterschiedlich auf das Verhalten und die Psyche des späteren Erwachsenen auswirken.

Die größten Unterschiede bestehen wohl zwischen der autoritären  und der antiautoritären  Erziehung. Ferner gibt es noch die autoritative  Erziehung sowie verschiedene Abstufungen der einzelnen Erziehungsstils und -konzepte, beispielsweise autokratisch, demokratisch, egalitär, laissez-faire, negierend und permissiv.

Unterschiede bestehen beim Ausmaß der Lenkung des Kindes sowie bei der Art und dem Ausmaß der Responsivität des Elternteils. Generell gilt, dass es nicht die ultimative, auf alle Kinder anwendbare Erziehung gibt. Jedoch besteht laut Wikipedia eine Korrelation zwischen autoritärer Erziehung [hohe Kontrolle, geringe Responsivität] und Essstörungen bei autoritär erzogenen Kindern. Ferner neigen solche Kinder später selbst zu Aggressionen und zeichnen sich durch geringe soziale Kompetenz sowie ein geringes Selbstwertgefühl aus.

Ebenso hat die Art der Erziehung Auswirkungen auf die Suizidalität des Kindes bzw. des späteren Erwachsenen. So erhöht ein vernachlässigender [wenig Kontrolle, geringe Responsivität] Erziehungsstil die Gefahr, dass der spätere Erwachsene einen Suizidversuch unternimmt, während ein autoritativer Erziehungsstil  bzw. eine hohe Responsivität der Eltern diese Gefahr verringert.

Idealerweise sollten Eltern den „goldenen“ Mittelweg finden zwischen einem Zuviel und Zuwenig an beidem, Kontrolle und Responsivität. Kontrolle ist dort wichtig, wo das Kind die Konsequenzen seiner Entscheidungen noch nicht in vollem Ausmaß abschätzen kann. Innnerhalb eines geschützten Raumes kann man ein Kind durchaus eigene Entscheidungen treffen lassen; Ein Kind im Kindergartenalter kann zum Beispiel mitentscheiden, was es zu Mittag geben soll, oder ob es Nachmittags lieber Fahrrad fahren möchte, anstatt beim kleinen Geschwisterkind im Sandkasten zu sitzen. Bei der abendlichen Zubettgehzeit hört die Eigentständigkeit jedoch wieder auf, da das Kind noch nicht abschätzen kann, dass es am Folgetag völlig übermüdet und entsprechend um ein Vielfaches weinerlicher und schlechter gelaunt sein und daher seitens der Eltern und Erzieher mehr Aufmerksamkeit, Zuspruch und Trost benötigen wird.

Die richtige Dosierung der elterlichen Responsivität ist mE ähnlich heikel wie die der Kontrolle, da ein Zuviel ebenso wie ein Zuwenig erheblichen Schaden anrichten kann, wenn auch auf andere Art und Weise. Zuwenig Responsivität kann Störungen im Bindungsverhalten sowie starke Defizite in den Bereichen Selbstwert, Selbstkonzept, intellektuelle Entwicklung, Selbstkontrolle und Aggressionskontrolle bewirken.

Ebenso kann Überbehütung, ein Fernhalten von allen schwierigen Situationen, eine zu lange Unterstützung der narzisstischen Bedürfnisse einen schädlichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben, da es auf diese Weise keine Möglichkeit hat, den Umgang mit Frustrationserlebnissen und Rückschlägen zu erlernen.

Hierzu ein interessanter Artikel über Ursachen und Auswirkungen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung.

Was ich selbst tatsächlich erlebt habe waren Eltern, die kindliche Probleme als unwichtig abtaten, wenn sie sie denn überhaupt wahrnahmen. Weil die Welt für Erwachsene bekanntlich um so vieles unbarmherziger und grausamer ist als für Kinder. Heute frage ich mich: ist sie das wirklich? Ein Kind, das von den Eltern kaum Ansprache bekommt außer ein „Hör auf zu heulen/stell dich nicht so an, meine Welt ist viel schlimmer als deine!“ hat es einfacher als ein Erwachsener? Natürlich muss ein Kind erst lernen, eine frustrierende [Niederlage beim Spiel, ein Spielzeug das es sich wünscht, nicht zu bekommen] oder schmerzvolle [zB Verlust eines Haustieres oder schlimmer: Eines Familienangehörigen] Situation zu bewältigen, und natürlich braucht ein Kind die Unterstützung eines Erwachsenen, ggf. eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.
Als ich sieben Jahre alt war, beging ein naher Verwandter, welcher das Obergeschoss unseres Hauses bewohnte, Selbstmord. Damals, im selben Alter wie meine Tochter jetzt, hätte ich wirklich jemanden brauchen können, der mir dabei helfen würde, den Verlust zu verkraften. Ich versuche mir vorzustellen, ob ich heute meine Tochter mit einem solche Verlust allein lassen könnte, und bin mir ziemlich sicher, dass ich es nicht fertigbrächte. Natürlich kann ich es nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Aber so war das wohl damals.

Kindern beim Erlernen dieser Kompetenzen zur Seite zu stehen kann schmerzvoll sein, ist jedoch in jedem Fall anstrengend, nerven- und kräftezehrend. Einerseits möchte man das Kind nicht zu sehr verhätscheln, andererseits möchte man dem Kind auch nicht den Spaß am Spiel verderben, denn für eine Langzeitmotivation braucht es – natürlich – Erfolgserlebnisse. Und wer sagt den Eltern, wie es „richtig“ geht? Einig sind sich Experten darin, dass Gewalt, sei sie körperlicher oder seelischer Natur, sich negativ auf die Entwicklung der kindlichen Psyche auswirkt, und daher zu unterlassen ist. In der Praxis ist der Grat zwischen der Ausübung von „schützender Macht“ und „missbräuchlicher Gewalt“ manchmal ganz schön schmal. Wichtig ist immer die Kommunikation zwischen Eltern und Kind, Signale der Wertschätzung [damit meine ich keine materiellen Zuwendungen] und, fast noch wichtiger: Authentizität. Ich kann meinem Kind gegenüber nicht sagen „Hauen darf man nicht!“, es am nächsten Tag Ohrfeigen und dann erwarten, dass es mich glaubwürdig findet. Natürlich war das ein überspitztes Beispiel, doch Kinder lernen hauptsächlich durch Imitieren des elterlichen Verhaltens; Wenn ich a sage und b mache, wird mein Kind das bemerken und mich als Autoritätsperson früher oder später in Frage stellen.

An dieser Stelle mache ich einen Schnitt und werde mich im nächsten Teil dem Schulalter und der Pubertät widmen.

Potty-Mouthed Princesses Drop F-Bombs for Feminism by FCKH8.com

Ich frage mich wirklich, wie man schon Kinder mit diesem Mist indoktrinieren kann.

Doch weil sie so genial ist, gleich im Anschluss die Videoantwort von Julie Borowski:

Barbara Kay hat in der National Post einen Artikel darüber geschrieben.

GFK, TA, alles klar?

In letzter Zeit kam ich mehr und mehr ins Grübeln, warum es für mich so absolut unmöglich ist, mich mit dem Feminismus zu identifizieren, obwohl ich eine Befürworterin von Gleichberechtigung und einem achtsamen menschlichen Miteinander bin. Beides hat sich der Feminismus auf die Banner geschrieben, zumindest, wenn es um Frauen geht. Auch wenn vielleicht der eine oder andere von euch jetzt kopfschüttelnd vorm Monitor sitzt: das lasse ich einfach mal so stehen.

Es sind viele Dinge, zum Teil diese Erbschuld-weil-Penis-Einstellung, die viele Feministinnen vertreten. Viele, nicht alle. Schließlich möchte ich auch nicht, dass ein x-beliebiger Mann mich für seine Probleme verantwortlich macht, nur weil ich eine Vagina habe.
Es ist auch die Männerfeindlichkeit, die von Radfems zelebriert wird, und von der sich zu distanzieren die eher gemäßigten Feministinnen keine Notwendigkeit sehen. Ist schließlich alles nur ironisch und so und überhaupt: Nicht-mein-Feminismus. Für wen das okay ist: bittesehr, für mich wäre es das nicht. Beim Maskulismus fällt es mir deutlich schwerer, mich zu distanzieren. Ich will mich an einer kurzen Erklärung versuchen. Natürlich halte ich nichts von Frauenhassern. Gerüchteweise habe ich gehört, dass sie innerhalb der Männerrechtsbewegung nur einen kleinen Anteil stellen.

Also warum habe ich mit Feminismus ein Problem und mit Maskulismus nicht? Ich schätze, es liegt an meinem eigenen Geschlecht und an meiner Einstellung dazu. Ich halte mich nicht für eine Frauenhasserin. Wäre auch irgendwie seltsam. Doch ich weigere mich, irgendjemandem gleich welchen Geschlechts zu erlauben, auf mein Leben und mein Wohlbefinden einen solch großen Einfluss auszuüben, dass ich mich deshalb diskriminiert/belästigt oder in sonst einer Form schlecht fühle. Vielleicht eine Art Selbstschutz. Sehe ich jedoch beim anderen Geschlecht eine Benachteiligung, kann ich sie viel leichter als solche erkennen und deshalb kritisieren.

An dieser Stelle möchte ich euch etwas erzählen und gleichzeitig etwas vorweg nehmen: Ich weiß um einige, wie sag ich das, problematische Verhaltensmuster, welche ich mir [wie vermutlich jeder von euch es mehr oder weniger tun musste] im Laufe meines Lebens angeeignet habe, um in dieser Gesellschaft zu überleben. Das Bewusstsein um das Vorhandensein dieser Verhaltensmuster brachte mich dazu, zu tun was ich damals tat. Nicht weil glaubte, allein am Verlauf der Ereignisse schuld zu sein.

Vor einiger Zeit sah ich mich gezwungen, meine Kommunikation mit meinem Partner anders als bisher zu gestalten, da es genau genommen nicht wirklich ein Kommunizieren war was wir taten, sondern eher ein nicht sonderlich konstruktives „nebeneinander-her-Leben“. Ein Klassiker also: gewollt und nicht gekonnt.

