»Blutwurst«: Jakob Augsteins Plädoyer für den Terror

 

Die um den Hashtag #metoo und die sexuellen Übergriffe Hollywoods entbrannte öffentliche Debatte nimmt an Schärfe zu. Im Deutschlandfunk hat Thea Dorn am 10. November aus Anlass des Hinauswurfs von Kevin Spacey aus »House of Cards« (sowie aus einem Film über Paul Getty) vor zwei Wochen den Vorwurf erhoben, dass wir in einer »hysterisch-bigott hypermoralisierten Gesellschaft« lebten und im Begriff seien, in einen moralischen Totalitarismus zu geraten:

»In so einem System bin ich doch von morgens bis abends nur noch damit beschäftigt zu überlegen, hat mich wer beleidigt, hat mich wer komisch angeguckt, hat mich wer irgendwie genannt, anstatt den Leuten, den Menschen zu sagen: Kinder, das gehört zum Erwachsenwerden, das gehört, um in dieser Welt zu überleben, dass man eine gewisse Abwehrkraft entwickelt.« (Thea Dorn)

»Wir kennen die Wahrheit! Die anderen machen bloß Worte!«

Diese Aussage hat wiederum Georg Diez nicht gefallen, der sie am 12. November auf SPIEGEL Online als eine von mehreren Stellungnahmen »reaktionärer Journalisten« abkanzelt, die angeblich »eine emanzipatorische gesellschaftliche Entwicklung in einen Kulturkampf« verwandeln wollten, »mit möglichst großen Worten, um von den Phänomenen selbst abzulenken, von den Fakten, von der Wirklichkeit.« Diez sieht sich dabei auf der Seite der »Wirklichkeit« stehen, während die Gegenseite sich »rhetorischer Tricks« bediene und »die Frage nach der Wahrheit grundsätzlich zu vermeiden« suche. Wenn also gegen die Sexismusdebatte der Vorwurf des McCarthyismus erhoben werde, dann sei das eben nicht mehr als »postfaktische Publizistik«, die »einen schiefen historischen Zusammenhang« herstelle.

Am 16. November erscheint einerseits in der »Jungle World« ein Artikel von Paulette Gensler, die der »Me too«-Kampagne die Verharmlosung von Vergewaltigungen vorwirft, »weil sie sie in einer nivellierenden Masse von unterschiedlichsten, wenn auch insgesamt unappetitlichen Vorfällen untergehen lässt«, andererseits in der ZEIT ein Artikel von Carolin Würfel, die gegen Angehörige der Berliner Kulturszene justiziable Anschuldigungen so erhebt, dass sie sich pauschal auf eine Reihe von Personen beziehen lassen, anstatt konkrete Individuen anzuklagen. Würfel hält die neuerliche Sexismusdebatte für historisch bahnbrechend: »Der historische Wendepunkt im Verhältnis zwischen Männern und Frauen steht auch uns, hier in Berlin und hier in Deutschland, bevor.« Ja, das steht so da: es geht nicht um die Unsitten einer exzentrischen und narzisstischen Kulturszene – es geht um Männer und Frauen schlechthin. Zwei Tage später, am 18. November, kontert Sabine Rückert den Artikel ebenfalls in der Zeit unter dem Titel: »Soll das Journalismus sein?«:

»Qualitätsjournalismus recherchiert, prüft den Sachverhalt, die Aussagen und die Validität der Quellen, konfrontiert und hört die Gegenseite. All diese Grundregeln des Journalismus wurden von der Autorin für Effekthascherei außer Kraft gesetzt, und auch von jenen, die das Stück redigiert und betreut haben. Würfels Text ist Aktivismus, kein Journalismus.« (Sabine Rückert)

»No women were harmed for this movie!«

Es scheint aber, als würden diese »Aktivisten« ihren Aktivismus durch eine höhere Moral gerechtfertigt wissen. Der Journalistin Würfel geht es, wie erwähnt, um nichts Geringeres als einen »historische Wendepunkt im Verhältnis zwischen Männern und Frauen«. Mit diesem Sendungsbewußtsein steht sie nicht allein. Schon am 12. November hat Andreas Borcholte auf SPIEGEL Online ähnliche Töne angeschlagen, indem er sich nicht scheut, Säuberungsmetaphern ins Spiel zu bringen: »Ein schmutziges System beginnt, sich selbst zu reinigen: Die Konsequenz, mit der die Unterhaltungsindustrie ihre Weinsteins und Spaceys abräumt, ist gut.« Borcholte beschreibt im Detail, was das bedeutet:

»Mit einer Konsequenz, die einige Kommentatoren überhastet oder unsolidarisch finden, werden diese Männer abgeräumt: Sie verlieren ihre Posten, ihre TV-Shows, sie werden aus ihrer Serie herausgeschrieben oder gleich aus einem ganzen Film getilgt: Regisseur und Produzent Ridley Scott lässt Spacey gerade aus seinem aktuellen Film ›All the Money in the World‹ herausschneiden. Mit aufwendigen Nachdrehs wird er durch einen anderen Schauspieler ersetzt. Ein beispielloser Vorgang.« (Andreas Borcholte)

Auch Borcholte nimmt auf die Kritik von Thea Dorn Bezug – ähnlich wie Diez hält er sie jedoch nur für »Unbehagen oder Abwehrreflexe« von Leuten, die nicht verstehen, dass es hier gleichsam den Mantel der Geschichte am Zipfel zu fassen gilt:

»Denn in dem jetzt offenbar beginnenden Selbstreinigungsprozess der Entertainment-Branche liegt die große Chance, dem moralischen Reinheitsgebot, das vor allem viele Produktionen propagieren, auch hinter den Kulissen gerecht zu werden.« (Andreas Borcholte)

Die Rede vom »moralischen Reinheitsgebot« erscheint ihm dabei gänzlich unverdächtig, denn die große Chance, die er zu sehen meint, definiert er geradewegs als eine Art ökologisch nachhaltiger Kulturproduktion, als eine Kulturindustrie mit sauberem Gewissen:

»So wie man sich mit der Herkunft von Eiern, Fleisch und Milchprodukten im Supermarkt beschäftigt, mit fair gehandeltem Kaffee ebenso wie mit unwürdigen Bedingungen in der Kleidungs- oder Handyherstellung, so darf und muss man sich auch in der Unterhaltungsindustrie für die Würde und Nachhaltigkeit der Produktionsbedingungen interessieren. Und gegebenenfalls das Endprodukt boykottieren.« (Andreas Borcholte)

Borcholte spürt das Wehen des Weltgeistes der makellosen moralökologischen Sauberkeit: no women were harmed for this movie! Das Problem daran ist nicht, dass Machtmißbrauch nicht zu beanstanden wäre und offenkundiges Fehlverhalten nonchanlant mit Genie aufgewogen werden dürfte. Das Problem ist, dass ganz und gar nicht klar ist, auf welche Weise sich eine höhere moralische Empfindlichkeit in der Praxis sinnvollerweise installieren ließe. Denn in den historischen Präzedenzfällen, die wir kennen, ist dies üblicherweise durch die Installation eines Regimes von Tugendwächtern geschehen, von Leuten, denen diese höhere Moral qua Amt und Position zugeschrieben wurde und ihnen Handlungskompetenzen einräumte, mit denen sie die gewöhnliche Moral durch diese höhere Moral außer Kraft zu setzen ermächtigt waren. Bin ich hysterisch, wenn ich eine solche Entwicklung fürchte? Nach Erscheinen des nachfolgend besprochenen Textes wohl nicht mehr.

Die revolutionäre Dezision rechtfertigt den Terror

Die bislang schärfste Zuspitzung dieses neuen »antisexistischen« Sendungsbewusstseins lesen wir aus der Feder Jakob Augsteins in seinem Artikel »Rache ist Blutwurst« vom 22. November auf SPIEGEL Online. Augstein eröffnet sein Argument mit dem Bezug auf die Texte von Carolin Würfel und Sabine Rückert, indem er den von Rückert beanstandeten »aktivistischen« Charakter von Würfels Artikel ausdrücklich verteidigt und Rückerts Kritik »ehrabschneidend« nennt.

»Aber gleichwohl ist der Text (Carolin Würfels – dj.) haarsträubend. Und das ist gut so. Er ist so haarsträubend, dass die Redaktion der „Zeit“ es gleich selbst mit der Angst bekam. Sie schickte die stellvertretende „Zeit“-Chefredakteurin Sabine Rückert vor, die sich unter dem ehrabschneidenden Titel „Soll das Journalismus sein?“ in voller Länge und Breite von Würfels als skandalös empfundenem Text distanzierte.« (Jakob Augstein)

Lassen wir dahingestellt, ob Rückert wirklich aus einer Angstreaktion der ZEIT-Redaktion heraus »vorgeschickt« wurde oder ob sie nicht einfach nur den publizistischen Raum erhielt, in einer Kontroverse eine Gegenposition zu formulieren, wie das diskursethisch nur fair ist, und ob sie auf die Grenzüberschreitungen des Textes von Würfel nicht nur schlicht angemessen reagiert hat. Jedenfalls schlägt sich Augstein auf Würfels Seite, denn ihr Text war ihm zufolge

»ein Ruf zu den Waffen. Denn wir brauchen in der Tat eine Revolution. Eine neue sexuelle Revolution. Wie jede Revolution wird auch diese hier nicht ohne Opfer abgehen. Das ist eine Feststellung, keine Rechtfertigung.« (Jakob Augstein)

Der letzte Satz des Zitats ist schlicht gelogen, ein formales Dementi, dem die Intention des ganzen Artikels zuwiderläuft. Schauen wir uns an, was für den apologetischen Charakter seines Textes spricht. Zunächst einmal: dass Augstein hier bewusst auf das Phänomen des revolutionären Terrors anspielt, dürfte jedem klar sein, der für zwei Cent historische Bildung genossen hat. Aber was soll das »Revolutionäre« an der »Me-Too«-Debatte sein? Es muss wohl mit dem Umstand zu tun haben, dass das übergriffige Verhalten von Leuten wie Harvey Weinstein und Kevin Spacey für diese mindestens berufliche Folgen hat. Das kann man mit einiger Berechtigung gut finden. Aber einmal abgesehen davon, dass die amerikanische Rechte diesem »Ausmisten« des liberalen Sündenbabels zum Teil begeistert zustimmt und dass es Männer trifft, denen man zuvor die Selbstbezeichnung als »Feministen« hat durchgehen lassen: die Rede von der Revolution zeigt an, dass es nicht nur um Moral geht, sondern um Machtverhältnisse, die sich üblicherweise nicht durch den Austausch von Argumenten, sondern durch das Ausspielen von Einfluß und Drohpotentialen verschieben. Sie zeigt einen Wechsel weg von der Ebene der Argumente und hin zur Ebene der Einschüchterungs- und Sanktionierungschancen an. Sie impliziert eine Aufkündigung zivilisierter Spielregeln zugunsten des Gebrauchs von Bestrafungen, Stigmatisierungen, Enteignungen und anderen Druckmitteln. Sie verweist auf ein dezisionistisches Moment des eigenen Handelns, das eine Aufhebung von Grundrechten ausschließlich für den politischen Gegner vorsieht, indem sie einen Ausnahmezustand deklariert. Carl Schmitt definiert:

»(N)icht jede außergewöhnliche Befugnis, nicht jede polizeiliche Notstandsmaßnahme oder Notverordnung ist bereits Ausnahmezustand. Dazu gehört vielmehr eine prinzipiell unbegrenzte Befugnis, das heißt die Suspendierung der gesamten bestehenden Ordnung. Ist dieser Zustand eingetreten, so ist klar, daß der Staat bestehen bleibt, während das Recht zurücktritt. (…) Die Entscheidung macht sich frei von jeder normativen Gebundenheit und wird im eigentlichen Sinne absolut. Im Ausnahmezustand suspendiert der Staat das Recht«. (Schmitt 2004, S. 18)

Dass wir mit dieser Deutung nicht zu weit greifen, wird klar, wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass Augstein die juristischen Konsequenzen der Falschbeschuldigungen gegen Jörg Kachelmann und Horst Arnold als Kollateralschaden ausdrücklich billigend in Kauf nimmt, in letzterem Fall zudem ausdrücklich unter Kenntnisnahme der indirekten Todesfolge. Er wählt nicht irgendwelche Falschbeschuldigungen, sondern diejenigen beiden, die die gesellschaftliche Perspektive auf das Phänomen der Falschbeschuldigung als solches in der Bundesrepublik nachhaltig verändert haben. Die im Falle der Sexismusdebatte erforderte und beanspruchte feministische Diskurshoheit ist durch diese Verschiebung unter Druck geraten, ihre jahrzehntelange souveräne Geltung steht in Frage. Augsteins in der Sache selbst ungeheuerliche und infame Mißachtung rechtsstaatlicher Grundsätze hat daher Methode: die Methode der Dezision des Ausnahmezustands.

Augstein maßt sich im Namen der Parteiung, die er vertritt, die Rolle des Souveräns an, und zu den Mitteln des Souveräns, eine gegebene Ordnung unter Suspension des Rechts zu verteidigen, gehört der Terror. Was den Revolutionär vom staatlichen Souverän unterscheidet, ist allein der Umstand, dass er die Dezision nicht aus herrschender, sondern aus beherrschter Position heraus vornimmt mit dem Ziel, erstere zu übernehmen. Die emotionale Empörung, die das auslöst, ist bereits Teil der inneren Rationalität des Terrors, Teil seines Kalküls, denn die innere Kälte des Jakobiners und Tschekisten bringt einen Souveränitätsgewinn über die auf diese Weise emotional Überrumpelten mit sich. Die Erstanwendung unerwarteter Gewalt profitiert von ihrer Schockwirkung. Im Ausnahmezustand lassen sich die Machtverhältnisse ohne Ansehung der Rechtsverhältnisse verändern, und genau darum geht es Augstein:

»Aber in der neuen Geschlechterdebatte geht es darum, die Gewichte der Macht zu verschieben – und das geht nicht ohne Gewalt ab. Wer verfügt über die Möglichkeit, den anderen jederzeit und ohne nennenswertes eigenes Risiko zu gefährden oder zu erniedrigen? Bisher waren das immer die Männer. Die Frau, die sich wehrt, wird da zur Schreckensvision.« (Jakob Augstein)

Das ist der Schlüsselabsatz in seinem Artikel, in dem er den Terror mit einer Geschichtsklitterung legitimiert. Denn nichts anderes als eine solche ist die Behauptung, nur Männer hätten bislang andere »ohne nennenswertes eigenes Risiko« gefährden können. Die »Urszene« einer weiblichen Falschbeschuldigung finden wir bereits in der Bibel, in der Geschichte von Joseph und der Frau des Potiphar (Gen. 39). Ilse Lenz hat versucht, diese Geschichte im Kontext der Kachelmann-Falschbeschuldigung als »frauenfeindlich« und als eine Art patriarchaler Denunziation beiseite zu schieben, was jedoch nur dann plausibel ist, wenn man Machtverhältnisse, die nicht auf Geschlechts-, sondern auf Klassenunterschieden beruhen (in diesem Fall zwischen Herren und Sklaven, denn Joseph wurde als Sklave verkauft) mutwillig ignoriert. Denn die »die Möglichkeit, den anderen jederzeit und ohne nennenswertes eigenes Risiko zu gefährden oder zu erniedrigen«, hat jeder Angehörige eines ranghöheren Standes gegenüber Angehörigen eines rangniederen Standes ganz unabhängig vom Geschlecht. Es gehört zum Kern des intellektuellen Elends und der tiefen Unaufrichtigkeit der feministischen Ideologie, diese simple Tatsache zugunsten eines ausschließlich auf der Geschlechtszugehörigkeit beruhenden weiblichen Opferkults unsichtbar gemacht zu haben. Ilse Lenz bringt es zudem fertig, ein perfektes Beispiel von Projektion des eigenen Verhaltens auf Männer zu liefern:

»Dieses Bild der potentiell mächtigen Lügnerin ist zutiefst frauenfeindlich. Aber auch das Opfermännerbild ist nicht eben männerfreundlich, läuft es doch auf eine Homogenisierung und Entmündigung aller Männer heraus. Denn dem Bild zufolge ist der einzelne Mann für sein Denken und Handeln nicht länger verantwortlich, sondern der bedrohlich erscheinenden Frau hilflos ausgeliefert.« (Ilse Lenz)

Denn dies ist präzise die Botschaft, die der Feminismus spiegelbildlich in Bezug auf Frauen und ihr Verhältnis zu männlicher Gewalt vermittelt: selbst nicht verantwortlich und dem bedrohlich erscheinenden Mann hilflos ausgeliefert. Aber diese feministische Unterschlagung klassenspezifischer Machtverhältnisse ist uns so selbstverständlich geworden, dass Augstein sich darauf als eine vermeintlich fraglose Tatsache beziehen kann. Seine Argumentation ist insofern nur folgerichtig: sie ergibt sich konsequent aus dem vom Feminismus in den 1960er Jahren eingeführten und zum ideologischen Fundament festgestampften Mythos vom Patriarchat, mit dem seither jegliche Art von einseitiger Perspektive, weiblicher Privilegiensicherung und empirischer Blindheit gerechtfertigt wird. Ebenso folgerichtig ist es dann auch, wenn Augstein die »Furcht« – und damit den Terror – nicht mehr nur als faktische Begleiterscheinung konstatiert, sondern im Schlußsatz des Artikels für wünschenswert erklärt:

»Es ist schon so: wenn die Frauen ihre Furcht verlieren sollen, müssen die Männer diese Furcht erst selbst kennenlernen.« (Jakob Augstein)

Das ist zum einen die alte Mär vom Geschlechterverhältnis als Hierarchie und Nullsummenspiel, die schon der berüchtigten SPD-Maxime von der »Überwindung der männlichen Gesellschaft« zugrundeliegt. Augstein geht zum anderen aber darüber hinaus, indem er in diesem Satz den revolutionären Terror als legitimes Instrument für diese »Überwindung« ausdrücklich empfiehlt.

Diskursverschärfung und Diskurskündigung

Welchen Sinn macht diese aggressive Verschärfung der Tonlage, dieses Kokettieren mit der Gewalt, für die Augstein bereits einen Präzedenzfall geliefert hat? Und womit kokettiert er eigentlich? Nehmen wir im Schnelldurchgang einige recht willkürlich ausgewählte Beispiele für revolutionären Terror zur Kenntnis:

(1) Französische Revolution:

»Die Richter trafen in aller Heimlichkeit die Auswahl derer, die sie verurteilen wollten oder die zu richten ihnen aufgetragen worden war. Am Abend zuvor wurde diesen Gefangenen in der Conciergerie eine Art von Auszug aus der Anklageschrift ausgehändigt, dem sie entnehmen konnten, dass sie am folgenden Tag vor dem Revolutionsgericht erscheinen würden. Dort fanden sie sich auch tatsächlich zu 50, 60 oder gar 70 an der Zahl wieder und nahmen auf einer Estrade mit fünf oder sechs Rängen Platz. Nachdem man sie nach ihrem Namen, Alter, Stand und Beruf gefragt hatte, wurde ihnen eine pauschale Anklage vorgelesen. Der Form halber stellte man einigen der Angeklagten ein paar Fragen, auf die sie antworteten oder nicht. Dann zogen sich die Geschworenen etwa eine Stunde zu einem Palaver zurück, das sie lächerlicherweise als Beratung bezeichneten. Danach kehrten sie in den Gerichtssaal zurück und erklärten auf Ehre und Gewissen die Angeklagten für schuldig. Innerhalb von zwei oder drei Stunden wurden auf diese Weise 60 oder 70 Menschen zum Tod verurteilt und noch am selben Tag auf dem nämlichen Schafott hingerichtet« (Nicholas Ruault, »Gazette d’un Parisien sous la révolution«, zit. nach Willms 2014, S. 555)

(2) Stalinsche Säuberungen:

»Der Befehl Nr. 00447 sah die Verhaftung von insgesamt 268.950 Personen vor, von denen 75.950 erschossen werden sollten. Im Verlauf der Operation wurden die Vorgaben für die Verhaftungen auf 753.315 Personen erhöht, wovon 183.750 (einschließlich 150.500 Erschießungen) durch Beschlüsse des Politbüros des ZK angeordnet und weitere 300.000 Verhaftungen durch ein Telegramm von Jeshow, d.h. ohne weiteren formellen Beschluss der Parteiführung, befohlen wurden. Bis zum Ende der Operation im November 1938 wurden jedoch 767.397 Menschen verurteilt, 386.798 von ihnen nach der ersten Kategorie (Erschießung – dj.). Mehr als die Hälfte der in der ›Anti-Kulaken-Operation‹ gefällten Urteile (50,4 %) waren Todesurteile. Allein zwischen dem 5. und 31. August wurden im Zuge der Anti-Kulaken-Operation – Befehl 00447 – 150.000 Urteile gefällt und 30.000 Menschen erschossen. Parallel zur Massenoperation nach Befehl Nr. 00447, die am 5. August 1937 begann, wurden – Schlag auf Schlag – weitere Massenoperationen, vorwiegend nach nationalen Kriterien, eingeleitet und durchgeführt: Die ›Deutsche Operation‹ nach Befehl Nr. 00439 lief am 29. Juli 1937 an und war verbunden mit insgesamt 55.005 Verurteilungen, davon 41.989 Todesurteile (76,2 %). (…) Die ›Polnische Operation‹ nach Befehl Nr. 00485 begann am 20. August 1937 und war verbunden mit insgesamt 139.835 Verurteilungen, davon 111.091 Todesurteilen (79,4 %). Die ›Lettische Operation‹ begann am 3. Dezember 1937 und war mit insgesamt 22.360 Verurteilungen, darunter 16.573 Todesurteilen verbunden (74,1 %). Die Liste der Befehle und Massenoperationen ist damit noch nicht vollständig. Weitere Operationen betrafen die Rumänen in der Ukraine, Finnen in Karelien, Iraner, Afghanen, Griechen, Esten, Bulgaren, Mazedonier, Koreaner, Chinesen, Harbin-Emigranten und andere meist in Grenzregionen siedelnde nationale Minderheiten.« (Schlögel 2008, S. 637)

(3) Spanischer Bürgerkrieg

»Im Spanien der Nationalisten begannen die Repressalien unmittelbar nach der Eroberung eines Gebietes. Die Kriegsgefangenen wurden meist noch an der Front erschossen, die ersten zivilen Opfer waren Gewerkschaftsführer und die Vertreter der republikanischen Regierung, vor allem Gouverneure und Bürgermeister, aber auch andere Beamte, die der Republik treu geblieben waren. Selbst Republikaner, denen man Schonung versprochen hatte, wenn sie sich ergaben, wurden umgebracht. Offiziere, die zur Regierung standen, mussten mit Erschießung oder Einkerkerung rechnen. (…) Wenn die aufständischen Truppen weiter gezogen waren, setze eine zweite, noch heftigere Welle des Tötens ein. Falangisten, in einigen Gebieten auch Karlisten, führten rücksichtslose Säuberungen unter der Zivilbevölkerung durch. Exekutiert wurden Gewerkschaftsführer, Regierungsbeamte, Mitte-Links-Politiker (z. B. wurden 40 Parlamentsabgeordnete der Volksfront erschossen), Intellektuelle, Lehrer, Ärzte, ja selbst die Schreibkräfte, die für Revolutionskomitees gearbeitet hatten. Im Grunde war jeder in Gefahr, den man auch nur verdächtigte, die Volksfront gewählt zu haben. In Huesca wurden etwa 100 Personen erschossen, weil sie angeblich Freimaurer waren. Die Loge der Stadt hatte aber nicht einmal ein Dutzend Mitglieder.« (Beevor 2008, S. 118 f.)

(4) Chinesische Revolution:

»Dass wir in der Vergangenheit zwei, drei Millionen (Konterrevolutionäre) getötet, eingesperrt oder überwacht haben, war ausgesprochen notwendig … Heute sind die Konterrevolutionäre weniger geworden, doch man muss zugeben, dass es noch Konterrevolutionäre gibt. Man muss seine Zustimmung geben, dass auch in diesem Jahr einige getötet werden. In Behörden und Schulen ist zu säubern, man darf nicht erschlaffen, sondern muss harte Arbeit leisten.« (Mao Tse-Tung im April 1956, zit. n. Koenen 2017, S. 961)

Sind das tatsächlich die Bezüge, die Augstein herstellen will? Es mutet wie ein groteskes Missverhältnis an, die historischen Erinnerungen an diese rücksichtslosen Massenmorde im Kontext einer Sexismusdebatte aufzurufen. Aber es ist Augstein selbst, der per Implikation darauf anspielt. Ist also der »Wille zum Terror«, der sich darin ausdrückt, parasitär oder authentisch? Ist er Programm zum Pogrom oder dreister Bluff? Die Ambivalenz, die in dem scharfen Missverhältnis zwischen der heute aktuellen Situation und den aufgerufenen Erinnerungen liegt, erinnert an den »unernsten«, aber darin auch unaufrichtigen und unverantwortlichen Umgang vieler Feministinnen mit dem SCUM-Text von Valerie Solanas. Ist es geniale Satire oder authentischer Faschismus, wenn man »in aller Unschuld alle Männer töten« möchte, wie Lucas Schoppe das genannt hat? Ich denke, dass wir die Eigenschaften von Augsteins Text dann am Besten verstehen, wenn wir sie als Teil eines Kampfes um die öffentliche Diskursherrschaft begreifen, die die politische und kulturelle Linke lange Zeit innehatte und die sie nunmehr durchaus zu Recht in Gefahr sieht. Denn in solchen Debatten übernimmt die Gewalt, mit der man kokettiert, eine Stellvertreterfunktion für die reale Gewalt, in deren Gegenwart alle Diskurse enden. Sie ist Ausdruck eines Verlusts der inneren Souveränität, der ein realer oder befürchteter Verlust der äußeren Souveränität entspricht, und sie ist darin ein Bindeglied zur realen Gewalt, dass sie eine Disposition zur dieser einübt.

