Fundstücke: Zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017

Oder 72 cm Demokratie, wie es der Stadtmensch auf den Punkt brachte (so lang ist der Wahlzettel). Dabei ist das nicht „einfach nur die dritte Landtagswahl“ in diesem Jahr. NRW hat 17,865 Millionen Einwohner, das sind 6,25-mal Schleswig-Holstein (2,859) und 17,34-mal das Saarland (0,997) – und immerhin 4,63-mal beide zusammen. NRW hat ebenfalls mehr Einwohner als die beiden angrenzenden Länder Niederlande und Belgien. Im Bundesrat ist NRW zwar proportional unterrepräsentiert – sonst würden die kleinen Bundesländer auch untergebuttert – und natürlich kann man nicht 1:1 von Landtags- auf Bundestagswahlen schließen, aber ignorieren läßt sich ein solches Bundesland natürlich nicht.

Es gibt genug zu tun in NRW

Dabei mischen sich hier ganz unterschiedliche Regionen mit ihren jeweiligen politischen Idiotien: In den ländlichen Räumen kann die CDU auch eine Vogelscheuche als Direktkandidaten aufstellen und es reicht immer noch für einen 2/3-Sieg. Im Ruhrgebiet ist die SPD traditionell stark, auch wenn sie in all den Legislaturperioden an der Macht sich wie Mehltau über das Land gelegt und entscheidende Veränderungen verhindert hat. Der Stadtmensch beschreibt das so:

Denn dass die NRW-SPD einen der größten Ballungsräume Europas, nämlich das Ruhrgebiet, nur zu Tode verwaltet, ist seit Jahrzehnten bekannt. Den Wegfall der Schwerindustrie, der immerhin schon in den 1960ern begann, hat die Region nicht mal im Ansatz überwunden. Der SPD bzw. den nervtötenden Grünen sind ihre heimeligen Jahrhundertprojekte wie die sinnlose Über-Bevorzugung von Frauen im Öffentlichen Dienst natürlich viel wichtiger als die Beseitigung der vielen Elendsquartiere und No-Go-Areas, die es inzwischen in diversen NRW-Kommunen gibt.

(…) Passable Jobs gibt es inzwischen fast nur noch in den Metropolen wie Essen, Düsseldorf oder Köln – mit den bekannten Folgen wie etwa extrem lange und teure Anfahrtswege, hohe Mieten, endlose Staus sowie überfüllte Nahverkehrsmittel, für die ein Fahrplan eher eine Art ganzjähriger Wunschzettel ist. In den NRW-Randgebieten wechseln sich dagegen in den Ortskernen höchstens Wettbüros mit Spielhöllen ab; manchmal ist immerhin noch ein Kik oder ein Lidl dabei.

Dazu kommt, und das spricht der Stadtmensch inzwischen regelmäßig an, die fortschreitende Automatisierung, aufgrund derer immer mehr Menschen überflüssig werden. Das kommt noch in Dimensionen auf uns zu, die wir gar nicht erahnen können, aber von einer Idee, wie diese Herausforderung zu stemmen wäre, sind die Politiker weit entfernt. Und so hat ein „kleine Blogger“ wie der Stadtmensch in wenigen Sätzen die größten Probleme der Gegenwart und nahen Zukunft klar benannt, während das Parteien mit ihrem Riesenbudget und Personal entweder nicht können oder nicht wollen.

Hier im Blog wurden etwa Köln-Chorweiler und Duisburg-Marxloh angesprochen – das deutsche Pendant zu „Trumpland“. Dass solche Gegenden und ihre Einwohner scheinbar einfach aufgegeben werden, ist ein Armutszeugnis für die Politik und eine Steilvorlage für Radikalen und Extremisten aller Couleur. Und es entbehrt ja auch nicht einer gewissen Marktlogik: Wenn mir alle etablierten Anbieter ins Gesicht spucken, nehme ich eben irgendwann den verrufenen, der mich wenigstens freundlich behandelt. Soll keine Wahlempfehlung sein (Fefes Alternative wären Kleinstparteien); es wäre aber in der Macht und Verantwortung der etablierten Parteien, diesen Mechanismus zu erkennen und zu verhindern.

Stattdessen zur Erinnerung:

  1. Es waren SPD und Grüne, die in NRW ein männerdiskriminierendes Beförderungsgesetz im Öffentlichen Dienst beschlossen haben, welches eine Klagewelle nach sich zog und inzwischen als verfassungswidrig abgelehnt wurde.
  2. Es war die FDP, die männerrechtliche Themen überhaupt in den Landtag einbrachte.

Wenn Männer und Väter auch sonst keine Stimme haben – heute hatten Inländer in NRW zwei! Die sie auch verwenden konnten, um sich für die Belange von Jungen einzusetzen.

WDR übernimmt Sprache der Populisten

Eine peinliche Blöße offenbart der WDR in seinem Kandidatencheck. Dort werden alle Direktkandidaten interviewt – durchaus ein löbliches Anliegen. Allerdings wird dabei nach einer „Obergrenze für Zuwanderer“ gefragt. Das ist eine absolute Nebelkerze. Wie im Neusprech-Blog sehr schön erläutert: Es klingt wie eine „Obergrenze für Flüchtlinge“. Zuwanderer sind jedoch nur diejenigen, die gerade nicht Flüchtlinge sind. Und da Deutschland einerseits kein vernünftiges Einwanderungsgesetz hat und andererseits etwa Ausländer aus dem Schengenraum sowieso völlig frei einwandern können, ist ein Gerede über eine Obergrenze ohne weitere Regelungen (Kriterien, Integration usw.) reine Makulatur. Schön in Szene gesetzt hat sich damit Horst Seehofer. Siehe hierzu den Vortrag von Martin Haase / maha beim 33c3 (29:27-35:38):

„Die Sprache der Populisten“

Es ist insgesamt der schwächste Vortrag, den ich in der Reihe zur Sprache gesehen habe, aber dieser Teil trifft zu. Im Gegensatz zu diesem Populismus sei etwa Günter Buchholz genannt mit seinem Artikel „Immigration: Aufklärung statt Diffamierung„, insbesondere der Abschnitt „Immigration und Arbeitsmarkt“:

Prinzipiell dürfte gegen vernünftige und angemessene Auswahlkriterien für die Immigration von Nicht-Flüchtlingen kaum etwas einzuwenden sein; andere Einwanderungsländer verfügen seit langem darüber. Gibt es diese? Wenn nicht, warum nicht?
(…)
Hierbei spielt eine Rolle, dass der technologische Fortschritt, indem er die Arbeitsproduktivität steigert, erhebliche Freisetzungseffekte mit sich bringt. (…) Das trifft diejenigen, deren Arbeitskraft dauerhaft durch Maschinerie – einschließlich der Informationstechnologie – ersetzt werden kann.

Da werden auch unangenehme Wahrheiten angesprochen wie die, dass natürlich Unternehmen ein Interesse daran haben, ein Ersatzheer an qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung zu haben, um die Löhne niedrig zu halten, und dass durch Immigration gerade für die unteren und mittleren Einkommensklassen Konkurrenz entsteht.

Wahl-O-Mat mit Quark

Wie schon zur Berlin-Wahl möchte ich auf eine These, die imWahl-O-Mat behandelt wird, genauer eingehen:

25/38: Traditionelles Familienbild
In den Schulbüchern soll nur das traditionelle Familienbild (Vater, Mutter und Kinder) vermittelt werden.

Dafür: NPD, Volksabstimmung, AD, Aufbruch C, Die Rechten, REP
Neutral: BIG, BGE, Gesundheitsforschung
Dagegen: SPD, CDU, Grüne, FDP, Piraten, Die Linke, Die Partei, Freie Wähler, FBI, ÖDP,
Tierschutzliste, AfD, DBD, DKP, Zentrum, Die Violetten, JED, MLPD, Schöner Leben, V-Partei^3
Keine Angabe: PAN, Parteilose WG BRD

Ich zitiere nun die vollständigen Begründungen aller Parteien:

Dafür:

NPD:
„Die Beziehung von Mann und Frau, aus der wiederum Kinder entstehen können, ist der gesellschaftliche und natürliche Normalfall, der überdies grundgesetzlichen Schutz genießt. Kinder sollten nicht dazu angehalten werden, sich verpflichtend mit den Bedürfnissen und Neigungen sexueller Randgruppen auseinandersetzen zu müssen.”

Volksabstimmung:
„Nur die heile Familie, die Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts, die mindestens 20 Jahre in erster Ehe zusammenleben und mindestens zwei eigene leibliche Kinder bis zur Volljährigkeit selber großzogen, ist als Ideal vom Grundgesetz und den Menschenrechten geschützt und gewährleistet den Fortbestand des Volkes.”

ADD:
„Es kann nicht sein, dass den Kindern bereits in der Grundschule Homosexualität vermittelt und nahegelegt wird. Kinder haben das Recht ohne schädliche Einflüsse aufzuwachsen. Ein Indoktrination und unzulässige Manipulation und Beeinflussung darf es nicht geben.”

Aufbruch C:
„Der Mensch ist als Mann und Frau geschaffen! Aus dieser Verbindung entstehen Kinder!”

Die Rechte:
„DIE RECHTE setzt sich für das traditionelle Familienmodell ein und sichert deutschen Familien jegliche Unterstützung zu. Auch in Schulbüchern sollte Kindern vermittelt werden, dass Mann und Frau, also Vater und Mutter, nicht beliebig ersetzbar, sondern wichtigster Teil der kleinsten Zelle unserer Volksgemeinschaft sind, nämlich der Familie.”

REP:
„Die Werte in unserer Gesellschaft werden immer mehr aufgeweicht. Daher ist es wichtig, wenn die Familie in ihrer eigentlichen Zusammensetzung präsentiert wird. Andere Lebensformen können ebenfalls dargestellt werden, jedoch sollte das traditionelle Familienbild einen Vorrang genießen.”

Neutral:

BIG:
„Wir sind für ein gesundes Familienbild. Optimalerweise mit Kindern, weil die Kinder die Zukunft unseres Landes sind. Selbstverständlich sehen wir auch Alleinerziehende und Paare ohne Kinder als Familie.”

BGE:
„Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) fördert die Vielfältigkeit der Entfaltungsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft und ermöglicht die Auflösung bisheriger Rollenbilder durch die gemeinschaftliche monetäre Würdigung von bisher unbezahlter Arbeit. Die Abgeordneten des Bündnis Grundeinkommen sind in Fragen, die das Grundeinkommen nicht direkt berühren, nach der Satzung der Partei gehalten, nach ihrem bestem Wissen und Gewissen frei über die jeweilige Frage zu entscheiden.”

Gesundheitsforschung:
„Die Partei für Gesundheitsforschung ist eine Ein-Themen-Partei. Sie will nur das Thema Gesundheitsforschung behandeln. In alle anderen politischen Themen will sich die Partei nicht einmischen.”

Dagegen:

SPD:
„Familie ist, wo Kinder sind und wo Menschen mit- und füreinander Verantwortung übernehmen. Das soll sich weiter auch in Schulbüchern widerspiegeln. Unsere gleiche Wertschätzung gegenüber allen Familienformen zeigt sich auch darin, sie gleichberechtigt öffentlich zu zeigen.”

CDU:
„In Nordrhein-Westfalen sind die Formen des familiären und partnerschaftlichen Zusammenlebens vielfältiger und bunter geworden. Die CDU Nordrhein-Westfalen respektiert und unterstützt daher alle diese unterschiedlichen Lebensweisen und unterstützt all jene, die füreinander einstehen und gegenseitig Verantwortung übernehmen.”

Die Grünen:
„Viele Schüler*innen in NRW wachsen nicht in einer traditionellen Familie auf. Sie leben in einer Patch-Work-Familie, mit einem alleinerziehenden Elternteil oder haben zwei Mütter. NRW ist vielfältig und bunt. Die Schüler*innen sollten ihre Lebenswirklichkeit in den Schulbüchern wiederfinden und Akzeptanz für andere Modelle entwickeln.”