Kurz: Wir steckten in einer massiven Beziehungskrise. Die einen gehen dann zur Eheberatung oder Paartherapie, was auch nicht verkehrt ist, doch so weit kam es nicht: mir fielen einige Bücher in die Hände. Zuerst das hier:Ich bin so wütend! Nutzen Sie die positive Kraft Ihrer Wut! Von Anita Timpe und etwas später dann Ich höre was, das du nicht sagst: Gewaltfreie Kommunikation in Beziehungen von Susann Pàsztor und Klaus-Dieter Gens.

Da ich zu dieser Zeit noch mit der Frage haderte, welche Art der Erziehung ich meinen Kindern würde angedeihen lassen wollen, hatte ich mich dazu entschieden, dieses Buch ebenfalls zu lesen:Ich will anders als du willst, Mama: Kinder dürfen ihren Willen haben – Eltern auch! Erfahrungen mit der Anwendung von GFK in der Familie von Britta Hahn

Die beiden zuletzt genannten Bücher befassen sich mit der Anwendung der von Marshall B. Rosenberg entwickelten Gewaltfreien Kommunikation [GFK]. Nun mag es für den einen oder anderen Leser seltsam klingen, dass man sich als erwachsener Mensch extra Bücher kauft um dadurch das Kommunizieren zu lernen, dazu auch noch „gewaltfrei“.

Tatsächlich hatte ich nie gelernt, konstruktiv zu kommunizieren. Meine Bedürfnisse wahrzunehmen, geschweige denn sie in Worte verpackt meinem Gegenüber begreiflich zu machen. Ich konnte es einfach nicht. Eine bittere Erkenntnis. Wie andere Menschen es schafften, heikle Situationen unter Zuhilfenahme von lediglich ihrer Rhetorik zu entschärfen, war mir vollkommen schleierhaft. Und nun schickte sich mein Partner an, unsere Beziehung auf den Prüfstand zu stellen. Ich wollte ihn nicht vollends vergraulen.

Die Lektüre der Bücher ging mit dem Beginn einer tiefenpsychologischen Behandlung einher, um Erlebtes und Verdrängtes zurück ins Bewusstsein zu holen und ggf. neu zu betrachten. Nach einigen Sitzungen brach der Therapeut aus gesundheitlichen Gründen seinerseits die Behandlung ab und bis dato gab es keinen zweiten Anlauf.

Gleichzeitig befasste ich mich noch [auf Anraten meiner sozialpädagogischen Familienhelferin] mit der Transaktionsanalyse. Die TA soll helfen, verschiedenste zwischenmenschliche Situationen sowie deren Abläufe und Dynamiken auf einer Metaebene zu analysieren. Hierzu las ich dieses Buch:Ich bin o.k. – Du bist o.k.: Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die TransaktionsanalysevonThomas A. Harris.

Was mir an der TA positiv auffiel war folgendes:

Wenn Menschen mit Hilfe der Grundgedanken der Transaktionsanalyse auf soziale Interaktionen oder einzelne Persönlichkeiten schauen, dann gelten hierfür diese Annahmen:

  • Jeder Mensch hat die Fähigkeit, zu denken und Probleme zu lösen.
  • Jeder Mensch ist in all seinen Schattierungen und in seiner Ganzheit in Ordnung.
  • Jeder Mensch ist in der Lage, Verantwortung für sein Leben und dessen Gestaltung zu übernehmen. Er verfügt dazu über die Fähigkeit der bewussten Wahrnehmung und Steuerung seiner mentalen, emotionalen und sensorischen Vorgänge und der sich daraus ergebenden Handlungen bzw. sozialen Interaktionen.
  • Jeder Mensch wird als fähig angesehen, sein Lebenskonzept (oder Lebensgestaltungsmuster) schöpferisch, zuträglich und konstruktiv zu gestalten.

Was haben diese beiden Ansätze nun miteinander zu tun? Die GFK geht davon aus, dass jeder Mensch mit seinem Handeln versucht, die Situation zu verbessern und schlicht nicht weiß, wie er oder sie es anstellen soll. Die TA hilft, die unterschwelligen [ggf. Gewalt implizierenden] Abläufe aufzudecken und Verhaltensmuster zu verändern.

Die GFK funktioniert über die Art der Sprache. Sie nennt zwei Arten der Sprache: Erstens die sogenannte „Wolfssprache“. Es geht hier um die allgemein übliche Art, miteinander zu sprechen, sich gegenseitig Vorwürfe [Suche nach der Schuld] zu machen und einander für das eigene Unwohlsein verantwortlich zu machen [Weil du…., geht es mir schlecht] und zweitens gibt es die [gewaltfreie] „Giraffensprache“ [Ich fühle mich… und habe das Bedürfnis nach…].

Wem die GFK fremd ist, dem wird die umständliche und teils holprige „Giraffensprache“ sehr, sehr seltsam vorkommen. Zumindest ging es mir so. Vereinfacht geht es darum, auf eine Vorwurfshaltung [welche Gewalt implizieren würde] zu verzichten und statt dessen [positive] Ich-Botschaften zu senden. In der Familie und im Freundeskreis stellte ich nach bewusster Veränderung meiner Art der Kommunikation [mehr Wertschätzung, weniger bzw. möglichst keine Vorwürfe] fest, auch wenn es nicht einfach war vertraute Verhaltensmuster zu verändern, dass sich tatsächlich die Art des Feedbacks meiner Mitmenschen veränderte. Es lag also nicht an mir als Person, sondern hauptsächlich an meinem teilweise hochproblematischen Verhalten, speziell wenn es um Konflikte ging. Mit hochproblematisch meine ich die Neigung zum Polarisieren, emotionalen Rückzug und, wie man sich durch den Titel des ersten Buches vielleicht schon denken kann, teils heftige Wutausbrüche.

Die Transaktionsanalyse geht 1) davon aus, dass der Mensch drei Ich-Zustände hat. Eltern-Ich [direkt von den Eltern übernommene Verhaltensmuster, beispielsweise überfürsorglich, überkritisch, lieblos, gewalttätig], Erwachsenen-Ich [Verhaltensmuster, die weder dem Eltern-Ich noch dem Kindheits-Ich zugeordnet werden] und Kindheits-Ich [aus der eigenen Kindheit übernommene Verhaltensmuster, zB Trotz].

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Verschiedene Situationen führen zu einem der drei Ich-Zustände, aus deren Handlungsrahmen sich dann die Reaktionen ergeben. 2) Ferner besteht die Annahme, dass in jeder Konfliktsituation ein sogenanntes „Dramadreieck“ existiert. Bedeutet, in jeder Situation agieren drei Persönlichkeiten [„Rollen“]: Täter bzw. Verfolger, Opfer und Retter.

2.1)Die “Spiele”.
Die “Spiele der Erwachsenen” (Buchtitel von Eric Berne) beschreiben alltägliche und meist destruktive manipulative Spiele, um uns gegenseitig und uns selbst zu sabotieren.
Sie haben sehr viel mit den Sichtweisen und Wahrnehmungen von Situationen zu tun.
Die TA beschreibt, wie diese Spiele verhindern, die Situation zu verändern, und dafür sorgen, dass sich alles im Kreis dreht.*

Die feministischen Argumentationen sind Musterbeispiele dafür.
Sie geben dabei, absolut klassisch für diese Spiele, zwar vor, die dahinterliegenden Probleme angehen zu wollen, tun aber stattdessen alles dafür, um den Status Quo zu erhalten und auf gar keinen Fall z.B. etwas an einem Opfer-Status zu verändern.
Kann man insofern nur jedem empfehlen, der sich mit Feminismus befasst.*

Und was hat all das jetzt mit meiner persönlichen Abneigung gegen Feminismus zu tun? Erstens, ganz klar die „Schuldfrage“. Ich glaube nicht, dass jemand daran „schuld“ ist, dass mein Leben so ist, wie es ist. Ich habe in meinem Leben Entscheidungen getroffen, und diese Entscheidungen brachten Konsequenzen mit sich. Zweitens, was ich auch schon an anderer Stelle angeführt habe, jemanden aufgrund des Geschlechts zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen oder gleich ganz abzuwerten oder dessen Bedürfnisse zu bagatellisieren. Drittens: problematisch finde ich die in feministischen Kreisen sehr verbreitete konsequente Weigerung, Kritik zuzulassen, egal in welcher Form. Nicht einmal ein Hinterfragen ist erlaubt. Nein, natürlich schuldet keine Feministin dieser Welt irgendjemandem eine Erklärung. Aber ein Gespräch kann hilfreich sein. Und last but not least: Schwierig finde ich dieses absolute Beharren darauf, die einzig richtige Wahrheit zu kennen und die Gesellschaft danach formen zu wollen.

Kurz: Feminismus ( in der Form, wie er mir heute jedenfalls übrall begegnet) verstößt praktisch durchgängig gegen sämtliche der Konzepte der GFK und der TA.
Bzw.: Die Form der Kommunikation, die dort betrieben wird, die Haltungen, die vertreten werden,die Forderungen, die aufgestellt werden, sind allesamt als kontraproduktive Beispiele dafür geeignet, wie man echte Kommunikation verhindert, Beziehung zerstört, Vertrauen vernichtet, wie man aneinander vorbeiredet, etc.*

Wer ständig damit beschäftigt ist, jemanden für irgend etwas verantwortlich zu machen bzw. einen Schuldigen zu suchen, der vergeudet meines Erachtens Energie, die er sinnvoller konstruktiv einsetzen könnte. An dieser Stelle ein Zitat, welches mir sehr gefällt, und nach dem ich zu leben versuche, auch wenn ich mich selbst häufiger als mir lieb ist dabei erwische, wie ich die „Wolfssprache“ gebrauche und in kontraproduktive Verhaltensmuster zurückfalle.

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Sagte schon Mahatma Gandhi, und im Rahmen meiner Möglichkeiten tue ich das.
Achtung: Ich beanspruche nicht für mich, die einzig wahre Wahrheit zu kennen. Es gibt kein Allheilmittel gegen Weltschmerz oder wie auch immer ihr es nennen möchtet. Ich habe mit GFK, TA & Co. für mich selbst einen Weg gefunden, nicht an mir selbst zu verzweifeln, und das Erlebte zu verarbeiten. Damit wollte ich nur eines erreichen: Lernen, ein zufriedenes, im Idealfall glückliches Leben zu führen. Nicht mehr und nicht weniger.

