Eine politische Bewegung, die etwas Gesellschaftsveränderndes erreichen möchte kann dies eigentlich nur auf zwei Wegen tun. Entweder sie träumt von einer Art Revolution, also einer gewaltsamen Machtübernahme, wie viele am ganz linken oder rechten Rand das tun mögen, oder aber sie muss Allianzen schmieden und Verbündete suchen.
Genau damit tut sich der Feminismus jedoch sehr schwer. Auch der Feminismus hat Unterstützer, die dort (etwas infantil) „Allies“ oder „Allys“ genannt werden. Allie ist in diesem System jeder, der nach feministischem Dogma nicht selbst „Betroffener“ oder besser „Betroffene“ sein kann. Also konkret gesagt profeministische Männer.
„Allies sind in erster Linie unterstützende Menschen, die nicht selbst von der Diskriminierung betroffen sind, gegen die sie sich stellen wollen. Was dabei als unterstützend empfunden wird, ist von Feministin zu Feministin unterschiedlich.“
Quelle: Faserpiratin
„Verbündete sind Leute, die eine Gruppe von Menschen unterstützen, die von Diskriminierungen, Vorurteilen etc. betroffen sind. Verbündete sind dabei selbst keine Mitglieder dieser Gruppe. Speziell feministische Verbündete sind Einzelpersonen, die keine Frauen sind und Frauenrechte unterstützen sowie Feminismus und dessen Anliegen fördern. „
Quelle: kleinerdrei
Ob man überhaupt Allie ist oder nicht, kann man auch gar nicht selber entscheiden:
„Ihr habt nicht zu entscheiden, ob ihr “Allies” seid. Das entscheiden die, die ihr supporten wollt. Anhand eurer Handlungen, Aussagen, eurer Motivation.“
Quelle: A++Ranting
Diese Allies sollen also nicht den Status des Mitglieds der (feministischen) Gruppe erhalten, sie sind damit keine Partner auf Augehöhe sein, um die feministische Basis in der Gesellschaft zu verankern, sie dienen statt dessen fast ausschließlich als interne Sündenböcke und werden als Adressat von Erziehungsmaßnahmen genutzt. Weil die männliche Normalbevölkerung sich relativ wenig um Verhaltensvorschriften und Lebensanweisungen aus dem feministischen Lager schert, müssen die Allies als Repräsentanten und Stellvertreter herhalten. Das muss so sein, denn der Allie muss ein Leben in Buße führen:
„Ein Ally fällt nicht einfach vom Himmel und deswegen ist es ganz normal, Dinge nicht zu wissen. Wichtig ist immer die Selbstreflektion des eigenen Handelns und der eigenen männlichen Privilegien. Sei dir also auch deines Nichtwissens bewusst und halte dich nicht für unanfechtbar. Nimm Kritik an deinem Verhalten ernst, aber nicht persönlich. Wir alle machen Fehler, wichtig ist, daraus zu lernen, das Handeln zu reflektieren und sich weiterzuentwickeln. Wenn Feministinnen dich kritisieren, wirf nicht das Vorwurfskarusell an und gehe nicht in Verteidigungsstellung, das hilft nicht und kostet allen Energie.“
Quelle: Faserpiratin
Da die feministische Dogmatik kein In-sich geschlossenes logisches System bildet, sondern in jedem Einzelfall von der Willkür den Gefühlen der wirklich Betroffenen Femininistinnen und deren Definitionsmacht abhängt, kann man als Allie scheinbar viel falsch machen. Man kann sich zum beispiel ZU SEHR engagieren und dadurch den echten Feministinnen „Raum wegnehmen“:
„Vergiss nicht, um wen es hier geht und mache Frauen sichtbar (das fängt z.B. bei Verlinkungen in Blogeinträgen an). Biete Frauen Freiräume, in denen sie sich entfalten können und respektiere. dass diese Freiräume auch mal nur für FLTI* reserviert sind. Achte online und offline auf dein Redeverhalten: Hast du in einem Gespräch viele Redeanteile, die besonders lang sind? Verhälst du dich dominant? Könnten Frauen aufgrund deiner Redensweise keine Lust mehr haben, sich am Gespräch zu beteiligen?“
Quelle: Faserpiratin
Auf der anderen Seite kann Zurückhaltung eines Allies auch falsch sein, weil er damit den armen Feministinnen die ganze Arbeit überlässt, wie z.B. accalmie darlegt:
„Vielleicht gibt es bei manchen allies auch Bedenken, sich sonst “vorzudrängen“. Das Problem dabei ist jedoch, dass viele denken, dass zum Beispiel Antisexismus grundsätzlich die exklusive oder zumindest primäre Aufgabe von Frauen sei, und das rund um die Uhr. Dazu kommt noch, dass manche vielleicht meinen, Feminist_innen hätten täglich nichts Besseres zu tun, als auf akribische Sexismus-Spurensuche zu gehen, und man sie mit dem neuesten Beispiel überraschen und darin unterstützen könnte, endlich wieder etwas gefunden zu haben, anhand dessen man Sexismus aufzeigen kann.“
Quelle: mädchenmannschaft
Diese Forderung steht in einem gewissen Widerspruch zu dieser Aufforderung:
„Frage erst, ob und wie du helfen kannst, bevor du zur Hilfe eilst und dabei vielleicht übergriffig wirst. Das kann bei Tätigkeiten im Alltag oder auch bei Diskussionen im Netz der Fall sein. Wenn du Frauen das Gefühl gibst, du greifst ein, weil sie Frauen sind und ihre Probleme deshalb nicht alleine lösen können, bist du kein Ally.“
Quelle: Faserpiratin
Schon die Idee einer in der Politik notwendigen Kompromisfindung oder auch nur der Überzeugungsarbeit ist vielen Feministinnen jedenfalls scheinbar fremd:
„Für den Feminismus soll ich also den armen Dudes alles nochmal lieb und nett erklären.