FDP:
„Schulbücher sollten die Lebenswirklichkeit in Deutschland widerspiegeln. Diese beinhaltet sowohl klassische Familienformen, aber auch Patchwork-Familien, gleichgeschlechtliche sowie alleinerziehende Eltern mit Kindern. Für uns zählt, wenn Menschen Verantwortung füreinander wahrnehmen und glücklich sind.”

Piraten:
„Schulbücher sollen die gesellschaftliche Realität darstellen. Diese ist im Hinblick auf die Familienformen vielfältig. Eine einseitige Vermittlung von bestimmten Familienbildern lehnen die Piraten als diskriminierend ab.”

Die Linke:
„Für DIE LINKE ist Familie immer dort, wo Kinder ihr Zuhause haben. Das können klassische Familien sein. Aber auch Patchworkfamilien, Eltern, die getrennt leben, sich aber gemeinsam kümmern, Regenbogenfamilien und Alleinerziehende. Lebensmodelle zu bewerten haben Schulen, vielleicht in den 1950er Jahren gemacht. Zum Glück bleibt die Zeit nicht stehen. Menschen sollen so glücklich werden, wie sie es selbst entscheiden.

Die Partei:
„Wir möchten nicht, dass eine kleine Hetero-Lobby durch solche Vorschläge versucht, Kinder frühzusexualisieren und für ihre wilden Reproduktionsfantasien zu begeistern. Mit uns gibt es entweder komplette Aufklärung oder gar nix. Keine halben Sachen.”

Freie Wähler:
„Es sollen alle Familienbilder vermittelt werden, wobei das traditionelle Vorrang genießt.”

FBI:
Zu dieser These hat die Partei keine Begründung vorgelegt.

ÖDP:
„Eine ausschließliche Vermittlung des traditionellen Familienbilds widerspricht der gesellschaftlichen Realität.”

Tierschutzliste:
„Es sollten auch andere Familienmodelle gezeigt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass aus ideologischer Verklärung das traditionelle Familienbild den gesellschaftlichen Realverhältnissen zum Trotz als das neue Randmodell erscheinen soll.”

AfD:
„Wir respektieren eingetragene Lebenspartnerschaften, deren Gleichstellung mit der Ehe lehnen wir ab. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Dem fühlen wir uns verpflichtet. Die vorgeschlagene Beschränkung erscheint uns zu weitgehend.”

DBD:
„Schulbücher sollen die reale Gesellschaft abbilden.”

Zentrum:
„Das ZENTRUM lehnt eine Ideologisierung in Schulen ab. Dies gilt auch für familienpolitische Ideale, sodass es zwar dafür eintritt, das traditionelle Familienbild als dasjenige zu beschreiben, das den Regelfall darstellt und auch die Grundlage des Staates bildet. Das muss aber nicht dazu führen, dass sämtliche andere Daseinsformen komplett ausgeblendet werden.”

DKP:
„Unsere heutige Gesellschaft weist längst unterschiedlichste Modelle von Zusammenleben und Familie auf, die den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Schulbücher und Schulunterricht muss diese Realität widerspiegeln und vorurteilsfrei und ohne unterschwellige Diskriminierung mit gesellschaftliche Prozessen und Zuständen umgehen.”

Die Violetten:
„Die Vielfalt muss gelehrt werden.”

JED:
„Die sexuelle Ausrichtung kann nicht „unterrichtet“ werden. Es ergibt sich also keinen Unterschied, ob man Kindern homosexuelle oder heterosexuelle Inhalte zeigt. Es ist der Aufgabe der Schule aufzuklären, denn nur so wird Toleranz zur Selbstverständlichkeit.”

MLPD:
„Das wäre ein gesellschaftspolitischer Rückfall um Jahrzehnte! Die traditionelle bürgerliche Familienordnung unterdrückt besonders die Frauen. Gefördert werden müssen neue gleichberechtigte Formen des Zusammenlebens der Geschlechter und der Generationen.”

Schöner Leben:
„Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, wir schreiben das Jahr 2017! Vielfalt und Wahlfreiheit in Bezug auf den eigenen Lebensstil sind Grundpfeiler des freien Lebens.”

V-Partei^3:
„Einzig das „traditionelle Familienbild“ anzuerkennen, würde sämtliche andere bereits existierenden Familienstrukturen diskriminieren.”

Man sieht, dass es eine äußerst schwache These ist, um zwei größere Lager zu bilden, denn die meisten Parteien stehen auf einer Seite. Alle Parteien im Landtag vertreten dieselbe Ansicht. Von KPD bis AfD herrscht hier Ablehnung. Zustimmend äußern sich nur die radikale bis extreme Rechte, konservative Christen und konservative Muslime – also genau die drei Gruppen, von denen man das auch erwarten würde. Sie haben aber keinerlei Aussichten, ihre Ansichten der Mehrheit schmackhaft zu machen. Es sind vielmehr die letzten Reservate für solche, die noch nicht auf der Höhe der Zeit sind.

Es ist löblich, sich auf die Position zu stellen, dass der Schulunterricht die Realität abbilden soll. Immerhin wird damit die Realität als entscheidend angesehen und nicht irgendwelche abstrakten Modelle davon, wie die Menschen sein sollten.

Allerdings kann man hier auch leicht die Anschlussfrage stellen, welche oder wessen Realität denn erwähnt werden soll. Organisationen wie der Väteraufbruch können zum Beispiel ganz interessant erzählen, wie die Realität von Vätern nach der Trennung aussieht. Oder die Bundes-FDP, die das Wechselmodell als Standard verankern will, was in anderen europäischen Ländern längst Realität ist und nur hierzulande bislang verhindert wurde. Was wäre wohl die Reaktion, wenn man Jungen etwa im Politikunterricht diese rechtliche Realität beibringen wollte – durchaus angemessen an die Welt, die sie nach der Schule erwartet? Oder wie wäre es mit der Vaterlosigkeit in der Gesellschaft oder der Männerlosigkeit, die an Schulen ja längst Realität ist?

So löblich es ist, Familie auch daran festmachen zu wollen, dass Menschen Verantwortung füreinander übernehmen: Was ist mit Vätern, die Verantwortung übernehmen wollen, aber nicht dürfen? Was ist mit denjenigen Menschen, die aus dem Leben ihrer Kinder herausgehalten werden?

Zum Vergleich zum Wahl-O-Mat sei These 3 von 16 bei abgeordnetenwatch genannt, die an die Kandidaten ging:
Aufklärung über sexuelle Vielfalt im schulischen Rahmen soll fest im Lehrplan verankert sein.

Das klingt schon deutlich näher an der Debatte um den Bildungsplan, bei dem Befürworter und Ablehner sich vor einigen Jahren aufs Bitterste bekämpften. Hier stellt sich dann die Frage, was „sexuelle Vielfalt“ und „fest im Lehrplan verankert“ konkret bedeuten soll. So etwas wie „zwischen 1% und 10% der Menschen sind homosexuell, das steht nach aktuellem Stand der Forschung im Zusammenhang mit pränatalen Hormonen“ im Biologieunterricht ist für mich etwas, was ich mir sehr wünsche. Das Extrem, das zeitweise befürchtet wurde („in jedem Fach“, „es kommt auch vor, dass Familien aus Vater, Mutter und Kind bestehen“), wird selbst im Fall einer Anwendung keinen Realitätstest bestehen.

Schade ist jedoch, dass keine bessere These gefunden wurde, anhand derer man tatsächlich herzhaft hätte streiten können. Das passt natürlich zu der Wahrnehmung, dass echte Debatten gar nicht stattfinden sollen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Heute mal eine moderne Fassung einer alten Hymne (ebenfalls nicht als Wahlempfehlung gemeint!)…

Slime, Antilopengang und Bela B: Das Lied der Partei (Die Partei hat immer Recht)

Fundstück: Hans Teeuwen und die Meinungsfreiheit

Der Stadtmensch weist auf ein interessantes Video zum Thema Meinungsfreiheit hin (Niederländisch mit englischen Untertiteln):

Der Mann, der hier ins Kreuzverhör genommen wird und sich so wacker schlägt, heißt Hans Teeuwen. Ein wenig Hintergrund, diesmal treudoof-naiv aus der Wikipedia übernommen: Anlässlich der Enthüllung eines Monumentes in Gedenken an Theo van Gogh sang Teeuwen ein Lied, in dem er sich ausdrücklich auf die drei Moderatorinnen der Sendung „De Meiden van Halal“ bezog mit einer wenig schmeichelhaften Formulierung. Daraufhin wurde er in die einmalig stattfindende Sendung „Bimbo’s en Boerka’s“ ( 😀 ) eingeladen, aus der obiger Ausschnitt stammt. Das war übrigens im zweiten Halbjahr 2007, ist also schon einige Jahre her. Dieses Gespräch wurde später in den Niederlanden zum „TV-Moment des Jahres“ gewählt.

Dieser in aller Deutlichkeit und doch zivilisiert ausgetragene Streit ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie Meinungsfreiheit und eine gute Debatte aussehen können. Wann könnte man so etwas im deutschen Fernsehen sehen?

Teeuwen zeigt keine Zurückhaltung, wenn die drei Frauen mit ihm diskutieren. Der Witz daran ist: Gerade damit nimmt er sie als gleichberechtigte Gesprächspartner ernst. Es ist das genaue Gegenteil von „da greift jemand eine arme Frau, die ihre Meinung geäußert hat, an!“ (gemeint ist: mit Gegenargumenten), das heute fälschlicherweise so oft „beklagt“ wird.

Beachtlich auch, welche Grenze Teeuwen dann tatsächlich anerkennt: Gewalt, das gehe eben nicht. Also, von dem Mann könnten viele heute etwas lernen…

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Heute wird in den Niederlanden in den Königstag hineingefeiert… passt also ganz gut.

Guus Meeuwis: Het is een nacht

Fundstück: Sinkende Einkommen bei Männern führen zu weniger, bei Frauen zu mehr Ehen

Das Blog „MGTOW Deutsch“ erwähnt gleich zweimal einen Artikel von Florian Rötzer bei Heise namens „Sinkende Einkommensunterschiede setzen Männer unter Druck„. Was in diesem Artikel steht, fügt sich wie ein Puzzleteil in die im Blog schon besprochene Studie „Trade Liberalization and Mortality: Evidence from U.S. Counties“ von Justin R. Pierce und Peter K. Schott (Entwurf vom Dezember 2015 als PDF).

Am Anfang wird zwar das Feindbild weißer Mann bemüht und verschwiegen, wie viele Frauen für Donald Trump gestimmt haben, aber immerhin werden auch tatsächliche wirtschaftliche Sorgen als Hintergrund erwähnt. Bereits bekannt ist: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten steigt die Suizidrate bei Männern in Osteuropa und – schon oben im Rahmen der Studie von Pierce und Scott erwähnt – in den USA.

Basis für den Heise-Artikel ist eine neue Studie von David Autor, Gordon Hanson und David Dorn namens „When Work Disappears: Manufacturing Decline and the Falling Marriage-Market Value of Men“ (PDF).

Für die „Schicht der Männer ohne Hochschulabschluss zu tun hat, die in der verarbeitenden Industrie tätig sind, um ihre Jobs fürchten oder diese bereits verloren haben“ ergibt sich folgendes traurige Bild:

Weil ihre Karriere- und Einkommensaussichten sinken oder wegbrechen, sinkt auch ihre Attraktivität auf dem Heiratsmarkt und damit wohl auch bei der Partnerwahl. Das macht wütend und verzweifelt.

