Fundstücke: Artikelsammlung zur Silvesternacht 2015

Heute jährt sich die Silvernacht 2015 und mit ihr die Übergriffe in Köln. Aus diesem Anlass möchte ich – sozusagen als Leseliste – eine Sammlung von Artikeln bringen, die ich in den Monaten danach zu dem Thema gelesen und für lesenswert befunden habe. Es ist natürlich eine rein subjektive Auswahl mit besonderem Augenmerk auf diese Blogblase. Es bedeutet auch nicht, dass ich mit dem im jeweiligen Standpunkt, der im Artikel ausgedrückt wird, übereinstimme.

Einige Links, die ich gesammelt hatte, funktionieren inzwischen nicht mehr (die SZ Dank Adblocker-Blocker, Aranitas Gedanken hat eine neue URL, aber nicht alle alten Artikel). Einige Themen werden noch extra behandelt („Flüchtlinge“ waren schon vorher ein Thema, wurden aber mit der Debatte verbunden; „der postheroische Mann“ sprengt dann endgültig den Rahmen).

Als erstes möchte ich gesondert auf eine Buchrezension hinweisen, die erst vor wenigen Tagen erschienen ist und einige Fakten kurz und bündig nennt: Falsche Lehren aus der Silvesternacht von Monika Frommel (via Genderama).

Es folgen in chronologischer Reihenfolge die Artikel. In einigen Fällen habe ich noch Notizen zu den Artikeln. Nach der Liste kommen noch einige Zitate aus den Artikeln oder deren Kommentaren.

Popkultur gibt’s diesmal nicht, dafür eine technische Frage in die Runde: Schon seit einiger Zeit scheint dieses Blog keine Pingbacks mehr an andere Blogs zu versenden. Habt Ihr das Problem auch? Ist das also ein allgemeines WordPress-Problem? Oder liegt es an den Einstellungen? Hat sich im Hintergrund etwas geändert, was man jetzt neu einstellen muss? Oder werden die Pingbacks doch alle verschickt, aber fälschlicherweise als Spam identifiziert? Würde mich sehr darüber freuen, dieses Rätsel endlich zu lösen!

Artikel zum Thema „Silvesternacht von Köln 2015“

Gerhard beim Geschlechterallerlei: Nicht nur Männer sind Opfer von Gewalt

Mein Senf: Köln und Macht

Genderama: Vermischtes vom 05. Januar 2016

Erzählmirnix: Darum geht’s jetzt

Der Sexismusbeauftragte: Ein Hoch auf die Sippenhaft

Emannzer: Nur Erniedrigung von Frauen?

Der Blog des linken Maskulismus: Köln und die Gewalt am Bahnhof – entgültige und letztendliche Erklärung, die alle Zweifel beseitigt

sjw-watch: Die verstörende Reaktion der SJWs auf die Ereignisse in #Köln

Mein Senf: Menschen – Gruppen – Eigenschaften

Alles Evolution: Zu den sexuellen Belästigungen am Kölner Bahnhof

uepsilonniks: Feministische Deutung der Kölner Übergriffe: Sexismus sticht Rassismus

Genderama: Vermischtes vom 06. Januar 2016 – insbesondere über den Mythos „die Presse hat geschwiegen“ und den Kontext von OB Rekers Tipp („eine Armlänge Abstand halten“)

Lotoskraft: Zwei Seiten einer hässlichen Medaille

Don Alphonso bei Deus ex Machina: Sexuelle Gewalt in Köln mit dem Oktoberfest kleinreden

Legal Tribune Online: Kriminologe zur Silvesternacht in Köln „Keine ’neue Dimension der organisierten Kriminalität'“

Erzählmirnix: Handlungsanweisungen

Lucas Schoppe bei man-tau: Köln: Vom Alptraum in die Schützengräben

Gerhard Kaspar: Geschlechterrassismus ist In. Feminismus und Islamismus einig. Männer sind Schweine!

Genderama: Vermischtes vom 07. Januar 2016

Der Blog des linken Maskulismus: Solidarität mit dem nichtweissen Mann! (toller Aufruf!)

Genderama: Vermischtes vom 08. Januar 2016 – insbesondere über den Mythos „die Presse hat geschwiegen“

Genderama: Vermischtes vom 08. Januar 2016

Elitemedium: Doppelmoral

Gerhard Kaspar: Lügenpresse? Nein, aber Grünenpresse entspricht der Realität

Genderama: Lesermail (Versagen der Massenmedien)

Lucas Schoppe bei man-tau: Wie Anne Wizorek sexuelle Gewalt verharmlost

uepsilonniks: Die besten feministischen Reaktionen zu Köln-Sylvester

Emannzer: Männer – potenzielle Vergewaltiger?

Genderama: Vermischtes vom 11. Januar 2016

Mein Senf: #ausnahmslos (beinahe)

asemann.de: #ausnahmslos Mainstream

Erzählmirnix: Entwürdigt</a<

asemann.de: Rant: Wie die Nicht-Berichterstattung über Übergriffe Frauen zum Schweigen bringt

Dr. Alexander Stevens auf cuncti.net: Sexmobs und Sexismus – Deutschland dreht durch!

Genderama: Presseschau vom 11. Januar 2016

Genderama: Vermischtes vom 12. Januar 2016

Der Sexismusbeauftragte: Potentielle Vergewaltiger

asemann.de: Warum wird #ausnahmslos so hart getrollt?

Alles Evolution: #ausnahmslos

asemann.de: #ausnahmslos – schon gescheitert?

Genderama: Vermischtes vom 13. Januar 2016

Genderama: Vermischtes vom 13. Januar 2016 zum Zweiten

Der Sexismusbeauftragte: Potentielle Entschuldigung

Genderama: Vermischtes vom 15. Januar 2016:

Drachenrose: Der cis-heteronormative weiße Mann, der grundsätzlich immer schuld ist, und die Realität

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 16. Januar 2016

Corinna Bernauer bei der Piratenpartei: Warum Strafrechts- und Sexismusdebatten die falsche Reaktion auf Köln sind

asemann.de: Deutsche mit Migrationshintergrund vs. #ausnahmslos-Netzfeministinnen

Stadtmensch-Chronicles: Ausnahmslos vermurkst

Die Kraft von Kultur und Sozialisiation im intersektionalen Feminismus – der ganze ideologische Widerspruch treffend zusammengefasst

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 18. Januar 2016

Lucas Schoppe bei man-tau: Ein Kämpfer für den rechten Glauben besucht ein Amt

Genderama: Vermischtes vom 19. Januar 2016

Dog’n’Cat: Listen And Believe, If…

asemann.de: Verharmlosung a la Anke Domscheit-Berg

Erzählmirnix: Männer sind…

Genderama: Vermischtes vom 23. Januar 2016

asemann.de: Anne Will: Pauschalisieren mit Domscheit-Berg und Daimagüler

maennerrechte.org: Impressionen vom 06.02.2016 – missbrauchen von Missbrauchsopfern, Sexismus in Piratentrümmern – dieser Kommentar fasst es gut zusammen

asemann.de: Anti-Rassismus und Feminismus: Die Quadratur des Kreises – und noch einmal: der Widerspruch auf den Punkt gebracht

Genderama: Köln: Auflistung der Übergriffe zu Silvester liegt vor – Bilanz der Anzeigen

Leserpost (die ignorierten Opfer von Köln) – eine ganze Familie Opfer

Genderama: Vermischtes vom 13. Februar 2016 – 1/6 männliche Opfer, ignoriert

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 15. Februar 2016 – gute Kritik von links (Jungle World)

Lucas Schoppe bei man-tau: Kernschmelze. Rückblick auf einen überfordernden Monat

Der Schwulemiker: Von der Wölfin im Schafspelz

Genderama: Vermischtes vom 07. April 2016

Monika Frommel bei novo-argumente: Falsche Lehren aus der Silvesternacht (via Genderama: Vermischtes vom 23. Dezember 2016)

Monika Frommel bei Cuncti: Falsche Lehren aus der Silvesternacht (alternative Quelle)

Auswahl von Zitaten aus den Artikeln und deren Kommentaren

Tom174 bei Mein Senf:

wie kann es sein, dass Brüderles Dirndl Spruch zu einem Aufschrei führt, der Hinweis auf #köln aber in die rassistische Ecke geschoben wird?
(…)
Die Weissen haben die Macht. Ob das die Betroffenen Weissen auch so sahen?
(…)
wären es weisse Männer und eine schwarze Frau gewesen, was glaubt ihr was los gewesen wäre
(…)
Aber es passt eben, in direkten Beziehungen nicht, willkürlich definierten Gruppen (Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung was auch immer) mit Defaulteigenschaften zu belegen. Weder im Schlechtem noch im Guten.
(…)
Brüderle hatte an dem Abend auch nicht die Macht, seine Karriere hat die ach so wehrlose Journalistin zu einem ihr und ihrem Verlag genehmen Zeitpunkt beendet.

