Nostalgie-Fundstück: Scot W. Stevenson 1995 über das Internet

Ein ziemlich lustiger Text ist neulich 20 Jahre alt geworden. Geschrieben hat ihn kein geringerer als Scot W. Stevenson, Autor des Blogs USA erklärt. Auslöser war, dass die deutschen Medien völlig einseitig und negativ über dieses neue Ding namens Internet berichteten. Das mutet heute wie aus ferner Vergangenheit an – zumindest bezogen auf das Internet an sich.

Ansonsten ist jedoch verblüffend, wie sehr doch manche Inhalte vollkommen in die Jetztzeit passen. Stevenson empfiehlt Journalisten, ihre negativen Texte über das Internet mit bestimmten Zielgruppen als Lesern zu verfassen. Dazu zählt – wohl auch, weil nach Stevensons Angaben bereits damals die EMMA negative Artikel über das Internet enhielt – auch die Gruppe der radikalen Feministinnen. Hierbei warnt Stevenson zunächst davor, Frauenrechtlerinnen und radikale Feministinnen zu verwechseln:

Zur Unterscheidung sollten Sie die Kernsätze der beiden Gruppen beachten:
Frauenrechtlerin: „Die Frau wird in und von der Gesellschaft ungerecht behandelt. Das muß durch bessere Gesetze und fairere soziale Konventionen geändert werden.“
Radikalfeministin: „Männer sind böse.“

Der Text ist in Gänze lesenswert. Ich möchte jedoch noch zwei Abschnitte besonders hervorheben:

Bemerken Sie, daß wegen der unter Radikalfeministinnen üblichen Dogmata einige Aussagen immer implizit in Ihrem Bericht enthalten sein werden, auch wenn Sie es selbst vielleicht gar nicht gewußt haben. So zum Beispiel:

Das Ziel allen männlichen Tuns und Schaffens ist die Unterdrückung der Frau. Jede neue Technologie oder deren Anwendung durch Männer kann also, auch wenn der genau Mechanismus auf dem ersten Blick nicht sichtbar sein sollte, nur diesem einen Zweck dienen.

Pornographie ist die Ursache für Vergewaltigungen (…)

Frauen können sich nur frei in einer Gruppe entfalten, wenn sie keine Männer enthält. Reine Frauengruppen sind der einzige Weg zur weiblichen Selbstverwirklichung.

Das Bild vom Internet als frauenfeindlichem Ort sei auch deswegen gut zu verkaufen, weil der Frauenanteil so gering sei (ja, hier schimmert wieder durch, dass es 1995 war). Da dieser stets wachse, könne man unter anderem zu folgender Gegenmaßnahme greifen, damit einem nicht das Thema verloren ginge:

„Die Macht der sich selbsterfüllenden Prophezeihung“. Im Gegenzug heißt das: wenn Sie immer und immer wieder den Frauen erzählen, daß es keine Frauen im Internet gibt, und daß Frauen dort nur angefeindet werden, werden Frauen weder Lust haben, ins Internet zu kommen, noch neugierig sein, was dort passiert. Damit bleibt der Frauenanteil schön niedrig, und Sie haben noch auf Jahre hin gutes Material für weitere Reportagen.

Man übertrage das auf Frauen in der Wissenschaft und schon hat man die Argumentation zweier Fälle der letzten Monate (Matt Taylor, Tim Hunt).

Was mich beim Nachlesen erstaunt hat: Wie deutlich schon vor 20 Jahren vor radikalem Feminismus gewarnt wurde, der nichts mit der berechtigten Vertretung von Fraueninteressen zu tun hatte.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Da es Lucas Schoppe gerade erwähnt hat: 1996 gab es diesen Werbespot, in dem eine junge, gutaussehende Angehörige der Arbeiterklasse von einer Gruppe Bürohengste objektifiziert wurde… ach nein, die Geschlechter waren ja umgekehrt, da war das natürlich in Ordnung!

Das verwendete Lied heißt „I Just Wanna Make Love To You“, die Version war die von Etta James (kennt man etwa vom „Zurück in die Zukunft“-Soundtrack). Einige Jahre nach ihr nahmen auch die Rolling Stones eine Version auf – sie erschien auf ihrem ersten Album und auch als B-Seite einer Single.

Etta James: I Just Wanna Make Love To You

The Rolling Stones: I Just Wanna Make Love To You

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