Und bei diesen Männern hört es nicht auf:

Allerdings sind die Ergebnisse wohl über diese Schicht hinaus gültig. In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil der jungen Menschen, die verheiratet sind, stark zurückgegangen. Zwischen 1979 und 2008 fiel der Anteil der Frauen im Alter von 25-39 Jahren, die verheiratet sind, bei den Hochschulabgängerinnen um 10 Prozent und um 20 Prozent bei denjenigen, die einen Highschool-Abschluss oder weniger haben. Parallel dazu steigt die Zahl der der Kinder in Alleinerziehenden-Haushalten, so hat sich in etwa derselben Zeit die Zahl der Kinder von unverheirateten Müttern fast verdoppelt.

Hier sieht man, wie Probleme miteinander verbunden sind. Der sehr deutlich betitelte Artikel „How Not to Be Poor“ listet als einen Tipp gegen Armut „keine außerehelichen Kinder haben“ auf und zeigt in einer Grafik, dass Armut in der Gruppe der Alleinerziehenden mit Abstand am häufigsten vorkommt.

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde in den USA deutlich, dass mehr Männer als Frauen von deren Folgen betroffen waren und dass die Gehälter der Männer stärker darunter leiden.

Hier stellt sich dann spätestens der AH-Effekt ein („Das habe ich doch schon bei Arne Hoffmann gelesen…“), gefolgt vom „PfelM-Reflex“ („Ich gucke mal nach, was in dem Buch Plädoyer für eine linke Männerpolitik darüber steht…“). Und siehe da, es findet sich selbst bei schneller Suche folgendes:

Kapitel „Der Mann als ökonomischer Verlierer“, S. 144, 146, bezogen auf Deutschland. Für das Phänomen, dass Männer stärker von der Wirtschaftskrise betroffen sind, habe ich irgendwo den Terminus „hecession“ aufgeschnappt.

Bei Wirtschaftskrisen oder bei steigenden Importen aus dem Ausland sollen sich die Mechanismen auf dem Heiratsmarkt besonders nachhaltig auf dem unteren Ende der Einkommensschichten auswirken. Die Zahl der Männer, die arbeitslos sind oder weniger verdienen, auch weniger als die Frauen, steigt, während ihre Attraktivität für die Frauen sinkt. Dazu kann ein Anstieg im Drogen- und Alkoholkonsum, der Kriminalität und auch der Mortalität kommen.

Die Autoren gehen in der Studie vor allem den Auswirkungen einer erhöhten Einführung von chinesischen Waren auf dem US-Arbeitsmarkt nach.

Genau wie die oben erwähnte Studie von Pierce und Schott, nur dass hier noch der Heiratsmarkt dazukommt.

Steigt jedoch die Arbeitslosenquote bei den jungen Frauen mit geringer Qualifizierung relativ an, erhöht sich Heiratsbereitschaft.

Nichts Neues: Frauen haben im Notfall die Möglichkeit, in eine Partnerschaft „zu fliehen“ und aus dem Arbeitsmarkt auszusteigen. (Ja, nicht jede und unter allen Umständen, aber tendenziell.)

Nach den Berechnungen der Wissenschaftler würde ein „Schock“ von einem Punkt Anstieg chinesischer Importe auf hauptsächlich männliche Beschäftigung zwischen 1990 und 2007 den Anteil der 18-25-jährigen Frauen, die keine Heirat eingehen, um 3,9 Prozentpunkte ansteigen lassen, während ein solcher „Schock“ auf überwiegend weibliche Beschäftigung den Anteil der jungen Frauen, die niemals verheiratet waren, um 3,1 Prozentpunkte senkt.

Mit anderen Worten: Sich alleine auf die Frauen und ihre Unabhängigkeit zu konzentrieren wäre das falscheste, was man machen könnte! Geht es nämlich den Männern schlecht, gibt es mehr Armut für alle, auch bei den Kindern. Wie Lucas Schoppe gerne ausführt: Die meisten Menschen haben überhaupt kein Interesse an einen Geschlechterkrieg, weil sie viel zu sehr auf Kooperation angewiesen und daher an ihr interessiert sind. Es kann daher auch nicht sinnvoll sein, Interessen von Männern und Frauen in Konkurrenz zueinander zu sehen, ohne den Gesamtzusammenhang zu betrachten. Hier würde sich tatsächlich ergeben: Im Zweifelsfall auf den Mann achten – eine sehr unangenehme, unkorrekte Botschaft.

Sollten die Analysen für die „Handelsschocks“ auf den Arbeits- und Heiratsmärkten für die Regionen, in denen das verarbeitende Gewerbe wegbricht, das Mitte des 20. Jahrhunderts den Wohlstand breiter Schichten garantiert hat, aber seit Jahrzehnten schrumpft, zutreffen, dann dürfte auch die kommende Automatisierungswelle ähnliche Folgen haben. Dann wären aber nicht nur die Arbeitsplätze von Arbeitern betroffen, sondern auch die von Höherqualifizierten und Akademikern, was nach der Studie den Heirats- und Partnermarkt noch maßgeblicher beeinflusst.

Und da können wir direkt den nächsten Bekannten erwähnen: Schließlich hat der Stadtmensch als Dauerthema, dass aufgrund der zunehmenden Automatisierung immer mehr Stellen wegfallen – und dass die Politik keinerlei Lösungsansätze anbietet, geschweige denn das Problem erst einmal anspricht, falls sie es überhaupt erkannt hat. Stattdessen werden wir mit irgendwelche sinnlosen Symbolkampagnen und -gesetzen beschäftigt.
So lassen sich in einem großen Bogen eine Palette von Themen miteinander verknüpfen: Wirtschaftslage, Gesundheit von Männern, Heiratsmarkt, Geschlechterunterschiede, Armut in der Gesellschaft.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Schien mir ganz angemessen für den heutigen Tag…

Jan Garbarek and The Hilliard Ensemble: Parce Mihi Domine

Fundstück: Bill Burr über Mütter und Väter

Via Stadtmensch bin ich auf Bill Burr aufmerksam geworden.

Burr ist gerade Vater geworden und ätzt gegen all die Bedenkenträger – insbesondere andere Eltern – die ständig vom Kinderkriegen wie von einem schweren Schicksalsschlag schwadronieren.

Bill Burr On Being A New Dad

Das ist tatsächlich mal eine völlig andere Sichtweise. Fünf Jahre zuvor hatte er bereits darüber abgelästert, wie Oprah Winfrey Mutter sein als „den schwierigsten Job der Welt“ bezeichnet hatte. Er selbst sah die Formulierung „the most difficult job in the world“ als Speichelleckerei an (gerade von Männern gegenüber Frauen) und völlig realitätsfern angesichts etwa der Arbeit von Kohlekumpels.

Bill Burr über Mütter (Bill Burr on Motherhood)

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? In einem anderen Clip hatte sich Bill Burr auch noch über Madonnas Opferverhalten lustig gemacht, gleichzeitig ihr cleveres Marketing anerkannt und als erstes Borderline erwähnt und gesungen.

Madonna: Borderline

Fundstücke: Artikelsammlung zur Silvesternacht 2015

Heute jährt sich die Silvernacht 2015 und mit ihr die Übergriffe in Köln. Aus diesem Anlass möchte ich – sozusagen als Leseliste – eine Sammlung von Artikeln bringen, die ich in den Monaten danach zu dem Thema gelesen und für lesenswert befunden habe. Es ist natürlich eine rein subjektive Auswahl mit besonderem Augenmerk auf diese Blogblase. Es bedeutet auch nicht, dass ich mit dem im jeweiligen Standpunkt, der im Artikel ausgedrückt wird, übereinstimme.

Einige Links, die ich gesammelt hatte, funktionieren inzwischen nicht mehr (die SZ Dank Adblocker-Blocker, Aranitas Gedanken hat eine neue URL, aber nicht alle alten Artikel). Einige Themen werden noch extra behandelt („Flüchtlinge“ waren schon vorher ein Thema, wurden aber mit der Debatte verbunden; „der postheroische Mann“ sprengt dann endgültig den Rahmen).

Als erstes möchte ich gesondert auf eine Buchrezension hinweisen, die erst vor wenigen Tagen erschienen ist und einige Fakten kurz und bündig nennt: Falsche Lehren aus der Silvesternacht von Monika Frommel (via Genderama).

Es folgen in chronologischer Reihenfolge die Artikel. In einigen Fällen habe ich noch Notizen zu den Artikeln. Nach der Liste kommen noch einige Zitate aus den Artikeln oder deren Kommentaren.

Popkultur gibt’s diesmal nicht, dafür eine technische Frage in die Runde: Schon seit einiger Zeit scheint dieses Blog keine Pingbacks mehr an andere Blogs zu versenden. Habt Ihr das Problem auch? Ist das also ein allgemeines WordPress-Problem? Oder liegt es an den Einstellungen? Hat sich im Hintergrund etwas geändert, was man jetzt neu einstellen muss? Oder werden die Pingbacks doch alle verschickt, aber fälschlicherweise als Spam identifiziert? Würde mich sehr darüber freuen, dieses Rätsel endlich zu lösen!

Artikel zum Thema „Silvesternacht von Köln 2015“

Gerhard beim Geschlechterallerlei: Nicht nur Männer sind Opfer von Gewalt

Mein Senf: Köln und Macht

Genderama: Vermischtes vom 05. Januar 2016

Erzählmirnix: Darum geht’s jetzt

Der Sexismusbeauftragte: Ein Hoch auf die Sippenhaft

Emannzer: Nur Erniedrigung von Frauen?

Der Blog des linken Maskulismus: Köln und die Gewalt am Bahnhof – entgültige und letztendliche Erklärung, die alle Zweifel beseitigt

sjw-watch: Die verstörende Reaktion der SJWs auf die Ereignisse in #Köln

Mein Senf: Menschen – Gruppen – Eigenschaften

Alles Evolution: Zu den sexuellen Belästigungen am Kölner Bahnhof

uepsilonniks: Feministische Deutung der Kölner Übergriffe: Sexismus sticht Rassismus

Genderama: Vermischtes vom 06. Januar 2016 – insbesondere über den Mythos „die Presse hat geschwiegen“ und den Kontext von OB Rekers Tipp („eine Armlänge Abstand halten“)

Lotoskraft: Zwei Seiten einer hässlichen Medaille

Don Alphonso bei Deus ex Machina: Sexuelle Gewalt in Köln mit dem Oktoberfest kleinreden

Legal Tribune Online: Kriminologe zur Silvesternacht in Köln „Keine ’neue Dimension der organisierten Kriminalität'“

Erzählmirnix: Handlungsanweisungen

Lucas Schoppe bei man-tau: Köln: Vom Alptraum in die Schützengräben

Gerhard Kaspar: Geschlechterrassismus ist In. Feminismus und Islamismus einig. Männer sind Schweine!

Genderama: Vermischtes vom 07. Januar 2016

Der Blog des linken Maskulismus: Solidarität mit dem nichtweissen Mann! (toller Aufruf!)

Genderama: Vermischtes vom 08. Januar 2016 – insbesondere über den Mythos „die Presse hat geschwiegen“

Genderama: Vermischtes vom 08. Januar 2016

Elitemedium: Doppelmoral

Gerhard Kaspar: Lügenpresse? Nein, aber Grünenpresse entspricht der Realität

Genderama: Lesermail (Versagen der Massenmedien)

Lucas Schoppe bei man-tau: Wie Anne Wizorek sexuelle Gewalt verharmlost

uepsilonniks: Die besten feministischen Reaktionen zu Köln-Sylvester

Emannzer: Männer – potenzielle Vergewaltiger?

Genderama: Vermischtes vom 11. Januar 2016

Mein Senf: #ausnahmslos (beinahe)

asemann.de: #ausnahmslos Mainstream

Erzählmirnix: Entwürdigt</a<

asemann.de: Rant: Wie die Nicht-Berichterstattung über Übergriffe Frauen zum Schweigen bringt

Dr. Alexander Stevens auf cuncti.net: Sexmobs und Sexismus – Deutschland dreht durch!

