Arne Hoffmann wies vor einigen Tagen auf die Forderung nach einem Bechdel-Test für Männer hin – ein guter Anlass, um eine lange gehegte Artikelidee endlich in die Tat umzusetzen. Dabei ist es nur eine Kleinigkeit.
Vorab etwas Grundsätzliches: Der Bechdel-Test hat seine Schwächen und ich bezweifele ehrlich gesagt, ob man a) ein Verfahren aus den 1980er Jahren auf die heutige Popkultur noch vernünftig anwenden kann und ich b) ein Pendant (unter diesem Namen, mit dem Zusatz „für Männer“) wirklich für fortschrittlich halte.
Allein die Einführung des Originaltests als notwendiges Kriterium für die Bestnote in einer Handvoll Arthouse-Kinos in Schweden offenbart gravierende Schwächen: Ein Drama über ein homosexuelles Paar würde ihn automatisch bestehen, wenn es sich um zwei Frauen handelt, und eventuell gar nicht, wenn es um zwei Männer geht. Würden wir allen Ernstes in letzterem Fall einem solchen Film die höchsten Ehren verweigern wollen, weil er nicht fortschrittlich genug wäre? Wenn sich jedoch in einer einzigen nachträglich produzierten Szene die Putzfrau mit der Nachbarin übers Wetter unterhält, wäre plötzlich alles in Ordnung?
Sicher, es liegt in der Natur von Kriterien, die überhaupt eine Mess- und Vergleichbarkeit erzeugen sollen, dass sie mitunter kuriose Ergebnisse produzieren. Aber trotzdem muss man nicht mit offenen Augen in blanke Messer laufen.
Ich hatte schon erklärt, warum ich regulierte Popkultur für eine verlorene Sache halte. Die Forderungen, Frauen stets nur so wie politisch gewünscht darzustellen, führen in eine künstlerische Sackgasse (siehe auch diesen treffenden Leserbrief).
Dieser Leserbrief bringt mich zum heutigen Fundstück. Ich hatte schon einmal ein Fundstück: Hin zu einer gleichberechtigten Filmkritik veröffentlicht. Jetzt ist mir noch ein weiteres eingefallen, das ursprünglich genauso wenig ernst gemeint war. Die Filmkritik mag jedoch als kleiner Denkanstoß dienen, wohin es führt, wenn man alles nur noch eine bestimmte politische Brille betrachtet.
Zunächst einmal der Film selbst: Er machte vor einiger Zeit die Runde, meiner Erinnerung nach unter dem Motto „Das erklärt den gesamten Nahostkonflikt kurz und bündig“.
This Land is Mine
Aus feministischer Sicht ist der Film eine Katastrophe: Keine einzige Frauenrolle und damit keine Chance, der Forderung nach starken Frauen Genüge zu leisten, geschweige denn den Bechdel-Test zu bestehen.
Aus maskulistischer Sicht ist der Film ebenso furchtbar: Man sieht eine einzige Abfolge von mordenden und sterbenden Männern (plus einige Jungs, die nicht selbst mitmachen, sondern direkt ermordet werden). Die überwiegende Mehrheit der Männer besteht aus Mördern, die fröhlich lächeln, während sie ihre Taten begehen.
Ausgeblendet werden dabei interessanterweise sämtliche Friedensbemühungen und verständigungswillige Menschen, die es in dieser Zeit gegeben hat. Ich würde sogar die verwegene These aufstellen, dass die Mehrheit der Menschen, auch die Mehrheit der Untergruppe der Männer, keine Lust auf Krieg und Mord hat. In der Darstellung des Films handeln die Männer ohne jedes Motiv und von sich aus – eine Verbindung zur sie umgebenden Gesellschaft, zu Ressourcenkonflikten etwa, gibt es nicht, ebenso wenig wie etwa den Zwang, in einer Armee dienen zu müssen. Gäbe es all diese Männer nicht, so die Quintessenz des Films, dann könnte der Rest in Frieden leben. Damit ist man unbemerkt bei einer radikalfeministischen Position angelangt.
Meine Deutung ist jedoch eine andere: Wenn man will, kann man sich über alles aufregen und findet überall Hinweise auf Unterdrückung und eine negative Darstellung. Ich glaube, der beste Schritt wäre, erst einmal den eigenen Klopf frei zu bekommen und dann die Sachen etwas entspannter zu sehen.
Popkultur
Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Diesmal ein Lied über den inneren Frieden, in dem auch der Frieden im Nahen Osten erwähnt wird.
Strike: I Have Peace On My Mind
„…Gäbe es all diese Männer nicht, so die Quintessenz des Films, dann könnte der Rest in Frieden leben. Damit ist man unbemerkt bei einer radikalfeministischen Position angelangt.“
Genau das scheint die Quintessenz dieser völlig unaufklärerischen und relativistischen Darstellung.