Wer sich jetzt fragt, warum ich das hier veröffentliche und nicht auf meinem privaten Blog, auch wenn es dort vielleicht eher hingehört: Weil ich im Internet ebenso wie „draußen“, nicht nur aber auch im Geschlechterkontext erlebe, dass verbale und körperliche Gewalt und Machtmissbrauch selbstverständlich und alltägliches Gebrauchsmittel sind. Geschlecht egal. Aber daran ist ja wieder nur das Patriarchat™ schuld, nicht wahr?

* Mein Dank an Maddes8cht für die Ergänzung zur TA. 🙂

#WomenAgainstFeminism

Ich habe es an anderer Stelle schon mal erwähnt, dass ich mir über Feminismus nie großartig Gedanken gemacht hab, bis erzaehlmirnix einige Comics zum Thema veröffentlichte. Von Maskulismus las ich dort zum ersten Mal. Ebenfalls las ich damals bei erzaehlmirnix, dass ihr Blog von feministischer Seite als „Hateblog“ betitelt wurde. Ich fand das damals eigentlich nur lustig.

Ohne dass ich mich damit beschäftigt hätte, war ich der Ansicht, dass eine Gleichberechtigung in Deutschland bereits erreicht sei. Meine Mutter belächelte ich im Stillen dafür, dass sie noch immer regelmäßig die Emma las; ich hielt das für überholt und nicht mehr zeitgemäß.

Vor einer Weile begann ich, vermehrt feminismuskritische Blogs zu lesen, und irgendwann stellte irgendwo, ich glaube es war hier beim Geschlechterallerlei, jemand folgende Frage: Was hat der westliche Feminismus in den letzten 20 Jahren erreicht? Ich hab mal spaßeshalber gegoogelt, und ehrlich gesagt außer § 177 nichts gefunden. Vielleicht weiß noch jemand von euch was, interessieren würde es mich nämlich.

In einem meiner früheren Beiträge hier beim Geschlechterallerlei äußerte ich mich feminismuskritisch, was interessante Reaktionen seitens einiger Feministinnen hervorrief. Was ich spannend finde, zumal ich mich zu keinem Zeitpunkt gegen Gleichberechtigung von Mann und Frau ausgesprochen hatte. Ebenso hatte ich mit keinem Wort bestritten, dass es durchaus noch Länder gibt, in denen Frauen weniger wert sind / weniger Rechte besitzen als Männer, und dass daran dringend etwas geändert werden muss. Nur hatte ich eben darauf hingewiesen, dass Männer ebenso Benachteiligungen ausgesetzt sind, und ich stellte unter anderem den Patriarchatsmythos in Frage.

Bei womenagainstfeminism.tumblr.com erscheinen nach wie vor regelmäßig neue Selfies von Frauen, die Schilder in die Kamera halten mit Begründungen, warum sie keinen Feminismus brauchen.

Vor einigen Wochen tauchte dann bei Twitter das Hashtag #WomenAgainstFeminism auf. Neugierig geworden beobachtete ich anfangs immer wieder die Timeline und fand auf diese Weise viele interessante Twitterer und auch einige informative zum Teil feminismuskritische Blogs und Youtube-Channels. Und auch ansonsten war es ziemlich erhellend.

Besonders interessant fand ich die Reaktionen von einigen Feministinnen. Die Quintessenz: „Nein heißt nein, es sei denn du sagst nein zum Feminismus.“ Weil dann heißt es eher „Ach komm, zier dich nich so, du willst es doch auch, du weißt es nur [noch] nicht.“ Oder so ähnlich.

Feminismuskritische Frauen sind [lt. diverser Feministinnen]

  • dumm [„Wie kann sie so dumm sein und nicht kapieren, dass WIR für IHRE Rechte kämpfen?“]

  • feige [„Du hast nur nicht den Mumm dich uns anzuschließen und mit uns für deine Rechte zu kämpfen!“]

  • undankbar [„Du weißt aber schon dass du nur deshalb wählen darfst weil WIR das für DICH erkämpft haben!“]

  • ignorant [„Aber in (hier beliebiges 3. Welt-Land einfügen in dem Frauen unterdrückt werden) werden sehr wohl noch Frauen unterdrückt!!!111einself“]

  • ungebildet [„Lies ein Wörterbuch dann bist du auch auf unserer Seite!“]

  • vom Patriarchat gehirngewaschen [„Ich fühle mich aber nicht unterdrückt! Ich bin zufrieden, mein Leben ist okay!“]

  • privilegiert [DAS K.O. Argument schlechthin. Privilegierte dürfen nämlich nicht mitreden.]

  • gegen Gleichberechtigung [mein persönlicher Favorit, weil DAS wäre wirklich bescheuert.]

oder

  • sie wollen einen Mann abbekommen/sich bei Männern einschleimen [„Hey Dude, ich bin gegen Feminismus, hast du mich jetzt lieb?“ wimperklimper ]

Bei manchen Begründungen, warum gerade diese Frau keinen Feminismus braucht, könnte man sich durchaus an den Kopf fassen. Eine davon gibt an, keinen Feminismus zu brauchen, weil sie ihrem Freund einfach hin und wieder gern ein Sandwich macht. Eine andere respektiert Jungs und findet, dass die Welt ohne sie langweilig wäre.

Naja.

Der Punkt ist: die Gründe sind völlig egal, denn all diese Frauen fühlen sich von dem heutigen Feminismus nicht repräsentiert und lehnen ihn deshalb ab. Was völlig legitim ist. Haben sie deshalb verdient, abgewertet und verunglimpft zu werden? Handlungen und Aussagen diverser Feministinnen sagen ganz klar „Ja!“.

Ist eine Frau dumm, die für sich selbst herausgefunden hat, dass sie etwas scheiße findet und es deshalb ablehnt?

Ist sie feige, weil sie sich nicht einer Bewegung anschließt, die sie als destruktiv/negativ/überholt wahrnimmt?

Ist sie undankbar, weil sie die Rechte nutzt, welche in der Vergangenheit durch mutige Frauen und Männer erkämpft wurden, und im selben Atemzug den heutigen westlichen oder auch 3rd Wave Feminismus ablehnt? Mal ehrlich, kann man die Ziele der ersten und zweiten Welle der Frauenbewegung wirklich mit denen der dritten Welle vergleichen? Was außer dem Namen haben die erste, zweite und dritte Welle eigentlich wirklich miteinander zu tun?

Frauenwahlrecht, Recht auf Erwerbstätigkeit, Recht auf Bildung, neues Sittengesetz bzw. Kampf gegen gesellschaftlich akzeptierte Diskriminierung von Frauen versus Infragestellen problematischer Identitätskonzepte, von Geschlechtsidentität und Sexualität. Okay, und für welches meiner Rechte kämpfen heutige Feministinnen nochmal? Wofür genau schulde ich der dritten Welle des Feminismus Dank? Und an welcher Stelle repräsentiert der Feminismus mich? Weil Vagina? Ähm, nein.

Ist die feminismuskritische Frau ignorant, wenn sie sagt „klar, woanders geht es Frauen nach wie vor dreckig, sie sind weniger wert als Männer, werden ausgebeutet, misshandelt und unterdrückt, und daran muss sich etwas ändern, aber hey, das passiert doch nicht hier in Deutschland?“ Ich würde zu gerne wissen, wieviele der Feministinnen, welche die unterdrückten Frauen in anderen Ländern instrumentalisieren, tatsächlich etwas tun, um jene Frauen aus ihrem Elend zu befreien. Ich wette, der Anteil ist verschwindend gering. Schließlich sind sie zu sehr damit beschäftigt, darüber zu lamentieren, wie schlimm die Zustände hier in Deutschland sind. [Mansplaining! Sexismus, Sexismus überall! Objektifizierung überall! Frauenquote! Ergebnisgleichheit!! Gender Pay Gap!!!!!einself] Natürlich lasse ich mich gern eines Besseren belehren.

Sind sie ungebildet, weil sie für sich selbst herausgefunden haben, dass die Definition des Wortes „Feminismus“ und die Aktionen von vielen Feministinnen zwei Paar Schuhe sind, und damit nichts zu tun haben wollen? Frauen, die Männerfeindlichkeit, und sei sie noch so „ironisch“ gemeint, einfach nur abstoßend finden?

Sind sie gehirngewaschen, weil sie sich nicht unterdrückt oder permanent belästigt fühlen, weil sie das vielfach bemühte und für alle Unbill der Frauen Feministinnen verantwortliche Patriarchat™ nicht sehen, Männer nicht als potentielle Bedrohung wahrnehmen und gar eigenverantwortlich handeln? Oder die Mütter, die nicht nur für ihre Töchter, sondern auch für ihre Söhne Gleichberechtigung wollen?

Sind WomenAgainstFeminism privilegiert? Das kann ich nun wirklich nicht beantworten. Aber Feministinnen können es bestimmt. Schließlich haben sie die einzig wahre Wahrheit für sich gepachtet. Und zwar jede von ihnen. Natürlich sind sie sich hin und wieder uneins bezüglich einiger Detailfragen, doch eines haben sie alle gemeinsam: Feminismus ist für alle da!

Sind feminismuskritische Frauen womöglich gegen Gleichberechtigung? Moment, was hat der heutige westliche Feminismus nochmal mit Gleichberechtigung zu tun? Und warum nochmal heißt es „Feminismus“ und nicht „Egalitarismus“?

Feminismuskritische Frauen schleimen sich bei Männern ein? Oder anders gefragt, wenn Women against Feminism nur mal „einen abkriegen wollen“, was macht das aus den männlichen Allies der Feministinnen?

