Laurie Penny stammt laut Sargon of Akkad aus wohlhabendem Haus und ist nicht zum ersten Mal durch seltsame Artikel aufgefallen. Kürzlich hatte Mark E. Smith bei man-tau den Beitrag „Laurie Penny: Über Faschismus und Feminismus“ veröffentlicht. Der Tenor (auch aus den Kommentaren!) lautete in etwa:
Wir stellen also fest, dass ihre Texte aus bloßen Behauptungen bestehen, einer Menge kerniger Ansagen und ordentlich Widersprüchen. Ja, warum bietet man denn dieser Frau eine Plattform in der Kolumne einer Zeitung?
Beim Durchlesen der Analyse dämmerte es mir. Ich kam auf folgende These: Was, wenn es gar nicht um brillante (oder in irgendeiner Form schlüssige, überzeugende) Argumentationskunst geht? Was, wenn damit niemand überzeugt werden soll? Was, wenn es wirklich nur noch um das Ansprechen von Gefühlen geht?
Denken wir an eine politische Partei. Die hat Leute, die für die Außenwirkung zuständig sind, die Unentschlossene werben oder bei denen auch Kritiker zugestehen, dass man zumindest bei einigen Themen gut mit ihnen zusammenarbeiten kann. Dann gibt es aber auch noch die Gestalten, deren Karriere oder Fortexistenz im Rampenlicht niemand so recht nachvollziehen kann. In der Sache immer ein wenig zu poltrig und grob, um für einen Außenstehenden sympathisch zu wirken, intellektuell vielleicht nicht einmal zu beurteilen, da sie fast nichts Substanzielles von sich geben, dabei noch irgendwie auf sich selbst fixiert. Und dennoch entsorgt die Partei diese Leute nicht still und heimlich, sondern hebt sie immer wieder auf ihren Schild. Ja es scheint sogar, je mehr diese Personen andere abschrecken, umso beliebter werden sie innerhalb der Partei.
Das sind die innerparteilichen Alleskleber. Diese Typen halten die Partei zusammen, egal, welche Flügel, Kreise und Cliquen es gibt, die sich gegenseitig nicht mögen. Gerade dann, wenn die Stimmung zu kippen droht, können sie mit salbungsvollen Worten (an die Parteifreunde) und martialischen Kampfansagen (an alle anderen) zusammenschweißen, was sich sonst auseinandergelebt hätte.
Deswegen ist der Eindruck nach außen auch egal: Es geht darum, die eigene Gruppe gegenüber dem Rest der Welt abzugrenzen. Und weil die Person den eigenen Leuten Honig ums Maul schmiert, muss sie selbst nicht einmal eine besondere Ausstrahlung haben – es hört ja jeder gerne, dass er so dermaßen recht hat…
Und genauso klingt für mich das, was ich von Laurie Penny gelesen und gehört habe: Wir nehmen den Jungs ihre Spielzeuge weg – daran müssen die sich eben gewöhnen! [Gute Sache] gibt es nur mit uns Feministinnen! [Böse Sache] läßt sich nur mit Feminismus bekämpfen! Wir sind also gaaanz wichtig, egal, welches Thema! Nein, wir haben letztes Jahr nicht an Zustimmung verloren – die Bösen haben nur eiskalt zugeschlagen. Wir haben nichts falsch gemacht, wir müssen nichts ändern – die anderen müssen gefälligst erkennen, dass wir die Kraft des Guten sind.
Vor diesem Hintergrund ergeben die Texte von Laurie Penny erstaunlicherweise einen Sinn. Ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn ich dieselbe These auf andere Kolumnistinnen wie Jessica Valenti oder Margarete Stokowski anwende…
Popkultur
Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Nachdem es beim letzten Mal etwas zu dem Nachnamen gab, diesmal ein Lied, um „Laurie“ wieder in positivem Kontext zu erleben:
Hugh Laurie: Unchain My Heart
Mein Eindruck: Diese Stimmen sind nicht erfolgreich, OBWOHL sie widersprüchlich sind, sondern WEIL sie widersprüchlich sind.Das ist eine Stärke von Frauen: Sie können Widersprüche aushalten – davon können Männer nur träumen. Das schaffen die einfach nicht. Bei ihnen heißt es nicht nur: Diversität ist unsere Stärke, sondern auch: Widersprüchlichkeit ist unsere Stärke!
Unsinn, das sind haltlose, psychologische Spekulationen, mit denen niemandem geholfen ist. Im Gegenteil: Sie erzeugen nur noch mehr Verwirrung und haben nicht mehr Effekt, als Aufmerksamkeit zu einzusammeln.
Laurie Pennie muss nicht recht haben, weil sie keine neue Fakten berichtet. Sie stellt Zusammenhänge dar. Mit den meisten Zusammenhängen hat sie sogar recht. Der einzige wesentliche Fehler ihrer Analysen besteht darin, trotz offensichtlicher Beweise des Gegenteils nicht glauben zu wollen, dass die Gegner des Feminismus aus der Vergangenheit gelernt haben und (diesmal) ein politisch viel breiteres Bündnis darstellen als vor 80 Jahren. Weil sich der Feminismus weitgehend demaskiert hat und man (heute) kein Faschist mehr zu sein braucht, um Anti-Feminist zu sein.
„dass die Gegner des Feminismus aus der Vergangenheit gelernt haben und (diesmal) ein politisch viel breiteres Bündnis darstellen als vor 80 Jahren“
Wusste ich noch gar nicht, dass es damals vor allem um Feminismus ging, in der Weimarer Republik. Welche Parteien haben das reräsentiert?
„Weil sich der Feminismus weitgehend demaskiert hat und man (heute) kein Faschist mehr zu sein braucht, um Anti-Feminist zu sein.“
Weil die Feministe die besseren Faschisten sind, oder was meinst du? (Üblicherweise werden ja Faschisten „demaskiert“). Und was für Leute sind diese „Anti-Feministen“ dann?
Ohje, Fragen über Fragen…..