Christian bei Alles Evolution:
Hier hat Christian hervorragend vorhergesehen, wie man das Geschehene mit seinem Weltbild vereinbaren kann:

>>Man wertet dies nicht als etwas besonderes, sondern verweist darauf, dass es vielleicht etwas radikaler als sonst war, für die meisten Frauen das tägliche Leben eh ein Spiesrutenlauf tagtäglicher Belästigung ist, bei dem Frauen so etwas ständig erleben, und zwar von allen Hautfarben. Jetzt passt es auch wieder in das System, denn das Hervorheben der Übergriffe durch Schwarzafrikaner (darf man hier von PoCs schreiben?) ist dann:

* Leugnung der Rape Culture vor Ort („gute Deutsche machen das nicht“)
* Rassismus („wenn PoCs etwas machen, dann wird es erwähnt, im täglichen Leben ignoriert“)“<<

Ein Gedanke, der bei Forderungen an Männer nur selten vorkommt:
„Nur das mich eben mit afrikanischen oder deutschen Banden nichts verbindet, ich werde sie schon zum Schutz meiner Selbst sicherlich nicht in ihre Grenzen weisen, weil ich das gar nicht kann. Es dürfte dieser Subgruppe auch im übrigen relativ egal sein, wie sich anderweitig Männer benehmen, es sind schlicht sehr getrennte Verhältnisse.“

david in den Kommentaren:

Zu Ägypten: es gab mal eine Reihe von Meldungen über Frauen, die auf dem Tahir-Platz und drumherum begrapscht wurden. Das wurde bei uns über alle Maßen aufgebauscht (zur selben Zeit starben dort Männer!). Man berichtete damals viel über False Flag – Störer und Prügler, da das Regime offenbar versuchte die Demonstrationen als gewaltsame Aufstände zu diskreditieren.
Komischerweise kam den westlichen Journalisten nie in den Sinn, dass dies auch gerade für die wirkungsvollsten Ereignisse gelten könnte, die bei uns (und auch dort) den größten Aufschrei auslösten.
Komischerweise hat man von diesen Belästigern vorher und nachher praktisch nie wieder gehört. Nur zum Zeitpunkt, als die Leute mit der Revolution beschäftigt waren, ist das passiert. Genau am selben Ort.
Darauf hat mich schon damals mein Kairoer Freund aufmerksam gemacht, den ich just damals, Ende 2011, dort besucht habe.

Und später:

Hab mich gestern noch mit einer Freundin unterhalten, die mit einer Gruppe Frauen im Iran war. Als sie über einen Marktplatz in Ishafan gegangen seien, sei JEDE von ihnen MEHRMALS im Getümmel begrapscht worden.
Da scheint also durchaus ein Problem vorzuherrschen, was in unserem Kulturkreis in der Form keinesfalls besteht.

Der große Unterschied zu der Situation, die sich den Frauen in Köln geboten hat: es existiert dennoch eine generelle Ablehnung solchen Verhaltens, ein soziales Korrektiv ist jederzeit vorhanden und greift, wenn man sich dagegen wehrt, Umstehende darauf aufmerksam macht. Dann ist für den Grapscher schnell der Teufel los.

schöner Kommentar von yannababei erzählmirnix:

Also, wenn ich ein Mann wäre, würde ich mich davon diskriminiert fühlen, immer als sabberndes Monster, dass beim Anblick einer nicht total verhüllten Frau sofort jegliche Selbstkontrolle verliert, dargestellt zu werden.

Arne Hoffmann bei Genderama, Vermischtes vom 09. Januar 2016:

Als einheimischer Mann hat man in dieser Irrsinns-Logik keine Chance. Schweigt man zu den Übergriffen, beteiligt man sich dran, sexuelle Gewalt unsichtbar zu machen. Empört man sich darüber, zeigt man, dass man nur sein Revier für eigene Übergriffigkeiten schützen möchte. Der nicht-zugewanderte Mann wird als im Kern bösartig schlicht vorausgesetzt.

Nicks Sternstunde bei erzählmirnix:

Es ist nur ein ganz kleiner und nur allzu logischer Schritt von „Männer haben einen kulturell determinierten Hang zu sexueller Gewalt“ hin zu „Muslimische Männer haben aber einen stärkeren kulturell determinierten Hang zu sexueller Gewalt“.

Die Geschichte des biologistischen Rassismus ist sehr ähnlich verlaufen: Erst wurde behauptet, dass der männliche Geschlechtstrieb an sich sexuelle Gewalt determiniere, um dann in einem zweiten Schritt zu behaupten, dass der „Wilde“ einen stärkeren und weniger kontrollierbaren Geschlechtstrieb habe. Das Ergebnis war die Rechtfertigung von sehr grausamen Lynchmorden, nur in einem Klima der Todesangst könne der schwarze Mann seinen Geschlechtstrieb im Zaume halten. Beim weißen Mann genüge eine strenge Erziehung (und Beschneidung)

Der zweite Schritt folgt eben fast unausweichlich aus dem ersten, weil es eine Binse ist dass nicht alle Menschen gleich sind. Der Kernfehler liegt in einem deterministischem Verständnis von Biologie/Kultur.

Es nützt also nichts, wenn unsere lieben Feministinnen sich darüber beschweren, dass Feminismus für rassistische Zwecke „instrumentalisiert“ werde. Die Frage, die sich Feminismus stellen müsste wäre: „Warum können Rassisten derart spielend leicht Feminismus instrumentalisieren. Wieso kann man eine soziale Bewegung, deren Ziel die Gleichheit aller Menschen ist, für eine Bewegung mißbrauchen, deren Ziel die Ungleichheit der Menschen ist. Stimmt etwa etwas mit unseren Paradigmen nicht? Haben wir etwa etwas mit den Rassisten gemein?“

Und LoMi ergänzend:

Normalerweise haben Rassisten in der gesellschaftlichen Mitte wenig Erfolg. Rassismus wird überwiegend abgelehnt. Sie haben deshalb ja auch die Idee von „Rasse“ aufgegeben.

Die Vorstellung von einer starken kulturellen Prägung können sie aber aufgreifen. Denn diese Vorstellung ist ja akzeptiert in der gesellschaftlichen Mitte. Wenn der Feminismus sagt, dass Gewalt gegen Frauen ein Kulturprodukt ist, dann können sie den Rechten kaum widersprechen, wenn diese das auch sagen. Und wenn der Feminismus einen kollektiven „Feind“ benennt, können Rassisten das ebenfalls in gewissem Rahmen tun, weil das Bild des kollektiven „Feindes“ oder „Täters“ ebenfalls akzeptiert ist. Es hat im Feminismus eben nur etwas andere Vorzeichen.

asemann:

Die Angriffe von Köln haben die Glaubwürdigkeit eines Kernbestandteils des intersektionalen Feminismus, die Privilegientheorie (die besagt, dass weniger privilegierte Menschen privilegierte Menschen per definitionem nicht diskriminieren können) vollkommen zerstört. Es ist offensichtlich geworden, und wird jetzt auch in linken Kreisen diskutiert (…), dass schwarze Asylanten eben auch übergriffig sein können, obwohl sie doch „unterprivilegiert“ gesehen werden. Und nun wird auch den linken, intersektionalen Feministinnen bewusst, dass ihre Weise, die Privilegientheorie in Aktionen umzusetzen, ideologisch verblendeter Unsinn war.