Genderama: Presseschau vom 11. Januar 2016

Genderama: Vermischtes vom 12. Januar 2016

Der Sexismusbeauftragte: Potentielle Vergewaltiger

asemann.de: Warum wird #ausnahmslos so hart getrollt?

Alles Evolution: #ausnahmslos

asemann.de: #ausnahmslos – schon gescheitert?

Genderama: Vermischtes vom 13. Januar 2016

Genderama: Vermischtes vom 13. Januar 2016 zum Zweiten

Der Sexismusbeauftragte: Potentielle Entschuldigung

Genderama: Vermischtes vom 15. Januar 2016:

Drachenrose: Der cis-heteronormative weiße Mann, der grundsätzlich immer schuld ist, und die Realität

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 16. Januar 2016

Corinna Bernauer bei der Piratenpartei: Warum Strafrechts- und Sexismusdebatten die falsche Reaktion auf Köln sind

asemann.de: Deutsche mit Migrationshintergrund vs. #ausnahmslos-Netzfeministinnen

Stadtmensch-Chronicles: Ausnahmslos vermurkst

Die Kraft von Kultur und Sozialisiation im intersektionalen Feminismus – der ganze ideologische Widerspruch treffend zusammengefasst

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 18. Januar 2016

Lucas Schoppe bei man-tau: Ein Kämpfer für den rechten Glauben besucht ein Amt

Genderama: Vermischtes vom 19. Januar 2016

Dog’n’Cat: Listen And Believe, If…

asemann.de: Verharmlosung a la Anke Domscheit-Berg

Erzählmirnix: Männer sind…

Genderama: Vermischtes vom 23. Januar 2016

asemann.de: Anne Will: Pauschalisieren mit Domscheit-Berg und Daimagüler

maennerrechte.org: Impressionen vom 06.02.2016 – missbrauchen von Missbrauchsopfern, Sexismus in Piratentrümmern – dieser Kommentar fasst es gut zusammen

asemann.de: Anti-Rassismus und Feminismus: Die Quadratur des Kreises – und noch einmal: der Widerspruch auf den Punkt gebracht

Genderama: Köln: Auflistung der Übergriffe zu Silvester liegt vor – Bilanz der Anzeigen

Leserpost (die ignorierten Opfer von Köln) – eine ganze Familie Opfer

Genderama: Vermischtes vom 13. Februar 2016 – 1/6 männliche Opfer, ignoriert

aranxo beim Geschlechterallerlei: Kurznachrichten vom 15. Februar 2016 – gute Kritik von links (Jungle World)

Lucas Schoppe bei man-tau: Kernschmelze. Rückblick auf einen überfordernden Monat

Der Schwulemiker: Von der Wölfin im Schafspelz

Genderama: Vermischtes vom 07. April 2016

Monika Frommel bei novo-argumente: Falsche Lehren aus der Silvesternacht (via Genderama: Vermischtes vom 23. Dezember 2016)

Monika Frommel bei Cuncti: Falsche Lehren aus der Silvesternacht (alternative Quelle)

Auswahl von Zitaten aus den Artikeln und deren Kommentaren

Tom174 bei Mein Senf:

wie kann es sein, dass Brüderles Dirndl Spruch zu einem Aufschrei führt, der Hinweis auf #köln aber in die rassistische Ecke geschoben wird?
(…)
Die Weissen haben die Macht. Ob das die Betroffenen Weissen auch so sahen?
(…)
wären es weisse Männer und eine schwarze Frau gewesen, was glaubt ihr was los gewesen wäre
(…)
Aber es passt eben, in direkten Beziehungen nicht, willkürlich definierten Gruppen (Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung was auch immer) mit Defaulteigenschaften zu belegen. Weder im Schlechtem noch im Guten.
(…)
Brüderle hatte an dem Abend auch nicht die Macht, seine Karriere hat die ach so wehrlose Journalistin zu einem ihr und ihrem Verlag genehmen Zeitpunkt beendet.

Christian bei Alles Evolution:
Hier hat Christian hervorragend vorhergesehen, wie man das Geschehene mit seinem Weltbild vereinbaren kann:

>>Man wertet dies nicht als etwas besonderes, sondern verweist darauf, dass es vielleicht etwas radikaler als sonst war, für die meisten Frauen das tägliche Leben eh ein Spiesrutenlauf tagtäglicher Belästigung ist, bei dem Frauen so etwas ständig erleben, und zwar von allen Hautfarben. Jetzt passt es auch wieder in das System, denn das Hervorheben der Übergriffe durch Schwarzafrikaner (darf man hier von PoCs schreiben?) ist dann:

* Leugnung der Rape Culture vor Ort („gute Deutsche machen das nicht“)
* Rassismus („wenn PoCs etwas machen, dann wird es erwähnt, im täglichen Leben ignoriert“)“<<

Ein Gedanke, der bei Forderungen an Männer nur selten vorkommt:
„Nur das mich eben mit afrikanischen oder deutschen Banden nichts verbindet, ich werde sie schon zum Schutz meiner Selbst sicherlich nicht in ihre Grenzen weisen, weil ich das gar nicht kann. Es dürfte dieser Subgruppe auch im übrigen relativ egal sein, wie sich anderweitig Männer benehmen, es sind schlicht sehr getrennte Verhältnisse.“

david in den Kommentaren:

Zu Ägypten: es gab mal eine Reihe von Meldungen über Frauen, die auf dem Tahir-Platz und drumherum begrapscht wurden. Das wurde bei uns über alle Maßen aufgebauscht (zur selben Zeit starben dort Männer!). Man berichtete damals viel über False Flag – Störer und Prügler, da das Regime offenbar versuchte die Demonstrationen als gewaltsame Aufstände zu diskreditieren.
Komischerweise kam den westlichen Journalisten nie in den Sinn, dass dies auch gerade für die wirkungsvollsten Ereignisse gelten könnte, die bei uns (und auch dort) den größten Aufschrei auslösten.
Komischerweise hat man von diesen Belästigern vorher und nachher praktisch nie wieder gehört. Nur zum Zeitpunkt, als die Leute mit der Revolution beschäftigt waren, ist das passiert. Genau am selben Ort.
Darauf hat mich schon damals mein Kairoer Freund aufmerksam gemacht, den ich just damals, Ende 2011, dort besucht habe.

Und später:

Hab mich gestern noch mit einer Freundin unterhalten, die mit einer Gruppe Frauen im Iran war. Als sie über einen Marktplatz in Ishafan gegangen seien, sei JEDE von ihnen MEHRMALS im Getümmel begrapscht worden.
Da scheint also durchaus ein Problem vorzuherrschen, was in unserem Kulturkreis in der Form keinesfalls besteht.

Der große Unterschied zu der Situation, die sich den Frauen in Köln geboten hat: es existiert dennoch eine generelle Ablehnung solchen Verhaltens, ein soziales Korrektiv ist jederzeit vorhanden und greift, wenn man sich dagegen wehrt, Umstehende darauf aufmerksam macht. Dann ist für den Grapscher schnell der Teufel los.

schöner Kommentar von yannababei erzählmirnix:

Also, wenn ich ein Mann wäre, würde ich mich davon diskriminiert fühlen, immer als sabberndes Monster, dass beim Anblick einer nicht total verhüllten Frau sofort jegliche Selbstkontrolle verliert, dargestellt zu werden.

Arne Hoffmann bei Genderama, Vermischtes vom 09. Januar 2016:

Als einheimischer Mann hat man in dieser Irrsinns-Logik keine Chance. Schweigt man zu den Übergriffen, beteiligt man sich dran, sexuelle Gewalt unsichtbar zu machen. Empört man sich darüber, zeigt man, dass man nur sein Revier für eigene Übergriffigkeiten schützen möchte. Der nicht-zugewanderte Mann wird als im Kern bösartig schlicht vorausgesetzt.

Nicks Sternstunde bei erzählmirnix:

Es ist nur ein ganz kleiner und nur allzu logischer Schritt von „Männer haben einen kulturell determinierten Hang zu sexueller Gewalt“ hin zu „Muslimische Männer haben aber einen stärkeren kulturell determinierten Hang zu sexueller Gewalt“.

Die Geschichte des biologistischen Rassismus ist sehr ähnlich verlaufen: Erst wurde behauptet, dass der männliche Geschlechtstrieb an sich sexuelle Gewalt determiniere, um dann in einem zweiten Schritt zu behaupten, dass der „Wilde“ einen stärkeren und weniger kontrollierbaren Geschlechtstrieb habe. Das Ergebnis war die Rechtfertigung von sehr grausamen Lynchmorden, nur in einem Klima der Todesangst könne der schwarze Mann seinen Geschlechtstrieb im Zaume halten. Beim weißen Mann genüge eine strenge Erziehung (und Beschneidung)

Der zweite Schritt folgt eben fast unausweichlich aus dem ersten, weil es eine Binse ist dass nicht alle Menschen gleich sind. Der Kernfehler liegt in einem deterministischem Verständnis von Biologie/Kultur.

Es nützt also nichts, wenn unsere lieben Feministinnen sich darüber beschweren, dass Feminismus für rassistische Zwecke „instrumentalisiert“ werde. Die Frage, die sich Feminismus stellen müsste wäre: „Warum können Rassisten derart spielend leicht Feminismus instrumentalisieren. Wieso kann man eine soziale Bewegung, deren Ziel die Gleichheit aller Menschen ist, für eine Bewegung mißbrauchen, deren Ziel die Ungleichheit der Menschen ist. Stimmt etwa etwas mit unseren Paradigmen nicht? Haben wir etwa etwas mit den Rassisten gemein?“

Und LoMi ergänzend:

Normalerweise haben Rassisten in der gesellschaftlichen Mitte wenig Erfolg. Rassismus wird überwiegend abgelehnt. Sie haben deshalb ja auch die Idee von „Rasse“ aufgegeben.

Die Vorstellung von einer starken kulturellen Prägung können sie aber aufgreifen. Denn diese Vorstellung ist ja akzeptiert in der gesellschaftlichen Mitte. Wenn der Feminismus sagt, dass Gewalt gegen Frauen ein Kulturprodukt ist, dann können sie den Rechten kaum widersprechen, wenn diese das auch sagen. Und wenn der Feminismus einen kollektiven „Feind“ benennt, können Rassisten das ebenfalls in gewissem Rahmen tun, weil das Bild des kollektiven „Feindes“ oder „Täters“ ebenfalls akzeptiert ist. Es hat im Feminismus eben nur etwas andere Vorzeichen.

asemann:

Die Angriffe von Köln haben die Glaubwürdigkeit eines Kernbestandteils des intersektionalen Feminismus, die Privilegientheorie (die besagt, dass weniger privilegierte Menschen privilegierte Menschen per definitionem nicht diskriminieren können) vollkommen zerstört. Es ist offensichtlich geworden, und wird jetzt auch in linken Kreisen diskutiert (…), dass schwarze Asylanten eben auch übergriffig sein können, obwohl sie doch „unterprivilegiert“ gesehen werden. Und nun wird auch den linken, intersektionalen Feministinnen bewusst, dass ihre Weise, die Privilegientheorie in Aktionen umzusetzen, ideologisch verblendeter Unsinn war.

Bisher habe größere Teile der Damen, die sich jetzt mit „#ausnahmslos“ an die Spitze der Bekämpfung von sexueller Gewalt und Rassismus setzen wollen, daran mitgearbeitet, Frauen, die sexuelle Gewalt durch „Unterprivilegierte“ erfahren haben, mundtot zu machen und in die rechte Ecke zu stellen.
Sogar linke Aktivistinnen, die es wagten, Belästigung in einem „Refugee-Soli-Camp“ öffentlich zu machen, wurden mundtot gemacht, sogar die TAZ wurde anscheinend eingespannt, um die Behauptungen dieser Aktivistin zu dementieren.
Das heißt: Es gab in der feministischen Szene bisher ganz absurde Zustände, wo einerseits verlangt wurde, Frauen in Bezug auf sexuelle Belästigung immer zu glauben, andererseits Frauen aber nie geglaubt wurde, wenn diese „unterprivilegierte“ Tätergruppen beschuldigten.