Was bleibt von Feminismus noch übrig, wenn sein Anliegen ist, cisMänner zu überzeugen? Was bleibt von Feminismus noch übrig, wenn er sich bemüht, es cisMännern Recht zu machen? Ich will eine radikale Bewegung, die wirklichen Umbruch fordert_provoziert_bewirkt. Und nicht eine, die darum bettelt, dass Dudes ihr einen Knochen hinwerfen.“
„Ich bettele nicht um Support. Ich bettele nicht um Anerkennung. Ich bettele nicht jedes verdammte bisschen Respekt. Wenn “die Sache” also ist, Dudes bei der Stange zu halten, und der Sache nützt, ihnen die Füße zu küssen: ja, das ist mir herzlich egal.“
Quelle: A++ Ranting
Allies werden hier eher als eine Art notwendiges Übel, als Gegner zweiten Grades wahrgenommen.
„Feminismus ist nicht für cisMänner da. Ich finde es gut, wenn sie sich beteiligen*. Aber ich brauche sie nicht. “Mein” Feminismus ist darauf abgerichtet, mich und andere zu empowern. Das ist “die Sache”, für die ich arbeite. Um das zu erreichen, muss ich keinem Dude Honig ums Maul schmieren“
Quelle: A++ Ranting
Eine weitere wichtige Funktion des feministischen Allies ist eine Art Blitzableiter für feministische Wut zu sein, denn anders als der „Masku“ schläge der Allie natürlich nicht zurück:
„Ich habe keine Ressourcen, um mir eure male tears anzuhören. Ich erlebe jeden Tag Sexismus, und das schwächt. Ich werde von Maskus angegangen, und das schwächt. Ich habe keine Kraft, um mir Zeit zu nehmen für eure Weh-Wehchen. Ich will mich nicht mit rummaulenden “Allies” auseinandersetzen müssen, wenn der nächste Masku mir schon wieder Gewalt androht. Sexismus ist Gewalt und macht wütend. FUCKING DEAL WITH IT.“
Quelle: A++ Ranting
Wir sehen man(n) hat es nicht einfach als Diener, Untergebener Allie des Feminismus. Ich glaube kaum, dass mit diesem Konzept der feministischen Idee zum Durchbruch verholfen werden kann.
Nachtrag zum Thema:
„Ich bin selber eine von denen die am lautesten widersprechen, wenn jemand erklärt, Feminismus müsste netter werden. Niemand muss zu männlichen Allies nett sein, das habe ich weder gesagt noch gemeint. Aber diejenigen kollateral zu bashen, die gerade weder gefailt haben noch sonstwie aufgefallen sind, indem man über alle männlichen Allies ablästert, ist etwas anderes als nur nicht nett sein.“
Quelle: sanczny
„Wenn sich ein weißer, männlicher Ally so krass in seinem Selbstverständnis beleidigt fühlt, dass er jetzt aus Feminismus und/oder Antirassismus (TM, natürlich) herausspaziert, dann kann’s nicht weit gewesen sein mit all jenen Anti-*Ismen. Denn, surprise: es gibt auch feminist allies, die damit umgehen können, weil sie verstehen, dass es um Auseinandersetzungen und Argumentationsweisen geht, die strukturelle Machtgefälle aufdecken sollen, und die sich an individuellen fails abarbeiten, um Gesamtmechanismen zu illustrieren.“
Quelle:viruletta
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