Bisher habe größere Teile der Damen, die sich jetzt mit „#ausnahmslos“ an die Spitze der Bekämpfung von sexueller Gewalt und Rassismus setzen wollen, daran mitgearbeitet, Frauen, die sexuelle Gewalt durch „Unterprivilegierte“ erfahren haben, mundtot zu machen und in die rechte Ecke zu stellen.
Sogar linke Aktivistinnen, die es wagten, Belästigung in einem „Refugee-Soli-Camp“ öffentlich zu machen, wurden mundtot gemacht, sogar die TAZ wurde anscheinend eingespannt, um die Behauptungen dieser Aktivistin zu dementieren.
Das heißt: Es gab in der feministischen Szene bisher ganz absurde Zustände, wo einerseits verlangt wurde, Frauen in Bezug auf sexuelle Belästigung immer zu glauben, andererseits Frauen aber nie geglaubt wurde, wenn diese „unterprivilegierte“ Tätergruppen beschuldigten.

Arne Hoffmann bei Genderama, Vermischtes vom 15. Januar 2016:

Zeigt sich auch hier eine Besorgnis erregende Erodierung der Männlichkeit? Das Unvermögen in Kategorien von „Das wird hart, aber da müssen wir jetzt durch!“ zu denken? Ein beliebter Vorwurf meiner Vorgängergeneration an meine lautete „Mit euch kann man auch keinen Krieg gewinnen“. Derartige Formulierungen sind heute natürlich politisch höchst unkorrekt. „Mit euch kann man keine nationale Herausforderung meistern“ trifft es aber gut.

Fundstück: Ahoi Polloi über kulturelle Aneignung, rape culture und sexistische Werbung

Zu Ahoi Polloi gibt es nur eins zu sagen: Diese Comics gehen wirklich immer.

Die Themen kulturelle Aneignung („cultural appropriation“), rape culture und sexistische Werbung wurden auch in diesem Blog schon angesprochen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Heute mit einem Lied, das nicht ohne „kulturelle Aneignung“ möglich gewesen wäre.

Gentleman: Dem Gone

Kurznachrichten vom 15.02.2016

1: Kommende Woche soll Professor Ulrich Kutscheras Buch „Das Gender-Paradoxon“ erscheinen. In dem Buch beschäftigt sich Kutschera in 440 Seiten mit den Gender Studies und warum diese unwissenschaftlich sind und deshalb an den Unversitäten nichts verloren haben. Der Blog ScienceFiles.org veröffentlich dazu den zweiten Teil eines Exklusiv-Interviews, das bereits im Herbst geführt wurde.

2: Bei der linken Wochenzeitung Jungle World kritisiert Hannah Wettig, dass der intersektionale Feminismus angesicht der Übergriffe in Köln komplett versagt habe.

Das Bündnis #ausnahmslos, so mag man unterstellen, wollte wohl solche Entgleisungen einfangen und alle unter einem politisch-korrekten Dach vereinen. Doch die Forderung, das Problem des Sexismus und der sexualisierten Gewalt dürfe nicht islamisiert werden und Redaktionen sollten stigmatisierende Deutungen unterlassen, kann man nur allzu leicht so verstehen, dass über den Hintergrund der Täter überhaupt nicht geredet werden sollte. Das aber kommt dem Verbot einer Deutung gleich. Dass man das Warum lieber gar nicht wissen möchte, zeigt auch die ewig wiederholte Behauptung, Sexismus und sexualisierte Gewalt kämen in der deutschen Gesellschaft ebenso vor.

Der Hinweis, beim Oktoberfest sei es nicht anders, ist zudem noch eine unfassbare Relativierung. Es ist nicht der »alltägliche Sexismus«, wenn sich Hunderte, wenn nicht Tausende von Männern in diversen Städten in der Silvesternacht treffen, möglicherweise verabredet, um Frauen gezielt anzugrabschen. Man muss fragen, warum sie das taten. Dafür aber muss man wissen, wer die Täter sind. […]

Mit ihrem Gerüst zur Welterklärung gehen nun diese Feministinnen den Islamistinnen und Islamisten gehörig auf den Leim. In feministischen Foren wird über die sogenannte Islamophobie diskutiert, während das Erwähnen der frauenverachtenden Aspekte des Islam tabu ist. Unhinterfragt schluckt man, wenn Musliminnen ihr Kopftuch als Ausdruck von Emanzipation und gar Feminismus bezeichnen. […]

Wenn es um Rassismus geht, verbleibt der intersektionelle Feminismus in einem simplen Schwarz-Weiß-Schema: Hier die Weiß-Positionierten, dort die people of color, die alle umfassen, die irgendwie von Rassismus betroffen sind. Juden können, wenn es passt, einfach zu den PoC addiert werden. Antisemitismus ist dann allenfalls eine Spielart des Rassismus. Das ist der Tatsache geschuldet, dass sich die Protagonistinnen dieser Weltinterpretation zwar bestens in den hiesigen queer-feministischen Subkulturen auskennen, die Welt da draußen aber schlicht nicht ihr Forschungsgegenstand ist. Vor allem aber würde, wenn sie denn von den verschiedenen Formen von rassistischer, ethnischer und religiöser Diskriminierung Kenntnis nähmen, ihr gesamtes Konzept nicht mehr funktionieren. Man muss genau wissen, wo, wann und wie sich etwas zugetragen hat, um zu wissen ob ein Muslim von einem Christen diskriminiert wurde oder ob es nicht vielleicht umgekehrt war.

 

Kurznachrichten vom 10.02.2016

1: Beatrix von Storch berichtet aus dem Gender-Ausschuss des Europaparlaments. Dort hat man aus einer Liste verschiedenster Themen sechs ausgesucht, welche man für die derzeit wichtigsten hält und mit denen man deshalb in den nächsten sechs Monaten intensiv befassen will. (Ggf. Seite zweimal laden, da das Video nicht bei allen Browsern sofort lädt)

 

Ich weiß grade nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Wichtigste Themen:

  • Gendergerechtigkeit in der Zeitverteilung von „Time-News“. Was das sein soll? Ich vermute, es ist ungerecht, dass in Nachrichten mehr über Männer- als über Frauenthemen berichtet wird
  • Klimaproblematik aus Gendersicht
  • „Pink-Tax“: Diskriminierung von Frauen durch höhere Preise von Kosmetikprodukten für Frauen als für Männer

Nicht diskutieren will man dagegen über das Frauenbild im Islam. Das ist ein Tabu.

2: In Sachen Piratenpartei Bayern und deren Ortsverband Neu-Ulm, über dessen gesperrte Website aufgrund eines unbotmäßigen Artikels des dortigen 1. Vorsitzenden ich vorgestern berichtete, gibt es neue Entwicklungen.

