Fundstück: Feministische Regierung beugt sich Kleiderordnung im Iran

Da war ja neulich etwas los in den sozialen Medien! Ein Foto machte die Runde, auf dem Donald Trump nur mit anderen Männern zu sehen war. Angeblich entschieden „ausschließlich Männer darüber, was Frauen mit ihrem Körper machen dürften“. Klartext: Der US-Präsident strich Organisationen die Unterstützung, wenn diese Abtreibungen durchführten oder nur darüber informierten. Dass immer 42% aller weiblichen Wähler, die ihre Stimme abgegeben haben, für ihn gestimmt haben, dass Frauen kritischer gegenüber Abtreibungen sind als Männer – was machen sollte Fakten schon aus, wenn es um das Narrativ des Geschlechterkrieges geht. (Wenn es darum geht, dass ein Geschlecht willkürlich über das körperliche Wohlergehen des anderen verfügen kann: Dürften dann Frauen nicht über Krieg und Frieden entscheiden, zumal die überwiegende Mehrheit der Soldaten männlich ist?)

Die schiefen Vergleiche ließen nicht lange auf sich warten („Frauen beschließen, dass Männer nicht mehr masturbieren dürfen“), die schwedische Regierung zog jedoch alle Register, posierte ähnlich wie Trump und seine Untergebenen und gab bekannt, feministisch zu sein. Und jetzt kommt’s: Was machten Mitglieder derselben Regierung, die vorher noch lauthals den Einsatz für Gleichberechtigung verkündet hatte, als sie in den Iran reisten? Genau, sich den dortigen Kleidervorschriften fügen!
Anspruch und Wirklichkeit klaffen gerade bei der Begegnung von Außenpolitik und Beharren auf Menschenrechten immer auseinander. Da sind Frauen eben nicht anders als Männer und errichten keineswegs „die menschliche Gesellschaft„.

Aber die Schere im Kopf, zu Hause ordentlich Gratismut zu haben und sich dann, wenn mal Gelegenheit wäre, Haltung zu zeigen, so unterzuordnen, ist schon beachtlich. Leider ist das mit den schlimmsten Vorurteilen über Feministinnen vereinbar: Dass diese nämlich nur unter Menschen aus liberal-westlicher Sozialisation stark sind, gegenüber prämodernen Gruppen jedoch einknicken. Die schwedische Regierung hat echter Gleichberechtigung hier einen Bärendienst erwiesen.

Doch es geht erfreulicherweise auch ganz anders: Via Alex in einem Kommentar bei Alles Evolution wurde ich auf Nazi Paikidze (schöner Scherz über den eigenen Namen!) aufmerksam gemacht, die „die Schachweltmeisterschaft im Iran wegen Kopftuchzwang boykottiert hat.“ Und da ist sie nicht die einzige! Respekt vor diesen jungen Damen, die persönliche Nachteile dafür in Kauf nehmen, Einschränkungen individueller Rechte nicht hinzunehmen.

Zur Tradition, im Umgang mit autoritären Staaten gerne mal etwas nachsichtig zu sein, was Menschenrechte angeht, finde ich folgende beiden Artikel aus dem vergangenen Jahr sehr treffend:
Saudi-Arabien-Besuch: Außenminister Steinmeier wohnt landestypischer Enthauptung bei
Respekt vor westlichen Gepflogenheiten: Iran begrüßte Steinmeier mit Porno-Werbung und nackten Brüsten

Aktualisierung: Alles Evolution zum selben Thema

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Das war kein Meisterstück, Schweden…

Uschi Ischmeier: Jenseits von Schweden

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