Arne Hoffmann bei Genderama, Vermischtes vom 15. Januar 2016:

Zeigt sich auch hier eine Besorgnis erregende Erodierung der Männlichkeit? Das Unvermögen in Kategorien von „Das wird hart, aber da müssen wir jetzt durch!“ zu denken? Ein beliebter Vorwurf meiner Vorgängergeneration an meine lautete „Mit euch kann man auch keinen Krieg gewinnen“. Derartige Formulierungen sind heute natürlich politisch höchst unkorrekt. „Mit euch kann man keine nationale Herausforderung meistern“ trifft es aber gut.

Warum ich Obdachlosigkeit für ein vernachlässigtes Thema halte

Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl war unter anderem von Cicero genutzt worden, um darauf hinzuweisen, dass sich die Eliten von weiten Teilen der Bevölkerung entfremdet und keine Ahnung mehr haben, welche Probleme diese wirklich haben. Egal, was sich in der großen Politik abspielt: Das ist ein hervorragender Anlass, um auf die echten Themen hinzuweisen.

Die Nachdenkseiten sind mit gutem Beispiel vorangegangen. Dazu ergänzend: Angesichts von toten Soldaten und solchen mit psychischen Störungen ist mir Frieden wichtiger als Geschlecht von hochrangigen Politikern.

Ein weiteres Thema, von dem Männer überproportional betroffen sind, ist Obdachlosigkeit. Da erfahre ich via Genderama, dass Innsbruck bis zu 2.000 € Strafe für Übernachtung im Freien verhängen will. Das ist natürlich reine Schikane, um Obdachlose aus der Innenstadt zu entfernen, „aus den Augen, aus dem Sinn“.

Es ist aber schon fast zehn Jahre her, als ich erlebte, in was für unterschiedlichen Welten die Leute unterwegs sind. Aus der Erinnerung heraus: Ariadne von Schirach, jünge, hübsche Frau, die eine gaaanz schreckliche Last durchs Leben trägt wegen ihres Namens (ihr Großvater hat seinerzeit die HJ gegründet), stellte ihr Buch vor, dessen Thema in etwa lautete „Es ist alles so schrecklich kompliziert mit unverbindlichen Bekanntschaften in Berlin“, wobei natürlich irgendeine schwammige Angst („Pornographisierung“ o.ä.) nicht fehlen durfte. Sie wurde dann überraschend deutlich zurechtgestutzt von Frank Zander, der auf sein Projekt Weihnachtsfest für Obdachlose aufmerksam machte. Das war doch gleich um mehrere Dimensionen ernster und realitätsnaher.

Die Zeiten sind nicht besser geworden: „Zahl der Wohnungslosen stark gestiegen“ vermeldet der Tagesspiegel (gefunden via Nachdenkseiten), „Immer mehr Wohnungslose in Deutschland“ ist bei Heise zu lesen (gefunden via Stadtmensch-Chronicles).

Die Zahlen sprechen für sich:

2010: 248.000 Wohnungslose
2016: 335.000 Wohnungslose, davon
29.000 Kinder
306.000 Erwachsene, davon
220.000 Männer

35% Zuwachs in sechs Jahren. Dabei sind insgesamt ca. 65,7% Männer.

Der Tagesspiegel zitiert die Regierung:

„Wohnungslosigkeit liegt vielfach nicht in fehlendem Wohnraum begründet, sondern hat in der Regel eine Reihe anderer sozialer und zum Teil auch psycho-sozialer Ursachen“, heißt es in der Regierungsantwort. Oft sei gezielte Hilfe nötig, weil familiäre Probleme, Sucht oder Krankheiten eine Rolle spielten.

Klar, weil mehrere andere Faktoren dazukommen können, kann es natürlich auf keinen Fall an mangelndem bezahlbaren Wohnraum liegen! Mal ganz davon abgesehen, dass sich die Politik bei speziellen Angeboten für Männer mit Problemen auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, um es mal milde auszudrücken.

Der Stadtmensch kommentiert entsprechend:

Wohnungslosigkeit war schon immer ein hauptsächlich männliches Problem, für das sich offziell und offiziös nur wenige sporadisch interessieren. (…)
Das Thema Obdachlosigkeit zeigt wie kein anderes auf, wie das Schicksal vieler männlicher Betroffener lediglich als vorweihnachtliche Mildtätigkeits-Folklore Verwendung findet (…). Ansonsten wird dieses Thema nur allzu gerne als persönliches Versagen der Betroffenen abgewürgt.
(…) Womöglich könnten sich die Bürgerleins ja mal fragen, wieso für Millionen Flüchtlinge – aber auch für die armen Banken – bei jeder Gelegenheit um Verständnis und Staatsknete geworben wird, die herkömmlich Gestrauchelten in diesem Land aber nur als pseudo-christliches Klischee einmal im Jahr auftauchen.

Forschungsergebnis zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) zeigen hier übrigens ein weiteres Ungleichgewicht der Geschlechter: Frauen werten häufiger Obdachlose ab.

Sowohl Nachdenkseiten als auch Stadtmensch verweisen auf Angela Merkels Aussagen à la „Deutschland gehe es gut“. Genau so muss man dieses Salbadern mit der Realität konfrontieren!

Was aber die Bundeskanzlerin und Wohnungslose angeht: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bot vor einiger Zeit im Rahmen einer Aktion Kaffee an, bei der Männer 26 Cent mehr zahlen sollten. Das treibt die Realitätsferne auf die Spitze: Müssten männliche Obdachlose 1,26 € für einen Kaffee beim BMFSFJ bezahlen, Angela Merkel hingegen nur 1 €?

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Die Albumversion ist deutlich vitaler, aber ich fand diese Demoversion angemessener.

Paul Simon: Homeless (demo)

Warum ich nicht das Ende der Welt befürchte

Große Ereignisse erzeugen eine erstaunliche Reaktion: Praktisch jeder kann das Ergebnis als Beweis für das ansehen, was er schon immer geglaubt hat.

Mit diesem Wissen gerüstet hoffe ich, nicht selbst in diese gedankliche Falle zu tappen. Außerdem ist ein wenig Bescheidenheit angesagt, um gar nicht erst dem Wahn zu erlegen, ich selbst hätte den Durchblick und könne in einem Blogeintrag die Welt erklären.

Statt reiner Kritik möchte ich in jedem Abschnitt etwas erwähnen, das positiv, optimistisch oder konstruktiv ist. Denn wenn die Welt oder alle anderen Leute blöd wären, dann würde es mir auch nichts mehr helfen, Rants zu verfassen (emotionale Befriedigung kann ich woanders leichter bekommen).

die Fakten

In den USA wurde ein neuer Präsident gewählt. In demokratischen Wahlen.

Wer darob die Welt nicht mehr versteht, dem seien zwei Blogs empfohlen, die ich vor Jahren entdeckt habe und die mich zu einem deutlich entspannteren, glücklicheren Menschen gemacht haben:

USA Erklärt – Der faktische Hintergrund, freundlich erklärt“ von Scot W. Stevenson, den ich hier im Blog schon zweimal zitiert habe.

Stevenson ist Amerikaner, wohnt seit seiner Kindheit in Deutschland und arbeitet für Reuters. Bezeichnenderweise stellte er gerade bei seinen Pressekollegen fest, dass es mit dem Verständnis der USA, also ganz schlicht wie da die Dinge laufen und was wichtig ist, nicht weit her ist.

Und was macht der Mann? Schreibt das einfach in einem Blog zusammen. Problem -> Lösung.

German Joys“ von Andrew Hammel, auf Englisch und wie ich gestehen muss, habe ich eine Zeit nicht mehr reingeschaut (nachdem ich so entspannt und glücklich geworden war).

Hammel ist ebenfalls Amerikaner und arbeitet seit vielen Jahren in Deutschland. Er genießt offensichtlich das Leben in Deutschland und genauso fröhlich-positiv kommt er bei mir rüber.

Stevenson und Hammel haben gemeinsam, dass sie beide Länder und Kulturen kennen, dass sie zu beiden ein positives Verhältnis haben und dass sie auf freundliche Weise ihr Wissen und ihre Meinung gerne teilen. Das prädestiniert sie zu Botschaftern in dieser Angelegenheit.

Zwei Beispiele, die heilsame Kulturschocks auslösen können:

  1. In den USA ist man vor dem Präsidenten am sichersten.
  2. eine direkt vor der Wahl veröffentlichte Einschätzung: Egal, wer gewinnt, in der Regierungspolitik wird sich nicht viel ändern.

Framing, Filter, Narrativ

Seid jetzt mal sehr aufmerksam. In chaotischen Zeiten, wenn sich das Narrativ noch nicht geeinigt hat, kriegt man lauter hochinteressante Einsichten darin, wie die Leute wirklich denken.

(Fefe, 09.11.2016)

Fakten alleine sind aber nie eine für Menschen ausreichende Realität. Es geht immer um eine Interpretation der Wirklichkeit, die – zumindest in weiten Teilen der jeweiligen Gemeinschaft – als Konsens durchgeht. Diese offizielle Lesart des Geschehenen ist dann die Wahrheit™.

Alle neuen Eindrücke werden auf ihre Kompatibilität zur bisherigen Wahrheit überprüft. Sind sie damit unvereinbar, werden sie einfach herausgefiltert, also ignoriert, als falsch oder unwichtig abgetan und vor allem – nicht weiterverbreitet. Bei Gemeinschaften mit anderen Interpretationen der Realität erkennt man diese Filter sehr schnell; erstaunlicherweise ist man für die eigenen entsprechend blind. Das Gerede von der eigenen Blog- oder Filterblase, welches ich ebenfalls gerne verwende, beinhaltet ja genau den gesunden Restzweifel, dass das, was jeweils „allgemein akzeptiert“ erscheint, eine vollständige, angemessene Abbildung der Realität darstellt.

Die selektive Wahrnehmung, Verbreitung und Interpretation von Fakten dient dazu, die bisherige Erzählung von der Welt, wie sie wirklich ist, solange wie möglich aufrechtzuerhalten. Erst wenn die Widersprüche so groß werden, dass das bisherige Narrativ nicht mehr zu halten ist, bricht alles zusammen und die Filterblase platzt.

Dann stehen die Leute völlig verwirrt da und versuchen sich schleunigst auf eine neue Wahrheit zu einigen. Denn große Unterschiede oder Unsicherheit vertragen Menschen dabei trotz allem Individualismus nicht.

Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen war für viele Menschen offenbar nicht vereinbar mit ihrer bisherigen Realität. Die große Chance besteht darin, zu erkennen, was an dem bisherigen Narrativ falsch war und welche Filter und Framingtechniken angewandt wurden, um wichtige Informationen auszublenden. Die turbulente Zeit ist also die beste Einladung dazu, seinen eigenen Blick auf die Wirklichkeit zu erweitern.

(Die schlauen Ideen daraus stammen natürlich nicht von mir. Als eine ausführlichere Quelle für den tieferen Einstieg empfehle ich etwa den Vortrag „Die Wahrheit und was wirklich passierte„.)