Frauen, die sich gegen Feminismus aussprechen, werden von Feministinnen beleidigt, ihre Gründe werden ins Lächerliche gezogen und sie werden verunglimpft. Und dann wundern sich die selben Feministinnen, warum frau nicht reuig und gesenkten Kopfes „zurück in die Reihe“ marschiert, um weiterhin ein fiktives Patriarchat™ zu zerschlagen und den allgegenwärtigen Sexismus und die herrschende Rape Culture zu bekämpfen? Ernsthaft?

Nochmal zum Mitschreiben: Feminismus, Definition laut Wörterbuch hin oder her, wird nach den öffentlichkeitswirksamen Handlungen von selbst ernannten Feministinnen bewertet. Wenn Feministinnen sich nur in ausreichendem Maße daneben benehmen, und daran intern oder besser noch öffentlich keine Kritik geübt wird, bzw. wenn vorgetragene Kritik nicht toleriert wird, dann fällt das eben auf die gesamte Bewegung zurück. Falls sich dann doch mal eine erdreistet irgendetwas am Feminismus zu kritisieren, dann stürzen sich Feministinnen auf ihre eigenen Mitstreiterinnen, es wird gedroht, beleidigt und geblockt was das Zeug hält. Und wer sich dann wundert, dass Frauen heutzutage damit lieber nichts am Hut haben möchten, der könnte sich ja fragen, ob mit der eigenen Wahrnehmung unter Umständen etwas vielleicht nicht stimmen könnte.

Und dann gibt es noch die Confused Cats against Feminism.

Ich mag Katzen. Katzen sind toll. Außerdem ist jede feministische Aktion gegen die #WomenAgainstFeminism wichtig: Auf diese Weise zeigen Feministinnen sehr anschaulich, dass eigenständiges Denken und eigenverantwortliches Handeln von Frauen nur erwünscht ist, so lange es in vorgeschriebenen Bahnen verläuft. Alles andere wird niedergebrüllt, verunglimpft oder ins Lächerliche gezogen: Es darf nicht sein, dass jemand der einzigen wahren Wahrheit widerspricht.

Daher an dieser Stelle: Besten Dank an alle involvierten Feministinnen!

Warum eine erfundene Krankheit noch keinen wahren Mann macht.

Seit einiger Zeit brüte ich darüber, was ich als nächstes thematisieren soll. Habe eine Idee, finde sie erst mal gut, nur um sie wenig später wieder zu verwerfen.

Bezüglich Männerrechten gibt es eigentlich wenig, zumindest fällt mir gerade nichts ein, was nicht schon mindestens einmal gesagt oder geschrieben wurde. Und seien wir ehrlich: die männlichen Männerrechtsbewegten sind einfach viel besser mit der Materie vertraut als ich es auf absehbare Zeit sein werde. Doch nicht mangels Interesse, sondern eher mangels freier Kapazitäten.

Doch ich würde mich gern weiterhin am Geschlechterallerlei beteiligen. Und bei all den vielen Themen über die ich gern schreiben würde, für die mir jedoch die nötige [Recherche-]Zeit fehlt, gibt es etwas, das hier zu thematisieren mich schon länger in den Fingern juckt. Genauer gesagt, seit ich das hier gelesen habe. Dort schreibt Oliver Flesch unter anderem:

AD[H]S gibt es nicht. Oder sagen wir es nicht ganz so krass: Neunundneunzig Prozent der Kinder, denen es diagnostiziert wurde, sind kerngesund.

Er erzählt von einem Jungen, der angeblich AD[H]S hat. Weil: Wenn sich ein Kind nur auf jene Themen konzentrieren kann, die zufällig in sein persönliches Interessensgebiet fallen, dann ist das in Ordnung und ganz normal. Der Autor erzählt, er selbst habe sich als Kind ebenfalls nicht auf die „uninteressanten“ Fächer konzentrieren können. Und er habe es auch gar nicht gewollt.

Das mit dem Wollen ist ein interessanter Aspekt. Viele Menschen, die mit der Materie nicht vertraut sind, erliegen dem Irrglauben, betroffene Kinder seien „ganz normale“ Kinder und müssten etwas einfach nur genug wollen, dann würden sie es auch auf die Reihe bekommen. Doch AD[H]S und die Unfähigkeit, sich auf eine langweilige oder eintönige Sache zu konzentrieren, ist keine Sache des Wollens bzw. des Nicht-Wollens. AD[H]S ist nichts, wofür man sich bewusst entscheidet. Ist ja schön und so weit tatsächlich normal, dass Klein-Oliver null Bock auf langweilige Fächer hatte. Nur ist AD[H]S tatsächlich etwas gänzlich Anderes. Es ist viel komplexer und besteht aus weit mehr als bloßem „sich-nicht-konzentrieren-Können“.

Für mich, ist der Junge, der heute noch glaubt, er hätte AD[H]S, nicht krank. Für mich ist er ein wahrer Mann!

Die erste Frage, welche sich bezüglich des obigen Artikels aufwirft, ist natürlich folgende: Sind weibliche AD[H]S-Betroffene eigentlich auch „wahre Männer“?

Ich gebs zu, der war flach. Da ich selbst einen AD[H]S-betroffenen Sohn habe und derartige Behauptungen von AD[H]S-Verleugnern bzw. -Verharmlosern ziemlich anmaßend finde, hinterließ ich einen Kommentar und überlegte seitdem, ob ich dieses Thema hier bearbeiten soll.

Unschwer zu erkennen: ich entschied mich dafür.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass AD[H]S nach wie vor ein heißes Eisen ist, zumal die Leserschaft hier größer und auch breiter gefächert ist als auf meinem eigenen Blog, wo ich das Thema mehr oder weniger regelmäßig bearbeite.

Ist AD[H]S nun ein Geschlechterthema? Ich sags mal so: Ja und nein. Ja weil immer wieder aus irgendeiner Ecke die Behauptung kommt, es sei ein Mittel, um unbequeme Kinder, vornehmlich Jungs, „ruhig zu stellen“. Ja weil AD[H]S bei Jungs um ein Vielfaches häufiger [und, womit Oliver Flesch ja durchaus ein Stück weit Recht hat, oftmals vorschnell, bei Mädchen dagegen ist es genau umgekehrt] diagnostiziert wird, und nein weil AD[H]S tatsächlich eine Störung des Hirnstoffwechsels ist, die Mädchen ebenso betrifft wie Jungs. Aus irgendwelchen noch nicht vollständig erforschten Gründen ist bei Mädchen die hypoaktive [„Träumerle“], bei Jungs die hyperaktive [„Zappelphillip“] Version stärker vertreten, wobei es natürlich auch verträumte Jungs und hyperaktive Mädchen gibt.

Es wird behauptet, AD[H]S sei eine erfundene Krankheit. Gern wird hierbei eine angebliche Aussage eines gewissen Leon Eisenberg hinzu gezogen, welche er während eines Interviews gemacht haben soll. AD[H]S sei „ein Paradebeispiel für eine fabrizierte Erkrankung“ und„die genetische Veranlagung für AD[H]S wird vollkommen überschätzt.“ Diese Aussage hat es vor zwei Jahren sogar in den Spiegel geschafft.

Tatsächlich war Leon Eisenberg nur einer von vielen Kinder- und Jugendpsychiatern [und obendrein nicht der erste], die sich mit der Materie beschäftigten. Und tatsächlich hat er AD[H]S nicht erfunden, er hat lediglich Kinder mit Entwicklungsproblemen und ihre Zusammenhänge erforscht.

Irgendwo, ebenfalls in einem Blog, las ich kürzlich, AD[H]S sei ein Instrument üblicherweise überforderter und / oder desinteressierter Eltern, um aufmüpfige, „schwierige“ Jungs mithilfe von sogenannten Drogen „gefügig“ zu machen. Ich finde es jetzt nicht mehr, vielleicht wurde der entsprechende Artikel vom Blogbetreiber gelöscht, nachdem ich einen kritischen Kommentar hinterlassen hatte. Ich weiß es nicht.

Die Frage ist hier wohl: wenn es [Ritalin] dazu missbraucht wird, um Jungs gefügig zu machen, warum wird es dann auch Mädchen verschrieben? Man könnte meinen, dass sich mittlerweile herumgesprochen hat, welche Faktoren sich ursächlich bzw. auslösend auswirken können. Doch scheinbar ist dem nicht so.

Da wären einmal tatsächlich die genetische Disposition, welche nachweislich von den Eltern an die Kinder weitergegeben wird. Ist dieses Kriterium erfüllt, braucht es noch mehr oder weniger äußere/soziale Einflüsse [Stress/Rauchen/Alkohol während der Schwangerschaft, angespannte familiäre Situation, Trennung der Eltern, emotionale Störung aufgrund des Verlustes einer wichtigen Bezugsperson, etc.] um die Aufmerksamkeitsdefizits[-Hyperaktivitäts]störung „ausbrechen“ zu lassen. Außerdem wurden bei verschiedenen AD[H]S-Betroffenen verkleinerte Hirnregionen festgestellt.

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Vielerorts wird nach wie vor behauptet, Kinder mit AD[H]S bekämen Ritalin [oder ein anderes Medikament, welches Methylphenidat enthält], um sie ruhig zu stellen. Es werden immer wieder nebulös Behauptungen von angeblichen Todesfällen aufgestellt, doch jedes Mal wenn ich in einem solchen Fall nachhake, wird zurück gerudert oder ausgewichen. Oder aber, das Medikament wurde grob missbräuchlich verwendet. Ich weiß von keinem einzigen Todesfall, welcher durch ärztlich verschriebenes und daraufhin nachweislich korrekt dosiert verabreichtes Methylphenidat verursacht wurde.

Gerne werden, speziell in den Massenmedien, jedoch auch in diversen Blogs, die angeblichen überall vor sich hinvegetierenden Ritalin-Zombies bemüht. Dumm nur, dass ich noch keinem einzigen begegnet bin, und auch niemand den ich kenne, inklusive sämtlicher Kinderärzte bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, bei denen wir bis dato vorstellig waren.Und das hier ist auch nur einer von vielen Fällen, die man getrost unter Missbrauch ablegen kann. Ärzten und Therapeuten kann man bekanntlicherweise  nicht glauben, die werden ja sowieso alle von der Pharmalobby geschmiert. [Wer Ironie findet, darf sie behalten]

Achtung: Ich behaupte NICHT, es gäbe keinen Missbrauch. Doch tatsächlich sind es nicht die Eltern von betroffenen Kindern, die ihnen Ritalin geben um sie auf diese Weise zu gefügigen Junkies zu machen.

