Nostalgie-Fundstück: Arne Hoffmann plädiert für Gewaltpornographie

Im Jahr 2000 erschien bei „Novo – Argumente für den Fortschritt“ ein bemerkenswerter Text von Arne Hoffmann: „Pamphlet zur Rettung von Gewaltpornos“ (Untertitel: Provozierende Verteidigung eines verfemten Genres.)

Zugegeben, hier wurde ein ganz heißes Eisen angefasst. Beim Lesen überkam mich eine Mischung aus „stimmt, dieses Argument ist noch immer richtig“, „dass man das damals noch erklären musste“ und „dass man das damals noch so frei schreiben konnte“.

Das aus meiner Sicht beste Argument:

Zwei erwachsene Menschen haben das Recht, selbst miteinander auszumachen, was sie miteinander anstellen.

Genau das – dicht gefolgt von dem Hinweis, dass es keinen positiven Zusammenhang zwischen Pornographie und Sexualverbrechen gibt; im Gegenteil: Japan hat eine extrem niedrige Vergewaltigungsrate und gleichzeitig (aus europäischer Sicht) ziemlich abgefahrene Gewaltpornographie.

Das Alter des Textes erscheint mir hingegen ersichtlich, wenn ich lese, dass man Sadomasochisten „bis vor kurzem“ gegen den Vorwurf, es seien „Perverse“, verteidigen musste. Da hat sich das Rad der Zeit doch spürbar weitergedreht.

Dass es hingegen tatsächlich einmal eine Gruppe namens „Feminists for Free Expression“ gegeben hat, welche Pornographie verteidigte! Inzwischen ist die angesagte Strömung des Feminismus (nämlich der poststrukturalistische Gender-Feminismus) sogar auf dem Kriegsfuß mit der freien Meinungsäußerung.

Zwei Grundmuster, die auch in heutige Debatten eine Rolle spielen, tauchen in anderem Kontext auf. Zum einen:

Bezeichnend ist auch, dass Sadomasochismus offenbar nur verachtenswert ist, wenn der dominante Partner männlich ist.

Die unterwürfige Frau entspricht einem traditionellen Klischee – so wie die nicht berufstätige Mutter und Hausfrau. Selbstbestimmung hin oder her, das ist natürlich nicht mit dem Gedanken der Freiheit zu vereinbaren! Oder wie es evilmichi einmal ausdrückte:

Nein heißt nein, es sei denn du sagst nein zum Feminismus.“ Weil dann heißt es eher „Ach komm, zier dich nich so, du willst es doch auch, du weißt es nur [noch] nicht.

Und zum anderen:

Wenn sich Ministerin Bergmann explizit für den Schutz von “Frauen und Kindern” ausspricht, wird in dieser grotesken Formulierung Sexismus in zweierlei Richtung deutlich: zum einen gegen die Frauen, die mit schützenswerten Unmündigen gleichgesetzt werden, zum anderen gegen Männer, die offensichtlich nur in der Täterrolle gedacht werden.

Die Täter sind immer Männer und Frauen bekommen alleine nichts auf die Kette. Na, da sind doch alle Bedenken bestens erfüllt!

Der Artikel gibt mir etwas, das mir schon länger gefehlt hat (nein, ich meine nicht Gewaltpornographie): Einen Beitrag zu einem schwierigen Thema, bei dem nicht mit einem „die richtige Position ist offensichtlich, alle Gegner sind böse“ die Diskussion beendet wird, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Popkultur

Was wäre ein Blogeintrag ohne Popkultur? Wenn es um „verbotene Werke“ geht: Sowohl die zum Lied inspirierende Comic-Vorlage als auch das Album, auf dem es zuerst erschienen ist, wurden indiziert.

Die Ärzte: Sweet sweet Gwendoline

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