Was in der Medienkritik im Umfeld der Ukraine-Krise zum ersten Mal unübersehbar wurde, hat sich spätestens der Wahl Donald Trumps in den USA und mit dem Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag auf Dauer verfestigt: die jahrzehntelange Hegemonie einer eher links und linksliberal orientierten Medienelite, die sich ihren Platz im Verlauf der 1970er und 1980er Jahre erkämpft hatte, neigt sich dem Ende zu. Anstatt über inhaltliche Differenzen in den jeweiligen Perspektiven offen zu debattieren, tut nun auch diese Elite, was alle Eliten bisher getan haben: sie schalten aus Reflexen des Machhterhalts und der Besitzstandswahrung heraus in den Modus der taktischen Kommunikation, der Denunziation und der Feindbildpflege um. Das altbekannte Neue an Augsteins Text besteht darin, dass er verbal bereits von der Feinddefinition zur Feindbekämpfung übergeht, indem er eine der mächtigsten Erinnerungsfiguren der modernen Geschichte zustimmend mobilisiert: den Aufruf zum Tugendterror.

So gesehen ist Jakob Augstein ein klassischer Schreibtischtäter, der die moralische Entsicherung einer Kontroverse betreibt, damit andere sich zu weitergehenden Handlungen als bloß scharfen Reden ermächtigt fühlen können. Der Trick an der Sache besteht darin, die Entscheidung zwischen Satire und Säuberung, zwischen Bluff und Pogrom, anderen zu überlassen, die unter »fortgeschrittenen Verhältnissen« der Zuspitzung agieren – einer Zuspitzung, die der Schreibtischtäter selbst freilich mit herbeigeführt hat, ohne die Entscheidungen zur Eskalation selbst getroffen zu haben.

Wie das im Grundsatz funktioniert, hat zuletzt die Attacke auf den Stand des Antaios-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse gezeigt, die durch Initiativen wie die »Buchmesse gegen Rechts« geistig vorbereitet worden war – offenbar sind erklärte Rechte, die sich nicht mit Baseballschlägern, sondern mit Büchern präsentieren, eine unerträgliche narzisstische Kränkung der eigenen Feindbilder. Wer den Gedanken in Erwägung zieht, dass es hier »die Richtigen« getroffen haben könnte, möge sich daran erinnern, dass die Revolution ihre Kinder frißt und darin bei »den Richtigen« nicht stehen bleibt. Verlage zu bekämpfen anstatt den Inhalt von Büchern offenbart dieselbe Grundhaltung wie ein institutionalisierter Forschungsbereich, der eine Million Euro erhält, um über seine Kritiker zu reden anstatt mit ihnen: ihre Ansichten und Perspektiven werden vorab jeder inhaltlichen Auseinandersetzung für unwürdig erklärt. Das aber ist das Geschäft der Selbstimmunisierung, mit dem sich noch jede Ideologie in die Sackgasse der doktrinären Erstarrung manövriert hat.

Es gibt jedoch Grund zur Hoffnung: Augsteins Anmaßung kann man ebensogut auch als Bankrotterklärung lesen. Der Wechsel von der Ebene der Argumente auf die Ebene der Gewalt räumt faktisch ein, die Ebene der Argumente verloren zu haben. Der Mantel der Geschichte, den Augstein sich und den Seinen umhängen möchte, ist ihnen allen ein paar Nummern zu groß.

Literatur

  • Beevor, Anthony (2008), Der Spanische Bürgerkrieg. München: Goldmann
  • Koenen, Gerd (2017), Die Farbe Rot. Ursprünge und Geschichte des Kommunismus. München: C. H. Beck
  • Schlögel, Karl (2008), Terror und Traum. Moskau 1937. München: Carl Hanser
  • Schmitt, Carl (1922, 8. Aufl. 2004), Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität. Berlin: Duncker & Humblot
  • Willms, Johannes (2014), Tugend und Terror. Geschichte der Französischen Revolution. München: C.H. Beck

Was wäre ein Blogpost ohne Agitpropkultur:

 

48 Kommentare zu „»Blutwurst«: Jakob Augsteins Plädoyer für den Terror“

  1. Danke für diese saubere Analyse!

    Der Artikel von Augstein hat mich tieftraurig gemacht. Nicht nur deswegen, weil dieses Akzeptieren von unschuldigen Opfern, die für die vermeintlich gute Sache über die Klinge springen müssen, eines der markantesten Zeichen von Totalitarismus ist. Geschenkt. Ich erwarte von politkorrekten Linken seit geraumer Zeit eh nichts mehr anderes.

    Nicht nur, weil dieser Augsteinsche Beitrag der Beweis dafür ist, dass die Rationalität aus der „Debatte“ wenn nicht schon länger, dann spätestens jetzt verschwunden ist.

    Das traurige daran ist, dass wir, die Männer, die Gegenseite, die „Reaktion“, immer mehr dazu gezwungen wird, ihr Verhalten zu ändern, aber nicht so, wie es Feministen und Linke wollen.

    Augstein hat nicht zu den Waffen gerufen. Er hat schon längst auf den roten Knopf gedrückt und die Kontinentalraketen losgeschickt. Er ist umgestiegen vom konventionellen Kampf (der Argumente) zu den schmutzigen Waffen. Und ich fürchte, uns bliebt auf kurz oder lang nichts mehr anderes übrig, als all die schmutzigen Waffen auszupacken, die wir nie verwenden wollten. Das ist es, was mich so tieftraurig daran macht.

    Unsere konventionellen Waffen, die leider anscheinend nicht mehr fruchten, sind:
    – Differenzieren zwischen Straftaten, nicht strafbaren Unanständigkeiten und hinzunehmenden Nichtigkeiten
    – Bestehen auf Unschuldvermutung und Rechtsstaatlichkeit
    – Hinweis auf ebenfalls existierende männliche Opfer von sexueller Gewalt
    Logisches Argumentieren, wie ich das noch in den Kommentaren unter dem Artikel versucht habe

    All das, so scheint mir, kommt nur noch allzu kleinlaut und defensiv rüber bei der ganzen Emotionalisierung. Aber, wenn die eine Seite keine Gefangenen mehr machen will, wird es die andere Seite irgendwann auch lassen. Was das bedeutet, kann sich jeder vorstellen:
    – Jegliche Anschuldigung nicht nur anzweifeln und zurückweisen, sondern auch ins Lächerliche ziehen
    – Unterstellen von finanziellen oder Karriere-Motiven oder schlicht Aufmerksamsgeilheit
    – Klassisches „victim blaming“
    – Klassiker wie: „Sie hat es doch so gewollt“
    etc. und nicht zuletzt: Es werden noch mehr Männer rechts wählen und Leute wie Trump, Orban, Kazcynski, LePen und die AfD in Ämter heben.

    Das wird kommen, lieber Herr Augstein, und dann habt Ihr endlich Eure „rape culture“, von der Ihr ständig faselt.

    1. @aranxo:

      »Das traurige daran ist, dass wir, die Männer, die Gegenseite, die „Reaktion“, immer mehr dazu gezwungen wird, ihr Verhalten zu ändern, aber nicht so, wie es Feministen und Linke wollen.«

      Ja, Artikel wie der von Augstein legen schon die Frage nahe, was denn eine angemessene Reaktion darauf wäre. Eine Patentlösung fällt mir da auch nicht ein. Im Augenblick haben wir nur die Möglichkeiten des Netzes zur Verfügung. Ich stelle mir vor, dass wir für eine Taktik des »Beobachten und Bloßstellen« ganz gut aufgestellt sind. Das war jedenfalls die Intention meines Blogpost (den ich trotz »Abstinenz« geschrieben habe, weil Augstein mich so erbost hat, dass ich mich sowieso mit nichts anderem befassen konnte): möglichst präzise zerlegen, was er sich da eigentlich gerade leistet, und die Infamie, die darin steckt, artikulierbar machen. Mit der Botschaft: »wir sehen, was ihr tut, und wir liefern, was nötig ist, um sich davon nicht verarschen zu lassen.«

      »All das, so scheint mir, kommt nur noch allzu kleinlaut und defensiv rüber bei der ganzen Emotionalisierung. Aber, wenn die eine Seite keine Gefangenen mehr machen will, wird es die andere Seite irgendwann auch lassen.«

      Vielleicht bin ich ja zu optimistisch, aber gerade die #metoo-Kampagne hat ja einiges an publizistischem Gegenwind bekommen, ein paar Artikel habe ich ja auch im Blogpost verlinkt. Ich denke, dass ein breites Mittelfeld inzwischen für solche radikale Verhaltensweisen sensibilisiert ist und die Nase voll davon hat. Ich habe die Situation von #metoo kürzlich etwas martialisch mit »Moskau 1941« analogisiert, also mit dem Steckenbleiben im russischen Winter – wenn eine Radikalisierung à la Augstein wirklich zu einem Modell werden sollte, könnte die feministische Hysterie auch ein »Stalingrad« erleben.

      1. „.. Ich habe die Situation von #metoo kürzlich etwas martialisch mit »Moskau 1941« analogisiert, also mit dem Steckenbleiben im russischen Winter – wenn eine Radikalisierung à la Augstein wirklich zu einem Modell werden sollte, könnte die feministische Hysterie auch ein »Stalingrad« erleben.“

        Da stecken die schon mittendrin und haben es dennoch nicht realisiert in ihrem feministischen Wolkenkuckucksheim, dass die ‚glorreichen‘ (und schnell vergammelten) Zeiten, ein letztes Aufbäumen vor der beginnenden Agonie waren und sind.

        Wie oft hatte man versucht, diesen #Aufkreisch noch mal zu initiieren und wie oft fuhr man damit ins Nirvana. Ob nun #ImZugRasiert (oder so ähnlich) oder #NotAllWomen (oder welches Geschlecht auch immer): Stets wurde man zum ‚Opfer‘ von Ignoranz oder Spott und Ironie.

        Nun wittern sie, diese Aufmerksamkeits-Ökonominnen wieder Morgenluft: Mögen die glorreichen Tage des #Aufkreischs sich wiederholen, mögen sie wieder zu Zehnt über die Straße laufen und „Slurfwalks“ machen und Sexismus skandieren, während sie einem ihr Gebimse ins Gesicht drücken – es wird nicht mehr funktionieren.

        Der Gegenwind bei #MähTwo ist mittlerweile so groß, auch aus den teils eigenen Reihen, dass man schon zu solchen Verzweiflungsattentätern wie Augstein greifen muss, damit es aber endlich wieder so schön betroffen kuschelig wird, wie in der Prä-Team-Gina-Fiesa-Zeit …

        Die Girlie-Feministinnen haben es überrissen, stehen nun teils vor den Trümmern ihres Lebens und ein wackerer Recke wie Augstein soll diese Dämlichkeiten in Distress jetzt raushauen? Sorry, wird nicht klappen, Mädelz, euer Drops ist gelutscht und der Keks wird ignoriert!

        Alternativ könnt ihr nun natürlich weiterheulen und euch einen Dauerlutscher kaufen. Wie @aranxo schon schrieb: jetzt wird es schmutzig. Und das ist gut so, denn zwei Dekaden Appeasement haben nun wirklich nichts gebracht. Im Gegenteil: Männer wurden nur noch mit mehr Dreck beworfen …

        Nun denn, um in dem Kontext des Eingangszitats zu bleiben: „Die verbale Handgranate ist dein bester Freund“ (irgendein russischer General zum Häuserkampf anlässlich Stalingrads. Allerdings ohne das Wort „verbal“.

