Statistik wird leider immer wieder falsch verstanden – oder sogar absichtlich falsch gedeutet. Um anderen letzteres schwer zu machen, bringe ich heute ein Statistik-Fundstück.
Das „Gesetz der großen Zahlen“ lautet:
Das Gesetz der großen Zahlen besagt, dass sich die relative Häufigkeit eines Zufallsergebnisses immer weiter an die theoretische Wahrscheinlichkeit für dieses Ergebnis annähert, je häufiger das Zufallsexperiment durchgeführt wird.
Erläutert wird so etwas gerne mit einem einfachen Zufallsexperiment, etwa einem Münzwurf. Bei einer perfekt ausbalancierten Münze wäre die Wahrscheinlichkeit für jede Seite 50%. Die zitierte Mathepedia liefert ein Zahlenbeispiel. Das Interessante hierbei ist: Der absolute Abstand wächst, der relative schrumpft!
Absolute Zahlen können also ungleich sein – und trotzdem stimmt das große Ganze. Angenommen, in einer Welt ohne Diskriminierung gäbe es gleich viele Männer und Frauen, die sich auf Stellen bewerben; sie seien ansonsten auch gleich gut qualifiziert etc. Ich zähle nun, wie viele Frauen unter den Neueinstellungen waren. (Es muss schon eine große Menge an Neueinstellungen insgesamt sein, damit das Gesetz der großen Zahlen wirkt.) Mit einer wachsenden Anzahl von Fällen kann die Differenz zwischen der absoluten Anzahl an Männern und Frauen immer weiter wachsen – und dennoch bewegt sich der Frauenanteil auf 50% zu. Es gibt also selbst in diesem Szenario keinerlei Grund, früher erfolgte Mehreinstellungen von Männern bewusst „auszugleichen“. Der Frauenanteil bewegt sich schon automatisch auf die 50%-Marke zu.
Häufiger wird jedoch in die falsche Richtung gedacht und fälschlicherweise von den großen auf die kleinen Zahlen geschlossen. Dabei muss sich die Grundgesamtheit ja gerade nicht in jeder kleineren Zahl wiederfinden:
Der Spielerfehlschluss: Der Zufall hat kein Gedächtnis:
Der Spielerfehlschluss ist ein Ergebnis des „Gesetz der kleinen Zahlen“ – dem intuitiven Irrglauben, dass kleine Stichproben repräsentativ für das große Ganze sind. Der Fehler liegt letztlich in einer vorschnellen Verallgemeinerung begründet, also dem gleichen Mechanismus, der auch das Bilden von Vorurteilen begünstigt.
Drei typische Irrtümer bestehen darin,
a) hinter jeder kleinen „lokalen“ Ungleichheit ein Zeichen einer großen Verschwörung / Diskriminierung zu sehen
b) zu unterschätzen, wie groß eine Stichprobe sein muss, damit sie repräsentativ ist
c) von 50% auszugehen, wenn die Voraussetzungen gar nicht wie in obigem Beispiel mit einer ausgewogenen Anzahl Bewerbern, die auch noch alle gleichwertig sind, gegeben sind
Insbesondere politische Bewegungen, die jedes Alltagserlebnis in einen großen Zusammenhang einbetten, sind anfällig für solche Fehler. Die Mathematik selbst gibt das jedoch gar nicht her.
bisherige Beiträge über Statistik:
- Narrative und Statistik
- Lügen mit Statistik
- Studie falsch ausgewertet
- Frauen in DAX-Vorständen
- Die bedingte Wahrscheinlichkeit
- Mythos: jede dritte Frau in der EU von Gewalt betroffen
- Mythos Gender Pay Gap
Popkultur
Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? „Zahlen lügen nicht“ – das weiß auch diese Indieband.
The Mynabirds: Numbers Don’t Lie