David Krcek, stellv. politischer Geschäftsführer des Landesvorstands hat die Löschung wie folgt begründet. Den Absatz…

Auch der Versuch von interessierten Kreisen, die Übergriffe gegen Frauen in Köln und anderswo als Männergewalt gegen Frauen zu titulieren und so aus der Verhaftung zwischen ethnischen und kulturellen Ursachen zu lösen, ist fadenscheinig, kommt doch der überwiegende Teil der Täter von Köln aus Ländern, in denen Frauen als Menschen zweiter Klasse gehalten werden, oder gar, wie zum Beispiel in Saudi-Arabien, als Eigentum des Mannes angesehen werden, über das er frei verfügen kann (weibliche Familienangehörige in Saudi-Arabien werden i.d.R. in die Reisepässe ihrer Ehemänner, Väter oder Brüder eingetragen).

hält Krcek für rassistisch, und kommentiert mit folgenden Worten:

Ich zitiere hier das Grundsatzprogramm der PP:
Rassismus und kulturell begründete Diskriminierung sind nach wie vor ein gravierendes Problem, das dem friedlichen Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellscha im Wege steht. Gewalt und Einschüchterung aufgrund der Herkun , Religion oder Kultur sind in jedem Fall inakzeptabel. Darum muss Rassismus und Ausländerfeindlichkeit jeder Form entschieden entgegengetreten werden, ebenso wie anderen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Der Autor meint also weil jemand aus einer bestimmten Region kommt oder einem Glauben anhängt, der offensichtlich nicht seiner ist, sind seine Taten also darin begründet.
Offensichtlicher geht Rassismus ohne Rassen nicht. Die Neue Rechte rund um Höcke vertritt genauso diesen Dreck.

Den maskulistisch gefärbten Absatz des Autors Hajo Betz:

Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, und im Sinne der geltenden Political Correctness Asylanten, Zuwanderer und Migranten die Opfer sind und die Deutschen allenfalls als Täter in Frage kommen, scheint es für manche angemessen, die ethnisch-kulturellen Zusammenhänge zu ignorieren und die Vorkommnisse als Männergewalt gegen Frauen darzustellen.
Auch hier gilt: Frauen sind immer in der Opferrolle, Männer sind immer die Täter – wenigstens, wenn es nach der vorherrschenden politisch-korrekten Meinung geht.

Dass es umgekehrt ebenso Frauengewalt gegen Männer und institutionelle Benachteiligung von Männern gibt, kann seit einer Pilotstudie des Bundesministeriums für Familien, Soziales und Gleichstellung nicht von der Hand gewiesen werden.

kommentiert Krcek wie folgt:

Und natürlich ist es PC wenn man diesen Bullshit als Bullshit bezeichnet. Den es gibt ja auch prügelnde Frauen. Natürlich darf bei dem Autor dieser Verweis nicht fehlen, wer sich hier fragt wo da der Zusammenhang besteht ist nicht allein.
Aber die einschlägige Meinung zur PC und Frauen kennt man von dem Autor.

So kennen wir das in der allgemeinen Diskussion über Geschlechterthemen. Einwände, die nicht auf Linie sind, werden ohne jeglichen Versuch der Widerlegung als „Bullshit“ vom Tisch gewischt. Der brave Feminist will sich ja nicht von Fakten beirren lassen. Die Argumentation ist bekannt: „Ja ja, natürlich gibt es ab und zu mal zwei oder drei prügelnde Frauen, aber das ist nicht so wichtig und deswegen lohnt es auch nicht, das genauer zu untersuchen. Kehren wir doch wieder zum Hauptthema zurück, den schrecklichen Taten brutaler Männer!“

Der Autor des gesperrten Beitrags hat sich inzwischen ebenfalls in die Diskussion eingeschaltet und seine Behauptung, die meisten Asylbewerberheimbrände entstünden gar nicht aufgrund eines (rechtsradikalen) Anschlags, sondern aus dem Heim selbst heraus, sei es durch technische Pannen, Fahrlässigkeit oder gar absichtliche Brandlegung, durch eine ensprechende Liste untermauert. Außerdem weist er die Vorwürfe „Rechts“ und „Rassismus“ von sich.

3: OT-Beitrag 1: Genderama brachte gestern einen Hinweis, dass auf der rechten Seite Verschwörungstheorien, speziell von Lutz Bachmann von der PEGIDA, gestrickt werden, dass die Absage vieler Karnevalsumzüge nicht wegen des Sturms, sondern deswegen geschehen sei, weil da wohl in ungewünschter Form die Flüchtlingskrise hätte kommentiert werden können.

Nun wurde aber aufgrund des Zugunglücks in Bad Aibling auch der Politische Aschermittwoch abgesagt. Nun frage ich mich: Gehört die Deutsche Bahn jetzt auch zu den Volksverrätern? Hat die mal eben zwei Züge ineinander krachen lassen, um die Reden zu verhindern? Oder war das die Gegenreaktion der rechten Volkserretter? Schließlich ging es da um Reden der etablierten Parteien, nicht um subversive rechte Meinungsäußerungen von unten. Man weiß es nicht…

Derweil, weils gerade dazu passt, stellt die WELT fest, dass wir schon lange, spätestens aber seit diesem Fasching nicht mehr „Charlie“ sind:

Hieß es nicht nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“, Satire müsse alles dürfen? Höchste Zeit, dass wir ein Satireministerium einrichten, das Büttenreden, Fastnachtswagen und Karikaturen rechtzeitig prüft und abnimmt. Heiko Maas, übernehmen Sie!

4: OT-Beitrag 2: Der sog. Handgranatenanschlag auf ein Asylbewerberheim hatte nicht nur kein fremdenfeindliches Motiv, sondern wurde sogar mutmaßlich von Tätern mit osteuropäischen Migrationshintergrund verübt. Es ging wohl überhaupt nicht um die Asylbewerber, sondern um eine Rivalität zwischen zweier Sicherheitsfirmen. Schöne „Sicherheitsfirmen“ sind das, die da mit Handgranaten werfen. Klingt mehr nach „Balkan-Inkasso“.

Hadmut Danisch und von der „Achse des Guten“ kommentieren. Da hat sich die Empörungsmaschinerie mal wieder ganz gehörig vergallopiert. Natürlich wird es keine Entschuldigungen und kein peinlich berührtes Zurückrudern geben, sondern allenfalls ein dezentes Unter-Den-Teppich-Kehren. Manfred Haferburg:

Das ist es, was am meisten weh tut: Das mangelnde Schuldbewusstsein dieser Vorverurteiler. Ihr Mangel an Empathie dem eigenen Volk gegenüber. Der Mangel an Vertrauen der Politik zu den Wählern. Der Mangel an Respekt der Medien gegenüber den Lesern und Zuschauern.

Kurznachrichten vom 08.02.2016

1: Der „Schwulemiker“ Adrian und Gideon Böss von der WELT kümmern sich noch einmal um den „postheroischen Mann“, dem vorgeworfen wird, sich nicht mehr für seine Frau zu prügeln.

2: Lucas Schoppe analysiert auf seinem Blog „man tau“ ebenfalls das Youtube-Video „36 Fragen an Männer“, das ich die letzten Tage auch hier auf diesem Blog kommentiert habe.

3: Uepsilonniks analysiert die Doppelmoral der EMMA, wenn es um das Thema Prostitution geht. Die EMMA veröffentlichte eine Kritik über den halbdokumentarischen Film „Paradies: Liebe“, der am 3.2. auf ARTE gezeigt wurde. In dem Film geht es um Frauen, die zum Sexkauf nach Kenia reisen. Während die EMMA ja Prostitution am liebsten ganz verbieten möchte, natürlich nur die, die Männer in Anspruch nehmen, hat sie für Frauen, die Sex kaufen, vollstes Verständnis:

Eine deutsche Filmförderung habe die Unterstützung des Films abgelehnt, weil das Projekt „frauenfeindlich“ sei, erzählte Seidl in einem Interview. Größer könnte das Missverständnis nicht sein. […] In seiner Paradies-Trilogie geht es immer um die Sehnsucht der Frauen. Um die Sehnsucht, wahrgenommen und geliebt zu werden. […]

Ein Film ganz dicht an den Menschen, an ihren Ängsten und Hoffnungen

Mir kommen die Tränen vor Rührung. Die Emma weiß ganz genau:

Denn Frauen haben gelernt, Begehren vorzuspielen, Männer hatten das nie nötig. Auch nicht, wenn sie so arme Schweine sind wie diese Schwarzen, die sich für ihren Lebensunterhalt prostituieren.

Gekaufte Männer verachten ihre Kundinnen dafür – gekaufte Frauen werden von ihren Kunden verachtet.

Das wissen sie deshalb ganz genau, weil sie auch jeden Freier hier und jeden männlichen Prostituierten in Kenia darüber befragt haben. Oder so. Der nächste Film, der männliche Freier über ihre Motive interviewt, ist für die EMMA ganz sicher nicht „ganz dicht an den Menschen, an ihren Ängsten und Hoffnungen“. Uepsilonniks kommentiert sinnigerweise:

Es ist also so, dass Sexkauf nicht generell abgelehnt wird – der Beweis, dass es an Sexarbeit auch aus feministischer Sicht nichts auszusetzen gibt.

4: Die Liste der Männer, die wegen eines falschen Satzes den Job verloren haben, ist wieder um einen länger. Der serbische Verteidigungsminister Bratislav Gasic wurde nach massivem Druck von Frauenverbänden durch eine Abstimmung des Parlaments entlassen, nachdem er vor zwei Monaten den Satz gesagt hatte: „Ich liebe diese Journalistinnen, die so leicht auf die Knie gehen“. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Satz ausreichen sollte für eine Kündigung, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich bin mir aber sicher, dass ein ähnlicher Satz einer Ministerin über Männer in den Mainstream-Medien noch nicht einmal groß bemerkt werden würde.

5: Twitter hat am Donnerstag den Account von Kolja Bonke, einem deutschen Autor, unter anderem auch von Pick-Up-Büchern, ohne Angabe von Gründen gesperrt. Bonke hatte sich in letzter Zeit deutlich kritisch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung geäußert, allerdings sind den letzten Tweets keine Unflätigkeiten oder Beleidigungen zu entnehmen, zumindest nicht herausragend aus dem Twitter-üblichen Maß. Nutzer haben dazu den Solidaritäts-Hashtag #solidaritätmitkolja eingerichtet.

6: Wo wir gerade bei der Unterdrückung unliebsamer Meinungen sind: Der Landesvorstand Bayern der Piratenpartei hat gestern die Seite des Ortsverbandes Neu-Ulm aufgrund eines Beitrags des dortigen 1. Vorsitzenden Hajo Betz komplett vom Netz genommen, die Seite anschließend wieder freigeschaltet, allerdings den entsprechenden Artikel entfernt, da er angeblich „im Widerspruch zum Programm und den Grundsätzen der Piratenpartei“ stehe. Betz hatte in dem Artikel sowohl die Einwanderungspolitik kritisiert als auch offen maskulistische Positionen vertreten:

Auch der Versuch von interessierten Kreisen, die Übergriffe gegen Frauen in Köln und anderswo als Männergewalt gegen Frauen zu titulieren und so aus der Verhaftung zwischen ethnischen und kulturellen Ursachen zu lösen, ist fadenscheinig, kommt doch der überwiegende Teil der Täter von Köln aus Ländern, in denen Frauen als Menschen zweiter Klasse gehalten werden, oder gar, wie zum Beispiel in Saudi-Arabien, als Eigentum des Mannes angesehen werden, über das er frei verfügen kann (weibliche Familienangehörige in Saudi-Arabien werden i.d.R. in die Reisepässe ihrer Ehemänner, Väter oder Brüder eingetragen).

Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, und im Sinne der geltenden Political Correctness Asylanten, Zuwanderer und Migranten die Opfer sind und die Deutschen allenfalls als Täter in Frage kommen, scheint es für manche angemessen, die ethnisch-kulturellen Zusammenhänge zu ignorieren und die Vorkommnisse als Männergewalt gegen Frauen darzustellen.

Auch hier gilt: Frauen sind immer in der Opferrolle, Männer sind immer die Täter – wenigstens, wenn es nach der vorherrschenden politisch-korrekten Meinung geht.

Dass es umgekehrt ebenso Frauengewalt gegen Männer und institutionelle Benachteiligung von Männern gibt, kann seit einer Pilotstudie des Bundesministeriums für Familien, Soziales und Gleichstellung nicht von der Hand gewiesen werden.

Aber auch hier gilt, dass alles, was nicht ins politisch-korrekte Bild passt, ausgeblendet wird. Die entsprechende Pilotstudie kann auf der Homepage des Ministeriums nur gefunden werden, wenn man den genauen Titel kennt. Die in der Pilotstudie angeregte Vollstudie zur Untersuchung des Themenkomplexes ist auch zehn Jahre nach der entsprechenden Empfehlung nicht einmal in Angriff genommen worden.

Der komplette Text findet sich an mehreren Stellen im Netz. Statt des Artikels wurde eine Diskussionsseite eingerichtet. Welcher Passus des Artikels genau dem Programm und den Grundsätzen der Piratenpartei widerspricht, darüber schweigt sich der Landesvorstand bisher aus.

7: Feministin Gloria Steinem unterstellte in einem Interview mit Bill Maher jungen Frauen, sie würden nur deswegen statt Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ihren Konkurrenten Bernie Sanders unterstützen, um junge Männer zu beeindrucken, die mehr zu Sanders tendieren. Talkmaster Maher witzelte daraufhin, wenn er das gesagt hätte, hätte sie ihm wahrscheinlich eine Ohrfeige verpasst, denn die politische Einstellung von jungen Frauen mit ihrem Bedürfnis, Jungs zu treffen, in Verbindung zu bringen, sei wohl ein wenig sexistisch.

Hier das ganze Interview:

 

 

Kurznachrichten vom 06.02.2016

Nachdem ich in den letzten Tagen schwer mit den 36 Fragen an Männer beschäftigt war, habe ich auch nicht so aufmerksam die aktuellen Ereignisse verfolgt. Da haben sich einige Dinge angesammelt. Also fangen wir mal an:

1: Im Nachgang zu Köln werden die Diskussionen darum immer merkwürdiger. Kaum einen Monat rum, wird das von der Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken schon zum Mythos erklärt. Vinken antwortete beim Deutschlandfunk auf die Frage: „Hat die Silvesternacht Deutschland verändert?“ wie folgt:

Nicht insofern, als es tatsächlich zu mehr Gewalt oder zu einer anderen Form von Gewalt kam und diese schon gar nicht von Flüchtlingen ausging

Ursula Scheer von der FAZ kommentiert dies.

Während russische Schriftstellerinnen die Zahnlosigkeit und Verweichlichung des westlichen Mannes herausstellen, der nicht mehr in der Lage ist, die eigene Frau zu beschützen, und auch Eckhard Fuhr bei der Welt in diese Kerbe haut, verbitten sich schwedische Feministinnen genau das.

Angesichts dessen bin ich mehr und mehr geneigt, dieser Bitte nachzukommen, und sollte sich eine Frau darüber beschweren, dass ich ihr nicht geholfen habe, würde ich sie darauf hinweisen, sie möge sich mit ihrer Beschwerde doch bitte an die Feministinnen wenden. Andererseits hat das auch irgendwie was von Sonthofen-Strategie („es muss erst noch schlimmer werden, bevor es besser werden kann“).

2: Bei der taz diskutiert man angesichts der Tatsache, dass die Chefin der Grünen, Simone Peter, eine Putzhilfe beschäftigt, darüber, ob Linke putzen lassen dürfen. Die Diskussion kam schon einmal 2013 anlässlich der Kanzelkandidatur von Peer Steinbrück auf:

Allein schon, dass der überhaupt eine Putzfrau hatte! Wie passt das in ein egalitäres Weltbild, zu einem kritischen Bewusstsein von Arm und Reich, zur Emanzipation? Wenn Steinbrück wenigstens einen Putzmann beschäftigt hätte aber nein, Frau, Phillippinin, noch Fragen?

Ach wie schön ist dieses Weltbild doch. Einer Frau niedere Arbeiten übertragen? Geht gar nicht, eine Sünde wider die Emanzipation! Einem Mann? Kein Problem, dafür sind die ja da. Und dann nennen sie dieses Weltbild auch noch „egalitär“.

3: Das aktuelle Aufregerthema, Roosh V und sein angeblicher Vorschlag, Vergewaltigungen (auf privatem Gelände) zu legalisieren, wird bereits von Genderama und Alles Evolution genügend verarztet. Martin Domig hat dazu einen hübschen Comic gezeichnet:

Exakt das ist der Punkt. Kommt von feministischer Seite ein abscheulicher Vorschlag, lässt man ihn mindestens als Satire durchgehen, wenn er nicht sogar als ernsthafter Diskussionsbeitrag jahrelang durch die Debatten geschleppt wird. Aufregung gibt es so gut wie kaum eine. Aber wehe, ein Mann macht einen absurden Vorschlag und kennzeichnet das als Satire, bestätigt noch x-mal auf seiner eigenen Website, dass er das auf keinen Fall wirklich ernsthaft vorschlägt, hilft das dennoch nichts, er wird als der schlimmste Sexist aller Zeiten durch die Manege geführt und als Vergewaltigungstrainer verunglimpft.

Und wenn man schon mal dabei ist, wirft man ihn auch gleich in einen Topf mit anderen, mit denen er gar nichts zu tun hat, sprich den Männerrechtlern. Alle in einen Sack und drauf mit dem Knüppel. Differenzierung ist da offensichtlich vollkommen fehl am Platze, es geht schließlich um Ideologie.

Kurznachrichten vom 23.01.2016

Die letzten Tage war nicht viel los. Arne war bei vielen Dingen schneller, das muss ich dann nicht auch noch bringen. Und ich hatte auch nicht so die Zeit Abends. Aber jetzt mal wieder…

1: Es gibt jetzt ein AddOn namens „Binnen-I be gone“ für die Browser Firefox, Chrome und Opera, das aus Webseiten sogenannte geschlechtergerechte Sprache entfernt und durch normales Deutsch ersetzt, um diese wieder lesbarer zu machen. Binnen-Is, Gender*Sternchen und Gender_Gaps verschwinden aus fast allen Texten. Funktioniert natürlich nicht in Bildern und PDFs.

2: Am Dienstag brachte das ZDF-Magazin Frontal 21 einen Bericht über Kinder, die andere Kinder missbrauchen. Erstaunlich an dem Beitrag: Es wird tatsächlich mehr über Mädchen berichtet, die andere Kinder missbraucht haben. Da scheint etwas aufzuweichen.

3: Nochmal ein bisschen was zu Köln, Zuwanderung, Islam etc. Der Soziologe Gunnar Heinsohn, dessen Interview bei der Welt ich schon neulich verlinkt habe, hat noch einmal bei der NZZ die Zuwanderung junger Männer aus dem muslimischen Kulturkreis in düstersten Farben gemalt. Bettina Röhl stießt schon im September ins gleiche Horn. Aus heutiger Sicht fast ein wenig prophetisch. Derweil gibt der Imam der Al-Tauhid-Moschee in Köln-Kalk den Frauen die Schuld, aber der hat sicher nichts mit dem Islam zu tun.

Der Staatsrundfunk hat sich nach erster Verwirrung offensichtlich wieder eingekriegt. Die korrekte Sprachregelung ist wieder gefunden. Heute in der Tagesschau hatten die Übergriffe von Köln und anderswo nur noch „Männergruppen“ begangen. Nicht etwa „vorwiegend aus Zuwanderern bestehende Männergruppen“. Ein „männliche Zuwanderer-Gruppen“ oder gar „Ausländergruppen“ hätte ich ja schon gar nicht verlangt, das wäre ja jetzt wirklich schlimm pauschalisierend. Kann man so nicht machen…

Das klingt jetzt vielleicht wieder so, als hätte ich ein Problem mit Flüchtlingen. Aber das stimmt nicht, ich bin nur ziemlich skeptisch, was die Entwicklung angeht, vor allem, wenn das in diesem Jahr nochmal so laufen sollte. Ich habe nur ein Problem mit einigen der Zuwanderer, und vor allem mit dem Islam. Ich habe kein Problem mit dem einzelnen Flüchtling, selbst wenn er ein schlimmer Finger ist. Damit würden wir schon fertig werden. Und die meisten sind wirklich sehr liebenswerte Menschen. Ich habe aber ein Problem mit der Menge, weil das eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Vielleicht präzisiere das nochmal in einem eigenen Artikel.

Was mich aber auch nervt, dass dabei wieder mal wichtige andere Themen unter den Tisch fallen. Der Missbrauchsfall bei den Regensburger Domspatzen z.B., oder TTIP. Und dass vor grade mal 11 Tagen es in Istanbul einen Anschlag mit zehn deutschen Todesopfern gab, die meisten seit Djerba 2002, ist schon fast wieder vergessen. Hört da noch jemand was davon? Normalerweise wäre das für mindestens eine Woche das Top-Thema. Diesmal war das nach zwei Tagen durch.

4: Pat Condell macht sich in seiner gewohnt knackig-süffisanten Art über Social Justice Warriors, Safe Spaces und Gender Studies an britischen Universitäten lustig:

Gefunden bei Danisch.

5: Off-Topic Beitrag des Tages: Alpha-Blogger Fefe hat seinen Austritt aus dem Chaos Computer Club (CCC) erklärt. Grund dafür ist anscheinend, dass ausgerechnet der Verein, der ungehindertes Informationsrecht und freie Meinungsäußerung ganz dick auf seine Fahne geschrieben hat, in internen Mailinglisten Moderatoren nach gusto Beiträge filtern lässt.

In diesem Fall ging es aber darum, Mails wegen des aktuellen Gefühlszustands eines Moderators zu filtern. Wenn der Moderator findet, diese Mail könnte jemanden erzürnen, dann kommt die nicht durch.

Es bleibt im Unklaren, ob es um einen Beitrag von Fefe selbst ging, und auch, welche Meinung dem Moderator nicht gepasst hat. Es scheint mir aber offensichtlich, dass sich auch im CCC schon seit längerem Political Correctness und Safe Space-Denken eingeschlichen hat. Da gingen doch vor zwei Jahren schon sog. Awareness Teams rum, die sog. Creeper Cards verteilten.

Gastartikel: LoMi zur Debatte angesichts der Übergriffe in Köln

LoMi ist wieder da – und da er nach eigenem Bekunden derzeit nur kommentiert und nicht selbst bloggt, erlaube ich es mir, seinen Kommentar zu den Kurznachrichten vom 19.01.2016 zu einem Gastartikel zu befördern, denn er ist aus meiner Sicht so lesenswert. Also, ab jetzt (bis zur Popkultur) O-Ton LoMi:

Ich halte diesen Kommentar für ziemlich falsch. Meiner Meinung nach ist die Debatte längst noch nicht zum Kern vorgestoßen. Die Behauptung, dass der Feminismus widersprüchlich ist, ist nicht neu und nicht originell und erklärt nichts. Es ist auch zu sehr Agenda seiner Kritiker, dem Feminismus Bigotterie nachzuweisen. Man erkennt es daran, dass Feminismus und “links” schnell gleichgesetzt werden. Das ist nicht immer eine echte Verbindung. Feminismus ist oft genug pseudopolitisch oder gar reaktionär.

Es ist Tatsache, dass der Feminismus angesichts der Vorfälle von Köln versagt und hier versucht, vom Flüchtlingsthema abzulenken. Aber ich glaube nicht, dass man damit bereits alles gesagt hat. Der Kommentar greift zu kurz.

Man kann der Sache nur Herr werden, wenn man alle Seiten betrachtet. Es ist nun einmal so, dass das Thema Köln einen zeitgeschichtlichen Kontext hat, der auch AfD und Pegida beinhaltet. Das Spannungsfeld zwischen Ablehnung und Befürwortung der Flüchtlingsaufnahme bildet den Hintergrund. Insofern kann das Verhalten einer politischen Interessengruppe nicht isoliert betrachtet werden. Es ist immer auch Reaktion auf etwas.

Im gegenwärtigen Klima in Deutschland ist es schwer, so etwas wie Köln sachlich zu diskutieren. Die Silvesternacht wird von links wie rechts genutzt, um eigene politische Agenden nach vorne zu treiben. Zur politischen Strategie gehört es allzumal, den politischen Gegner möglichst zu diskreditieren und so die öffentliche Meinung auf die eigene Seite zu ziehen. Der Vorwurf der Lüge und der Heuchelei sind dabei Standardwerkzeuge. Schon immer haben sich Parteien aller Couleur gegenseitig Lüge, Egoismus, Korruption, ideologische Verblendung und Dummheit vorgeworfen. Diese Art Vorwürfe sind selber das Phänomen, das man reflektieren muss. Sie sind hier immer Teil des politischen Kampfes.

Die Feminismuskritiker übersehen, dass sie allzu schnell falsche Freunde gewinnen und somit sich vor den Karren einer ausländerfeindlichen Politik spannen lassen. Und genau das ist das Problem an Köln für “Gutmenschen”. Ich nehme das mal als Etikett für jene, die versuchen, eine hohe humanistische Moral zu verwirklichen. Dazu muss man kein Feminist sein, will sagen: nicht jeder “Gutmensch” ist Feminist oder links. Die Schwierigkeit besteht nach Köln nun darin, das Thema Flüchtlinge so zu diskutieren, dass man weder einem positiven Rassismus anhängt (“alle Fremden sind per se gut”), noch dass man beim Besprechen von Problemen ins Gegenteil verfällt (“der Islam ist per se frauenfeindlich”).

Die Abwehr von Ausländerfeindlichkeit sorgt oft dafür, dass man sehr grob argumentiert und dazu neigt, demonstrativ sich auf die Seite der Migranten zu stellen. Das mündet dann schnell auch in peinlicher Folklore, wie das eben bei Solidaritätsbekundungen oft der Fall ist. Schließlich ist da immer Pathos im Spiel und Pathos kippt schnell ins Lächerliche. Dahinter steckt auch die Angst, dass man ungewollt irgendwas “rassistisches” äußert und damit Probleme anfacht. Aus dieser Angst heraus wird die Folklore dann zwanghaft. Damit reagiert man dann aggressiv auf alles, was aus der Folklore rausfällt und geißelt es als “rassistisch”. Alles in allem ist das aber der Versuch, es richtig zu machen angesichts ja auch realer Gefahren. Nazis sind keine Erfindung, sie existieren und nicht nur der NSU war gewalttätig.

Es ist nun ungemein schwierig, in dieser Gemengelage den eigentlich wesentlichen Punkt stark zu machen: Menschenrechte und die Priorität des Individuellen. “Gutmenschlich” gedacht ist der Mensch kein Söldner im Dienste unverrückbarer kultureller Prägungen, sondern jeweils ein Individuum. Menschen sollten deshalb nicht vor-verurteilt werden, sondern je nach ihrem individuellen Handeln. Und Flucht aus Krieg, Not und Elend gebührt menschenrechtlich gesehen eben nicht nur den moralisch Guten, sondern jedem Menschen. Die Pflicht zu helfen resultiert nicht daraus, dass die Hilfebedürftigen tolle, sympathische Menschen sind, sondern daraus, dass sie in großer Not sind. In diesem Sinne kann man sogar “Gutmensch” sein, ohne je links gedacht zu haben: Die Bibel zum Beispiel nennt das “Nächstenliebe”.

Es ist den “Gutmenschen” aber nicht gelungen, daraus einen markanten Diskurs zu schmieden. Vereinfachungen a la #aufschrei, Multikulti, aber auch a la Pegida und AfD sind viel wirkmächtiger und schlagzeilenträchtiger. Menschenrechte und Individualität haben etwas medienunfreundlich intellektualistisches an sich. Aber letzten Endes geht es genau darum wie auch um die Tragik des Scheiterns solcher Positionen in einem aufgeheizten Kampf um die Deutungshoheit.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Diesmal U2 mit einem Lied, das aufgrund seines Titels vordergründig als Bezug auf die Vorgänge in der Silvesternacht gedeutet werden könnte, jedoch in diesem Blog noch eine Bedeutung hat. „Nichts ändert sich am Neujahrstag“ heißt es im Refrain. Und mir ist erst beim Einstielen des Artikels aufgefallen, dass die Kurznachrichten vom Januar 2016 (bis auf die vom 06.01.) noch alle auf 2015 datiert sind… 😉

U2: New Year’s Day

Kurznachrichten vom 19.01.2016

1: Heute hab ich nur einen, aber der hat es in sich. Phillip Mark McGough erklärt auf der Plattform Quillette: After Cologne, Feminism is Dead.

As a general point, it really is astonishing the extent to which the feminist left (in fact, the left in general) is prepared to veto entire chapters of its own otherwise Inquisitorially-enforced ideology in the interests of maintaining 100% solidarity with Islam — the most ruthlessly misogynistic force in the world today. The same people who see and hear rape culture literally everywhere (on University campuses, in wolf-whistles, on saucy t-shirts worn by rocket scientists, etc) somehow suddenly can’t see or hear it at all when it involves feral mobs of migrants assaulting women en masse in public in major European cities. Amid a miasma of double standards and self-contradictory froth, what’s clear is that the left is only opposed to evils like misogyny, homophobia, and racism inasmuch as they can be bundled into a knout and wielded without mercy to give white, western, man a damn good thrashing.

Ever since the rise of Islamism in place of Communism as the chief ideological antipode of western values, the left has sunk lower and lower into moral insolvency in its pathological urge to aid, abet, and excuse the actions of the enemies of tolerance. Until recently, the more recklessly optimistic among us thought there might be a turning point. Perhaps after Paris January 2015, or after Paris November 2015, or after Cologne, or after [insert any given Islamist transgression against basic decency here]… perhaps then we would witness some sort of renaissance of sanity, a resurrection of reason, when the left would rediscover its social justice-based roots and surprise us with outright condemnation of the horror, with no plea of mitigation.

We must now accept that this turning point will never come; indeed, that for the European liberal left in general, and for the feminist left in particular, a point of no return has been reached. Axiom: After Cologne, feminism is dead. Europe must now focus on the more important issue of women’s rights.

 

Kurznachrichten vom 18.01.2016

1: Nachdem die Kampagne der Netzfeministinnen #ausnahmslos nicht so wirklich eingeschlagen hat, versuchte Anke Domscheit-Berg am Samstag gleich die nächste Nebelkerze zu zünden: #unerwünscht. Unter diesem Beitrag sollen Frauen Erfahrungen mit Exhibitionisten twittern.

Das hat jetzt zwar mit der aktuellen Diskussion über Köln noch viel weniger zu tun, denn Exhibitionismus kam da noch nicht in den Polizeiberichten vor, aber ein weiterer Ablenkungsversuch kann ja nicht schaden. Auch hier wird wieder mehr getrollt, als dass es tatsächlich Erlebnisberichte gibt. Die Blogs emmanzer und Stefanolix haben bereits kommentiert.

2: Die WELT brachte am Wochenende einige Beiträge rund um die Themen Köln, Flüchtlinge und wie die Feministinnen damit umgehen. Reinhard Mohr findet es „Erstaunlich, wie Feministen die Realität ausblenden„.