    2. „Und ich fürchte, uns bliebt auf kurz oder lang nichts mehr anderes übrig, als all die schmutzigen Waffen auszupacken, die wir nie verwenden wollten. Das ist es, was mich so tieftraurig daran macht.“

      eine dieser massenvernichtungswaffen, die nun beide seiten des konflikts zunehmend anwenden werden, ist auch die des pauschalisierens im sinne der konstruktion eines einheitlichen gegners. im falle der antifeministischen gegenseite kann das zum beispiel so aussehen, dass man in diesem fall nicht nur gegen augstein argumentiert, sondern auch gegen die gesamte politische bewegung, die man hinter ihm glaubt. das sieht dann z.b. so aus:

      „dann habt *ihr* endlich Eure „rape culture“, von der *ihr* ständig faselt.“

      augstein hat nicht von der rape culture geredet und schon gar nicht ständig, auch wenn augsteins artikel die verschwörungstheorie der „rape culture“ natürlich sehr nahelegt. das ist nur eine kleine ungenauigkeit. sie ist keineswegs dramatisch und der kern deiner aussage ist absolut richtig. aber diese kleine pauschalisierung zeigt eben doch, dass sich in dieser debatte nicht mehr einzelne bürger mit unterschiedlichen meinungen gegenüberstehen sonder zwei blöcke gebildet wurden. das fatale daran: in diesem modus muss man auf einmal mit leuten zusammen kämpfen, mit denen man eigentlich nicht zu tun haben will und mit denen man nur durch den gemeinsamen feind vereint ist. ich habe dieses problem schon mal in einem blogbeitrag erörtert:

      https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2017/08/11/feminismuskritik-heilt-tourette-syndrom-der-kuriose-wandel-des-shlomo-finkelstein-und-die-gruppenbildende-anti-sjw-identitaet/

      (der artikel ist sehr lang; relevant ist in diesem zusammenhang alles ab dem 8. absatz)

      Eine große gefahr liegt nun auch im umkehrschluss darin, die kriegerischen aussagen Augsteins auf andere feministen dieser debatte zu übertragen:

      „Nicht nur, weil dieser Augsteinsche Beitrag der Beweis dafür ist, dass die Rationalität aus der „Debatte“ wenn nicht schon länger, dann spätestens jetzt verschwunden ist.“

      nein. so weit ist es bisher noch nicht. so weit ich das sehe, haben sich bisher nur Augstein (und sicherlich noch ein paar einzelne andere radikale) in dieser revolutionären weise geäußert. der Kriegszustand; bzw. nach djadmoros und Schmitt der Ausnahmezustand, ist also bisher noch nicht ausgebrochen. noch kann diskutiert werden; vielleicht sogar mit augstein.

    3. Ich glaube nicht dass es eine gute Idee ist auf Massenvernichtungswaffen zurückzugreifen – unter anderem weil sie nicht wirklich zur Verfügung stehen.

      Stattdessen ein anderer Vorschlag, frei nach dem Motto die Revolution frisst ihre Kinder: Persönliche Verantwortung.

      Glaubt jemand ernsthaft, dass der reiche privilegierte weiße alte Mann Jakob Augstein nie so ein Verhalten hatte, wofür im Rahmen von Meetoo Karrieren und Leben zerstört werden?
      Ich will jetzt nicht für einen anonymen Pranger wie gegen Appelbaum plädieren, der dann groß in der „Zeit“ veröffentlicht wird. Auch nicht für eine Verschwörung von Lügnerinnen wie gegen Jean Gomeshi, die nur wegen einer „Frauenhasserin“ von Rechtanwältin nicht erfolgreich war.
      Aber einen Aufruf an Frauen, die sich von Jakob Augstein sexuell ausgenutzt oder missbraucht fühlen? Die jetzt mit seiner Genehmigung endlich Blutwurst-Rache nehmen können, wäre das übertrieben?

  2. @ djadmoros
    Schöner Text! Gefällt mir sehr gut. Ich selbst würde jedoch die Intention von Augstein nicht in einen Kontext von linker und rechter kultureller Hegemonie einordnen, also das scheint mir nun überhaupt nicht plausibel zu sein oder mir fehlt vor allem auch eine Begründung dafür, wie Du auf diese Idee kommst.
    Ich lese übrigens Augstein schon längst nicht mehr, weil ich ihn für einen Dampfplauderer halte, den man nicht ernst zu nehmen braucht. Ich sehe bei ihm viel eher die Motivation für diesen Text darin, dass er auch zu diesem Thema sich positionieren und zu den „moralisch Guten“ gehören möchte. Ich sehe es also eher als einen Narzissmus von Augstein, der in jeder ihm wichtigen gesellschaftlichen Debatte auch noch seinen Senf dazugeben will, weil es kann ja nicht sein, dass eine gesellschaftliche Debatte, die so viel Wirbel erzeugt hat, ohne ihn vonstattengeht. Es geht hier also eher um sein Ego und seine gutmenschliche Positionierung, also dass auch er auf der richtigen Seite steht.
    Übrigens: Wäre gut, wenn Du diesen Text auch Augstein selbst zukommen lässt. Entweder auf Twitter oder Facebook oder ev. E-Mail beim Freitag.

    1. @Mark E. Smith: „Ich lese übrigens Augstein schon längst nicht mehr, weil ich ihn für einen Dampfplauderer halte, den man nicht ernst zu nehmen braucht. …“

      Sehe ich auch so. Seine Hauptqualifikation besteht darin, gleich zwei in der Medienbranche sehr berühmte Väter zu haben und Millionen geerbt und darüber eine enorme Machtposition zu haben. In dieser Position kann er jeden Unfug schreiben, er kann ihn über seine Kanäle massenhaft verbreiten. Unklar bleibt dann immer, für wieviele andere er spricht und ob das nicht ein Musterbeispiel für die Diskrepanz zwischen dem medialen Meinungsbild und der Stimmung in (linken bis linksliberalen) Volke ist.

      „wenn Du diesen Text auch Augstein selbst zukommen lässt.“

      Kann man machen, aber Leute in solchen Machtpositionen wie Augstein geben sich nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Kommentatoren ab, dazu ist der Terminkalender viel zu voll.

  3. Wohl die klarste umfassenste Analyse, die ich in den letzte Jahren gelesen habe. Und das will was heißen.
    Djad, Du brauchst einen eigenen Blog, oder zumindest eine feste Kategorie, z.B. hier auf Geschlechterallerlei.
    Artikel wie der obige gehören m.E. unter „Grundlagentexte“ abgelegt, möglichst sauber strukturiert, wie bspw. auf Mitm’s „Maskulismus für Anfänger“.
    Und nein, ich finde den Zusammenhang mit verschiedenen „moralischen“ Säuberungsaktivitäten der Geschichte keineswegs zu dick aufgetragen, da Würfel, Augstein u.w. exakt da anknüpfen, Augstein hat es ja z.T. ganz explizit auch selbst so in den Raum gestellt. Die Zeit, als man die Überschrift zu den G20-Unruhen ( „Wellcome to hell“ ) noch als „weit interpretierbaren Symbolismus“ abtun konnte – oder wollte – sind ganz offenbar vorbei.
    Der Spiegel ist eines der drei führenden etablierte Agit-Prop-Magazine in D. und wenn dessen Redaktion solche kaum verhohlenen Aufrufe und Rechtfertigungen von Terror für „gut“ befindet, ohne direkt eine Kritik auf Augenhöhe daneben zu stellen, dann kann man das als ziemlich unmißverständliche Richtungsvorgabe werten, denke ich. Keine vordergründige „Gemäßigtheit“ mehr.
    Viele werden das so verstehen: „Der Ball ist eröffnet, let’s dance!“.
    Oder wie G.W. Bush in seiner Ankündigungsrede zum Irakkrieg sagte: „Let’s roll!“.

    Da gibt es nix mehr mißzuverstehen.

    1. @Fiete:

      Vielen Dank für die Wertschätzung! Ich würde ja regelmäßig bloggen, wenn ich nicht weiterhin an meinem Buchprojekt sitzen würde, das mein Zeitbudget noch ein Weilchen binden wird. Diesen Blogpost habe ich geschrieben, weil ich die ganze kalte Wut loswerden musste, die mich bei der Lektüre von Augstein gepackt hatte. 🙂

      Ich bin jetzt erst mal gespannt, wer in Mainstream und Feminismus sich da unter Umständen noch zum Augstein-Artikel äußert, und wie.

  4. Gut geschrieben!

    Augstein will unbedingte Rache für die „patriarchale Unterdrückung der Frau“ und die darf gnadenlos und mal den Falschen erwischend ausfallen.

    Dabei folgt er Gerüchten, in deren Faktizität Augstein sich so lange reinsteigert, bis jede Gegenmassnahme gerechtfertigt erscheint.

    Die nunmehr 50 Jahre alte race to the bottom, die der Feminismus ist, geht mit Augstein in die nächste pole position. Ernsthaft kann oder will ihn ja niemand entgegentreten. Auch Entgegnungen, wie sie die Zeit Co-Chefin fuhr sind der pure Hohn – liest sie ihre Zeitung denn erst seit gestern?

    1. @Alex:

      Danke! Ich denke, das dieses »race to the bottom« nicht mehr lange braucht, um den Grund oder die maximale Tauchtiefe zu erreichen, jenseits derer es zu Strukturversagen kommt. Sabine Rückert hat sich in meinen Augen immerhin scharf geäußert, insofern sehe ich da ein wachsendes Bewusstsein für rote Linien, die man nicht überschritten sehen will. Der Feminismus herrscht nicht aus eigener Kraft, sondern weil er in die herrschenden Eliten hat kooptieren lassen – der heroische »Kampf gegen das Patriarchat« ist ja ein ebensolcher stilisierter Heldenmythos wie der Popanz vom »Patriarchat« selbst. Das Umfeld, das ihn stützt, kann ihn auch wieder fallen lassen, darum finde ich es so wichtig, ihn zu entmystifizieren.

  5. @ djadmoros

    Guter Artikel!

    Zwei Anmerkungen meinerseits:

    – Ich halte es für eine unnötige Konzession an die politisch korrekte postmodernistische (Pseudo-)Linke, wie sie in den zeitgenössischen öffentlichen Medien oft präsent ist, ihr in dieser Pauschalität die Begriffe „links“ und „linksliberal“ zuzugestehen. Es ist ja gerade das Aufgeben klassisch-linker und klassisch linksliberaler Positionen – was du in deinem Artikel anhand der Ignoranz dieser Leute gegenüber linken ökonomischen Klassenanalysen ja auch selbst deutlich machst – die zu diesen Einstellungen, Mentalitäten und Reaktionen führt.

    Es geht hier m.E. nicht um die Bewahrung einer klassisch-linken Diskurshegemonie sondern um die Bewahrung der Diskurshegemonie einer politisch korrekten postmodernistischen (Pseudo-)Linken, die sich an den Neoliberalismus verkauft hat und im Einklang mit dessen Interessen agiert:

    https://allesevolution.wordpress.com/2015/04/18/11989/

    https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2016/11/02/gastartikel-nutzt-die-postmoderne-political-correctness-den-neoliberalen-oekonomischen-herrschaftseliten/

    Die Errungenschaften der bedeutenden klassisch-linken freiheitlichen Theorieströmungen – wie z.B. egalitärer Liberalismus, Diskursethik, libertärer Marxismus und marxistischer Humanismus, Kritische Theorie, Sozial- Anarchismus und Individual-Anarchismus, liberaler Kommunitarismus – sind bei solchen politisch korrekten postmodernen (Pseudo-)Linken ja überhaupt nicht mehr im Bewusstsein, spielen in ihren öffentlichen Verlautbarungen keine Rolle, sind völlig in den Hintergrund gedrängt worden durch den (m.E. von politischen und ökonomischen Herrschaftseliten geförderten) politisch korrekten Postmodernismus.
    Selbst der ursprüngliche französische Poststrukturalismus – der noch nicht politisch korrekt war – spielt hier kaum noch eine Rolle, die französischen Poststrukturalisten verteidigten noch die Meinungsfreiheit und Foucault und Derrida entwarfen z.B. Ethik-Ansätze für rational geführte Diskussionen.

    Die politisch korrekte postmodernistische (Pseudo-)Linke, wie sie sich in den Medien äußert, hat sich weitgehend von allen authentisch linken weltanschaulichen Fundamenten – in denen es stets um eine Synthese von Gerechtigkeit und Freiheit ging – gelöst und wäre m.E. in diesem Sinne primär als Zerfallsprodukt zu analysieren: sie repräsentiert das, was in einem spezifischen historischen und soziokulturellen Kontext nach einiger Zeit eben übrigbleibt, wenn sich Linke an die herrschende Klasse verkaufen.

    Dass dann klassisch-linke Themen wie ökonomische Klassen sowie klassisch-linke Prinzipien wie die Meinungsfreiheit

    https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2017/04/23/gastartikel-leszeks-zitatesammlung-zur-meinungsfreiheit-von-linken/

    und das Ideal der herrschaftsfreien Diskussion auf Grundlage der zwanglosen Kraft des besseren Arguments – und vieles, vieles mehr – auf der Strecke bleiben, ist das Resultat dieses Korrumpierungs-und Zerfallsprozesses.

    Du schreibst:

    „Wie das im Grundsatz funktioniert, hat zuletzt die Attacke auf den Stand des Antaios-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse gezeigt, (…) offenbar sind erklärte Rechte, die sich nicht mit Baseballschlägern, sondern mit Büchern präsentieren, eine unerträgliche narzisstische Kränkung der eigenen Feindbilder.“

    Ja, das fand ich auch ein Armutszeugnis.
    Bei solchen Fällen kommt vermutlich auch noch hinzu, dass politisch korrekte postmoderne Linke so viel Blödsinn erzählen, so viele empirisch falsche Behauptungen aufstellen, dass auch ein einigermaßen gebildeter und intelligenter Rechter bei mehreren Themen bessere Argumente anführen kann. Für einen intelligenten und informierten Rechten ist es bei einer verblödeten postmodernen (Pseudo-)Linken je nach Thema u.U. nicht schwer eine Diskussion für sich zu entscheiden. Auch dies begünstigt dann bei postmodernen PC-Linken wiederum die Reaktion zu versuchen den Gegner nicht zu Wort kommen zu lassen.

    Es ist m.E. sehr wohl möglich der Neuen Rechten starke Argumente aus linker Perspektive entgegenzusetzen, aber dazu müsste man die postmoderne Political Correctness aufgeben, man müsste auch dazu fähig sein Teilwahrheiten in den Positionen des Gegners anzuerkennen, diese aus dem rechten weltanschaulichen Kontext „herauszunehmen“ und in einen linken humanistischen Kontext zu stellen, man müsste überzeugende Problemlösungen aus linker Perspektive präsentieren für reale soziale Probleme, die zur Zeit auf linker Seite oft ignoriert und daher gerne von rechts besetzt werden und man müsste auf empirischer und rationaler Grundlage argumentieren. Dann würde man m.E. auch mit der Neuen Rechten fertig – und zwar durch bessere Argumente und bessere Problemlösungsansätze, nicht durch Niederschreien.

    – Was speziell das Kokettieren mit Gewalt bei Augstein angeht, würde ich allerdings Mark zustimmen, das scheint auch mir in diesem Fall primär das Resultat narzisstischer Strukturanteile zu sein.

    Mark hat seinen Eindruck ja schon begründet und ich würde noch hinzufügen, dass Augsteins Formulierungen bei seinem Kokettieren mit Gewalt meinem Eindruck nach mit einer aggressiven Selbstherrlichkeit (bei völligem Fehlen von Empathie, Verantwortungsgefühl und differenziertem Denken) einhergehen, wie ich sie auch bei anderen Fällen von „Intellektuellen“, die öffentlich mit Gewalt kokettieren, schon wahrgenommen habe.

    Ein weltanschaulich entgegengesetztes Beispiel wäre der kanadische Psychologe und konservative Political Correctness-Kritiker Jordan Peterson, dessen Kokettieren mit Gewalt gegen Andersdenkende in einem seiner Videos ich in zwei Kommentaren bei Christian in der Vergangenheit schonmal kritisiert hatte. Auch im Falle von Peterson nehme ich ähnlich wie bei Augstein eine aggressive Selbstherrlichkeit wahr, die in den entsprechenden Formulierungen mitschwingt.

    Augstein mag dabei mehr durch Moralnarzissmus motiviert sein („Seht her, ich bin der Gute und deshalb kann ich mir alles erlauben“) und Peterson mag dabei mehr durch Opfernarzissmus motiviert sein („Seht her, ich bin Opfer und deshalb kann ich mir alles erlauben“). Nicht der drohende Verlust der hegemonialen Diskursposition, sondern eine unreife egozentrische Persönlichkeit scheint mir daher für solches zivilisationsbrüchige Verhalten von Seiten „Intellektueller“ in der Öffentlichkeit entscheidender zu sein.

    1. @ Leszek:
      „– Was speziell das Kokettieren mit Gewalt bei Augstein angeht, würde ich allerdings Mark zustimmen, das scheint auch mir in diesem Fall primär das Resultat narzisstischer Strukturanteile zu sein. “
      Das mag wohl durchaus sein, ist m.E. aber sekundär, also höchstens in einer Diskussion über die möglichen Störungsbilder Augsteins ein wesentlicher Punkt.
      Ich denke, primär ist hier zu sehen, daß Augstein im SPON schreibt und v.dh. eine ziemlich große Zielgruppe anspricht, was m.E. auch eine entsprechende Verantwortung mit sich bringt. Wird derartiges von der Gesamtredaktion einfach so durchgewunken, ist das schon mindstens eine Art von Billigung, die dem ganzen Blatt anzulasten ist.
      Würden umgekehrt in etwa analoge Texte von extrem „Rechten“ im FOKUS vollkommen unkritisch veröffentlicht ( sagen wir mal: „Die paar vergewaltigten Frauen, sind doch wohl zu verschmerzen, wenn dadurch die männliche Selbstverwirklichung gefördert würde“ ) , könnte man wohl davon ausgehen, daß es ein juristisches ( Volksverhetzung o.ä. ) und ein politisches Nachspiel hätte und sich regelrechte Empörungstsunamis mindestens wochenlang durch die Republik ergießen würden ( von terroristischen Aktivitäten irgendwelcher Schwarzblockler mal ganz abgesehen ).

      1. „Wird derartiges von der Gesamtredaktion einfach so durchgewunken, ist das schon mindstens eine Art von Billigung, die dem ganzen Blatt anzulasten ist.“

        Er ist ja auch der Chef 🙂 Sicher ist auch das Verhalten der gesamten deutschen „Presselandschaft“ hier zu beachten, insbesondere des politischen Lagers von Spiegel und Augstein. Die schreibt ja gegen die Verrohung politischer Sitten und anderes Hochmoralisches mehr. Und denen fällt wenig bis nix zu Texten wie diesem hier ein, was nur als Billigung gesehen werden kann. Aus taktischem Kalkül traut man sich aber nicht so weit hervor und gibt den Biedermann bzw „guten, untadeligen Linken“, immer auf der Seite von Witwen und Waisen.

    2. @Leszek:

      »Ich halte es für eine unnötige Konzession an die politisch korrekte postmodernistische (Pseudo-)Linke, wie sie in den zeitgenössischen öffentlichen Medien oft präsent ist, ihr in dieser Pauschalität die Begriffe „links“ und „linksliberal“ zuzugestehen.«

      Ja, das kann ich nachvollziehen. Ich hatte allerdings auch den Startpunkt der Entwicklung in den 60er und 70er Jahren mit im Blick, und da ich bei aller retrospektiven Kritik kein 68er-»Basher« bin, habe ich die in meinen Augen positiven Anfänge mit in den Begriff hineingenommen. Dadurch wird er natürlich unscharf und vielleicht auch mißverständlich. Das Etikett dürfte aber immmer noch der Selbstwahrnehmung dieses Milieus entsprechen.

      »Es ist m.E. sehr wohl möglich der Neuen Rechten starke Argumente aus linker Perspektive entgegenzusetzen, aber dazu müsste man die postmoderne Political Correctness aufgeben, man müsste auch dazu fähig sein Teilwahrheiten in den Positionen des Gegners anzuerkennen, diese aus dem rechten weltanschaulichen Kontext „herauszunehmen“ und in einen linken humanistischen Kontext zu stellen«

      Ich bringe dieses Problem für mich auf die Unterscheidung zwischen Wahrnehmung und Urteil. Dass – beispielsweise – Flüchtlingen »geholfen wird«, ökonomisch und sozial abgehängten Plattenbau-Hartzies aber nicht, ist eine Wahrnehmung, die als solche nicht falsch ist. Es kommt dann darauf an, in welchem Kontext ein analytisches Urteil darüber gefällt wird, und das kann – wie in dem überreizten Begriff vom angeblichen »Großen Austausch« dann ziemlich falsch liegen. Das Schlimme an der postmodernen Linken ist, dass sie die Menschen nicht mehr bei ihren Wahrnehmungen abholen kann, sondern diese im Zweifelsfall gleich mit denunziert.

      »Mark hat seinen Eindruck ja schon begründet und ich würde noch hinzufügen, dass Augsteins Formulierungen bei seinem Kokettieren mit Gewalt meinem Eindruck nach mit einer aggressiven Selbstherrlichkeit (bei völligem Fehlen von Empathie, Verantwortungsgefühl und differenziertem Denken) einhergehen«

      Aus diesem Punkt mach ich ’ne Sammelantwort! 🙂

      Und Peterson muss ich mir gelegentlich mal anschauen, da habe ich im Moment nur den Namen auf dem Radar.

      1. @ Djad:
        „Dass – beispielsweise – Flüchtlingen »geholfen wird«, ökonomisch und sozial abgehängten Plattenbau-Hartzies aber nicht, ist eine Wahrnehmung, die als solche nicht falsch ist. “
        Doch, so stimmt das nicht. Den Hartzies wird kaum geholfen, den Migranten ( die wenigsten sind Flüchtlinge ) aber auch kaum.
        Gerade die rabiaten „Refugees Welcome“-Johler sind i.d.R. überhaupt nicht bereit auch nur einen Finger zu rühren, im Gegenteil, sie werden aggressiv, wenn man es wagt sie darauf anzusprechen.
        Hilfe wird versucht von ein paar mehr oder weniger christlichen Kaffeekränzchen ( ineffektiv, weil inkompetent, aber nett ), AWO ( verheddert sich in Grundsatzdiskussionen, langen Verhandlungen mit Gemeindeämtern etc. ) u.s.w..
        Man kann sagen von so ca. 30-50 Leuten, die „irgendwie helfen“ wollen, machen vielleicht so 5-10 was konkretes und bekommen z.T. auch noch Stress u. Ärger dafür an den Hals. Ist ’ne frustrierende Sache das. Entsprechend hoch ist auch die Fluktuation der paar echten Aktivisten. Insofern sind die Statistikschiebereien der JobCenter glatt als „effektiver“ zu bezeichnen, zumindest was die zuverlässige Kostenstellenverbratung angeht, denke ich.
        ( Ist natürlich nur mein ganz persönlicher Eindruck aus einer Randgemeinde einer mittleren norddeutschen Stadt, wo ich mich rund ein halbes Jahr direkt im Allüsantencontainer aufgehalten habe und u.a. als Migrantenbetreuer und Fahrradzusammenschrauber und „noch so’n paar Kleinigkeiten“ tätig war )

    3. lieber Leszek, du arbeitest dich an dieser links-rechts-Frage zu sehr ab. ich kann verstehen, dass es dir bauchschmerzen bereitet, als feminismuskritiker heute nicht mehr links stehen zu dürfen. aber find dich einfach damit ab. „rechts“ und „links“ sind nur inhaltsleere zuschreibungen; sie zeigen naturgemäß nicht mehr als eine *Seite* an, auf der man in einer politischen frage steht und sind daher absolut abhängig von der zeit und den umständen. wenn du im falle der metoo-debatte rechts oder in der mitte stehst (und das tust du nunmal als kritiker automatisch), sagt das nichts über deine standpunkte in anderen fragen oder über deine allgemeine gesinnung aus. links-sein ist doch kein selbstzweck!

      „sowie klassisch-linke Prinzipien wie die Meinungsfreiheit“

      nana, meinungsfreiheit ist seit der oktoberrevolution nichts linkes mehr. meinungsfreiheit war in deutschland im 19. Jahrhundert links, also in der Zeit, wo erst bürgerliche liberale und dann später Sozialdemokraten von nationalistischen militärfanatikern verfolgt wurden und dementsprechend für meinungsfreiheit eintraten und wo es noch keine KPD und keine jakob augsteins gab. Heute aber kann man in deutschland den klassischen Liberalismus, und das Eintreten für meinungsfreiheit mitte-rechts ansiedeln.

      1. „.. Heute aber kann man in deutschland den klassischen Liberalismus, und das Eintreten für meinungsfreiheit mitte-rechts ansiedeln ..“

        Eigentlich schräg, ist aber dennoch so. Noch nie habe ich die Intolleranz, das Niederbrüllen anderer Meinungen und die (fast schon) gewaltsame Ausmerzung von bestimmten Personen, so massiv wahrgenommen, wie in den letzten Jahren bei den ach so ‚pluralistischen‘ Linken bei Rot, Grün oder Antifa. Da tobt sich gelebte Apartheid aus, wie es Monika Ebeling und so mancher Professor neben dem „miesen Stück Scheiße“ Männer und Deutschland ertragen mussten.

        Man hat es bei Rot-Links-Grün mit einem verachtenden Faschismus zu tun, den diese Leute ganz anderen ohne Argumente überstülpen wollen. Bitter, ist aber nun mal so. Und nicht nur deshalb halte ich die Konzentration auf rechts/links für unnötig und pure Zeitverschwendung, bei aller Wertschätzung für Leszeks Intellekt. Diese Hobby- und Salon-Linken sind nicht mehr zu retten, weil sie sich in ihrer Blase und ihren Safe-Spaces so derart eingeigelt haben, wie man es speziell beim Feminismu erkennt.

        In meinen Augen könnte ein probates Mittel des Widerstandes sein, die ganze Unmenschlichkeit dieser Ideologie aufzuzeigen, was u.a. MannDat ja aktuell und indirekt tut.

  6. „Seit Max Frisch wissen wir: Wenn den Biedermann der Mut verlässt, den Brandstifter einen Brandstifter zu nennen, steigt die Brandgefahr.“ Justizminister Heiko Maas, SPD

    https://www.all-in.de/nachrichten/deutschland_welt/politik/Maas-Unter-Trump-haben-USA-Rolle-als-Fuehrungsnation-verloren;art15808,2528170

    Den Augstein einen Brandstifter zu nennen, wegen seines neuen Ergusses zB, ob das Maas in den Sinn käme? Oder ist auch für ihn Augsteins Racheideal eher auch Leitmotif seiner eigenen Politik?

    Das zu klären läge doch viel näher als Herrn Maas Ansichten zu US Präsident Trump.

  7. (Ich hatte diesen Kommentar hier eben schon einmal gepostet, er ist nun allerdings verschwunden. Wenn er nun doppelt da ist, bitte einen davon löschen. 🙂 )

    „‚Denn wir brauchen in der Tat eine Revolution. Eine neue sexuelle Revolution. Wie jede Revolution wird auch diese hier nicht ohne Opfer abgehen. Das ist eine Feststellung, keine Rechtfertigung.‘ (Jakob Augstein)
    Der letzte Satz des Zitats ist schlicht gelogen, ein formales Dementi, dem die Intention des ganzen Artikels zuwiderläuft.“

    Der Text ist ja insgesamt eine scharfe, schlüssige Analyse, und auch diese Einordnung passt. Augsteins Argument ist: 1. Wir brauchen eine Revolution. 2. Zu einer Revolution gehören unschuldige Opfer. Also: Wir müssen unschulidge Opfer zumindest billigend in Kauf nehmen. Strafrechtlich ließe sich das wohl als bedingter Vorsatz einordnen. In dem Sinne, dass Falschbeschuldigungen eben dazugehören, wenn man Geschlechterrevolution machen will. Das ist eindeutig nicht nur eine Feststellung, sondern eine Legitimation.

    „Und natürlich kann geschossen werden“, hieß das bei Ulrike Meinhof.

    Ich glaube aber, wie Mark, dass solche Positionen nicht nur etwas mit dem Geschlechterdiskurs, sondern auch mit Augstein persönlich zu tun haben. Das hat ja schon Arne Hoffmann angemerkt: Augstein macht den Eindruck, es ginge ihm einfach um die Rechtfertigung von Gewalt – wie und warum er sie rechtfertigt, wirkt zweitrangig. Auch vor dem Hamburger Gipfel hatte er ja im Vorfeld Gewalt angeheizt – mit der „Feststellung“, dass solch ein Gipfel teurer gemacht werden müsse.

    Das Kokettieren mit Gewalt und ihre Legitimation bei Leuten, die sich als links ausgeben, nimmt nach meinem Eindruck deutlich zu und wird enthemmter. Ich verstehe die Logik nicht. Wenn schon Links-Darsteller delirieren, dass ihre Gewalt irgendwie okay wäre, weil es ja irgendwie gute Gewalt wäre – dann könnten sie sich ja zumindest mal zwei Sekunden lang darüber Gedanken machen, was denn wohl Rechte darüber denken. Glaubt irgendwer, dass die umstandslos anerkennen, politische Gewalt sei ganz in Ordnung, solange sie nur von links kommt? Insgeheim ist das wohl eine Sehnsucht nach dem Bürgerkrieg, die solche Gewaltkoketterie befeuert – nur dass Typen wie Augstein sich von politischer Gewalt eben so wenig ein Bild machen können, wie die dekadenten Bejubler des Erstens Weltkriegs sich vor etwas mehr als hundert Jahren ein realistisches Bild vom modernen Krieg gemacht hatten.

    Augstein kann es sich ja auch leisten – er ist ein Millionenerbe, der mit seinem Leben eigentlich nichts anderes mehr anfangen muss, als sich ein wenig die Langeweile zu vertreiben. Da ist, @ Fiete, das „Let’s roll“ ebenso gratismutig wie Bushs „Bring em on“ – solche Sprüche kann man natürlich leichter klopfen, wenn man sich alles aus der sicheren Zuschauerperspektive anschaut.

    Das eben ist der Punkt, der – @djadmoros, @ Leszek – einen Bruch ziviler Spielregeln ermöglicht. Es gehört ja zu solchen Regeln, dass die von einer Entscheidung Betroffenen an der Entscheidung selbst beteiligt sein können. Nach Elias ist der Prozess der Zivilisation ja eben gerade ein Prozess der gesellschaftlichen Annäherung und der Aufweichung von Strukturen, die zuvor große Gruppen von Menschen aus dem allgemeinen Diskurs ausgegrenzt hatten. Bei Augstein gibt es wieder eine radikale Differenz zwischen denen, die Entscheidungen treffen – und denen, die von diesen Entscheidungen betroffen sind.

    Noch ein interessanter Aspekt: Während sich hier Frauen mäßigend einschalten, sind es Männer, die – in einer offenkundigen hausinternen Radikalisierungslogik beim Spiegel – die Debatte zu einer scharfen Frau-vs-Mann-Auseinandersetzung verschärfen. Es könnte ihnen aber eigentlich zwischendurch auffallen, dass sie erst einmal Frauen wegbeißen müssen, um sich überhaupt als wackere Kämpfer für DIE Frauen im Allgemeinen in Szene setzen zu können.

    1. @Lucas:

      »„Und natürlich kann geschossen werden“, hieß das bei Ulrike Meinhof.«

      Stimmt, das ist ein sehr treffender Präzedenzfall und Augstein ist alt genug, um diese Zeit noch bewusst miterlebt zu haben. Aber dadurch, dass man diese Dynamik der Selbstermächtigung schon kennt, wirkt Augsteins Verhalten ein bißchen wie die Farce zur Tragödie von damals.

      »Ich glaube aber, wie Mark, dass solche Positionen nicht nur etwas mit dem Geschlechterdiskurs, sondern auch mit Augstein persönlich zu tun haben. Das hat ja schon Arne Hoffmann angemerkt: Augstein macht den Eindruck, es ginge ihm einfach um die Rechtfertigung von Gewalt – wie und warum er sie rechtfertigt, wirkt zweitrangig.«

      Leszek sieht das auch so. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass ihr alle damit recht habt. Mir ist nur nicht ganz klar, was diese Einsicht dann zu bedeuten hat. Wenn Augstein der Kontext gleichgültig ist, in den er seine »Gewaltgeilheit« stellt, dann ist er ein etwas kranker emotionaler creep. Aber was haben wir gewonnen, wenn wir das wissen (außer dem Wissen des Chronisten und Historikers, den das aus Prinzip interessiert)?

      Nehmen wir zum Vergleich zwei andere »Terrorchefs«. Der eine ist ein weiterer creep: Stalins Geheimdienstchef Lavrentij Berija, der privat und unter Ausnutzung seiner unangreifbaren Position offenbar ein Serienvergewaltiger gewesen ist, der seine Opfer gegebenenfalls auch umbrachte. Historisch bedeutsam wurde er ab 1938 in seiner Position als Organisator des Terrors. Auf eine ähnliche Position wie Berija kann man jedoch auch mit einer ganz anderen psychologischen Verfassung kommen: »Das ernste, einsame Kind, der enthaltsame, tugendhafte, unbestechliche Robespierre, dessen Reden stets Glaubensbekenntnisse sind …« (Max Gallo, Robespierre). Die Handlungsmöglichkeiten auf einer bestimmten Position sind relativ unabhängig von den psychologischen Dispositionen als den inneren Handlungsvoraussetzungen.

      Augsteins Position ist die eines Redakteurs. Sollte es da wirklich plausibel sein, dass ihm die Art seiner Intervention in eine laufende Debatte gleichgültig ist, nur um ein psychisches Bedürfnis zu befriedigen? Diese Annahme finde ich unbefriedigend. Müsste er in seiner Stellung (im Feld der Publizistik) nicht ein Gespür für die Dynamiken des Feldes haben, in dem er sich bewegt? Er begibt sich ja in eine kulturell definierte Rolle, nämlich die des Brandstifters, als der er in der Kritik auch bezeichnet wird.

      »Das Kokettieren mit Gewalt und ihre Legitimation bei Leuten, die sich als links ausgeben, nimmt nach meinem Eindruck deutlich zu und wird enthemmter. (…) Insgeheim ist das wohl eine Sehnsucht nach dem Bürgerkrieg, die solche Gewaltkoketterie befeuert – nur dass Typen wie Augstein sich von politischer Gewalt eben so wenig ein Bild machen können, wie die dekadenten Bejubler des Erstens Weltkriegs sich vor etwas mehr als hundert Jahren ein realistisches Bild vom modernen Krieg gemacht hatten.«

      Ja, diesen Eindruck habe ich auch. Auf der einen Seite würde ich das auf die Intuition dieser Leute (die in unterschiedlichem Maße bewusst werden kann) zurückführen, dass ihre »kulturelle Hegemonie« ernsthaft erschüttert ist. Die verbale Nazi- oder auch Antisemitismuskeule allein hat keine Kraft mehr, weil inflationär angewendet. Sie spüren das Schwinden ihrer Macht. Also reagieren sie auf der Ebene der Macht. Und können sich zumindest in ihrem Selbstbild in die Rolle des heroischen Widerstandskämpfers werfen, der sich zumindest noch kompensatorisch in einer Opfererzählung einrichten kann. Und das ist tatsächlich eine Art »Dekadenz«: anstatt innezuhalten und konstruktiv zu lernen, verjubelt man lieber sein kulturelles Kapital (die Reputation) in einem finalen Rausch.

      »Während sich hier Frauen mäßigend einschalten, sind es Männer, die – in einer offenkundigen hausinternen Radikalisierungslogik beim Spiegel – die Debatte zu einer scharfen Frau-vs-Mann-Auseinandersetzung verschärfen.«

      Da möchte ich fast evolutionspsychologisch argumentieren: Die »Disponibilität des Mannes« scheint unter anderem auch eine innere Einstellung zu sein, die dazu führt, durch höhere Risikobereitschaft Alles-oder-Nichts-Entscheidungen herbeizuführen, und insofern könnten sie eine stärkere Disposition zur Radikalisierung aufweisen. Zumal wenn die »chicks« das scharf finden … 🙂

      1. „Da möchte ich fast evolutionspsychologisch argumentieren“

        Jetzt driftet Ihr alle aber ziemlich off topic. Feminismus ist nur eine Ideologie und selbstverständlich können sich diese sowohl Frauen als auch Männer zueigen machen, da es sich ledigleich um ein Revolutionsvehikel handelt. Dem Augstein geht es ja offensichtlich um eine andere und bessere Gesellschaft und da hat er einfach „nur“ Mass und Angemessenheit verloren und schon wird aus so jemandem ein Einheizer. Als Bandstifter wird er sich sicherlich auch nicht wahrnehmen. Genauso wenig wie Nero, der ja angeblich auch nur Platz für ein schöneres Rom schaffen wollte.

      2. @Alex:

        »Feminismus ist nur eine Ideologie und selbstverständlich können sich diese sowohl Frauen als auch Männer zueigen machen, da es sich ledigleich um ein Revolutionsvehikel handelt.«

        Ich habe die Überlegung so verstanden, dass Männer dabei noch mal einen speziellen Furor an den Tag legen. Aber vielleicht ist es tatsächlich auch bloß der geschlechtsunspezifische Widerspruch, dass Feministinnen (m/w) generell nichts dabei finden, Frauen wegzubeißen, wenn diese sich als »Ungläubige« herausgestellt haben.

      3. @djad
        „dass Männer dabei noch mal einen speziellen Furor an den Tag legen“

        Ja, da hat man häufig den Eindruck. Sollten sie auch, denn die feministische Ideologie stellt sie ja unter Generalverdacht. Daher muss ein männlicher Feminist schon 110%ig sein.

        Dass Männer an den Feminismus glauben, zeigt nur die Macht, die Gedanken und Ideologien über die Menschen haben können.

        Dass die Feministinnen vorallem Frauen als Feinde empfinden lässt sich auch ganz im Rahmen von Ideologie verstehen. Diese besagt hier ja, dass Frauen alle natürliche Feministinnen sein müssen. Abgestossen von der ganzen Bevormundung sind es aber freiwillig nur wenige und so müssen die „Verräterinnen“ natürlich als manipulierte Zombies gesehen werden. Rein um der Ideologie gerecht zu werden, die gibt das schon so vor.

        Jede evolutionspsychologische Erklärung ist einfach überflüssig hier. Schlimmer noch, sie kann gar nicht erklären, wieso etwas der Fortpflanzung so Entgegengesetzes wie der Feminismus existieren kann, was als Paradox stehen bleiben muss.

  8. „Ich denke, dass wir die Eigenschaften von Augsteins Text dann am Besten verstehen, wenn wir sie als Teil eines Kampfes um die öffentliche Diskursherrschaft begreifen, die die politische und kulturelle Linke lange Zeit innehatte und die sie nunmehr durchaus zu Recht in Gefahr sieht.“

    Es freut mich, daß sich langsam eine Interpretationsperspektive etabliert, feministische Aktivitäten als taktische Kommunikationsmittel zu analysieren, deren Zweck nicht offensichtlich ist.

  9. Großartige Analyse! Für mich das Highlight:

    „So gesehen ist Jakob Augstein ein klassischer Schreibtischtäter, der die moralische Entsicherung einer Kontroverse betreibt, damit andere sich zu weitergehenden Handlungen als bloß scharfen Reden ermächtigt fühlen können. Der Trick an der Sache besteht darin, die Entscheidung zwischen Satire und Säuberung, zwischen Bluff und Pogrom, anderen zu überlassen, die unter »fortgeschrittenen Verhältnissen« der Zuspitzung agieren – einer Zuspitzung, die der Schreibtischtäter selbst freilich mit herbeigeführt hat, ohne die Entscheidungen zur Eskalation selbst getroffen zu haben.“

    Genial auch der Bezug auf Carl Schmitt!

  10. @djad: ich schließ mich den Komplimenten zu dem Text an!

    „dass Augstein hier bewusst auf das Phänomen des revolutionären Terrors anspielt, dürfte jedem klar sein, der für zwei Cent historische Bildung genossen hat“

    Damit läßt Du offen, ob das 1 oder 5 oder 50% der Bevölkerung sind 😉

    Beim Rest werden die Schlachtrufe von Augstein und anderen Scharfmachern mMn eher eine psychologische Wirkung haben, die mir vor einiger Zeit bei der Debatte aufgefallen ist, warum jemand MGTOW wird: Kompensatorischer Gesetzesterror gegen Männer im Sexualstrafrecht

    Der dort zitierte Ezra Klein hat es auf den Punkt gebracht: Männer sollen Angst vor Frauen haben, die gleiche Angst, die Frauen haben, wenn abends im Dunkeln ein großer Mann drei Schritte hinter ihnen geht.

    Mittel dazu sind Fehlurteile, die Leben zerstören. Damit haben Frauen endlich das gleiche Drohpotential in Händen wie Männer (von denen nach feministischer Weltsicht jederzeit eine unmittelbare Gewaltdrohung ausgeht), und es herrscht endlich gleiches Bedrohungspotential zwischen den Geschlechtern.

    Die Logik ist die gleiche wie bei atomarer Hochrüstung: die gegenseitige Bedrohung wird so gesteigert, daß niemand einen Krieg anfängt, weil es Selbstmord wäre.

    1. @djad @mitm

      Erst einmal ein dickes Lob: Ein toller Text und die 3000 Euro von Manndat sind dir so gut wie sicher! 🙂

      Dann gleich eine Anmerkung, nachdem ich etwas zu mitm in Teil 1 sagen möchte:
      „Damit haben Frauen endlich das gleiche Drohpotential in Händen wie Männer (von denen nach feministischer Weltsicht jederzeit eine unmittelbare Gewaltdrohung ausgeht), und es herrscht endlich gleiches Bedrohungspotential zwischen den Geschlechtern.
      Die Logik ist die gleiche wie bei atomarer Hochrüstung: die gegenseitige Bedrohung wird so gesteigert, daß niemand einen Krieg anfängt, weil es Selbstmord wäre.“

      Das perfide ist, diese Logik eines „Krieges zwischen den Geschlechtern“ ist eine *feministische Erfindung*, wie eben auch die These, dass es ein „Patriarchat“ gäbe, dessen Herrschaft Männer gewaltförmig (mit allen Mitteln, nämlich z.B. häuslicher, jedoch auch „sexualisierter Gewalt“) sichern.
      Der logische Widerspruch steckt natürlich in der Tatsache, dass eben dieses „Patriarchat“, von dem der Feminismus behauptet, die Handlungsweisen dienten zur Sicherung seiner Herrschaft, diese als Straftatbestände einstuft und ahndet. Was ein bizarr nutzloses „männliches Machtmittel“ ist – denn wer als Mann dieses Mittel anwendet, handelt im „Patriarchat“ illegal. Für jede Feministin gilt selbstverständlich: Don´t give it a second thought!

      Nun muss man m.E. mehrere Dinge unterscheiden, nämlich das feministische Phantasma und deren naheliegender Schluss, vor diesem Hintergrund müssten Frauen (endlich) VERGELTUNG (!!! es wird immer „zurück“ geschossen im „kompensatorischen Terror“) üben dürfen und dem zutiefst weiblichen Bedürfnis, sich für eine erlittene Kränkung oder Verletzung zu rächen.
      Das ist der eine Punkt, der andere ist, dass durch feministische Propaganda eine Angst und eine Unsicherheit gerade bei bürgerlichen Frauen geschürt worden ist, die mit der empirischen Realität nichts, wirklich gar nichts mehr zu tun hat. Weiterhin zu beobachten die Ausbreitung eines radikalen Subjektivismus, der die eigene Empfindung für das Zentrum der Welt hält und auch – fürchte ich – ein sehr bürgerlich-weiblicher Modus der Wahrnehmung der Welt ist.

      Womit ich sagen möchte, die Differenzierung zwischen Feminismus auf der einen Seite und den „anständigen Frauen“ auf der anderen ist übertrieben, wenn nicht falsch. Wäre der Feminismus nicht anschlußkompatibel an den Punkten: Sicherheitsbedürfnis, Subjektivismus, Irrationalismus und Narzissmus von Frauen (zumindest einer bestimmten Schicht), er hätte nicht das in sich geschlossene Wahnsystem werden könne, als das er sich heute präsentiert.

      Ich halte inzwischen einen Falschbeschuldigungsanteil von 25-30% für realistisch.
      Das bezog sich früher auf sexuelle Nötigung und Vergewaltigung als Straftatbestände, inzwischen ist „sexuelle Belästigung“ dazu gekommen und damit hat sich das Drohpotential vervielfältigt.
      Aber im Gegensatz zu Männern im einstelligen prozentualen Bereich, die *tatsächlich* Gewalt gegen Frauen ausüben, stehen die juristischen Machtmittel (des Patriarchats nota bene) ALLEN Frauen zur Verfügung.
      Die „Symmetrie“, die sich nunmehr gemäß feministischer Ideologie herstellt ist eine weiteres Phantasma.
      Dass also nunmehr gelten soll, „Männer sollen Angst vor Frauen haben“, bezieht sich auf keine *reale* Geschichte, in der die Verhältnisse umgekehrt waren, sondern um eine feministische Geschichtsfälschung und der Satz drückt demzufolge aus, Mann möge sich in Zukunft gefälligst UNTERWERFEN.

      Es passt natürlich vortrefflich, dass Kritikfähigkeit, Rationalität, Courage, Aggression und Widerstand als zutiefst männliche Eigenschaften denunziert worden sind, während Sicherheitsbedürfnis, Subjektivismus, Irrationalismus und Narzissmus sehr, sehr, sehr hoch im Kurs stehen.
      Wenn ich bspw. „Herrschaft“ wäre und eine mir genehme, „menschliche Gesellschaft“ wünschen dürfte, dann hätte ich auch gerne Kritikfähigkeit, Rationalität, Courage, Aggression und Widerstand ÜBERWUNDEN. 😉

      Subcomandante crumar

      PS: Ich danke dem pathologischen Feminismus für seine nie nachlassenden Bemühungen, die „Organisation MGTOW“ zu stärken. 🙂

      1. „Ich halte inzwischen einen Falschbeschuldigungsanteil von 25-30% für realistisch.“
        Da gehe ich mittlerweile sogar von einem Mindestsatz aus, im Westweltschnitt.
        Die beiden Interviewfachkräfte der Polizei Dresden, die eine ad-hoc-Studie dazu verfasst haben, kamen ja ( wenn ich mich nicht irre ) auf bis zu ungefähr 70%.
        Aber das hängt sicherlich auch recht stark von lokalen und situativen Einflüssen ab ( siehe #mähtwo, der u.a. die Werte in der Möchtegernsternchenszene in USA sicherlich derbe gepusht hat ).

      2. @crumar:

        Vielen Dank! Vielleicht wecke ich ja noch ein paar andere Blogger auf, die noch eine Schippe drauflegen. 🙂

        »Das perfide ist, diese Logik eines „Krieges zwischen den Geschlechtern“ ist eine *feministische Erfindung*, wie eben auch die These, dass es ein „Patriarchat“ gäbe, dessen Herrschaft Männer gewaltförmig (mit allen Mitteln, nämlich z.B. häuslicher, jedoch auch „sexualisierter Gewalt“) sichern.«

        Eine »Urszene« dieser Perfidie ist ja das Mobbing gegen Erin Pizzey, an dem man bereits glasklar ablesen kann, dass es in der Wahrnehmung häuslicher Gewalt um die gewaltsame(!) Durchsetzung einer einseitigen radikalfeministischen Perspektive ging, mit der die damals in Großbritannien bereitgestellten öffentlichen Fördermittel acquiriert und gebunden werden sollten. Nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern eine regelrechte »Machtergreifungsstrategie« stehen am Anfang dieser Verzerrungen. »Don´t give it a second thought!« umfasst auch die Amnesie, mit der die feministische Folgegeneration diese Ursprungskonstellation verdrängt hat.

        »… dass durch feministische Propaganda eine Angst und eine Unsicherheit gerade bei bürgerlichen Frauen geschürt worden ist, die mit der empirischen Realität nichts, wirklich gar nichts mehr zu tun hat. Weiterhin zu beobachten die Ausbreitung eines radikalen Subjektivismus, der die eigene Empfindung für das Zentrum der Welt hält und auch – fürchte ich – ein sehr bürgerlich-weiblicher Modus der Wahrnehmung der Welt ist.«

        Das ist die zirkuläre Logik, mit der der Betrieb am Laufen gehalten wird. Was als Lüge begonnen hat, muss sich als Lüge fortsetzen. Und nach der Gründergeneration gehört diese Mär zum Bestand der Selbstverständlichkeiten: »It is known, Khaleesi!«

        »Wäre der Feminismus nicht anschlußkompatibel an den Punkten: Sicherheitsbedürfnis, Subjektivismus, Irrationalismus und Narzissmus von Frauen (zumindest einer bestimmten Schicht), er hätte nicht das in sich geschlossene Wahnsystem werden könne, als das er sich heute präsentiert.«

        Das sehe ich auch als einen (wenn nicht den) Grundwiderspruch an: die Zweite (und a fortiori dritte) Frauenbewegung ist ein eminent bürgerliches Phänomen, paradoxerweise geboren in einer Zeit des präzedenzlosen Massenwohlstands und der Massenbildung. Bürgerlich daran ist die nie überwundene, nie vollständig reflektierte Fortsetzung der viktorianischen Voraussetzungen: der viktorianische Mythos von der moralischen Überlegenheit der Frau war zu verlockend, um nicht adaptiert statt konsequent »dekonstruiert« zu werden. Eine moralische Reinheit, die auf der strukturellen und dispositionellen Unterverantwortlichkeit (hypoagency) der Frau beruht, die heute künstlich repliziert werden muss, weil sie die Raison d’etre des feministischen Bonzenapparats darstellt.

        »Dass also nunmehr gelten soll, „Männer sollen Angst vor Frauen haben“, bezieht sich auf keine *reale* Geschichte, in der die Verhältnisse umgekehrt waren, sondern um eine feministische Geschichtsfälschung und der Satz drückt demzufolge aus, Mann möge sich in Zukunft gefälligst UNTERWERFEN.«

        Ich fände es mal spannend, diesen Gedanken literarisch als feministische Dystopie auszuformulieren, sozusagen als Gegenentwurf zu Atwoods »Geschichte der Magd«. Der nächste, der einen Preis ausloben möchte, könnte das mal hierzu tun. 🙂

        »Es passt natürlich vortrefflich, dass Kritikfähigkeit, Rationalität, Courage, Aggression und Widerstand als zutiefst männliche Eigenschaften denunziert worden sind, während Sicherheitsbedürfnis, Subjektivismus, Irrationalismus und Narzissmus sehr, sehr, sehr hoch im Kurs stehen.«

        Genau das dürfte ein wesentlicher Grund sein, warum das feministische Establishment in die heutigen (neoliberal durchideologisierten) Herrschaftseliten kooptiert worden ist (wahrscheinlich mehr instinktiv als durchkalkuliert). Wenn sich jeder spontane Impuls der Wut und jede ätzende analytische Trennschärfe instantan moralisch verdächtig macht, dann hat man die Massen erfolgreich politisch stillgelegt.

      3. @djad

        „Nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern eine regelrechte »Machtergreifungsstrategie« stehen am Anfang dieser Verzerrungen.“

        Da muss sich die Linke an die eigene Nase packen – den Großteil dieser Strategien haben sie von diversen Strömungen einfach nur geklaut.
        Die „Kampagnenpolitik“ von der DKP, das „speaking bitter“ und die Tribunale von den Maoisten, sprich dem KBW (dem, was dann „Grün“ wurde) und den Entrismus von den Trotzkisten (namentlich denen in der SPD).
        Außer „dem viktorianische Mythos von der moralischen Überlegenheit der Frau“, den hat Christiane Kucklick erfunden. Hexe! 😉

        „Was als Lüge begonnen hat, muss sich als Lüge fortsetzen.“

        Ja, die hohe Kunst der „Stapellüge“, die dann „gewusste“ Weltsicht ist.
        Ich kann selbstkritisch immer nur wiederholen, was ich nach der Lektüre von Arne Hoffmanns „Sind Frauen bessere Menschen?“ von mir gab: „Und ich habe das alles geglaubt.“

        „Zurück zum Haus
        zwischen den Gleisen und dem Garten,
        in dem die Apfelbäume warten, auf die ich kletterte
        mich vor Erdanziehung rettete bis jemand rief
        und ich dann in die Küche lief auf meinen Platz,
        den ich verließ wie einen Glauben“

        Blumfeld „Ich Maschine“

        „Eine moralische Reinheit, die auf der strukturellen und dispositionellen Unterverantwortlichkeit (hypoagency) der Frau beruht, die heute künstlich repliziert werden muss, weil sie die Raison d’etre des feministischen Bonzenapparats darstellt.“

        Hier muss ich Frau Steinbrügge in Schutz nehmen, die mit „Das moralische Geschlecht“ zu einer Antwort einlud und und meinte, die real-feministische Antwort auf die Aufklärung (bspw. Gefühl von Verstand zu trennen) gehöre in dieser zu eben jener.
        Es ist nicht möglich die dispositionelle Unterverantwortlichkeit von Frauen aufrecht zu erhalten, die in der Folge dann Frauen zugeschrieben worden ist und die Emanzipation *von* diesen Zuschreibungen zu erkämpfen.
        Die einfache Negation der Amoralität, *indem* diese Männern zugeschrieben wird, verweist immer wieder auf den Zusammenhang von moralischer Reinheit und dispositioneller Unterverantwortlichkeit von Frauen.

        Das ist dann ein frei drehender Zirkel.
        Er wird immer umfassender und dann kracht es irgendwann.

        „Wenn sich jeder spontane Impuls der Wut und jede ätzende analytische Trennschärfe instantan moralisch verdächtig macht, dann hat man die Massen erfolgreich politisch stillgelegt.“

        Wie wahr, wie wahr.
        Geh zu Mutti! 🙂

    2. @mitm:

      Der »kompensatorische Gesetzesterror« ist ein sehr interessanter Punkt. Grundsätzlich folgen alle strafbewehrten Sanktionen einer Abschreckungsidee. Unter der Annahme, dass die feministischen Tatarenmeldungen zur sexuellen, häuslichen und sonstigen männlichen Gewalt zutreffen, ist ein solcher »Gesetzesterror« auch nicht ohne Rationalität, denn die suggerierte Dramatik impliziert ja das Vorliegen einer Art von »Ausnahmezustand«, etwa der Art: »anders bekommen wir all die verderbten Männer nicht in den Griff!«

      Genau darum steckt aber die »terroristische« kriminelle Energie bereits in den feministischen Fälschungen, in denen eine politische Ideologie das wissenschaftliche Arbeiten schon von vornherein unterlaufen und verzerrt hat.

      1. @djad

        „Genau darum steckt aber die »terroristische« kriminelle Energie bereits in den feministischen Fälschungen, in denen eine politische Ideologie das wissenschaftliche Arbeiten schon von vornherein unterlaufen und verzerrt hat.“

        Korrekt.
        Es war eine der miesesten Erfahrungen bei meiner Beschäftigung mit diesen feministischen Fälschungen.
        Nämlich die Beobachtung, die gehen im Normalzustand – und notfalls auch – über Leichen.
        Das interessiert die gar nicht, welche Auswirkungen ihre „Forschungsergebnisse“ haben für das Alltagsleben der Männer, die unter den Folgen dieser Lügen zu leiden haben.

        Die zweitmieseste Erkenntnis war, wenn mir diese Lügen – als ein Amateur – schon so dermaßen auffallen, wie sehr haben dann ECHTE Wissenschaftler beide Augen zudrücken müssen?
        Ich habe das feministische Zitierkartell als ein (mafiöses) Schweigekartell empfunden.
        Wer sich explizit in Studie Y auf die Ergebnisse der Studie X beruft, hat es nicht wirklich genau wissen wollen, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind.

        Ich bin im echten Leben kein „Verschwörungstheoretiker“, das weißt du sicherlich, aber die Art, wie feministische „Forschung“ ohne Widersprüche betrieben werden konnte, deutet für mich darauf in, die ist quasi sakrosankt und das seit über 20 Jahren.

        Es bauen sich komplette Berufskarrieren darauf auf und einige haben es sehr, sehr weit gebracht.

      2. @crumar:

        »Ich bin im echten Leben kein „Verschwörungstheoretiker“, das weißt du sicherlich, aber die Art, wie feministische „Forschung“ ohne Widersprüche betrieben werden konnte, deutet für mich darauf in, die ist quasi sakrosankt und das seit über 20 Jahren.«

        Der Witz ist ja, dass die »Verschwörungstheorie«-Vokabel in genau solchen Kontexten als Kampfbegriff benutzt wird: um die Kritik am Einfluss und am Handeln elitärer Gruppierungen zu denunzieren. Das, was eigentlich bereits die Organisationssoziologie nahelegt (Macht- und Informationsvorsprung herrschender Gruppen), wird als Aluhut-Paranoia beschimpft. So gesehen war auch Robert Michels ein »Verschwörungstheoretiker«.

        Ein schönes Beispiel in diesem Zusammenhang sind die Bilderberger, zu denen sich Marcus Klöckner klug geäußert hat. Auf der einen Seite kann man durchaus zeigen, inwieweit diese Gruppe auf problematische Weise Einfluss ausübt, auf der anderen Seite sind solche Themen auch ein Magnet für echte Crackpots (falls Du Geisterbahnen liebst, google mal nach Jim Marrs 🙂 ).

        Und genau diese Ambivalenz wird vom Kampfbegriff »Verschwörungstheorie« ausgebeutet. In genau diese Schublade hat man beispielsweise Daniele Ganser zu stecken versucht, weil er einige sehr hässliche Aspekte dessen freigelegt hat, was es bedeutet »Hegemon der westlichen Welt« zu sein. Da gibt es Tiefkeller des Verdrängten, in die niemand gerne schaut und mit entsprechend scharfen Beißreflexen reagiert.

        Edit: auch bei dieser Problematik bleibt uns nichts anderes übrig, als darauf zu insistieren, uns der eigenen Vernunft zu bedienen und uns auf nichts als belastbare Quellen und nachvollziehbare Argumente zu verpflichten.

      3. „die »terroristische« kriminelle Energie bereits in den feministischen Fälschungen, in denen eine politische Ideologie das wissenschaftliche Arbeiten schon von vornherein unterlaufen und verzerrt hat“

        Extra, um Dich zu bestätigen, hat Antje Schrupp gerade diesen Text auf ZEIT Online (im Frauenblog 10 nach 8) veröffentlicht: http://www.zeit.de/kultur/2017-11/feminismus-sexismus-antifeminismus-debatte-10nach8/komplettansicht

        In dieser Situation nach kohärenten feministischen Positionen zu suchen, ist sinnlos. Wir sind für und gegen Sexarbeit. Für und gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen. Für und gegen den Schutz der Familie. Für und gegen Quoten. Für und gegen Reproduktionstechnologien. …

        Es gibt nur wenige Positionen, die im Rahmen einer ernsthaften feministischen Debatte vertreten werden, an denen sich überhaupt nichts Wahres oder überhaupt nichts Falsches finden lässt. ..

        Als Feministinnen haben wir nur Paradoxien anzubieten. Weil wir selbst in dieser Kultur, die Jahrtausende lang patriarchal war, ein Paradox sind – freie Frauen. Unsere Stärke liegt in unserer Uneinigkeit. Unsere Differenzen sind der Proviant, von dem wir zehren.

        Schrupp erhebt den Anspruch, mit beliebigen Widersprüchen argumentieren zu können, aber trotzdem irgendwie recht zu haben, weil man auf der Seite der moralisch Guten und der Unterdrückten („Wir bewegen uns im Rahmen einer kulturellen Matrix, in der die Freiheit von Frauen strukturell nicht vorgesehen ist“) ist.

        Die totale Selbstimmunisierung gegen Kritik, sehr geschickt gemacht, leider auch eine intellektuelle Bankrotterklärung.

      4. @mitm:

        (leider ist Dein Kommentar erst heute aus dem Nirvana gepurzelt)

        Antje »Wir-können-den-Hals-nicht-voll-genug-kriegen« Schrupp ist eine dermaßen lupenreine Verkörperung des feministischen Narzissmus, dass man einen Lexikoneintrag zu diesem Lemma mit ihrem Porträt illustrieren könnte. Außer »wir wollen« hat sie nichts auf dem Radar, am allerwenigsten die Frage, wo das, was sie will, eigentlich her kommt, oder wer für dessen Existenz sorgt. Weil ja (per Implikation) alles, was eine Frau nicht hat, aber haben will, sie nur deshalb nicht hat, weil das Patriarchat es ihr vorenthält. »Selber machen« oder »selbst Verantwortung tragen« existiert für sie nicht, alles, was ihr einfällt, ist: fordern, fordern, fordern.

        Und ja, Sätze wie ihr Schlusssatz sind ein Dokument intellektuellen Bankrotts: »Als Feministinnen haben wir nur Paradoxien anzubieten. Weil wir selbst in dieser Kultur, die Jahrtausende lang patriarchal war, ein Paradox sind – freie Frauen.« Die ultimative Ausrede dafür, dass die eigene Ideologie in unauflösbaren Widersprüchen erstickt. Nicht mal dafür will sie irgendeine Verantwortung tragen. Freiheit von Zurechnungsfähigkeit und Verantwortlichkeit: das ist die Schruppsche »freie Frau«.

  11. Augstein und andere Radikalfeminist/innen verwenden immer mehr die Argumentationslinie anderer Radikaler: Der Zweck heiligt die Mittel.
    Damit stellt sich Augstein auf die Stufe der IS, NSU, RAF, SS und anderer Durchgeknallter.

  12. Sodele!
    Da das Thema momentan heftig überkocht und schon einige Blogspots dazu existieren, habe ich mich entschlossen, mich auch mal einzumischen, konnte mich einfach nicht mehr zurückhalten. Das wird ’ne ganze Artikelserie ( und nein, ich spekuliere nicht auf die 3000€ von MannDat ).
    Vorwort und Einleitung sind schon fertig und Ihr, @Djad, @Schoppe, kommt auch darin vor.
    Also klick mal hier:
    https://fietes2groschen.blogspot.de/2017/11/die-geschichte-vom-billigen-jakob.html

  13. Mission Accomplished.
    Zig Links auf schlechten Krawalljournalismus.

    Pingback: Wozu sind Geschlechterdebatten eigentlich gut? | man tau

    Genau dazu.
    Wir Trottel verschaffen den Trottelinen auf SPON, Bento, Dumbo-Online,… ihre Existenzberechtigung und Diskurshoheit.

    1. @Amateur:

      »Wir Trottel verschaffen den Trottelinen auf SPON, Bento, Dumbo-Online,… ihre Existenzberechtigung und Diskurshoheit.«

      Na, dass unser Einfluß so groß ist, dass das von uns abhängt, glaube ich ja nun weniger bis gar nicht.

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