Thesen, die es zu bezweifeln gilt

Wenn das bisherige Weltbild ins Wanken gerät, ist es wichtig, nicht sofort die dargebotenen einfachen Erklärungen anzunehmen, die einen irgendwie wieder einlullen würden. Ich empfehle sogar, sich stets zu fragen, ob denn nicht genau das Gegenteil der Fall sein könnte. Drei Botschaften, mit denen in diesen Tagen gerne hausieren gegangen wird:

„Es ist alles ganz schrecklich!“
„Das gab es noch nie!“
„Die USA sind verrückt!“

Zur ersten These: Die meisten Menschen auf dieser Welt haben bei der Vergabe des wohl mächtigsten politischen Amtes der Welt kein Wahlrecht und müssen damit leben. Es wäre dumm, seine ganze Hoffnung auf ein singuläres Ereignis zu richten – sehr gut dargestellt übrigens bei South Park 2008. Sein Wohl und Wehe von unbeeinflussbaren Faktoren abhängig zu machen ist eine klassische Anleitung zum Unglücklichsein, zu Passivität.

Stadtmensch-Chronicles urteilt unter der Überschrift „Ernüchternd„:

Ich halte die Frage, ob denn nun alles in den USA schlimmer wird, für irrelevant. Man kann diese Frage nämlich wunderbar an der Karriere seines Vorgängers studieren. Der hatte mit extrem viel Pathos den »Change« als sein pesönliches [sic!], präsidiales Marketingkonzept hochgehalten, doch von diesem Elan ist am Ende nicht nur nichts übrig geblieben, sondern es wurde unter Obama – vor allem in weltpolitischer Hinsicht – vieles unerträglicher.

Barack Obama hat es in acht Jahren nicht geschafft, Guantanamo Bay zu schließen. Dazu kommen die zahlreichen Drohnenmorde. Menschen wie Edward Snowden und Chelsea Manning, die auf Missstände aufmerksam machten, werden verfolgt und verurteilt statt begnadigt. Das Ausspähen „befreundeter“ Länder ist daneben nur eine Kleinigkeit.

Die große Veränderung zum Guten, die mit seiner Wahl verbunden wurde, sie ist ausgeblieben. Immerhin wissen wir jetzt mit Sicherheit, dass es auch ein schwarzer Präsident nicht besser macht.

Wurde der Ausgang der Wahl 2008 so behandelt, als sei der Messias gekommen, so tut man 2016 spiegelbildlich so, als sei der Leibhaftige da. (Und dann lästert man über religiöse Amerikaner ab…)

Dabei ist es doch so: „Also, dieser Präsident ist ganz schlimm!“ konnte man genauso gut über Ronald Reagan sagen. Und selbst der wurde schließlich noch gelobt im Vergleich zu George W. Bush. In der öffentlichen Berichterstattung war man sich 2004 über den Ausgang der Wahl sicher: „Das kann doch gar nicht passieren, dass der wiedergewählt wird.“ So kann man sich irren – eine beachtliche Parallele. Selbst zwei Amtszeiten des letzten ganz schlimmen Präsidenten hat die Welt am Ende überlebt.

Das bringt uns zur zweiten These: Was ist hier neu? Dass irgendwo Leute an die Macht kommen, die als eklig, erzkonservativ oder populistisch gelten? Silvio Berlusconi, Viktor Orbán, Prawo i Sprawiedliwość (PiS) – alles europäische Fälle. In Deutschland hat man Pegida und die AfD, aber neu sind selbst die nicht: Schließlich gab es am Anfang des Jahrtausends „Richter Gnadenlos“ Ronald Barnabas Schill in Hamburg.

Dass Amerika ein geteiltes Land ist? Das war es doch schon lange. Den Gegensatz zwischen Stadt und Land konnte man seit Jahren auf jeder Wahlkarte sehen, insbesondere auf denen, die zwischen einzelnen Wahlbezirken unterschieden.

Bevor das jetzt als Beleg für die „ganz schrecklich“-These angenommen wird: Ein gespaltenes Land alleine ist noch nicht schlimm. Das war die Ukraine auch. Erst, als dort der demokratische gewählte Präsident weggeputscht wurde und ausländische Mächte kräftig mitmischten, ging alles den Bach runter. Ein Bürgerkrieg, der ist schrecklich – das wissen die Amerikaner selbst übrigens aus eigener Erfahrung, denn das war für sie auch ihr schlimmster Krieg.

Womit wir bei der dritten These wären. Die Liste der aufgezählten europäischen Politiker und Parteien legen es schon nahe: Es gibt keinen Grund zu Häme oder Überlegenheitsgefühlen.

Wer sich über das „seltsame“ Wahlrecht aufregt, der sei an das negative Stimmgewicht in Deutschland erinnert, welches bewirkte, dass eine Stimme für eine Partei diese einen Sitz kosten konnte. Auch bei der EU-Verfassung hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert: In Deutschland wurden die Leute erst gar nicht gefragt. Als in einigen anderen EU-Gründungsländern die Verfassung prompt abgelehnt wurde, war man völlig ratlos. Man hatte anscheinend vergessen, die Wähler von dem zu überzeugen, was man beschließen wollte. Ist das denn demokratischer oder weniger führungslos?

Ja, gibt es denn wirklich etwas, was bei diesem Wahlausgang neu war? Zwei Dinge fallen mir ein:

Die Medien haben praktisch unisono gegen Trump geholzt. (…) Die kombinierte Macht der Medien ist komplett verpufft.
(…)
Die andere Lektion aus diesem Wahlkampf ist, dass Schmutz Werfen keine siegreiche Strategie ist. Das ist wichtig, weil das unsere aktuelle Strategie gegen die AfD ist. Wenn das für Hillary gegen Trump nicht gereicht hat, wird es auch hier gegen die AfD nicht reichen.

(Fefe, 09.11.2016)

Die Massenmedien liefern keine glaubwürdige Abbildung der Realität mehr

Das Narrativ, das durch die Mainstreammedien sowohl hüben als auch drüben geisterte, hatte mit dem eines Großteils der Bevölkerung nichts mehr zu tun. Das sollte zumindest kommerzielle Medien beunruhigen, denn wenn ich an breiten Konsumentenschichten vorbei veröffentliche, habe ich irgendwann niemanden mehr, der mich finanziert.

Wie konnte es soweit kommen? In Deutschland, das ja wie erwähnt sowieso seine Probleme mit einem nüchternen Blick auf die USA hat, gab es eine peinliche, verzerrte Berichterstattung über die Kandidaten. Man lese im Gegenzug zwei erklärende Artikel der Nachdenkseiten:

US-Vorwahlen: Wer ist hier der Radikale? Donald Trump? (1/2)
US-Vorwahlen: Wer ist hier der Radikale? Bernie Sanders? (2/2)

Nicht zum ersten Mal war mein erster Gedanke am Tag nach der Wahl: „Endlich ist der US-Wahlkampf vorbei! Ich kann’s nicht mehr hören.“

Die Kandidaten wurden präsentiert, als bringen sie die Erlösung oder seien der Teufel persönlich. Der Nachteil einer emotionalisierten Berichterstattung: Die Leute stumpfen ab oder schalten ab. (Übrigens wird die Emotionalisierung des Wahlkampfes Amerika immer vorgeworfen, wie heuchlerisch!)

Einerseits selbst über Clickbait fleißig zu emotionalisieren und zu vereinfachen, sich aber andererseits über Wutbürger oder wütende weiße Männer mit einfachem Weltbild aufzuregen, dass passt nicht zusammen. Stattdessen gehen auch einfache Fakten unter wie die, dass in den USA Personen und nicht Parteien gewählt werden, dass aufgrund des Mehrheitswahlrechtes die Wahlbeteiligung natürlich niedriger ist , weil es (im Gegensatz zu einer Verhältniswahl) auf die einzelne Stimme nicht ankommt und dass daraus auch folgt, dass es vollkommen schnurz ist, wer in der Summe die meisten Stimmen hatte.

Die Medien, auch die in den USA, haben in einem Punkt sicher den Bezug zur Realität verloren: Eine Zweiteilung der Welt in „gut“ und „böse“ ist unpassend, wenn man mit der „bösen“ Hälfte irgendwie weiterleben muss.

Die Aufladung des Wahlkampfes mit Feminismus, dem Geschlecht des weiblichen Kandidaten und gar der Rede vom „Krieg gegen Frauen“, das war der Versuch einer moralischen Geiselhaft. („Frauen, die lieber für Bernie Sanders statt für Hillary Clinton stimmen, wollen sich nur bei den Männern einschleimen und kommen in die Hölle!“)
Diese Taktik konnte irgendwann nicht mehr funktionieren, allein dass das Ende so früh kommen würde, war erstaunlich.

Die Vorwürfe an die Gegenseite hingegen waren nur noch stumpf, weil sie alle schon einmal dagewesen und gegen alles und jeden verwendet worden waren: Donald Trump soll ein Sexist sein? Na und? Das waren doch Matt Taylor und Tim Hunt auch. Inzwischen wissen wir doch: Alles ist sexistisch.

Und egal, was für böse und schlimme Dinge Donald Trump gesagt oder gesagt haben mag: Aus einem ganz anderen Kontext „wissen“ wir doch schon längst, dass Wladimir Putin „der Teufel“ ist. Es gibt eben keine Differenzierung mehr, da braucht man als Konsument gar nichts mehr für bare Münze zu nehmen.

Die Eliten gegen „den weißen Mann“ und die Debatte

Ich möchte hier einige bemerkenswerte Analysen und Reaktionen zitieren. Zunächst die Massenmedien:

Andrew B. Denison: Trumps Ergebnis stellt Gesetze der Politik auf den Kopf

[Donald Trump] hat Wähler mobilisiert, die keiner erwartet hätte.
(…)
Wir haben erwartet, dass Donald Trump zwar bei seinen Anhängern punktet, aber dass er andere Wählerschaften vertreiben würde, zum Beispiel Frauen und Menschen mit Universitätsabschluss. Aber das ist nicht passiert.
(…)
Die Umfragen lagen daneben, weil sie die Bereitschaft zur Wahlbeteiligung bei ungebildeten Wählern, die vorher nie gewählt haben, nicht richtig einschätzen konnten.

Jörg Schönenborn: Trump: Für die Überraschung gibt es Gründe

Donald Trump hat vor allem im mittleren Westen, aber auch in anderen Bundesstaaten sehr viel stärker bei Männern ohne College-Abschluss gepunktet als erwartet und von den Demoskopen bei ihren Berechnungen unterstellt.
(…)
Umgekehrt leben in den klassischen Industriestaaten im mittleren Westen (…) besonders viele weiße Wähler ohne College-Abschluss, meist Arbeiter, die entweder ihren langjährigen Arbeitsplatz verloren haben oder bei weitem nicht mehr so gut bezahlt werden wie früher. Die Wahltagsbefragung zeigt, dass Trump in dieser Gruppe einen so hohen Vorsprung hat, wie seit über 30 Jahren bei keiner Wahl beobachtet.

Das Debakel der Wahlforscher: „Die Kristallkugel hat einen Sprung“

Eine Erklärung für die falschen Vorhersagen: Bei den Befragung gaben die Wähler nicht ihre wirkliche Meinung preis. Sozialforscher sprechen in solchen Fällen vom Phänomen der „sozialen Erwünschtheit“. Um Ablehnung zu vermeiden, antworten Befragte nicht wahrheitsgetreu.
(…)
Offenbar unterschätzt worden sei die Zahl der stillen Trump-Unterstützer, die normalerweise nicht wählen gehen, aber diesmal ihre Stimme abgaben.
(…)
Larry Sabato: „Die Beteiligung der Weißen im ländlichen Amerika ist durch die Decke gegangen.“
(…)
Aber in den Vorhersagen zu den potentiellen Wählern sei schlichtweg die Beteiligung der weißen ländlichen Gebiete unterschätzt worden.

Es sollte als Menetekel gelten, wenn der verachtete politische Gegner massenweise Nichtwähler an die Urnen bringt. Die Klage über ungebildete Wähler, Unterschicht usw. ist nichts anderes als die Verachtung der Eliten gegenüber dem einfachen Volk. Aber was war denn die Demokratie neuzeitlicher Prägung, wenn nicht die Herrschaft des Volkes gegenüber der bisherigen Herrschaft der Eliten?

Klarer fällt die Analyse bei den „alternativen Medien“ aus. So etwa die Nachdenkseiten:

Präsident Trump – wir sind Zeugen einer Zeitenwende

Na klar, als linker, liberaler Intellektueller kann man einem Wahlsieg Donald Trumps erst einmal wenig abgewinnen. Der Sieg ist jedoch, so weh dies bei der Analyse tut, folgerichtig.
(…)
Die Wahl war auch eine Rache am politischen System, dem man nicht mehr zutraut, die Interessen der Mehrheit zu vertreten.

In dieem Beitrag sind auch Teile des folgenden älteren Artikels enthalten (vom 02. März 2016 – hier wird allerdings noch ein Wahlsieg Trumps ausgeschlossen):

Trump ist die Antwort auf die politischen Fehler der Vergangenheit und Gegenwart

Trump ist keine These. Er ist eine Antithese; die Reaktion auf eine politische Entwicklung, die von einem großen Teil der Bevölkerung als Fehlentwicklung angesehen wird. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Mittelschicht rutscht Stück für Stück nach unten ab? Produktive Jobs wandern mehr und mehr in Niedriglohnländer ab? Die Macht der Banken und großen Konzerne nimmt von Tag zu Tag zu? Die Politik schert sich nur noch um das eine Prozent ganz oben und hat die restlichen 99 Prozent aus dem Blick verloren? All dies sind Fragen, die man bei kritischer Analyse bejahen muss. All dies sind jedoch auch Fragen, auf die die traditionelle Politik keine Antworten liefert. Mehr noch: All dies sind Probleme, die von der traditionellen Politik direkt und indirekt verursacht wurden. Wen aber wählen, wenn die traditionelle Politik nicht die Antwort, sondern das Problem darstellt?

Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, in der die Mehrheit des Volkes die Entscheidungen trifft – so zumindest in der Theorie. In der Praxis wird Politik jedoch all zu oft von einer kleinen Minderheit für eine kleine Minderheit gemacht. (…) Welcher Politiker wagt es denn, den weißen Mann ohne Hochschulabschluss direkt anzusprechen?
(…)
Jahre-, wenn nicht gar jahrzehntelang wurde eine Politik gegen die wenig schillernde Mehrheit der Bevölkerung gemacht und die Medien taten ihr Bestes, um mit Brot, Spielen und Meinungsmache den immer größeren Spalt zu überbrücken. Dass dies nicht endlos klappt, sollte jedem klar sein. Ernsthafte Angebote von der politischen Linken wurden ausgeschlagen. Nun hat die politische Rechte die Deutungshoheit über den Stammtischen und das Establishment ist schockiert. Selbst schuld!

Hier wird erfreulicherweise auch eine Lösung vorgeschlagen:

Die einzige Methode, radikale Populisten zu verhindern, ist es, ihnen den Boden zu entziehen. Also selbst moderat populistisch zu sein und eine Politik zu verfolgen, die nicht nur den Interessen der Eliten und Institutionen dient, sondern im wahrsten Sinne des Wortes demokratisch ist, also die Bevölkerungsmehrheit im Fokus hat, ohne gleichzeitig die Minderheiten zu ignorieren. Eine solche Politik, wie sie ja auch der demokratische Außenseiter Bernie Sanders propagiert, wäre natürlich möglich, wird aber erstaunlicherweise von den Eliten und Institutionen abgelehnt.

Die Nachdenkseiten haben auch kein Problem, gute Artikel der Massenmedien zu würdigen. Man beachte bei den Hinweisen des Tages etwa 5 d und e!

Der Blogger Fefe hat in seinen Analysen eine ähnliche Klarheit – und ausnahmsweise einen erstaunlichen Optimismus:

Fefe, 09.11.2016:

Mit Trump als Präsidenten werden wir auch Hillarys Gender- und Hatespeech-Vorstöße nicht kriegen. (…) Ich vermute, dass gerade eine Menge der Progressiven merken, dass ihre Echokammer, in der sie sich die ganze Zeit gegenseitig bestätigen, wie Recht sie haben, nicht die Mehrheit der Bevölkerung widerspiegelt. Die Leute, die sich immer so offensichtlich auf der Seite des Guten verortet haben mit ihren Gender-Sprachvorschriften und mit ihren Safe Spaces und ihren Antirassismus-Geschichten. Und das ist eine überfällige Erkenntnis. Mal schauen, ob sie etwas bewirken wird.

Fefe, 09.11.2016:

Es gibt nämlich Grund zum Optimismus.

Erstens hat Trump ausreichend viele Investitionen in anderen Ländern, dass die Wahrscheinlichkeit für Kriege bei ihm geringer ist. Zweitens ist er ein lupenreiner Populist. Das wird gerne als Schimpfwort für Politiker benutzt, aber das ist ein absurder Vorwurf. Populismus ist der Job eines Politikers. Und Populismus ist mir lieber als so Triebtäter wie die Leute im polnischen Parlament, die aus Überzeugung die Abtreibung verbieten wollten. Populismus ist vorhersagbar. Ich denke mal, auch die Russen und Chinesen werden verhalten optimistisch sein, weil sie Trump als Geschäftsmann einschätzen, mit dem man Verhandeln kann.

Auch hat Hillary im Wahlkampf gezeigt, dass sie vor schmutzigen Tricks nicht zurückschreckt, was ich persönlich eher abschreckend fand. Trump ist ein Widerling und ein Arschloch, aber ein berechenbarer Widerling und ein vorhersagbares Arschloch. Viele Leute fanden das offenbar wichtiger.

Fefe, 10.11.2016:

Falls das jetzt so aussieht, als freue ich mich über Trump und blende aus, was für fiese Rassisten unter seinen Anhänger sind: Nein.
(…)
Dennoch. Seht die neuen Chancen, nicht die vertanen Gelegenheiten. Konzentriert euch darauf, was man jetzt tun kann, nicht was bereits geschehen ist. Die Zukunft ist, was wir aus ihr machen.

Fefe, 10.11.2016:

Also das hat ja fast ein religiöses Erweckungsmoment gerade, wie die ganzen Leute in ihren geplatzten Filterblasen mit Kopfschmerzen aufwachen und zum ersten Mal seit Jahren ein paar unbequeme Aspekte der Realität wahrnehmen. Wie sie der Reihe nach merken: Ja, es gibt da noch andere Leute, die meine offensichtlichen Wahrheiten nicht für offensichtlich wahr halten. Ja, wir müssen Leuten mit anderer Meinung zuhören, denn wenn wir einfach so tun, als gäbe es sie nicht, dann wählen sie einen Trump zum Präsidenten.
(…)
Für mich stellt sich gerade das Gefühl ein, dass der Trump-Wahlsieg vielleicht sogar unter dem Strich eine positive Sache sein kann, wenn es bei so vielen Menschen zu so profunden Einsichten führt.
(…)
Einen Moment der Hoffnung gibt es noch, den ich bisher nicht angesprochen habe. Nur Nixon konnte nach China gehen. (…) Nur ein Trump kann die GOP reformieren. Ob er es auch tut? Wir werden sehen. Vielleicht nicht. Aber Trump hat vor seine Präsidentschaftskandidatur sehr progressive Werte vertreten, „links von Bernie Sanders“ formulierte MSNBC letztes Jahr. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass Trump ein progressives U-Boot ist, und jetzt die Republikaner in die Neuzeit holt. An dieser Stelle sei noch der Hinweis erlaubt, dass es nicht die Democrats waren, die die Sklaverei abgeschafft haben. Die Republikaner haben sich ursprünglich konstituiert, um die Sklaverei loszuwerden, und es waren auch die Republikaner, die es am Ende getan haben. Damals waren die Republikaner die Progressiven.

Update: Trump ist auch der einzige weit und breit, der mal den Militär- und Geheimdienstapparat zusammenkürzen könnte. Die Kompromatkoffer sind alle schon im Wahlkampf ausgespielt worden, aus der Richtung muss der also wenig Angst haben. Und wenn man da eine Kosten-Nutzen-Rechnung ansetzt, wie ich von Trump mal erwarten würde, dann sieht das ganz düster aus. Kein Wunder, dass die gerade Arsch auf Grundeis haben.

Fefe, 10.11.2016:

Ich habe hier ja schon häufiger die Warnung ausgesprochen, dass Filterblasen und Blocken und Wegzensieren von Nazis und „besorgten Bürgern“ das Problem eher noch schlimmer macht, weil wir dann auch gar nicht mehr sehen können, wie groß das Problem eigentlich inzwischen geworden ist. Und weil solche Leute sich dann in Parallelgesellschaften organisieren, und man gar nicht mehr an die rankommt, und alle moderierenden Einflüsse weg sind.
(…)
Und was hat niemand getan? Mit denen mal das Gespräch gesucht!

Und das war das eine, was man hätte tun können, um dieses Pulverfass zu entschärfen.

Da stecken eine Menge guter Ideen drin. Die Demokratie „von oben“, in der man durch Ausschließen statt Überzeugen gewinnt, mit Alternativlosigkeit statt Debatten, ist diesmal endlich einmal gescheitert.

Was helfen würde: Freiheit in der Debatte, die andere Seite hören. Political Correctness hingegen nutzt den herrschenden Eliten.

Und wer wirklich eine Gefahr von Extremisten wittert: Anstatt alle zwangsweise unter einer Fahne zu vereinen, wären Vielseitigkeit und Offenheit angesagt.

Wer ohne Rücksicht auf Verluste seine Agenda fährt, muss sich auch nicht wundern, wenn im Falle eines Siegs der Gegenseite dasselbe in umgekehrte Richtung geschieht. Es gab ja nichts zu gewinnen für „Konvertiten“, das wurde alles auf moralischem Anspruch gegründet. Im Gegenteil, es wurde als notwendiges Nullsummenspiel verkauft.

Was jetzt als „Rollback“ angekündigt wird, wäre kein Bruch, sondern eine Kontinuität, denn das gezeigte Verhalten war: Man kann andere Leute beliebig als Unperson verumglimpfen und ausschließen, solange man an der Macht ist. Die Lektion lautet daher, an die Macht zu kommen. Dialog, Verständigung, Kompromiss wurden ja stets ausgeschlagen. Das Pendel schlägt so gesehen „nur“ in die andere Richtung:

Fefe, 16.10.2015:

Ich mache mir ja bei sowas nicht nur Sorgen, dass die Männer hier unter Generalverdacht gestellt werden. Ich mache mir auch echt Sorgen um die nächste Generation Frauen. Diese Art von sozialer Veränderung kommt häufig als Pendel. Das Pendel schwingt dann zu weit und dann schwingt es massiv zurück. Je weiter wir es jetzt überdrehen, desto krasser wird der Backlash. In 20 Jahren wird man dann als Mann moralisch fast alles verteidigen können, indem man zurück verweist auf was die Gender-Idologie den Männern in diesen Tagen alles brutal reingedrückt hat.

Und das ist genauso schade, wie es bei Fefe anklingt. Gerade die Demokraten müssen sich die Leviten lesen lassen:

Fefe, 09.11.2016:

Wenn jemand mehr als alles andere Schuld am Sieg von Trump hat, dann der DNC. Von Anfang an hatte Bernie Sanders einen stärkeren Vorsprung vor Trump als Hillary in den Umfragen. Aber der hat Positionen vertreten, die die korrupten Partei-Funktionäre im DNC nicht hören wollten, und da haben sie mit undemokratischen Mitteln lieber Hillary zur Kandidatin getrickst.

