Warum ich mich über diese Karriereweisheit bei Star Trek freue

Die Serie „Star Trek: The Next Generation“ (TNG) beleuchtet in einer ihrer späten Folgen einen interessen Aspekt zu Karriere und Risiken. Es ist zwar weder eine meiner Lieblingsfolgen noch ist sie als eine der wichtigsten Folgen in die Star-Trek-Geschichte eingegangen, aber trotzdem lohnt sich ein Blick.

Wer TNG trotz des Alters und Popularität der Serie noch nicht kennt und sie noch sehen will, der lese bitte nicht weiter.

In der Episode „Tapestry“ in der 6. Staffel geraten mehrere hochrangige Offiziere der Enterprise in einen Hinterhalt. Dabei wird Captain Jean-Luc Picard lebensgefährlich verletzt: Sein künstliches Herz, das er nach einem Zwischenfall zu Beginn seiner Karriere vor dreißig Jahren erhalten hat, setzt aus.

Unverhofft findet er sich auf einer weißen Umgebung wieder – aber nicht mit Gott, sondern Q, dem allmächtigen, aber auch aufdringlichen Wesen, das der Crew der Enterprise seit der ersten Folge zu schaffen macht und sie in unregelmäßigen Abständen besucht. Nach einer der üblichen Diskussionen zwischen den beiden bringt Q Picard in der Zeit zurück.

Er ist wieder ein frischgebackener Fähnrich (Ensign), der die letzten Tage vor Erhalt seines Kommandos mit seinen beiden Freunden von der Akademie verbringt. In diese Zeit fällt auch der Zwischenfall, der ihn sein Herz gekostet hat. Q stellt Picard die Aufgabe, dieses Mal nicht fast zu sterben. Tatsächlich schafft es Picard, dem entscheidenden Konflikt aus dem Weg zu gehen, doch um den Preis, durch sein untypisch ausweichendes Verhalten beide Freundschaften zu zerstören.

Plötzlich befindet er sich zurück auf der Enterprise – jedoch nicht als Captain, sondern nur deutlich niedrigerer wissenschaftlicher Offizier (Lieutenant junior grade). Zum Vergleich: Das ist der Rang, den der etwas komplizierte Reginald Barclay innehat oder Worf in den ersten zwei Staffeln. Für Picard nach dreißig Jahren Offiziersdienst in der Sternenflotte ein allzu bescheidenes Ergebnis – zumal man ihm bescheinigt, nie herausragend gewesen und generell Risiken aus dem Weg gegangen zu sein. Er wird also als ungeeignet zum Führungsoffizier befunden, hat aber auch nicht etwa eine alternative Karriere als Wissenschaftler hingelegt (Archäologie war doch seine Leidenschaft!), sondern ein relativ beschauliches Leben ohne großen Fokus auf irgendetwas geführt.

Zum Glück für Picard hat der Spuk schnell ein Ende und er steht wieder vor Q. Der erinnert ihn daran, was für Risiken er auf sich genommen hat – etwa ein Außenteam geführt, um einen Botschafter zu retten, oder das Kommando an Bord eines Schiffes übernommen, als der Captain im Kampf getötet worden war.

Am Ende entscheidet sich Picard, lieber zu sterben als so ein für ihn langweiliges Leben zu führen, und erwacht schließlich in seiner normalen Zeit auf der Krankenstation, dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen.

Das eigentliche Thema dieser Episode – „Was wäre, wenn ich etwas anders gemacht hätte im Leben?“ – ist ein beliebtes Motiv in Fantasy- und Science-Fiction-Filmen, wird aber ebenfalls in „normalen“ Serien oder romantischen Filmen eingesetzt. Es ist für Normalsterbliche relativ einfach nachvollziehbar, bietet Schauspielern den Reiz, in der „alternativen Zeit“ einen Charakter ganz anders darzustellen und kann aus einem gewohnten Setting noch einmal etwas Neues abgewinnen.

Dabei gibt es üblicherweise zwei Versionen: Der Protagonist ist der Meinung, er habe sein ganzes Leben verpfuscht, und sieht dann die alternative Welt, in der es vielen Menschen deutlich schlechter geht (deswegen fungiert als Auslöser für die Reise gerne ein Engel). Oder die Originalrealität ist schlecht und muss durch einen Eingriff in der Vergangenheit „repariert“ werden (was natürlich moralische Implikationen mit sich bringt: wer darf das und wie stark?).

In diesem Fall verhält es sich anders: Picard hatte ein gutes Leben, einzig der drohende Tod ist der Auslöser, etwas anders zu machen. Dabei wird ein klarer Zusammenhang zwischen Karriere und Risiken aufgezeigt. Mit „Risiken“ sind hier keine temporären Rückschläge oder finanzielle Durststrecken gemeint, sondern tatsächliche Gefahr für Leib und Leben, die hier sogar drastisch vor Augen geführt wird. Dieses „nur weil er solche Risiken einging, konnte er so hoch aufsteigen“ ist eine Weisheit, die sich auf die Welt außerhalb von Star Trek und Fernsehserien sehr gut anwenden läßt. Es ist ein guter Punkt für jede Diskussion, warum Leute in Spitzenpositionen aufsteigen – zusammen mit der Tatsache, dass Picard keine eigene Familie hat, wie übrigens die meisten von den Brückenoffizieren der Enterprise, im Gegensatz zu ihren Untergebenen.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Hurra, hurra, ich flieg‘ mit Picard / was für ein Glück, ich flieg‘ mit Jean-Luc“ und „ich bleib‘ Deanna Troi treu“ – herrliche Zeilen!

J.B.O. – Der Star Trek (+ Intro „Sound Trek“)

%d Bloggern gefällt das: