Kurznachrichten vom 07.07.2017

Die letzten zwei Tage waren wieder sehr ergiebig, da ich aber gestern nicht mehr zum Schreiben gekommen bin, wirds heute wieder mehr.

1: In Schweden gab es auf dem größten Popkonzert des Landes in Bråvalla nun im zweiten Jahr in Folge mehrere Vergewaltigungen (4) und sexuelle Belästigungen (23). Das geplante Festival im nächsten Jahr wurde daraufhin schon jetzt abgesagt. Stattdessen plant die schwedische Komikerin und Radiomoderatorin Emma Knyckare jetzt als Reaktion ein Event nur für Frauen. Sie will dieses männerlose Festival so lange fortführen, »bis Männer gelernt haben, sich zu benehmen«.

Etliche Zeitungen berichten, allerdings lohnt sich der Vergleich kaum, denn anscheinend haben fast alle dieselbe Agenturmeldung kaum verändert veröffentlicht. Beim britischen Guardian wird ein Organisator wie folgt zitiert:

“Certain men … apparently cannot behave. It’s a shame. We have therefore decided to cancel Bråvalla 2018,” the festival’s organisers said.

Wer diese „certain men“ sind, bleibt in fast allen Berichten im Dunkeln. Meistens heißt es wie z.B. beim STERN:

Nach Erkenntnissen der Polizei handelte es sich um Einzeltäter und nicht um organisierte Übergriffe.

Nur zwei eher dem (in aller Vorsicht) rechten Spektrum zuzuordnenden Plattformen tanzen aus der Reihe und stellen die Verbindung zu muslimischen Einwanderern her: Jouwatch und David Bergers Philosophia Perennis. Jouwatch behauptet:

Frei nach dem Motto “mitgefangen, mitgehangen” will sie nun auch schwedischen Männern den Zugang zu Musikkonzerten verwehren, obwohl die Grapscher und Vergewaltiger meist als „Männer mit ausländischen Wurzeln“ beschrieben werden.

Inwiefern das tatsächlich stimmt, kann ich leider nicht beurteilen. Wenn man allerdings ein wenig weiter gräbt, findet man sogar beim normalerweise politisch sehr korrekten SPON einen älteren Bericht, der entsprechende Verbindungen zieht. Die Koinzidenz mit dem Beginn der großen Zuwanderungswelle vor allem in Schweden und Deutschland ist natürlich schon auffällig. Für mich riecht das allzusehr nach einem Fall wie die #ausnahmslos-Kampagne nach der Kölner Silvesternacht: Um jeden Anschein von Rassismus zu vermeiden, ist man lieber sexistisch – gegen alle Männer.

2: Nachdem vor zwei Tagen bei Edition F ja ein männerfreundlicher Text einer Frau erschien, ist es jetzt einem Mann vorbehalten, wieder auf die platteste Art auf Männer einzudreschen. „Was wir Männer tun können, um endlich zu verstehen, was Frauen im Alltag erleben“ heißt das Stück und beginnt mit dem Anreißer:

Die Lebensrealitäten von Frauen und Männern sind grundlegend verschieden. Während die von Frauen oft von Diskriminierung und Gewalt geprägt ist, genießen Männer im Vergleich viele Vorteile.

Danach könnte man ja schon wieder aufhören zu lesen, weil einem klar ist, dass da wieder platteste feministische Klischees wiedergekäut werden. Dann verpasst man allerdings noch weitere Perlen wie diese:

Frauen leben in einer substantiell anderen Lebenswirklichkeit als Männer. Fast nie werden sie so respektvoll behandelt wie wir es gewohnt sind.

Und noch besser:

Es ist jedoch wichtig, Strukturen und Tendenzen zu benennen; denn wie Rebecca Solnit in ihrem Buch „Wenn Männer mir die Welt erklären“ schreibt: „Gewalt hat keine Rasse und keine Klasse, keine Religion und keine Nationalität. Aber Gewalt hat ein Geschlecht.“

Oder auch diese:

Weiterhin gilt: Obwohl Gewalt von Männern gegen Frauen alltäglich ist, wird dieses Muster kaum herausgestellt. Es existiert die Tendenz, Erklärungen auf einer Fall-zu-Fall Basis à la „Beziehungstat“ zu bemühen, ohne das große Ganze in Betracht zu ziehen. Oft sogar wird dem Opfer (Mit-)Schuld zugeschrieben – sie hätte sich ja nun wirklich nicht so aufreizend kleiden oder diese dunkle Straße entlang gehen müssen. Mit den Worten Solnits: „Die Pandemie der Gewalt gegen Frauen wird mit allem Möglichen erklärt außer dem Geschlecht.“

Kein Wort davon, dass die Gewalt in Partnerschaften fast 50:50 gleichverteilt ist, kein Wort davon, dass Männer bei allen Gewaltdelikten außerhalb von sexueller Gewalt den weitaus größeren Anteil an den Opfern haben. Es lohnt eigentlich nicht, darauf weiter einzugehen. Nur der Hinweis noch, dass Bloggerin „breakpoint AKA Anne Nühm“ schon eine kleine Erwiderung geschrieben hat.

3: Wenn allerdings z.B. die Polizei von New South Wales (Australien) sich erlaubt, mit einer Kampagne darauf hinzuweisen, dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden, führt das zu Protesten, die Kampagne passe gerade nicht in die Zeit, weil es eben einen Mord gab, bei dem eine Lelia Alavi in Sydney von ihrem Mann Mokthar Hosseiniamrae getötet wurde. Außerdem habe es unter dem Facebook-Beitrag der Polizei einige beleidigende und unangemessene Kommentare gegen Frauen gegeben, die nicht gelöscht wurden, wie z.B.

If a girl can throw a punch, she can take one

Oh mein Gott, ein Mann, der tatsächlich glaubt, er dürfe zurück schlagen, wenn eine Frau ihn schlägt. Was für ein Monster!

4: Wo wir gerade bei Doppelmoral sind: Von Jouwatch gibt es ein schönes Beispiel zum Unterschied zwischen gutem und schlechtem Sexismus.

5: Mal etwas spaßiges zwischendurch: Wieder bröselt ein feministisches Vorurteil, nämlich die Behauptung, diese widerlichen Männer würden so massiv auf Gewalt-Pornos stehen. Tatsächlich stellen Frauen die weit größere Gruppe derer, die im Netz nach Pornos mit Gewaltdarstellungen (gegen Frauen!) oder zumindest hartem, ruppigen Sex suchen. Und das wohlgemerkt in allen Ländern der Welt gleichermaßen, ganz egal, wie dort der Status der Frauen und ihre Rechte sind. Und die Quelle? Man glaubt es kaum: Google und deren Auswertung nach Suchbegriffen. Der Daily Caller berichtet.

Der Artikel enthält noch ein paar andere Erkenntnisse über merkwürdige Sex-Vorlieben. In Indien stehen viele Männer darauf, mit Muttermilch gesäugt zu werden. Und in Japan gehört für viele Kitzeln zum Liebesspiel dazu. Allerdings sagt der Autor, der das herausgefunden hat:

The author says calling these preferences “weird” isn’t the correct response. “The data from porn tells us that everybody is weird,” he said. “Thus, nobody is weird.”

6: Und hier eine der Blüten, die Gendern inzwischen treibt:

Inzwischen werden Männer anscheinend eher so „mitgemeint“.

7: Ein Hinweis auf zwei Artikel, die leider hinter einer Zahlgrenze versteckt sind: In der Welt gibt es ein Interview mit Walter Hollstein mit dem Titel „Das vernachlässigte Geschlecht ist – der Mann“ und in der Weltwoche schreibt Harald Martenstein über Sexismus mit dem Titel „Der Mann, das Triebwesen“. Martensteins Beitrag habe ich in der Printausgabe gelesen. Lesenswert. Letztlich geht es darum, dass unter den notorischen Sexismus-Anklagen heutiger Tage die alte Prüderie wiederkehrt und damit die sexuelle Befreiung rückabgewickelt wird. Was auch zu den alten Doppelmoralitäten führt, denn unter der offiziellen Oberfläche der Wohlanständigkeit wird es getrieben wie eh und je. Und Martenstein plädiert für die Rehabilitierung des Begehrens als eine legitime Motivation, auch in seiner unerwiderten Variante.

Update: Genderama meldet, dass der WELT-Artikel mit dem Hollstein-Interview unter anderem Titel inzwischen frei verfügbar ist.

8: Zwei Beiträge, die sich kritisch mit der „Ehe für alle“ auseinandersetzen. Bei Novo Argumente sieht Thilo Spahl die Entscheidung des Bundestags nicht als Antidiskriminierungserfolg, sondern als Sieg des Konsumismus. Sein Kernpunkt:

Die traditionelle Ehe ist in einer Zeit, in der die freie Wahl von Lebensformen und -stilen und Identitäten dominierendes Ideologem geworden ist, ein Fremdkörper. Sie ist eine Lebensform, die nicht allen offensteht, die nicht käuflich ist. Mit dieser prinzipiellen Exklusivität verweigert sich die traditionelle Ehe dem Warencharakter. In der Konsumgesellschaft ist jedoch etwas, das man haben will, aber nicht haben kann, ein Sakrileg, das nicht geduldet werden kann.

Und sein Fazit:

Der Hype um die Ehe für Alle zeigt vor allem eins: dass die Institution der Ehe an Bedeutung verloren hat. Die Ehe hat an Kraft verloren. Sie ist weniger eine Lebensform als ein beim Staat zu beantragender Status. Das mag man beklagen oder gutheißen. Es heißt aber, dass das, was viele als Kampf um Gleichberechtigung interpretieren, nur ein Statusgerangel ist.

Der zweite ist ein Interview mit Prof. Ulrich Kutschera, der sich aus evolutionsbiologischer Sicht über die „Ehe für alle“ auslässt, und das auch noch bei kath.net. Und er lässt auch wieder ein paar garantiert politisch unkorrekte Hämmer vom Stapel. Zu sagen, dass Schwule und Lesben mehr zu Pädophilie neigen als Heteros, und dass deswegen eine Volladoption eine Horrorvorstellung ist, dürfte eines der größten Tabus derzeit sein. Da geht sogar jede, selbst abseitige Islamkritik noch eher. Nur: Kutschera ist habilitierter Biologe und hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt. Soweit ich ihn bisher erlebt habe, stellt er solche Behauptungen nicht auf, ohne entsprechende Studien und Zahlen dafür vorweisen zu können.

Bevor jetzt wieder wer was unterstellt: Ich bin eher Befürworter der Homo-Ehe. Bis auf die Möglichkeit der Fremdadoption, die ich eher kritisch sehe, spricht für mich eigentlich nichts dagegen. So ganz habe ich mir noch keine Meinung gebildet, bis auf die, dass die Diskussion darüber unsäglich flach ist.

9: Auf der Seite Gender-Diskurs rezensiert Dr. Alexander Ulfig Axel Meyers Buch „Adams Apfel und Evas Erbe“, der genauso wie Ulrich Kutschera die Gender Studies aus biologischer Sicht kritisiert.

10: Zum Schluss ein Ausflug ins Boulevard. Für Boris Becker kommt es derzeit ja richtig knüppeldick. Erst erklärte ihn ein Gericht in London für zahlungsunfähig, dann forderte ein ehemaliger Geschäftspartner aus der Schweiz 40 Millionen Franken von ihm zurück. Und jetzt deutet auch noch seine Frau eine Ehekrise an. Und was hat das ausgelöst?

In der Folge vom Donnerstag, die um 20.15 Uhr auf ProSieben ausgestrahlt wird, spricht sie sogar von Scheidung. Denn Boris Becker hatte sich geweigert, seiner Frau einen Videogruß in die Show zu schicken.

„Alle haben eine Nachricht bekommen, nur ich nicht. Und alles war im Fernsehen. Alle haben gesehen, wie enttäuscht ich war“, klagt Lilly Becker ihrer Kollegin Nadine Angerer das Leid. Und als diese sie fragt, ob sie sich jemals von ihm scheiden lassen würde, antwortet Lilly: „Ich weiß nicht. Sag niemals nie.“

Eine verpasste Videobotschaft! Na wenn das mal kein veritabler Scheidungsgrund ist. Immerhin war sie jetzt lange genug mit ihm verheiratet, um entsprechenden Unterhalt einzufordern. Doch halt, Lilly, ist er nicht eh gerade pleite und da ist gar nichts zu holen? Oder ist das vielleicht der eigentliche Scheidungsgrund? Wir wissen es nicht. Mal abwarten…

Kurznachrichten vom 17.06.2017

1: Bei der WELT gibt es eine Besprechung der Netflix-Serie „Flaked“  mit dem Titel „Das halten Frauen von diesem neuen Typ Mann“. Der „neue Typ Mann“, der in der Serie gezeigt wird, ist der „Narcissist Loser“, also der Typ, der sich auch, obwohl längst der Jugend entwachsen, auf nichts festlegen will, und und stattdessen ohne Job in den Tag hinein lebt. Die Autorin Anne Philippi beschreibt ihn so:

Er hat keine Verwendung für seine Krise, er hat einfach nur eine Krise und wühlt in seinem „deep shit“, eine flapsige Formulierung für psychische Störungen à la L.A. Der „Narcissist Loser“ kann zum Beispiel ganz gut Möbel bauen, aber er macht es nicht. (Weil er ja eine Krise hat.) Er fährt mit seinem Beach Bike zu AA Meetings und wieder zurück. Dazwischen: Drama mit Freundin/Ex-Frau und Kampf mit gentrifiziertem Barista-Mann. Das ist sein Leben.

Philippi schließt dann mit dem Fazit:

Ich habe von „Flaked“ alle Folgen geschaut und empfand ein amüsantes Mitleid für Chip. Ein Gefühl, welches der „Narcissist Loser“ in Frauen auslöst. Achtung Männer, es ist kein gutes Gefühl.

Also Jungs, ihr habts gehört: Hört endlich auf mit dem rumhängen! Sucht Euch endlich eine Frau, für die Ihr Euch nützlich machen könnt! Rein in die Tretmühle, Karriere machen, Häuschen bauen, damit sie sich ohne finanzielle Sorgen in Ruhe selbstverwirklichen und sich bei den Latte-Macciato-Freundinnen – während die Kinder in der Ganztags-Kita outgesourced sind – darüber beschweren kann, dass er so wenig da ist und dann nicht mal 50% vom Haushalt macht. Und wenn er langweilig geworden ist, wird er gegen den nächsten kunstsinnigen Beau ausgetauscht. Kinder und Haus bleiben bei ihr, er darf das weiter finanzieren, ohne nochmal was davon zu haben. Die nächste Frau, die er abkriegt, rätselt dann über seine „Bindungsunfähigkeit“. Sind das etwa keine traumhaften Aussichten, das Loser-Dasein endlich abzustreifen?

2: Comedian Oliver Pocher lästert in seiner Show „Global Gladiators“ allgemein über seine Ex-Frauen und beschwert sich darüber, dass Alessandra Meyer-Wölden, Ex-Frau und Mutter der drei gemeinsamen Kinder, mal eben in die USA gezogen ist, er seine Kinder kaum noch sieht, aber dennoch 660 Euro Unterhalt pro Kind zahlen muss. Die Kommentatorin der WELT, Claudia Becker, findet das gar nicht gut. Zumindest das öffentliche Lästern von Pocher. Und Sharlely „Lilly“ Becker, Ehefrau von Boris Becker, die in der Show ebenfalls mitwirkt, meint zu den 660 Euro:

„Das ist ein Dinner“, sagte Lilly, und meinte vermutlich, dass das doch nicht so viel Geld sei.

Außerdem meint Lilly noch:

Ohne Kindermädchen […] ginge bei ihr gar nichts. Sie bräuchte eine Fulltime-Nanny, weil, alleine mit Amadeus sei ja „absolut keine Zeit für mich selbst“ da.

Ja, wenn man Ehefrau von Boris Becker ist, sieht die Welt eben ganz anders aus.

Einerseits hält sich mein Mitleid mit dem Holzkopf Pocher eher in Grenzen. Andererseits, warum sollte man nicht auch mal in einer solchen Show das Thema getrennte Väter und die Anspruchshaltung von Frauen, die Kinder hätten wie selbstverständlich bei ihnen zu sein, ansprechen? Man muss es ja nicht unbedingt im Stil von Pocher tun. Und: wieviele Promi-Frauen habe ich in Fernsehen schon über ihre Ex-Männer lästern hören, ohne dass sich eine Redakteurin bemüßigt gefühlt hat, dieses zu tadeln?