Die Nachdenkseiten vermeldeten inzwischen, dass Bernie Sanders Trump Hilfe anbietet:

Der demokratische Senator aus Vermont stellte mit Blick auf den Wahlkampf fest, dass Trump offenbar den Nerv der unzufriedenen Mittelklasse getroffen habe, die sich in einer Abwärtsbewegung befinde. Diese sehr breite Schicht sei ernüchtert von den etablierten Politikern und Medien.

(Original: Sanders Statement on Trump)

Das Problem der Demokraten ist das Problem vieler „traditionell linker“ Parteien. Wie etwa Lucas Schoppe es ausdrückte:

„Rechts und links“ geraten heute ja tatsächlich in Verwirrung. Eine Politik, die sich als links versteht, ist mehr und mehr eine Politik einer weitgehend abgegrenzten, auf sich selbst bezogenen, sozial und ökonomisch privilegierten Schicht – während das Dazwischenreden von Menschen aus weniger privilegierten Schichten als rechts präsentiert wird. Ist es manchmal natürlich auch, in der Hetze gegen Flüchtlinge ist das ja nicht zu übersehen.

Es lohnt sich trotzdem, darauf zu achten, wie dieses „Rechte“ dann sonst noch beschrieben wird: als trollig, als ungeschlacht, wütend, primitiv, ungebildet, undifferenziert, vorurteilsbehaftet, unaufgeklärt, eben pöbelhaft. Die Rechts-Links-Zuordnung wird benutzt und instrumentalisiert für eine klassische Abgrenzung distinguierter Schichten gegen den Pöbel.

Oder wie ich es in einem Fundstück über die junge Linke zitierte: „Junge Linke haben Bezug zur Unterschicht verloren“.

Aber ich möchte den langen Artikel mit einer positiven Note beenden. Via Nachdenkseiten gefunden: Harald Neuber: Warum Trumps Sieg eine Chance für die Linke ist … die sie aber offenbar nicht wahrzunehmen bereit ist – mit den weiteren Überschriften: „Trumps Sieg ist die Rache für Clintons Krieg gegen Sanders“ und „Trumps Sieg ist ein weiterer Beweis für das Scheitern des etablierten Meinungsbetriebs“.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Da der Katzenjammer bei einigen so groß ist, gibt’s entsprechende Musik.

Katzenjammer – Hey Ho (On The Devil’s Back)

Fundstück: Spaß mit Männerhass – Folge 15

Bei Stadtmensch-Chronicles wird schön herausgestellt, warum sich der unten beschriebene Test lohnt:

Würde man nämlich derartige Schuldzuweisungen, wie sie von Frauen an Männer gemacht werden, auf andere Peergroups übertragen – etwa Schwarze vs. Weiße, Arier vs. Juden (letzter Vergleich nur aus dramaturgischen Gründen) – dann würde einem die Monstrosität der Vorwürfe geradezu entgegen springen. (…) Würde z.B. ein Politiker Sätze in die Welt streuen wie »Juden sind halbe Wesen« oder »Alle Schwarze sind potenzielle Vergewaltiger«, dann würde es sein sofortiges Karriereende bedeuten und zwar völlig unabhängig vom »Wahrheitsgehalt« oder von nachgeschobenen Entschuldigungen wie etwa »aus dem Zusammenhang gerissen«. Frauen dürfen das anscheinend, insbesondere die feministischen in Funk und Fernsehen.

Ich muss fast immer, wenn ich solche Ungeheuerlichkeiten lesen, laut loslachen. Dass jemand ernsthaft in der Öffentlichkeit solche Aussagen über Ausländer, Schwarze oder Juden tätigt, ist so jenseits von Gut und Böse, dass mich allein Vorstellung daran zum Lachen bringt, weil es einfach zu absurd klingt. Und genau über diese Schiene kann sich die Debatte einschleichen. Wie ich in einem Kommentar unter den letzten Beitrag der Serie schrieb:

Zu erkennen, dass einem derselbe Grütz mit nur ein paar ausgetauschten Wörtern unter verschiedenen Etiketten präsentiert ist, ist schon einmal ein wichtiger Schritt.

Dann noch darauf zu kommen, dass das ja in keinem Fall angemessen ist, ist mein frommer Wunsch an andere. Das wird bestimmt nicht immer klappen (und ich bin mir sicher, da ebenfalls irgendwelche Scheuklappen zu haben), aber wenn ich da nur einen einzigen Menschen zum Nachdenken bringe, hat es sich gelohnt.

Zur Erinnerung: die Spielregeln

Nur ein kleiner Test:

Was kommt dabei heraus, wenn ich in einem Text „Männer“ wahlweise durch „Ausländer“, „Schwarze“ oder „Juden“ ersetze?

Fundstücke mit Quellangabe einfach in die Kommentare schreiben!

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „I can’t believe the news today“ – das ist genau meine Reaktion, wenn ich den Test durchführe.

U2: Sunday Bloody Sunday (live)

Fundstück: Spaß mit Männerhass – Folge 14

Ein Beispiel für eine ganz klassische männerfeindliche Argumentation zeigt der Stadtmensch in seinem Artikel „Ladenhüter Feminismus“ auf. Er zitiert und kritisiert den Artikel „Der Mann als Wille und Vorstellung“ von Selma Mahlknecht:

Der Feminismus beispielsweise kann per Definition nicht männerfeindlich sein. Er (…) bekämpft nicht den Mann als solchen. Der Feminismus, der eine Welt der Chancengleichheit und Partnerschaftlichkeit einfordert, unterstellt (…), dass Männer sehr wohl dazu in der Lage sind, in einer solchen Welt zu leben. Der Feminismus behauptet, dass Männer offene Haare und Miniröcke aushalten können, dass sie selbst nach Mitternacht und in dunklen Seitengassen fähig sind, Frauen, sogar schöne, unvergewaltigt ihrer Wege gehen zu lassen.

Das Schema dieser gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit lautet:
„Ich habe nichts gegen X, sie sollen sich nur nicht wie Xse verhalten“

Wie Christian Schmidt im gleichnamigen Artikel passend schreibt:

Und es wäre eben auch nicht weniger rassistisch, wenn man sagt, dass man „nichts gegen Schwarze hat, wenn sie eben nicht stehlen und vergewaltigen, sie könnten sich ja ändern“. Weil man eben eine Gruppe verurteilt und ihr bestimmte negative Eigenschaften unterstellt und nur den Einzelnen davon ausnimmt, wenn er sich exkulpiert.

Über diese Stelle musste ich immer lachen, denn sie erinnerte mich an einen Text, den ich vor fast 20 Jahren gelesen habe. Ein Team um Rainer Stenzenberger präsentierte eine Art Seifenoper im Internet mit Namen „Kleine Welt“: Heute mag es technisch trivial klingen, aber 1997 war es Pionierarbeit: Die Serie bestand aus den Texten aus der jeweiligen Perspektive des Charakters, passend bebildert mit Fotos von Schauspielern.

Aus der Riege der jungen Protagonisten stach einer hervor: Herr Schlüter, der Hausmeister. Seine Ansichten waren jenseits von Gut und Böse. Aus dem Gedächtnis heraus: Einmal gab es Krach in der Kneipe, weil sich einer in der Runde abfällig über Schwarze geäußert hatte. Schlüter hatte damals einen schwarzen Angestellten und schilderte, wie er seinem Kumpel fast eine geschallert hätte. Im Brustton der Überzeugung, dass er sich damit gegen Rassismus eingesetzt hätte, erzählte er, was er als Antwort gebrüllt hätte: Die Schwarzen könnten schließlich nichts dafür, dass sie dümmer seien als Weiße!

Es ist einfach ein wunderbares Beispiel für das Denkmuster „Ich habe eine positive Einstellung gegenüber Xsen, schließlich akzeptiere ich, dass sie minderwertig / von Natur aus böse sind“. Weitere Varianten bezogen auf Männer waren bei Alles Evolution zu lesen:

In Diskussionen, in denen es darum geht, ob Feminismus Männerfeindlichkeit ist, stelle ich häufig eine Frage:

Kannst du mir einen Artikel zeigen, der die positive Sicht des Feminismus auf Männer darstellt?
(…)
Tatsächlich habe ich aber als Reaktion hierauf noch keinen wirklich positiven Artikel gezeigt bekommen. Die Artikel haben eher den folgenden Inhalt:

  1. Wir hassen Männer nicht, wir glauben ja, dass Männer besser werden können.
  2. Wir hassen Männer nicht; einige Männer sind gut.
  3. Wir hassen Männer nicht; man kann sie umerziehen.
  4. Wir hassen Männer nicht; wir sind bereit, ihnen zu verzeihen, wenn sie hinreichend büßen und sich ändern.
  5. Mir persönlich bekannte Männer sind durchaus gut; leider sind nicht alle so.
  6. Männer sind nicht das Problem, sondern die Männlichkeit, also das Verhalten des typischen Mannes.
  7. Wie du als Mann aufhören kannst, ein schrecklicher Mann zu sein, indem du ein feministischer Ally wirst und deine Privilegien hinterfragst.

(Rechtschreibung und Zeichensetzung in der Liste leicht angepasst von mir.)

Es lohnt sich, hier einmal ungeschminkt die versteckten Grundannahmen (Präsuppositionen), die in diesen Aussagen enthalten sind, herauszuschreiben, ähnlich wie es Lucas Schoppe bei den „36 Fragen an Männer“ gemacht hat:

  1. Die meisten Männer sind schlecht.
  2. Männer einfach so – ohne Umerziehung – sind nicht zu ertragen.
  3. Männer als Gruppe haben Schuld auf sich geladen und können nicht so bleiben, wie sie sind.
  4. Wenn einzelne Männer gut sind, gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel.
  5. Männlichkeit / typisch männliches Verhalten ist schlecht.
  6. Männer müssen sich ausdrücklich von den anderen Männern im allgemeinen distanzieren.

Jedem Menschen einer demographischen Gruppe abzusprechen, dass er einfach so ok ist, wie er ist – das ist schon ein starkes Stück. Aber auch von denjenigen, die nicht pauschal verurteilt werden wollen für das, was sie sind, zu verlangen, sich von den anderen Gruppenmitgliedern abzugrenzen, bevor man überhaupt in Erwägung ziehen kann, sie zu akzeptieren, ist der Hammer.

Aus einem Buch über Nationalsozialismus ist mir die Erzählung eines Zeitzeugen in Erinnerung geblieben, wie über einen fahrenden jüdischen Händler gesprochen wurde: „Das ist der gute Jude. Er ist Jude, aber er betrügt die Leute nicht.“ Natürlich ist das antisemitisch. Wie auch der Zeitzeuge selbst urteilte: Die positive Darstellung des einen wird dazu verwendet, die Gruppe an sich negativ zu charakterisieren.

Wenn man das Eingangszitat umformuliert mit einem Platzhalter, was würde wohl allgemein von diesem „X-ismus“ gehalten?

Der X-ismus beispielsweise kann per Definition nicht fremdenfeindlich sein. Er (…) bekämpft nicht den Ausländer als solchen. Der X-ismus, der eine Welt von Zucht und Ordnung einfordert, unterstellt (…), dass Ausländer sehr wohl dazu in der Lage sind, in einer solchen Welt zu leben. Der X-ismus behauptet, dass Ausländer offene Haare und Miniröcke aushalten können, dass sie selbst nach Mitternacht und in dunklen Seitengassen fähig sind, Deutsche, sogar schöne, unvergewaltigt ihrer Wege gehen zu lassen.

Zur Erinnerung: die Spielregeln

Nur ein kleiner Test:

Was kommt dabei heraus, wenn ich in einem Text „Männer“ wahlweise durch „Ausländer“, „Schwarze“ oder „Juden“ ersetze?

Fundstücke mit Quellangabe einfach in die Kommentare schreiben!

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Na, zumindest sind einige Lieder mit Hass im Titel sehr melodisch…

The Pretenders: Thin line between love and hate

%d Bloggern gefällt das: