1: Das Leipziger Landgericht sprach einem Bewerber für eine W3-Professur im Fach Pädagogik an der Universität Leipzig einen massiven Schadensersatz zu, weil dieser trotz eindeutig gewonnenem Berufungsverfahren die Stelle nicht bekommen hatte, und die Rektorin der zweitplatzierten Bewerberin den Vortritt geben wollte. Dies deshalb, weil diese im Gegensatz zum Sieger Kompetenzen im Bereich Gender Studies mitgebracht hätte. Das Gericht hielt es sogar für erwiesen, dass die Rektorin bewusst Gerüchte über sexuelle Verfehlungen des erstplatzierten Bewerbers streute, um diesen aus dem Bewerberfeld zu schlagen.
Hadmut Danisch und Genderama berichteten bereits darüber, aber jetzt hat sich auch ScienceFiles ausführlich mit dem Thema befasst. Sehr lesenswert. Wer das Urteil im Original lesen möchte, das gibt es bei Danisch zum Download.
Das Fazit von ScienceFiles:
So geht Frauenförderung (vermutlich nicht nur) an der Universität Leipzig:
Weil die Berufungskommission sich an fachliche Kriterien hält und den geeignedsten Bewerber auf Platz 1 der Berufungsliste setzt, verzögert Rektor Beate Schücking das Verfahren und versucht nach Überzeugung von drei Leipziger Richtern, die über 8 Stunden Beweisaufnahme durchgeführt haben, den Bewerber auf Platz 1 durch das Gerücht, er habe sich der sexuellen Nötigung schuldig gemacht, aus dem Weg zu räumen. Dass dabei der Leumund und Ruf von Dr. G. zerstört werden könnte, ist Schücking offensichtlich egal. Sie hat ein wichtigeres Ziel: Den „Aspekt der Frauenförderung als gesamuniversitäres Interesse“ durchzusetzen. Und wenn es um Frauenförderung geht, dann gelten Moral und Anstand offensichtlich nichts.
Dem kann ich mich nur anschließen. Und ich kann nur hoffen, dass dies noch ein (disziplinarrechtliches) Nachspiel für die Rektorin gibt.
2: Die jungle world hatte neulich in der Druckausgabe vom 11.5. einen Beitrag über die Antibabypille für den Mann, dessen mögliche baldige Marktreife und die Hindernisse auf dem Weg dahin. Als Schuldigen für die Verzögerung macht der Autor Fabian Hennig „die Geschlechterverhältnisse“ verantwortlich, was natürlich nur eine verschämte Umschreibung für „die Männer“ ist. Der Artikel ist auch online verfügbar. Ein Auszug:
Während die Frauenbewegung die Entwicklung der Antibabypille unterstützte – rein marktwirtschaftlich ging es also auch hier nicht zu –, verharrt der Mann in einem Status selbstverschuldeter Fruchtbarkeit. Statt sich für ein modernes männliches Kontrazeptivum einzusetzen, das ihm eine bequeme Kontrolle über seine Reproduktionsfähigkeit ermöglichen könnte, verübelt er seiner Partnerin die ihr von ihm aufgezwungene Machtposition. Statt öffentlich für ein neues Präparat einzutreten, ereifern sich Maskulinisten lieber über jene Frauen, die ausgerechnet ihnen ein Kind anhängen wollten, um sie an sich zu binden oder ihnen zumindest den bekanntlich ja nicht gerade üppigen Unterhalt abzupressen. So gab 2015 der britische Telegraph ausgerechnet dem Feminismus eine Mitschuld am dürftigen Entwicklungsstand männlicher Kontrazeptiva: Feministinnen wollten die Macht, die die Kontrolle über die Reproduktion der Gattung mit sich brächte, für sich behalten.
Ein Manifest für neue Kontrazeptiva für Männer kam 2016 entsprechend nicht aus einer sozialen Bewegung, sondern von einem medizinischen Fachkongress des »International Consortium for Male Contraception«. Die Entwicklung, so heißt es dort, »zuverlässiger, reversibler und kostengünstiger männlicher Kontrazeptiva« sei wichtig, um »Millionen von sexuell aktiven Männern« eine Teilhabe an der Familienplanung zu ermöglichen und die reproduktive Gesundheit von Paaren zu verbessern. Mit dem hier formulierten Ziel einer marktreifen Entwicklung bis 2026 appellierten die Verfasser an Pharmaindustrie und Gesundheitsbehörden. Ahnend, dass dies nicht ausreichen könnte, plädieren sie jedoch – diese Notwendigkeit habe die Geschichte der Pille für die Frau gezeigt – für die Unterstützung von »Initiativ- und Interessengruppen als Vorkämpfer für männliche Kontrazeption«. Bisher ist jedoch keine politische Bewegung in Sicht, weshalb selbst das im Manifest anvisierte Ziel einer Entwicklung moderner Kontrazeptiva für Männer bis 2026 zumindest für Europa und die USA utopisch klingt.
(Hervorhebungen von mir)
Was soll man dazu noch sagen. Wenn man natürlich die existierende politische Bewegung, die sich genau dafür einsetzt, wahlweise ignoriert, totschweigt, dämonisiert und ihnen auch noch die falschen Ziele (das Gegenteil von dem, was sie tatsächlich fordern) andichtet, dann kann man auch behaupten, die Männer und speziell die „Maskulinisten“ wollten das ja gar nicht. Was schlicht die komplette Verdrehung der Tatsachen ist. Bisher habe ich nur Männerrechtler getroffen, die die Existenz einer endlich vernünftigen Verhütungsmethode für den Mann freudigst begrüßen würden.
Wenn es wirklich nur ein Gerücht sein soll, dass Feministinnen an der Macht festhalten wollten, die die Kontrolle über die Reproduktion mitbringt, und angesichts des feministischen Dauergejammers über die furchtbaren Hormonbomben, die man täglich schlucken müsse, wo sind denn dann die Feministinnen, die sich für eine Pille für den Mann einsetzen, wenn diese doch die Frauen von dieser schlimmen Last und Verantwortung für die Nachwuchsplanung befreien könnte? Ich habe noch keine gesehen.
3: Die Weltraumaffen haben unseren Blog in ihrem gestrigen Sonder-Stream ausdrücklich als einer der wenigen lesbaren deutschsprachigen Blogs gelobt. Ich habe mir die Stelle aber nicht gemerkt, also müsst ihr Euch schon das ganze Video ansehen:
Wer die Stelle wiederfindet, kanns ja gerne in den Kommentaren hinterlegen. 🙂
4: Wieder ein wenig Off-Topic und wieder die NZZ: Dort ist ein sehr lesenswertes Interview mit Jörg Baberowski zu lesen, der in letzter Zeit heftig von einer trotzkistischen Splittergruppe angefeindet wurde, und der sich über die autoritäre Linke unserer Tage und die Gefahren der Political Correctness auslässt. Ein paar Auszüge:
Was ist denn heute eigentlich links?
Vor Jahrzehnten galt als links, wer in der sozialen Frage als Anwalt der Schwachen auftrat. Heute gilt als links, was eine Wohlstandselite der Gesellschaft verordnet: staatliche Bevormundung der Bürger, Selbstbestimmung auf Kosten anderer, die Tribalisierung und Ethnisierung der Gesellschaft, offene Grenzen und die Verteufelung des Nationalstaats, die Anbetung der Globalisierung, die Moralisierung aller politischen Fragen und die Rehabilitierung der Religion gegenüber der Aufklärung.
Das ist ein ziemlich heterogener Cocktail.
Zugegeben: Niemand hätte vor vierzig Jahren für möglich gehalten, dass solche Standpunkte einmal für links gehalten werden würden.
[…]
Auf die politische Korrektheit wird seit einiger Zeit lustvoll eingedroschen. Aber eine überlegte, angepasste Wahl der Sprache ist ja auch Ausdruck von Respekt. Können Sie dies nachvollziehen?
Sie dürfen einen weissen, ungebildeten Mann aus der Unterschicht nach Herzenslust beleidigen. Kein Tugendwächter würde sich darüber empören. Höflichkeit und Respekt im Umgang miteinander sind unabdingbar für eine offene, liberale Gesellschaft – aber Respekt heisst auch: dem Gesprächspartner freies Denken und Sprechen zuzumuten. Die Tabuisierung ist ein Akt der Respektlosigkeit, weil sie dem anderen unterstellt, er sei zu dumm zu verstehen, was gesagt wird. Die Achtundsechziger haben anfangs selbst gegen die Tabuisierung aufbegehrt – gegen das Schweigen ihrer Eltern, die Nazis gewesen waren, sie geduldet oder sich ihnen unterworfen hatten.
Die Achtundsechziger setzten sich mit den Schrecken der Vergangenheit auseinander, aber sie legten zugleich den Grundstein für die Moralisierung des Politischen, indem sie entschieden, worüber und wie über die Vergangenheit noch gesprochen werden konnte. Seither ist der Widerstand gegen einen toten Diktator Legitimation genug, um sich moralisch über andere Menschen zu erheben. Alle anderen Bevormundungsstrategien folgen dem gleichen Muster. Wer über Rassismus, Kolonialismus, über Krieg und Frieden oder das Verhältnis der Geschlechter anders urteilt, als es der hegemoniale Diskurs erlaubt, wird moralisch diskreditiert.
[…]
Es lassen sich verschiedene Arten und Steigerungsformen der Diffamierung des Sprechenden unterscheiden. Stufe 1, ziemlich harmlos: Der andere ist ein Idiot. Stufe 2: Der andere ist ein schlechter, also ein moralisch minderwertiger Mensch. Stufe 3: Der andere ist krank.
Ja, und dann gibt es noch eine vierte Stufe: Der andere gehört zu einer Gruppe, die das Recht auf freie Meinungsäusserung verwirkt hat und die man diskreditieren darf, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Ein weisser, heterosexueller Mann darf Rassist genannt werden, eine Frau mit passendem Migrationshintergrund darf hingegen sagen, was sie über andere denkt.