Wer Ärzten und Psychologen nicht glaubt, könnte ja auch einfach jemanden fragen, der selbst von AD[H]S betroffen ist, ob und wenn ja auf welche Weise das AD[H]S-Medikament hilft.

Wenn es nicht erfunden ist, was ist dieses AD[H]S dann?

Eine Störung des Hirnstoffwechsels. Aufgrund von beschleunigtem Dopaminabbau können die Zellen nicht richtig kommunizieren, was unter anderem zu verminderter Konzentrationsfähigkeit, motorischer Unruhe und verminderter Impulskontrolle führt.

Und was macht es, wenn man es nicht behandelt?

Bedeutung für den Betroffenen selbst:

– Schwierigkeiten, sich auf „weniger spannende“ Inhalte zu konzentrieren und daraus resultierend die Gefahr, trotz hohem kognitiven Potential unverhältnismäßig schlechte Leistungen abzuliefern. Außer beim „Lieblingsfach“ bzw. „Spezialgebiet“, was mit dem Belohnungszentrum zusammenhängt: Aufgrund der veränderten Dopamin-Wiederaufnahme sind AD[H]S-Betroffene ständig auf der Suche nach einem neuen „Kick“.
– Hohe Gefahr, als Schulabbrecher auf der schiefen Bahn zu landen.
– Häufiges Anecken in Schule, Beruf und Privatleben und als Konsequenz niedriges Selbstwertgefühl bzw. das Gefühl „falsch“ zu sein, nicht richtig zu funktionieren, was wiederum zu Depression und Suizidgedanken führen kann.
– Geringe Frustrationstoleranz führt häufig zu unkontrollierten Wutausbrüchen.
– Unfähigkeit, Freundschaften zu knüpfen bzw. aufrecht zu erhalten.
– Erhöhte Gefahr, von Zigaretten, Alkohol und/oder Drogen abhängig zu werden.
– Erhöhtes Verletzungsrisiko / erhöhte Unfallgefahr.
– Keine Impulskontrolle. „Handelt/spricht, bevor er/sie denkt, ist vorlaut, frech, spricht aus was ihm/ihr gerade in den Sinn kommt, ungeduldig, kann nicht abwarten bis er/sie an der Reihe ist.“

Für das Umfeld des Betroffenen:

– Innerhalb der Familie: Allgemein sehr angespannte Familiensituation aufgrund eines Kindes [oder mehrerer Kinder], welches unverhältnismäßig mehr Aufmerksamkeit, Zuspruch und Förderung benötigt als ein nicht-betroffenes Kind.
– Konflikte innerhalb der Partnerschaft bezüglich des AD[H]S-betroffenen Kindes bzw. dessen korrekter Erziehung/Behandlung/Förderung. Paare, in denen ein oder mehrere Kinder von AD[H]S betroffen sind, trennen sich ca. 50% häufiger als solche, in denen kein Kind betroffen ist. [Hierfür habe ich leider keine Quellenangabe, da der Psychologe meines Sohnes dies bei einem unserer Termine erzählt hat].
– Geschwister, die sich vernachlässigt oder zumindest hinten angestellt fühlen, weil dem anderen Kind bzw. dessen Besonderheit so viel Beachtung geschenkt wird.

In der Schule: chronisch genervte Lehrer [sofern nicht speziell geschult bzw. auf einer Förder- oder Erziehungshilfeschule] und Mitschüler, da AD[H]S-Kinder nicht nur ständig den Unterricht stören, sondern grundsätzlich Schwierigkeiten haben, Regeln einzuhalten. Sie spielen den Klassenclown oder sind aggressiv und quatschen ständig dazwischen, vergessen Hausaufgaben und Arbeitsmaterial. Hypoaktive ADS-betroffene Kinder sind mit den Gedanken ständig woanders. Zwar stören sie nicht so massiv den Unterricht wie ihre hyperaktiven „Leidensgenossen“, doch sind sie ebenso wenig konzentriert bei der Sache.

– Im Beruf: chronische „Aufschieberitis“, Projekte werden nicht rechtzeitig fertig, was häufig zu Stress mit Vorgesetzten und/oder Chef führt.
– AD[H]S-Betroffene verheddern sich in zu vielen angefangenen Projekten, bis sie schließlich völlig den Überblick verlieren, und bringen nichts zu Ende. Falls doch, gelingt dies nur unter äußerstem Kraftaufwand und mit guter Organisation.
– Häufige Arbeitsplatzwechsel, schlimmstenfalls Arbeitslosigkeit.

Was kann man dagegen unternehmen?

Vorab: Es ist nicht „heilbar“. Es gibt keine Medizin und keine Therapie, die einen Betroffenen ein für allemal von seiner AD[H]S befreit. Es gibt allerdings Mittel und Wege, mit deren Hilfe der Betroffene lernt, sein Leben zu bewältigen, zusammengefasst in der sogenannten „Multimodalen Therapie“.

1. Aufklärung der Eltern
2. Elterntraining
3. Aufklärung des Kindes
4. Verhaltenstraining
5. Medikamentöse Behandlung [normalerweise zeitlich begrenzt und unter ärztlicher Kontrolle]

Hier wird explizit die Behandlung eines betroffenen Kindes erklärt. Warum ist schnell erklärt: Da es für betroffene Erwachsene Psychotherapie bzw. Versorgung im Sinne einer multimodalen Behandlung einfach nicht gibt.

An der medikamentösen Behandlung scheiden sich die Geister. Methylphenidat reguliert die Kommunikation der Gehirnzellen und ermöglicht es dem Betroffenen, sich zeitlich begrenzt auf etwas zu konzentrieren, bei der Sache zu bleiben. Ebenso aktiviert MPH eine Art „Reizfilter“ in dessen Gehirn: der Betroffene ist nicht mehr so leicht ablenkbar und wirkt allgemein „sortierter“. Aufgrund der veränderten chemischen Zusammensetzung löst es keinen „Kick“ aus und macht somit bei korrekter Einnahme nicht süchtig.

Doch ich will nichts beschönigen. Methylphenidat [kurz MPH], ein AmphetaminDerivat, unterliegt nicht grundlos dem Betäubungsmittelgesetz, und entsprechend streng sind die Verschreibungskriterien. Es kann als Droge missbraucht werden, und nicht umsonst wird die Behandlung ausschließlich unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle durchgeführt, denn es können Nebenwirkungen auftreten. Häufig beobachtete Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit und Einschlafstörungen.

Für Eltern von betroffenen Kindern ist die Entscheidung pro/contra MPH gewiss keine Einfache. Ich weiß das, weil ich selbst zwei Jahre gebraucht hab, um den Weg von völliger Ablehnung bis hin zu „naja, alles andere hat ja nicht funktioniert, versuchen wir´s halt mal“ zu gehen. Realistisch betrachtet ist ab einer gewissen Schwere der AD[H]S weder ein gesundes Großwerden des Kindes noch ein normaler Familienalltag mehr möglich. Bei den leichteren Fällen kann man sicher hie und da ohne Zuhilfenahme von  MPH Strategien für das Leben mit AD[H]S lernen.

Wer es bis hierher geschafft hat: Danke für deine Aufmerksamkeit. Ich weiß, ich habe ziemlich weit ausgeholt, und dennoch habe ich das Thema eigentlich nur „angekratzt“. Es gibt so viel mehr, was es darüber zu wissen gibt, und noch mehr, was erst noch erforscht werden muss. Kinder, die davon betroffen sind, haben natürlich nicht nur Nachteile. Sie sind wie andere Kinder liebenswerte kleine Menschen, die neugierig, regelrecht wissensdurstig sind, dazu noch freundlich und hilfsbereit. Sie sind sensibel und ausgesprochen mitfühlend ihren Mitmenschen gegenüber, häufig unangepasst und kritisch hinterfragend. Ein Grund mehr, genauer hinzusehen und vielleicht selbst zu hinterfragen, bevor man einen weiteren von den Massenmedien hingeworfenen Happen einfach so schluckt.

Getrennt leben, gemeinsam erziehen – warum der Vater so wichtig ist.

Ein Paar mit Kindern stellt fest, dass es als Paarbeziehung in dieser Konstellation nicht funktioniert. Natürlich geht man nicht ohne triftigen Grund auseinander, schon gar nicht, wenn Kinder da sind. Da versucht man vielleicht noch eher, die Beziehung irgendwie doch noch zu kitten, um den Kindern das oftmals traumatische Erlebnis der Trennung zu ersparen. Und macht es damit unter Umständen nur noch schlimmer.

Ich selbst bekam von meinen Eltern das volle Programm gereicht, zuerst eine katastrophale Ehe und nach fünfzehn unendlich langen Jahren des sich-gegenseitig-das-Leben-schwer-Machens kam dann doch die äußerst hässliche Trennung, inklusive Nachspionieren, Ausfragen und Aufhetzen der Kinder gegen das jeweils andere Elternteil. Das war der Hauptgrund warum ich mir irgendwann im Laufe meiner ersten Schwangerschaft schwor, meinen Kindern so etwas nicht anzutun. Das war sogar der Hauptgrund dafür, warum ich eigentlich die längste Zeit überhaupt keine Kinder wollte.

Mal ganz abgesehen davon, dass Kinder ein Recht auf ihren Vater haben und umgekehrt, bin ich der festen Überzeugung, dass ein Kind beide Elternteile braucht. Doch wo über die Notwendigkeit der Mutter allgemeine Übereinstimmung herrscht, sieht das beim Vater leider – zumindest in vielen Köpfen – immer noch anders aus. Zum Glück findet langsam aber sicher ein Umdenken statt, und der Wert des Vaters findet Anerkennung, wie zB hier.

Der Artikel von Fanny Jimenez beschäftigt sich unter anderem mit dem inzwischen emeritierten US-Psychologen Ronald Rohner, welcher das „Center for the Study of Interpersonal Acceptance and Rejection“ an der University of Connecticut aufgebaut und bereits in den frühen 70er-Jahren Studien zur Bedeutung des Vaters in der Familie durchgeführt hatte.