Dass man gegen Rassismus, Sexismus und Diskriminierung ist, versteht sich von selbst – die Inkarnation jenes guten Gewissens, das nur ein schlechtes Gewissen sein kann. Sein Leitmotiv: Der Westen ist an allem schuld. Also „wir“. Wer sonst. So ist es nur logisch, dass das Bewusstsein dieses biedermeierlichen Weltbilds keine äußeren Feinde kennt. Das Böse hockt ja im eigenen Land. […]

Dass das Böse – Rassismus, Sexismus und pure Gewalt – auch von jenen ausgehen kann, die man eben noch mit dem Ruf „Refugees welcome!“ freudig empfangen hat, war nicht vorgesehen. Es hat nicht nur das Weltbild der „Willkommenskultur“ erschüttert. […]

Die gesamte Flüchtlingsdebatte hatte unter dem Zeichen einer buchstäblich grenzenlosen Moral stattgefunden, bei der jeder Zweifel in den Bereich des Amoralischen und Verwerflichen verwiesen wurde. Die Flüchtlinge wurden zur Projektionsfläche einer lutherisch-protestantischen und sehr deutschen Selbstprüfung, die keinen Raum ließ für Zwischentöne. Angela Merkels „Wir schaffen das“ wurde zum Mantra dieser Moral, zur vermeintlich alternativlosen Durchhalteparole.

Einer der m.E. besten Beiträge überhaupt zu dem Thema schrieb der Schriftsteller Peter Schneider, ein 68er-Urgestein, der mir schon immer durch gut durchdachte und gemäßigte Positionen aufgefallen ist.

Nicht erst seit dem Sommer letzten Jahres hatte sich eine Kultur des Wahrnehmens und des Sprechens hinter vorgehaltener Hand herausgebildet – und sie geht weiter. Unliebsame Tatsachen werden verdreht und einem rassistischen Weltbild zugeordnet, bevor sie erkannt und benannt sind. […]

Es sind selten die Tatsachen, die die von allen Seiten an die Hand genommenen Bürger in die Arme rechter Populisten treiben – es verhält sich umgekehrt: Wenn die Bürger Grund zu der Annahme haben, dass ihre Wahrnehmungen und Sorgen nur noch von rechten Populisten benannt werden, erst dann ist der Zulauf zu diesen Populisten garantiert. […]

Während die einen ihren „Nie wieder“-Lehren folgen, verschanzen sich die Brandstifter und Neonazis hinter der Leugnung der Nazi-Verbrechen. Beiden Seiten ist gemeinsam, dass sie auf die Vergangenheit fixiert sind und die Bewältigung der Gegenwart blockieren. […]

Nach den Kriegsflüchtlingen werden die Klimaflüchtlinge kommen; Afrikas Bevölkerung wird sich in wenigen Jahrzehnten verdoppeln. Die Deutschen müssen jetzt die Regeln und die Grenzen einer Flüchtlingspolitik festlegen und erfinden, die die unausweichliche Convivenza mit Millionen von Flüchtlingen zu einer Bereicherung machen.

Der wiederholte, auch von Angela Merkel zu hörende Hinweis: „Das sind wir unserer Vergangenheit schuldig“ hilft nicht weiter. Niemandem, auch den Flüchtlingen nicht, ist damit gedient, wenn die formidable Demokratie der Deutschen durch eine rasch wachsende Rechtsbewegung in den Ruin getrieben wird.

Und schließlich gibt es da einen recht ernüchternden bis hin zu erschütternden Bericht einer Hamburgerin, die in einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge arbeitet.

Ich habe begonnen, mich anders anzuziehen. Ich bin eigentlich jemand, der gern auch mal etwas engere Sachen trägt – aber jetzt nicht mehr. Ich ziehe ausschließlich weit geschnittene Hosen und hochgeschlossene Oberteile an. Schminke benutze ich sowieso immer schon sehr wenig, höchstens mal einen Abdeck-Stift. Und nicht nur äußerlich habe ich mich verändert, um mich etwas vor dieser Belästigung zu schützen. Ich verhalte mich auch anders. So vermeide ich es zum Beispiel, auf unserem Gelände an diejenigen Orte zu gehen, an denen sich die alleinstehenden Männer oft aufhalten. Und wenn ich es doch mal muss, dann versuche ich, sehr schnell da durchzukommen und lächele dabei niemanden an, damit man das nicht falsch verstehen kann.

3: Der Frankfurter Asta hat über einen nebenberuflichen Pick-Upper der Firma Casanova Coaching, der ebenfalls an der Frankfurter Uni studiert, in negativer Form berichtet und dabei seinen vollen Namen genannt und ihn in einem Foto abgebildet (in Justizjargon „identifizierend“ berichtet). Dieser hat sich gerichtlich gewehrt und in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung gegen den Asta erwirkt. Der Asta will sich nun gegen die „Zensur“ wehren.

Der Asta-Vorsitzende Valentin Fuchs (Grüne Hochschulgruppe) kritisierte das Urteil und kündigte an, dass der Asta die einstweilige Verfügung und die damit verbundene Zensur nicht akzeptieren werde. Er pocht auf das studentische Presserecht und beharrt darauf, dass der Asta die Interessen der Studierenden öffentlichkeitswirksam vertreten dürfe. Dazu gehöre ihrem Selbstverständnis nach, auch feministische Positionen zu vertreten.

„Gerade nach den Vorfällen in Köln kann ich die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen“, sagte Fuchs der Frankfurter Rundschau. Der Asta bemängelt, dass bei der Entscheidungsfindung im Gerichtsaal formale Fragen im Vordergrund standen. Dass es sich bei den Annäherungstechniken der Pick-Up-Artists um „gewalttätige Übergriffe“ handele, sei jedoch kein Thema bei der juristischen Auseinandersetzung gewesen, kritisieren die Studierendenvertreter.

Wie hohe Wellen sexistische Aufreißer-Seminare in den Medien, aber auch in der Gesellschaft schlagen, zeigte sich in Frankfurt bereits Ende 2014.[…]

Im aktuellen Rechtsstreit stellt Medienanwalt Lucas Brost von der Kölner Kanzlei Höcker auf FR-Anfrage die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten in den Vordergrund und klagt den Asta an, seine Befugnisse zu überschreiten: „Anstatt die Regeln einer fairen Berichterstattung zu berücksichtigen, stellt der AStA einen Studenten in seiner Zeitung derart an den Pranger, dass er in der Folge bedroht wird. Zur Rechtfertigung beruft er sich auf Grundrechte, ohne zu erkennen, dass er dies als staatliche Stelle nicht darf.“[…]

Das Gericht stellt fest, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Übergriffen auf dem Campus und den Aktivitäten des in der Asta-Zeitung namentlich genannten Casanova-Coach gibt. Daher müsse es der Kläger nicht hinnehmen, dass er durch die Berichterstattung „nachhaltig der Kritik ausgesetzt wird“. Zudem verletzte der Artikel das Recht am eigenen Bild, der Betroffene sei darauf für sein soziales Umfeld unschwer zu erkennen.

Wir lernen also:

  1. Es gibt ein spezielles studentisches Presserecht, das offensichtlich erlaubt, Personen an den Pranger zu stellen, auch wenn sie nicht Personen der Zeitgeschichte sind
  2. Feministische Positionen sind im Interesse von Studierenden
  3. Annäherungsversuche von Pick-Up-Artists sind „gewalttätige Übergriffe“
  4. Niemand darf Männern das Flirten lehren, denn das ist nach Ansicht der FR-Journalistin sexistisch.

4: Alice Schwarzer und Anne Wizorek, zwei Galionsfiguren des deutschen Feminismus, führen im Spiegel ein Streitgespräch, das leider in voller Länge wohl nur in der Printausgabe zu lesen ist. Nachdem die beiden Feministinnen in der Flüchtlingsfrage und demzufolge in der Bewertung der Vorgänge der Kölner Silvesternacht und anderen Städten ganz unterschiedlicher Meinung sind, würde ich das schon mal lesen wollen. Muss ich wohl nach etlichen Monaten wieder mal einen Spiegel kaufen…