Jimenez schreibt:

So fand er im Jahr 1975 in einer vergleichenden Studie an 101 verschiedenen Kulturen heraus, dass Kinder, bei denen der Vater mit im Haushalt wohnte, von der Mutter, aber auch von anderen Bezugspersonen mehr Akzeptanz und Wärme erfuhren. Seine Arbeit motivierte viele andere Wissenschaftler, seinem Beispiel zu folgen. So rückte die Rolle des Vaters für die Kindesentwicklung stärker in den Fokus der Forschung.

Im Jahr 2012, am Ende seiner beruflichen Laufbahn, veröffentlichte Rohner zusammen mit Kollegen aus 13 Nationen im „Personality and Social Psychology Review“ einen einzigartigen Überblick über alle Ergebnisse der vergangenen Dekaden. Egal ob es der Vater oder die Mutter ist, so das Ergebnis: Wenn ein Kind sich ungeliebt oder abgelehnt fühlt, steigt sein Risiko, später aggressiv und emotional instabil zu werden. Auch ein gering ausgeprägtes Selbstbewusstsein, ein Gefühl der Unzulänglichkeit und eine negative Sicht auf die Welt resultieren häufig daraus.

Was ich sehr interessant finde. Es deckt sich zufällig mit meinem eigenen Erleben der Beziehung zwischen meinem Vater, der mir [gefühlt] desinteressiert bis ablehnend gegenüber stand, und mir.

Jimenez schreibt weiter:

[…]Einige Studien ergaben darüber hinaus sogar, dass die Einstellung und das Verhalten des Vaters für manche Entwicklungen des Kindes grundsätzlich mehr Gewicht hat, egal, wie es um die Hierarchie in der Familie bestellt ist. Wenn Väter ihrem Kind gegenüber gleichgültig, ablehnend oder gar feindselig agieren, entwickeln diese überdurchschnittlich oft Verhaltensauffälligkeiten, depressive Störungen und werden drogenabhängig oder straffällig – und zwar auch dann, wenn die Mutter ihr Kind bedingungslos liebt und unterstützt.

Was ebenfalls auf mich selbst zutrifft. Doch von den negativen Aspekten der Ablehnung durch den Vater kommen wir mal zu den Chancen, die sich durch Anwesenheit und positive Aufmerksamkeit des Vaters ergeben:

[…]“So waren in der Studie Kinder, deren Väter bereits eine intensive und liebevolle Beziehung zu ihnen führten, als die Babys erst drei Monate alt waren, im Alter von einem Jahr besser entwickelt und zeigten mehr soziale Kompetenz.“ […]

„Der Umgang des Vaters mit seinem Kind unterscheide sich oft deutlich von dem der Mutter. „Wenn sich Väter mit ihren Kindern beschäftigen, tun sie das auf andere Weise“, erklärt Rohner. „Väter spielen eher auf körperlicher Ebene. Sie raufen sich mit ihren Kindern, fördern ihre Wettbewerbsbereitschaft und ihre Unabhängigkeit – und den Mut, Risiken auf sich zu nehmen.“

„Im „Journal of Early Adolescence“ berichten die Forscher, dass Kinder Ausdauer und Beharrlichkeit eher vom Vater lernen als von der Mutter. Väter, die ihren Kindern diese Eigenschaft erfolgreich vermitteln, seien warmherzig, zuverlässig und liebevoll, setzen aber klare Regeln und Grenzen, die sie ihren Kindern gut erklären konnten. Gleichzeitig seien sie gut darin, ihren Kindern ein altersgerechtes Maß an Selbstbestimmung einzuräumen.

Warum Väter in dieser Hinsicht wichtiger für die Kinder seien, konnten die Wissenschaftler in der Studie nicht beantworten. Ihre Vermutung ist, dass Vätern Durchhaltevermögen einfach etwas wichtiger ist als Müttern und sie deshalb bei ihren Kindern mehr darauf achten. Mütter hingegen konzentrieren sich den Forschern zufolge häufig mehr darauf, Eigenschaften wie Dankbarkeit und Höflichkeit zu vermitteln.“

Auch dies erlebe ich ganz ähnlich im Erziehungsverhalten des leiblichen Vaters meiner Kinder. Selbiges gilt für meinen Partner, der für die Kinder ganz klar eine Vaterfigur darstellt. Er handhabt die Erziehung anders als ich, was ich einerseits gut und wichtig finde. Andererseits ergeben sich aus der Besonderheit meines Sohnes immer wieder Konfliktsituationen, die uns beide gleichermaßen verunsichern und auch ermüden.

Außerdem spricht die Autorin mit Peter Seher, dem Vater einer fünfjährigen Tochter, über seine Art der Erziehung und wie er sein elterliches Dasein wahrnimmt. Neben seiner Tätigkeit als Börsenmakler und seinem Blog herdzeit.de kümmert er sich liebevoll um seine Tochter und verrät abschließend: „Wenn ich Hanna abends manchmal ins Bett trage und sie sich schlaftrunken an meine Schultern kuschelt, dann fühle ich mich unersetzbar.“

Der Kindsvater und ich haben uns getrennt, als unsere gemeinsamen Kinder ein Jahr bzw. zweieinhalb Jahre alt waren. Wir hatten uns in der Vergangenheit gegenseitig versprochen, unsere persönlichen Querelen nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen. Natürlich gab es Tränen, Wut und mindestens ein verletztes Ego. Wir verhielten uns unvernünftig und es hagelte beiderseitig Vorwürfe und verletztende Worte. Doch irgendwann erinnerten wir uns an das Versprechen und daran, was wir doch eigentlich vorhatten besser zu machen als meine eigenen Eltern.

Dieses gemeinsam Erziehen, obwohl man kein Paar mehr ist, bedeutet wohl vor allem eines: Absoluter Wille, trotz der Trennung im Interesse des Kindes bzw. der Kinder zu handeln. Und die Fähigkeit, das eigene Ego auch mal hinten anzustellen. Es bedeutet einerseits, sich an Absprachen zu halten, und andererseits, auch mal „fünfe gerade“ sein zu lassen.

Es bedeutet in meinem speziellen Fall, dass ich mich manchmal regelmäßig dafür verfluche, keines von diesen Weibsbildern keine von jenen Frauen zu sein, die den Vater einfach „entsorgen“, sondern mich statt dessen ständig über Bezuschussung diverser Anschaffungen, gemeinsame Termine, Arztbesuche sowie sonntägliche Aktivitäten mit dem Kindsvater austausche und mich außerdem mit dem allgegenwärtigen „Menscheln“ auseinander setze.

Meine Kinder haben also einen leiblichen Vater, der sich bemüht, doch dessen Kapazitäten aufgrund räumlicher Entfernung und Berufstätigkeit stark eingeschränkt sind. Aber: während der Zeit, als er arbeitslos bzw. arbeitssuchend war, konnte und durfte er die Kinder täglich sehen.

Sie haben seit fünf Jahren außerdem noch einen sozialen Vater, der zwar ebenfalls berufstätig ist, doch für die Kinder mittlerweile fast genauso „Papa“ ist wie der leibliche Vater. Er liebt sie und sorgt für sie, als wären es seine eigenen Kinder.

Dies verursacht einen Loyalitätskonflikt bei den Kindern. Sie lieben uns, schließlich sorgen wir für sie; Wir sind alles, was unsere Kinder haben und natürlich wollen sie auch von uns geliebt werden. Und dafür würden sie alles tun. Wer selbst Kinder hat, weiß, wie sensibel die kindlichen Antennen sind, und wie erfinderisch Kinder sein können, wenn es um zielführende Strategien geht. Doch zum Glück müssen meine Kinder nicht entscheiden, wen sie lieber mögen.

Gerade stelle ich fest, so weit wollte ich eigentlich gar nicht auf das Thema eingehen oÔ

Der Artikel bedeutet für mich einerseits die Bestätigung meines eigenen Empfindens bezüglich meiner Eltern und der Einbeziehung des leiblichen Vaters meiner Kinder in deren Erziehung. Weiters kann ich jetzt irgendwie leichter die väterliche Herangehensweise akzeptieren, die sich tatsächlich von meiner eigenen unterscheidet. Ich selbst neige tatsächlich zum „Helikoptern“, wobei ich mich wirklich auf dem Wege der Besserung befinde. Ich weiß, dass ich meinen Kindern Raum geben muss, und dass ich ihnen erlauben muss, ihre eigenen Erfahrungen zu machen, um daraus lernen zu können. Auch wenn das, nun ja… auch wenn das Mamaherz dabei blutet.
Die beiden Männer hingegen lassen die Leine eher mal länger und die Kinder dürfen erst mal machen. Dies ist dann der Moment, in dem ich [innerlich kopfschüttelnd und mal mehr mal weniger erfolgreich den Helferimpuls niederringend] danebenstehe und mich frage, wie so etwas möglich ist. Aber das ist eben meine Art und Weise, und nur deswegen muss sie ja nicht die einzig richtige sein.

Ich bin sehr auf Zuverlässigkeit und regelmäßige Abläufe bedacht. Ich weiß nicht ob es an meiner Persönlichkeit liegt, daran, dass ich eine Frau bin oder einfach nur der Tatsache geschuldet ist, dass ich in 99,9% der Fälle die Konsequenzen von nicht eingehaltenen Tagesplanungen ausbaden darf. Vielleicht ein bisschen von allem.
Die beiden Herren [und JA ich werfe tatsächlich auch diesbezüglich beide in einen Topf, denn in gewissen Verhaltensweisen sind sie sich tatsächlich sehr ähnlich] sind da eher gelassen. Abendessen? Gibts. Kann man um sechs. Kann man aber auch gut erst um acht. Frühstück? Joa, gibts auch. Kann man direkt nach dem Aufstehen. Muss man aber nicht.

Und wenn es darum geht, den Kindern etwas beizubringen, dann bin ich sehr darauf bedacht, eine gute Anleitung zu liefern. Gleich vorab. Leiblicher wie sozialer Vater drücken dem Kind das Werkzeug in die Hand und sagen „Da. Mach mal.“

Nur damit das jetzt nicht falsch verstanden wird: Ich möchte hiermit ausdrücklich keinem allein erziehenden Elternteil auf den Schlips treten. Oft genug besteht berechtigter Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, bei Vernachlässigung, Gewalt oder Missbrauch. Ich finde eher solche Konstellationen problematisch, in denen die Kinder instrumentalisiert werden, um dem jeweils anderen Elternteil zu schaden. Keine Trennung läuft angenehm ab; Wo Gefühle im Spiel sind kochen die Gemüter hoch, und kaum einer kann rational handeln. Doch trotz allen Gemeinheiten und verbalen Tiefschlägen: Eltern sind auch während und nach einer Trennung immer noch Eltern. Und somit Vorbild; Das, was ihre Kinder sehen, erleben und nachahmen werden.

Das, was wir tun, tun wir  gewiss nicht, weil es immer einfach oder angenehm ist. Ich tue es, weil es das einzige ist, was sich für mich aufgrund dessen, was ich weiß, richtig anfühlt.

[EDIT] Hier der heutige Artikel von Agens: Scheidungskinder brauchen beide Eltern! [/EDIT]

Jungs und rosa Einhörner.

Eigentlich schreibe ich solche Sachen eher auf meinem eigenen Blog, aber da ich finde, dass das hier gut reinpasst, und für heute noch kein Beitrag drin ist, landet es beim Geschlechterallerlei.

Mein Sohn ist sieben Jahre alt, interessiert sich für allerlei „Jungskram“ sprich Autos, Fußball, Lego Technic und was es halt noch so gibt. Nun interessiert er sich seit einer Weile vermehrt für die Spielsachen seiner Schwester. Er mag mit ihren Fillys spielen und kuschelt ganz gern mit ihren Kuschel-Einhörnern. Ist für mich kein Problem, seine Schwester allerdings findets nicht so prall, weil er sie immer um ihre Sachen anbettelt. Daher spielte sich kürzlich folgendes Gespräch ab:

Sohn: „Schwester, krieg ich deine Regenbogen zum kuscheln?“ [Regenbogen ist ein fliederfarbenes Kuscheleinhorn mit mehrfarbigen, glitzernden Hufen sowie farblich passendem Horn und Zaumzeug]

„Hmm, nö. Ich mag lieber selber damit kuscheln.“

„Krieg ich dann Sternchen?“ [Rosa Kuschel-Einhorn]

„Warum willst du immer mit meinen Kuscheltieren kuscheln? Du hast doch eigene!“

Mein Partner schaltet sich ein: „Weißt du was, wenn du so gern mit Einhörnern kuschelst, dann kaufen wir dir einfach ein eigenes, und du musst nicht immer die von deiner Schwester nehmen.“

Sohn murmelt: „Nö.“

– „Und warum nicht?“

Sohn antwortet zögernd: „Weil die anderen sonst lachen.“

Etwa so lief das ab. Seitdem grüble ich, wie ich es hinbekomme, dieses Ding aus der Welt zu schaffen, und auch wenn das vielleicht seltsam rüberkommt: Wie würdet ihr das angehen?

 

Warum ich als Mensch Feminismus kritisch sehe & Manöverkritik am Maskulismus.

Oder: Doppelmoral, wohin ich blicke.

In den vergangenen Wochen habe ich mich vermehrt mit Maskulismus und teilweise, wenn auch nicht ganz so intensiv, mit Feminismus beschäftigt. Ich las hauptsächlich verschiedenste Blogs, die Kommentare darunter und teilweise auch bei twitter.

Was ich vom Maskulismus las, erweckte auf mich größtenteils den Anschein, als seien Maskulisten tatsächlich an etwas wie Gleichberechtigung interessiert. Wiederholt las ich den Satz „gleiche Rechte – gleiche Pflichten“, was ich vollkommen legitim finde. Teilweise jedoch fand ich Maskulismus-intern heftige Kritik, welche die selbst ernannten „straighten“ Maskus an den ebenfalls selbst ernannten gemäßigten Maskulisten übten. Und umgekehrt. Hat für mich einen schalen Beigeschmack, wenn mann vorgibt, für die Rechte von mann zu kämpfen, allerdings nur so lange wie mann den selben straighten bzw. gemäßigten Weg geht wie man selbst. Ich stellte fest, bin wohl nicht die einzige, die sich darüber wundert.

Der Feminismus hat sich auf den ersten Blick ebenfalls die Gleichberechtigung auf die Fahne geschrieben. Bei genauerem Hinsehen allerdings entpuppt sich das scheinbare Streben nach Gleichberechtigung – zumindest in meiner Wahrnehmung – als Wunsch nach einer frauendominierten Gesellschaft, in welcher die Bedürfnisse des Mannes ganz klar hinter denen der Frau anzusiedeln sind.

Wie ich darauf komme?

Wenn ein nicht-feministisch eingestellter Mensch in einer Diskussion die [übrigens sehr reellen] männlichen Probleme anspricht, wird ihm „derailing“ vorgeworfen. Welche männlichen Probleme ich meine? Man denke an gesetzlich abgesegnete Beschneidung von männlichen Kindern unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit [haben die denn kein Recht auf körperliche Unversehrtheit frage ich mich?], an die hierzulande praktizierte Familienpolitik, nach der es für eine Mutter ohne weiteres möglich ist, dem Vater die Kinder vorzuenthalten bzw. den Kindern den Vater; Männer sind viel häufiger als Frauen Opfer von Gewalt, Männer sterben früher, es gibt mehr männliche als weibliche Obdachlose, „Mann=Täter“, und noch einige mehr die mir gerade auf Anhieb nicht einfallen. Ist denn all das unwichtig? Sind Jungs und Männer etwa keine Menschen?

Mein Sohn hat das Glück, dass seine Mutter keiner religiösen Überzeugung folgt, und schon gar nicht einer die besagt, dass ein Junge nur dann ein „richtiger“ Mann sein kann, wenn man ihm vorher die Vorhaut abschneidet.

Und last but not least die aktuellste und wohl mitunter lächerlichste Blüte, welche der Feminismus bzw die Arbeitsgruppe für „Feministisch Sprachhandeln“ der Humboldt-Universität in Berlin getrieben hat: die Silbe „er“ sollte im deutschen Sprachgebrauch durch a bzw x ersetzt werden. Und auch das Wort „Mann“ müsste eigentlich richtigerweise „M@nn“ heißen. Entmännlichung der Sprache. Soll das wirklich, ernsthaft nach Gleichberechtigung klingen?

Dagegen gibt es in Deutschland nicht mehr sooo viele Dinge, in denen Frauen benachteiligt werden. Mal überlegen, vielleicht fallen mir ja ein paar Beispiele ein. Oder vielleicht kann mir ja jemand von euch auf die Sprünge helfen? Bis auf das vielfach bemühte Patriarchat [dem ich selbst übrigens noch nicht begegnet bin, aber vielleicht bin ich einfach nur zu privilegiert?] mit seinen frauenunterdrückenden Herrschaftsstrukturen, welches laut Feminismus die Gleichberechtigung der Frau systematisch zu verhindern versucht, will mir einfach nichts einfallen. Aber wo sind Frauen [in Deutschland] denn wirklich benachteiligt? Im Beruf? Eher nicht. Frau kann lernen, studieren und arbeiten, wonach ihr gerade der Sinn steht. Gender pay gap? Bereinigt ergibt sich laut Wikipedia  ein Wert von 8%, und dieser Wert ergibt sich aus den unterschiedlichen Vorlieben bei der Berufswahl. Mädchen in Kindergarten und Schule? Auch nicht. „Mädchen sind sozialer, anpassungsfähiger und oftmals den gleichaltrigen männlichen Mitschülern voraus“, lautet nach wie vor die einhellige Meinung.
Stichwort „Teilzeitfalle“: 69% der berufstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit. Ich bin eine von ihnen. Ich gehe derzeit einer Beschäftigung nach, die ich als „okay, aber leider  unterhalb meiner Qualifikation und daher unterbezahlt“ bezeichnen würde. Ich mache es nicht weil mich jemand dazu zwingt, sondern weil meine Verfügbarkeit, meine aufgrund Kindern mangelnde Flexibilität und der Arbeitsmarkt in unserer Gegend gerade nichts anderes zulassen. Natürlich kann ich mich jetzt über die Ungerechtigkeit beklagen, ich kann ich darüber aufregen dass in meiner Branche eben lieber Vollzeitkräfte eingestellt werden, die keine Kinder haben. Und ich könnte natürlich das Patriarchat dafür verantwortlich machen, schließlich ist mein Chef ja männlich. Aber ich tue es nicht.
Warum? Keine Ahnung, vielleicht weil ich mich nicht benachteiligt oder diskriminiert fühle. Weil ich durchaus etwas ändern könnte, wenn ich nur wollte. Hierzu fand ich den Beitrag Mythos Lohnschere von @wiemanindenwald sehr aufschlussreich.
Ich habe vor achteinhalb Jahren, als ich den positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt, eine Entscheidung getroffen. Die Entscheidung, das Kind auszutragen. Ich hatte mein Leben eigentlich ohne Kinder geplant, wollte Karriere machen, mir öfters mal etwas gönnen ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Doch es kam anders, und es war für mich okay. Auch wenn es bedeutete, dass ich beruflich würde kürzer treten müssen. Dass sich meine Prioritäten bezüglich meiner weiteren Lebensgestaltung drastisch verschieben würden. Kurz: Wenn ich mich in großem Maße um Kinder und Haushalt würde kümmern wollen, müsste ich eben beruflich zurückstecken, weil nun deutlich weniger Kapazitäten hierfür zur Verfügung stünden.
Ich könnte natürlich, wenn ich denn wollen würde, mich jetzt deutschlandweit oder auch im nah gelegenen europäischen Ausland nach einer passenden Stelle umsehen und meine Familie „einfach“ mitnehmen. Ich bin mir sicher, etwas würde sich finden, doch meine Kinder würde ich aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen und noch dazu würde ich ihnen durch einen Umzug in weite Ferne die Möglichkeit nehmen, ihren leiblichen Vater regelmäßig zu sehen. Es würden sich Veränderungen in meiner Partnerschaft ergeben, die nicht in meinem und vermutlich nicht im Sinne meines Partners sein dürften. Das alles möchte ich nicht, deshalb mache ich dieses berufliche Zugeständnis.

Stichwort Rente: Frauen sind heute häufiger von Altersarmut betroffen als Männer, doch tendenziell holen die männlichen Rentner auf. Und was Zeitarbeit, Niedriglöhne, alternde Gesellschaft plus niedrige Geburtenrate aus dem machen, was später unsere Rente sein soll, das mag ich mir ehrlich gesagt gar nicht ausmalen. Mit großer Wahrscheinlichkeit bin auch ich in 30 – 35 Jahren von Altersarmut betroffen, vielleicht schon früher. Aber: Mein Partner wird aufgrund seiner körperlichen Verfassung ziemlich sicher schon vor seinem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters erwerbsunfähig sein. Warum also sollen nur Frauen von staatlicher Unterstützung profitieren? Altersarmut ist kein „Frauenproblem“. Es ist ein Problem, das beide Geschlechter betrifft.

Reden wir mal über sexuelle Belästigung. Es IST scheisse, wenn mann ein „Nein“ nicht akzeptieren kann, oder auf eine Abfuhr herablassend oder beleidigend reagiert. Andererseits, wo genau verläuft denn die Grenze zwischen harmlosem Flirten und sexueller Belästigung? Ich für meinen Teil würde sagen, verbal anbaggern ja, anfassen nein. Wobei wohl hier jede Frau ihre eigene, höchst persönliche Grenze zieht. Frauen können übrigens auch ziemlich aufdringlich werden, aber das nur so am Rande. Interessanterweise hatte ich meinen einzigen unfreiwilligen sexuellen Kontakt nicht mit einem Mann sondern mit einer anderen Frau. Vermutlich kann ich mich glücklich schätzen, dass ich bis zum heutigen Tage noch nie von einem Mann angefasst wurde, ohne es tatsächlich gewollt zu haben.

Mann buhlt um die Gunst von Frau. So weit normal, zumindest in der Heterosexualität. Sollen Männer jetzt gänzlich damit aufhören, nur damit sie auch ja nicht Gefahr laufen, eine Grenze zu überschreiten?

Und wo wir gerade bei Grenzen sind, was ist mit den Frauen, die übergriffig werden? Was ist mit den Kindern, die von Frauen [Mutter, Tante, Erzieherin etc pp] missbraucht und/oder geschlagen werden? Die Fälle, die niemals zur Anzeige kommen, weil Frauen in unseren Köpfen eher Opfer als Täter sind? Was ist mit den männlichen Vergewaltigungsopfern, deren Fälle niemals zur Anzeige kommen geschweige denn publik werden, weil mann sich zu sehr schämt und aus [berechtigter] Angst vor Häme keine Anzeige erstattet? Tut hier nichts zur Sache weil anderes Thema? Ich finde, es tut sehr wohl etwas zur Sache, es ist schließlich das selbe Thema, nämlich „sexueller Missbrauch“. Ich für meinen Teil bin der Ansicht, Menschenrechte müssen für beide Geschlechter gleichermaßen gelten.

Wie war das nochmal, von allen angezeigten Vergewaltigern[!] werden nur 8,4% verurteilt? Ein #aufschrei ging durch twitter, doch ich will mir gar nicht anmaßen darüber zu urteilen, wieviele von diesen angezeigten Vergewaltigungen tatsächlich den Tatbestand der Vergewaltigung erfüllen. Ja, es gibt tatsächlich Fälle, in denen eine Frau [aus welchen Gründen auch immer] eine Anzeige wegen Vergewaltigung stellt, ohne tatsächlich auch nur in irgendeiner Form zu etwas gezwungen oder genötigt worden zu sein. Und selbst wenn sie die Anzeige später zurück zieht, das Leben des fälschlicherweise Beschuldigten ist irreparabel geschädigt.

Was ist mit den Frauen, die ihre Kinder benutzen, um dem Exmann oder Expartner eins auszuwischen? Sind das Opfer? Muss man sie schützen? Ich selbst durfte bzw. musste erleben, welche Macht eine Mutter über das Kind und somit auch über den Vater hat. Meine eigene Mutter hat mich [ich muss schon sagen, unter anderem] auf eine solche Weise indoktriniert, so dass ich viele Jahre der festen Überzeugung war, mein Vater sei ein schlechter Mensch. Und alle anderen Männer übrigens auch.

Reden wir über Entscheidungsfreiheit. Stichwort Sexarbeit. Alice Schwarzer hat sich gegen Sexarbeit ausgesprochen, denn Prostitution kann niemals freiwillig geschehen. Damit entmündigt sie ausdrücklich jene Frauen, die diesem Gewerbe tatsächlich freiwillig nachgehen.

Stichwort Entmündigung: In einem feministischen Blog wird frau dazu aufgefordert, sich nicht als „Instrument partiarchalischer Machtstrukturen“ benutzen zu lassen. Ich finde diese Aufforderung ziemlich anmaßend, denn ausgerechnet der Feminismus hat sich doch der Entscheidungsfreiheit der Frau verschrieben. Oder etwa doch nicht…? Ich soll mich nicht vom Patriarchat instrumentalisieren lassen, wohl aber von einer Netzfeministin? Nur, weil sie zufällig selben Geschlechts ist wie ich, vertritt sie automatisch „meine“ Interessen? Darf ich nun selbst entscheiden, wie ich agieren möchte, was ich gut und was ich scheisse finden möchte, oder diktiert der Feminismus? Bin ich nicht mündig genug, um mir selbst ein Bild zu machen und selbst Schlüsse zu ziehen aus dem, was ich um mich herum erlebe? Brauche ich einen Feminismus, der sich durch Widersprüche, Rosinenpicken und hashtags wie #mackergohome und #killallmen selbst demontiert? Ganz klares Nein.

Ich lese häufig in feministischen Blogs, sie, also Feministinnen, würden Männer eigentlich gar nicht hassen. Das mag sein, doch auf jeden Fall scheinen sich viele [nicht alle!] Feministinnen darüber einig zu sein, dass das Patriarchat sehr wohl existiert, und sehr wohl für unzählige [wenn nicht gar alle] Frauenprobleme verantwortlich ist. Und Frauen Feministinnen haben sehr wohl das Recht, #killallmen zu schreien, weil schließlich ist das ja gar nicht so gemeint und eigentlich nur eine logische Konsequenz dessen, was sie durch das Patriarchat schon alles erdulden mussten. Nochmal zum Patriarchat: Ich kenne einige Männer, darunter meinen Partner, diverse Expartner, den Vater meiner Kinder, meinen eigenen Vater, meine Brüder und etliche andere. Aber das Patriarchat kenne ich nicht. Ich kenne allerdings Menschen, die ihre Machtposition ausnutzen, welche sie anderen Menschen gegenüber inne haben. Und diese Personen sind mal weiblichen und mal männlichen Geschlechts.

Worauf ich hinaus will: Feminismus ist dort wichtig, wo Frauen tatsächlich unterdrückt werden. Dies geschieht vielerorts, ohne Frage, und es ist absolut inakzeptabel, dass Frauen zwangsverheiratet, vergewaltigt, oder anderweitig unterdrückt werden. Wo Menschenrecht mit Füßen getreten wird, muss gegengesteuert werden. Aber ich wage zu behaupten, dass es in Deutschland [und nicht nur dort, man denke an die Anti-Homosexuellenpolitik in Russland sowie einigen Ländern Afrikas und der arabischen Welt]  eher solche Probleme gibt, die beide Geschlechter betreffen, und dass einer Frau hierzulande entgegen anders lautenden Behauptungen die selben Rechte eingeräumt werden wie einem Mann. Plus dem einen oder anderen Privileg.

Bei meinem letzten Blogeintrag wurde ich in den Kommentaren von @neuer Peter gefragt, ob es ein Schlüsselerlebnis gegeben hätte oder warum ich mir um die Zukunft meines Sohnes mehr Sorgen mache als um die meiner Tochter.
Ich habe einige Zeit darüber nachgedacht. Es gab nicht das eine Schlüsselerlebnis. Es war das Gesamtbild, welches im Laufe der letzten Monate entstand, während ich alles mögliche an Feminismus-, Maskulismus- und Gender-Input in mich aufnahm. Und was @Zuerst Mensch neulich schrieb, bestätigte mein mieses Gefühl auf erschreckende Art und Weise.

Abschließend möchte ich noch los werden, dass es auf diese Weise in meinen Augen nicht funktionieren wird. Wenn jeder, der „vom Weg abweicht“, zur Zielscheibe wird für ausufernde Hasstiraden, dann hat wohl keiner wirklich begriffen, dass an irgend einer Stelle mal jemand mit dem „Miteinander“ anfangen muss. Weil der Graben sonst einfach immer nur noch größer wird. Wenn jeder nur „seine oder ihre eigenen“ Belange sieht, ist in den eigenen Augen immer nur man selbst das Opfer. Und „die Anderen“ sind schuld. Sie „schaden der Sache“. „Die haben aber angefangen!“ bzw. „Die machen das aber auch!!!!111elf“ Oder oder oder [hier beliebige Beschuldigung einfügen].

Regelmäßig, wenn ich meinen Kindern [sechs und sieben Jahre alt] beim Streiten zuhöre, werde ich unangenehm an so manches Verhaltensmuster erinnert, was ich Feminismus-/Maskulismus-intern bzw. zwischen den Fronten erleben durfte. Dort wurde vollkommen unreflektiert verbal aufeinander eingedroschen, ohne dass eine der beiden Parteien jemals gemerkt hätte, dass sie nichts anderes tut als der Gegenseite das eigene Verhalten zum Vorwurf zu machen, und jeder muss das letzte Wort haben bzw. noch eins draufsetzen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass auf diese Weise irgendwelche männerrechtlich relevanten Ziele erreicht werden.

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